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Der Schrei
Edvard Munch, lebte von 1863 bis 1944, war ein norwegischer Maler und Graphiker und ei-ner der bedeutendsten Wegbereiter des Expressionismus in Europa.
Munch wurde am 12. Dezember 1863 in Løten geboren. Ein Stipendium erlaubte ihm 1885, für kurze Zeit in Paris zu studieren. Ein Jahr später fand er nach naturalistischen bzw. im-pressionistischen Anfängen mit Das kranke Kind (1886, Nasjonal Galleriet, Oslo) zu seinem unverwechselbaren Stil. Zwischen 1889 und 1907 lebte Munch zumeist in Paris und Berlin. Wegen der schockierenden Darstellung existenzieller Grenzerfahrungen auf Bildern wie Angst, Melancholie und Zwei Menschen, die er im November 1892 im Berliner Architekturhaus ausstellte, kam es zum Skandal, der den Verein Berliner Künstler spaltete: die Berliner Sezession entstand.
1899 schuf er die erste von insgesamt sechs Fassungen von Mädchen auf der Brücke (Nas-jonalgallerie Oslo). Weitere Variationen des Themas hängen u. a. im Wallraff-Richartz- Museum in Köln und in der Hamburger Kunsthalle. 1902 stellte Munch in der Berliner Se-zession unter der Überschrift Lebensfries 22 Gemälde aus, zu denen auch sein wohl be-kanntestes gehört: Der Schrei (1893, Nasjonalgalleriet, Oslo). Wie Vampir (1893, Nasjo-nalgalleriet, Oslo) und Asche (1894, Nasjonalgalleriet, Oslo) spiegelt auch Der Schrei Munchs eigene Angste vor dem Leben - und den Frauen - wider. Zentrale Motive Munchs aus dieser Zeit sind erschöpfte, wie leblos wirkende Figuren, teils mit verborgenen Gesich-tern, über denen drohend die abstrahierten Formen einer unheilkündenden Umgebung la-sten. Munchs symbolische Frauengestalten erscheinen teils als unschuldig-leidende Wesen, teils als gespenstische, den Mann aussaugende Vampire.
Edvard Munch ist der Kunstrichtung des Expressionismus zuzuordnen. Die
Stilrichtung be-steht seit 1905 und war gekennzeichnet von einem neuen
Lebensgefühl, das vor dem Zerstö-ren von Autoritätsstrukturen keine Scheu
hatte. Die Künstler dieser Zeit hatten Angst vor der zunehmenden
Industrialisierung und Mechanisierung des Lebens und dem bevorstehenden,
unvermeidlichen Krieg. Sie stellten sich Fragen nach dem Wesentlichen, nach
dem Sinn oder Unsinn, nach Leben und Tod, nach Vergänglichkeit und Bestand
und vor allem nach dem Sinn des Lebens in einer Welt, die geprägt war von
sozialer Not und kollektivem Elend.
Das Bild "Der Schrei" von Edvard Munch zeigt im Vordergrund eine schreiende
Person, die auf einer Brücke steht. Dieser schmale, junge Mensch hat ein vor
Furcht verzerrtes, grünwei-ßes Gesicht, einen weit geöffneten Mund und
schreckstarre Augen. Seine Hände sind ver-krampft an das Gesicht gepresst.
Der Kopf der Person sieht aus wie ein Totenkopf und besitzt weder Haare noch
Augenbrauen. In den vor Entsetzen geweiteten Augen des Schreienden spiegelt
sich Angst wider.
Der Hintergrund besteht aus dem Meer, dem Himmel, aus Schiffen, einer Insel,
der Brücke und zwei Personen, die sich auf jener bewegen. Diese beide
vornehm gekleideten Männer gehen starr in die andere Richtung. Sie nehmen
eine aufrechte, gerade und stramme Körper-haltung und tragen - vermutlich
als Zeichen ihrer vornehmen Abstammung - Hüte, die sie über die schreiende
Person stellt. Die beiden bilden eine Einheit mit der langen, geraden
Brücke. Der Schreiende fügt sich im Gegensatz mit dem Rest des Bildes zu
einem Ganzen zusammen. Der Himmel, das Meer, die Insel und die Person im
Vordergrund sind stromlini-enförmig gemalt. Die Schallwellen des Schreies
breiten sich aus, ergreifen Besitz von der Umgebung und könnten sie somit in
den stromlinienförmigen Zustand versetzen. Der ent-setzte Schreiende bildet
einen Gegensatz zur unberührten Umgebung.
Der Künstler verwendete für den Himmel, die Insel und die Brücken die Farben
rot und gelb, sie könnten für das Feuer stehen, welches Vernichtung und Tod
mit sich bringt. Teile des Himmels und das Meer wurden blau gemalt. Edvard
Munch wählte eine intensive Farbge-staltung und einen groben, kräftigen
Pinselstrich. Er geht nicht ins Detail, sondern will nur grob etwas zum
Ausdruck bringen und seine Zeit nicht mit dem Zeichnen feiner Linien
ver-schwenden. Das Hauptanliegen und der Hauptgrund für das Gemälde ist die
Intention Munch´s den "Schrei" darzustellen.
Am Anfang des 20. Jahrhunderts schritt die Industrialisierung immer weiter
fort, der Erste Weltkrieg stand unvermeidlich bevor und ein großer Umbruch
kündigte sich durch den Sturz der Monarchie an. In dieser Zeit zählte die
Menschheit als Masse und nicht jeder einzelne als Individuum. Edvard Munch
stellte den individualitätslosen Schreienden in den Vordergrund seines
Bildes, schaffte es aber dennoch nicht, der Masse ein Gesicht zu geben. Auf
alle Fälle wird das Kollektiv in den Vordergrund und über die Herrscher
gestellt. Trotzdem besitzt die schreiende Person keine Gesichtszüge oder
Haare, also keine Merkmale, die ihn von anderen unterscheiden. Sein Schädel
gleicht dem eines Skeletts und steht somit für das Knochenge-rüst, das bei
jedem Menschen gleich aufgebaut ist. Er könnte für die gesamte Bevölkerung
stehen, die mit einem Schrei des Entsetzens auf die gesellschaftlichen und
politischen Ent-wicklungen am Beginn des 20. Jahrhunderts reagiert.
Als Ursache für den Schrei lassen sich viele verschiedene Szenarien
entwickeln. Die Brücke könnte vor der Person eingestürzt sein oder ein
anderes Unglück hat sich vollzogen. Jemand könnte ins Wasser gefallen oder
gesprungen sein. Vielleicht hat der Schreiende gerade eine schreckliche
Nachricht von den beiden noblen Herren erhalten, die diesen Schrei auslöste.
Möglicherweise ist der Schrei Vorbote eines drohenden Unheils oder einer
Katastrophe durch die alle Beteiligten zu Grunde gehen werden. Auf jeden
Fall steht der Schrei aber für die see-lische Not des verzweifelten
Menschens.
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