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Fast gleichzeitig entfaltete das geistige Leben im deutschsprachigen Raum in zwei umfassenden Systemen der Weltdeutung, der Kunstauffassung und der Lebensgestaltung: in Klassik und Romantik. Es war eine politisch unruhige Zeit.
Die deutsche Klassik orientierte sich an der griechischen und römischen Antike, die den Klassikern als eine ideale Zeit erschien
Die europäische Kultur ruht in wesentlichen Bereichen auf der Basis Antike, deren Welt in Europa nie ganz untergegangen ist, nahezu jeder Zeitabschnitt ist von ihr beeinflußt.
Die deutsche Klassik umfaßt den kurzen Zeitraum von Goethes erstem Aufenthalt in Rom (1786) bis zu Schillers Tod (1805), die als einzige klassische Dichter bezeichnet werden.
Das Wort 'klassisch' kommt als Qualitätsbegriff schon in der Antike vor, und bedeutet: mustergültig, beispielhaft. Goethe und Schiller bezeichneten weder sich noch ihre Werke als klassisch, sondern verwendeten das Wort in Bezug auf die Antike. Ihre Werke waren neben denen antiker Schriftsteller das wesentliche Bildungsgut des humanistischen Gymnasiums.
Unter Klassik versteht man inhaltlich ein Humanitäts- und Persönlichkeitsideal, formal eine Sprache mit hohem Anspruch und Dichtung, die den antiken Mustern entsprechen. Die Klassiker glaubten an die Fähigkeit des Menschen, sich durch Erziehung und Bildung zu einer harmonischen, in sich widerspruchsfreien Persönlichkeit zu entwickeln. Das Bildungsmittel sollte die Kunst sein. Das Erkennen und Erfüllen der als zeitlos verstandenen objektiven Gesetze der Kunst war das wesentliche Element, das in der Antike am besten verwirklicht schien. Für Goethe und Schiller waren die Menschen des klassischen Altertums heiter und glücklich. Die Griechen lebten für sie mit der Harmonie von Geist und Natur, sittlichem Verhalten und ungezwungene Sinnenhaftigkeit und zu dieser Harmonie wollten die Klassiker Menschen ihrer Zeit mit Hilfe der Kunst führen. Was über die vergängliche Zeit hinaus Gültigkeit hat, wie die Idee der Humanität, das ist wahr. Epik, Lyrik und Dramatik sind demnach für Goethe 'Naturformen' der Dichtung.
Um den zeitlos Gültigem zu dienen, muß sich der Künstler 'mit Geist und Fleiß' (Goethe) an die Tradition binden, was mit Selbstbeschränkung verbunden ist. Der klassische Dichter entsagt dem Kraftgenie des Sturm und Drang und der ungezügelten Phantasie, weil nur der maßvolle, sich selbst zügelnde Mensch die Idee des Humanen verkörpert.
Durch seine naturwissenschaftlichen Beobachtungen schließt Goethe, daß alles lebendige Sein in einer vorherbestimmten, genau umgrenzten Form existiert (Idealismus). Auch der Mensch kann sich nur dann seinem Ideal nähern, wenn er das Gesetz seines Daseins erfüllt.
Das klassische Kunstwerk soll zeitlos gültig sein und die Idee des Humanen zum Inhalt haben. Ein Einzelschicksal, das in einem Drama dargestellt wird, steht exemplarisch für eine menschliche Ursituation (à Iphigenie).
Als klassisch gelten: 'Iphigenie auf Tauris', das Künstlerdrama 'Torquato Tasso', einige Gedichte von Goethe (besonders die 'Römischen Elegien') einige Balladen, Schillers 'Don Carlos', 'Wallenstein' und 'Maria Stuart'.
Schiller verfaßte außerdem einige bedeutende kunsttheoretische Schriften, in denen er sich mit der Antike, mit antiken Formen und mit dem Wesen des Dichterischen auseinander setzt.
