Betriebstechnik | Biographien | Biologie | Chemie | Deutsch | Digitaltechnik |
Electronica | Epochen | Fertigungstechnik | Gemeinschaftskunde | Geographie | Geschichte |
Informatik | Kultur | Kunst | Literatur | Management | Mathematik |
Medizin | Nachrichtentechnik | Philosophie | Physik | Politik | Projekt |
Psychologie | Recht | Sonstige | Sport | Technik | Wirtschaftskunde |
Ähnliche Berichte:
|
Projekte:
|
Papers in anderen sprachen:
|
latein referate |
Griechische und Römische Tempel
Felix Müller
L1-1 12/'97
1. Was ist ein Tempel
2. Quellen
3. Der Griechische Tempel
3.1. Historischer Hintergrund
3.2. Tempel der Frühzeit
3.3. Die Ordnungen
3.3.1. Die dorische Ordnung
3.3.1.1. Der dorische Eckkonflikt
3.3.2. Die ionische Ordnung
3.3.3. Die äolische Ordnung
3.3.3. Die korinthische Ordnung
4. Der Römische Tempel
4.1. Historischer Hintergrund
4.2. Der etruskische Tempel
4.3. Rechtliche Grundlagen, Sprachliches
4.4. Tempel der Republik
4.5. Tempel der Kaiserzeit
4.6. Die römischen Ordnungen
4.6.1. Die römisch-dorische Ordnung
4.6.2. Die italisch-dorische (tuskische) Ordnung
4.6.3. Die italisch-ionische Ordnung
4.6.4. Die römisch-ionische Ordnung
4.6.5. Die italisch-korinthische Ordnung
4.6.6. Die römisch-korinthische Ordnung
4.6.7. Das Kompositkapitell
5. Schlußbetrachtung
1. Was ist ein Tempel ?
Im heutigen Sprachgebrauch wird das Wort
'Tempel' hauptsächlich als eine Bezeichnung für ein der
Götterverehrung dienendes Bauwerk benutzt. In der Antike beschränkt sich der
jeweilige Begriff jedoch nur selten auf ein bestimmtes Bauwerk. Markante Orte
oder Stätten mythischer Bedeutung werden z.B. auch als 'úÛè¢ä '
bezeichnet. Der lat. Begriff 'templum', auf den wir etwas
weiter unten noch eingehen werden, stammt von dem griechischen Verb 'ê,aäï
' ab, das soviel wie 'schneiden' bedeutet, jedoch auch
'abteilen, absondern'. Das der Gottheit geweihte Land heißt demnach
'ê,aÛäo@ '.
2. Quellen
Die Hauptgrundlage für die Forschung bilden
archäologische Zeugnisse. Viele Tempel sind noch sehr gut erhalten (z.B. das
Maison Carée in Nimes), von anderen ist nur noch ein Bruchstück des Kapitells
übrig. Oft wurden alte Tempel nach ihrer Zerstörung (naturbedingt oder
mutwillig herbeigeführt) durch neue ersetzt, so daß man von den älteren
Tempeln, sofern nicht Teile von ihnen 'recycelt' wurden, höchstens
einen Grundriß erkennen kann. Viele Tempel wurden später als Kirchen genutzt
und sind somit -sofern sie nicht in großem Stile umgebaut wurden- sehr gut
erhalten. Bis ins 3. JH.v.Chr. wurde häufig Holz verwendet, das sich inzwischen
aufgelöst hat und nur anhand von Verfärbungen im Erdreich nachgewiesen werden
kann. Diese Umstände erschweren eine Analyse früher Tempel.
