Die Literatur des Realismus
Die Literatur
der Jahre 1848 - 1885 läßt sich grob in zwei Gattungen einteilen. Zum einen gab
es den poetischen Realismus, zum anderen den kritischen Relaismus.
Der poetische Realismus
'Realismus' ist keine Erfindung des
19. Jahrhunderts. Schon im 15. und 16. Jahrhundert lassen sich realistische
Züge in der Dichtung erkennen. Bei Shakespeare und sogar in der Barockzeit
werden Erzählungen äußerst realistisch geschildert. Aber erst im 19.
Jahrhundert wird der Realismus zum Stilprogramm einer Generation.
Die 'Realisten' wandten sich vor allem gegen die Klassik und
Romantik. Man wollte das Erfahrbare und Überprüfbare darstellen und ächtete die
Phantasie. In der realistischen Dichtung sollen selbst die Gefühle und
Meinungen des Dichters außerhalb der Darstellung bleiben. Man war daran
interessiert, den Menschen in seinem alltäglichen Leben darzustellen.
Der Realist wollte illusionsloser Beobachter sein. Die Handlung der Werke fand
meistens in kleinen Orten oder Dörfern am Lande statt. Die Figuren waren häufig
Handwerker, Kaufleute und Bauern. Nicht die große Politik, sondern die kleine
Welt des Privaten bildete den Hintergrund.
Kennzeichnend für die Erzählung des Realismus ist die Rahmentechnik: Ein
Erzähler erinnert sich an eine Begebenheit aus seinem Leben oder an eine alte
Chronik, in der die dann folgende Geschichte erzählt ist.
Die Erzählung bekommt durch die Rahmentechnik den Anstrich eines Berichtes über
reales vergangenes Geschehen. Die bevorzugte literarische Form ist die Novelle,
die im Realismus ihren Höhepunkt erreicht.
Der Roman tritt im Realismus in verschiedensten Formen auf: als
Entwicklungsroman , als historischer Roman, als Zeitroman sowie als
Gesellschafts- und Familienroman.
Auf das Drama wird weitgehend verzichtet.
Die realistischen Erzähler beziehen sich meist ganz konkret auf die Gegenwart,
auf die Realität ihrer Zeit. Um in ihren Werken die ganze Wirklichkeit zu
erfassen, beschäftigen sie sich vor allem mit dem ihnen gut bekannten einfachen
Bürgertum.
Der kritische Realismus
Ausgelöst wurde der kritische Realismus in
Frankreich Mitte des 19. Jahrhunderts. Er soll ohne persönliche Stellungnahme
und ohne eine Spur von Teilnahme am Geschick der Handlungsperson erzählen.
Das Bemühen um unbedingte, unberührte Objektivität führte notwendig zur
Entdeckung des Häßlichen, Beklemmenden, des Elends und der Kümmerlichkeit
menschlichen Daseins.
Der realistische Erzähler möchte den Eindruck vermitteln, als stelle er ein
Geschehen möglichst objektiv dar. Er berichtet wie ein neutraler außenstehender
Zuschauer (neutrales Erzählverhalten). Dem Leser soll der Eindruck vermittelt
werden, daß sich das Geschehen unmittelbar vor ihm abspielt, als sei er selbst
Zeuge und nicht abhängig von einem auktorialen Erzähler.
Auktoriales Erzählverhalten
Der Erzähler tritt als Vermittler zwischen
Geschichte und Leser auf; er erläutert und beurteilt das Geschehen, stellt
einen direkten Kontakt zum Leser her.
Neutrales Erzählverhalten
Der Erzähler tritt hinter das Geschehen zurück und überläßt die Beurteilung
dem Leser. Er ist nicht unmittelbar wahrzunehmen.
Im kritischen Realismus galt es als vorrangig, daß naturwissenschaftliche
Weltbild (Medizin, Biologie, Psychologie, Soziologie, ) als Grundlage zur
Darstellung des Menschen zu nehmen.