Im Gegensatz zu den französischen Klassizisten (Corneille und Racine) wählten Goethe und Schiller nicht vorwiegend antike Stoffe (die dargestellte Idee vom Menschen und die Sprache machen ein Werk zu einem klassischen). Andere Dichter und Autoren des 20. Jh., haben zwar antike Stoffe verarbeitet, sind aber keine Klassiker im eigentlichen Sinn.
Nach der Abfassung des Don Carlos versuchte Schiller als Historiker und Geschichtsschreiber Fuß zu fassen. Goethe vermittelte ihm eine Geschichtsprofessur in Jera. Aus der Arbeit an Don Carlos entstand 1788 'Die Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung'.
Karl August von Weimar ernannte ihn zum Hofrat und bezahlte Schillers Lebensunterhalt. Die Zeit der wirtschaftlichen Unabhängigkeit nützte er zu einem eingehenden Studium der Schriften von Kant und anderen Philosophen. Zwischen 1791 und 93 verfaßte er 'Die Geschichte des dreißigjährigen Krieges'. Diese Studien verarbeitete er in 'Wallenstein'.
Aus der Beschäftigung mit Kant entstanden seine Gedanken über 'Armut und Würde', eine theoretische Abhandlung über Wesen und Gesetze der Schönheit, sowie 'Über die ästhetische Erziehung des Menschen'. Diese Schrift gilt als Zentralpunkt der Klassik, ihr Kernsatz lautet:
'Es gibt keinen anderen Weg, den sinnlichen Menschen vernünftig zu machen, als daß man denselben zuvor ästhetisch mache.'
Von Goethe inspiriert entstand die dichterische Typenlehre über naive und sentimentalische Dichtung: Der Dichter ist entweder naiv (=intuitiv) mit der Natur verbunden und er erstrebt als Realist die vollständige Nachahmung des Wirklichen, oder er versucht sentimentalisch (=spekulativ) seine durch Kultur und Zivilisation verursachte Entfremdung von der Natur zu überwinden. Der Dichter muß als Idealist alles Wirkliche auf eine Idee beziehen. Über der Anschauung steht die Idee (z.B. Gedankenlyrik).
Schiller sieht sich selber als sentimentalischen Dichter.
In Anlehnung an die Dramen der griechischen Antike folgt das Deutsche Klassische Drama einem strengen Aufbauschema. Gefordert werden nach Aristoteles wieder Einheit der Handlung, Einheit der Zeit und Einheit des Ortes. Weiters unterscheidet man zwischen 'Zieldrama' (Synthetischer Aufbau: Handlung beginnt mit dem konfliktauslösenden Ereignis und strebt zeitlich fortlaufend dem Ende zu) und 'Enthüllungsdrama' (Analytisches Drama: Die konfliktauslösenden Ereignisse setzen bereits vor der Bühnendarstellung ein und sind weder den Personen noch den Zuschauern gänzlich bekannt. Rückschauend werden diese Ereignisse schrittweise enthüllt).
Das Klassische Drama ist das geschlossene Drama.
Der Aufbau ist symmetrisch, meistens fünf Akte:
1. Akt: Exposition (Situation, wichtige Figuren)
2. Akt: Steigende Handlung, sog. erregendes Moment, Konflikt ist dem Zuschauer jetzt klar
3. Akt: Höhepunkt, das Geschehen spitzt sich zu und erreicht gleichzeitig seinen dramatischen Wendepunkt
4. Akt: Fallende Handlung, zeigt die Folgen der Tat und die Ausweglosigkeit des Helden
5. Akt: Katastrophe, der tragische Held sühnt seine Tat mit dem Tod
Das Klassische Drama hat das Ziel, den Menschen zu bessern und zu erziehen. Er soll nicht seinen Leidenschaften und Trieben erliegen, sondern aus Einsicht in das 'Gute' dementsprechend handeln. Der Mensch soll sich zu einer harmonischen Persönlichkeit entwickeln, indem er innere Widersprüche erkennt und beseitigt.
Schillers Konzept von der ästhetischen Erziehung des Menschen soll mit Hilfe von Literatur, Kunst und Bildung erfolgen.
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