Die Forschung beschränkt sich jedoch nicht
nur auf die archäologische Analyse von Bauwerken, sondern schließt auch die
Beschäftigung mit bildlichen oder plastischen Darstellungen, sowie die
Auswertung von Literatur mit ein. Zu den bedeutendsten Werken in diesem
Zusammenhang zählt wohl 'de architectura' von Vitruvius
Pollio, dessen Untersuchungen sich auf Besichtigungen vor Ort und das Studium
(vor allem) hellenistischer Quellen stützen. Doch schon Homer liefert
Informationen über Bauwerke, so erfährt man z.B., daß der Athena-Tempel in
Troja über verriegelbare Türen verfügte. Oft kann man auch aus Reiseberichten
Informationen ziehen: Pausanias beschreibt z.B. einige Gebäude, die heute nicht
mehr existieren, sehr genau.
3. Der Griechische Tempel
3.1. Historischer Hintergrund
Tempel gibt es schon seit grauer Vorzeit, eine Entwicklung, wie sie die Architektur in der frühen Antike durchlief, wird nur verständlich auf dem Hintergrund der historischen Entwicklung. Dabei lohnt ein Blick auf die verschiedenen Völker in dem Bereich, der später Griechenland heißen sollte.
Im 3.JT. v.Chr. wurde die Basis für die Architektur der folgenden Epochen gelegt: In Troja I (vg. Abbildung 1), sowie auf Lesbos und Samos wurden Reste von 'Megaron'-Häusern gefunden. Diese Hausform wurde elementare Grundlage der späteren Tempel.
Auf Kreta hatte sich schon früh eine
Hochkultur gebildet. Diese Hochkultur hatte, als die 'Achäer' und
andere Volksstämme noch nomadenhaft umherzogen, bereits gigantische Paläste
gebaut. Die Architektur dieser Paläste kontrastiert jedoch stark mit der des
Megaron-Hauses. An die Stelle eines freistehenden, klar gegliederten Bauwerks
tritt nun ein Labyrinth von Gängen, Räumen und Höfen, aus denen solch ein
Palast eine 'ungeahnte, überraschend belebte Lebendigkeit' bezieht.
Von diesem hohen zivilisatorischen
Entwicklungsstand profitieren auch die anderen Völker Griechenlands. Die Achäer
besitzen selbst keine 'Kultur' und können sich durch einen verstärkten
Austausch mit den Minoern äußerst schnell entwickeln, sich neue Fertigkeiten
aneignen und die Vorzüge des Fortschritts schätzen lernen. Ab dem 16.JH. v.Chr.
bilden sich schließlich mächtige Dynastien in Mittel- und Südgriechenland.
Mykene wurde Zentrum der achäischen Konföderation.
Im 12.JH. dringen die 'Dorier' in
Griechenland ein und verdrängen die Achäer, die nur noch Attika, Euböa und
Arkadien halten können und z.T. weiter im Osten (auf den Kykladen und in
Kleinasien) siedeln. Sie bilden den Stamm der 'Ioner'. Die
Stammeszugehörigkeit verliert jedoch zunehmend an Bedeutung, da das politische
Konstrukt der Polis Gestalt annimmt. Trotzdem bleiben gewisse Dialekte der
Stämme, sowohl in der Sprache als auch in der Kunst erhalten.
3.2. Tempel der Frühzeit
Mit Frühzeit bezeichnen wir in diesem
Zusammenhang den Zeitraum seit der Invasion der Dorier bis zum Ende des 8.JH's,
in dem der 'Beginn der abendländischen monumentalen Kunst'
anzusiedeln ist. Oft wird dieser Zeitraum auch als 'Dunkles
Zeitalter' bezeichnet, denn die Völker sanken in primitive Lebensformen
zurück. Gruben sieht dies als Befreiung von allen kretischen Elementen, die
Griechen hätten gewissermaßen ihren Hang zu freistehenden Baukörpern entdeckt.
Diese Entwicklung hat sich jedoch über einen langen Zeitraum erstreckt, denn
außer hufeisen- (bzw. haarnadel-) förmigen Hütten, deren Rückseite eine
halbkreisförmige Apsis bildet und deren Form das Vorbild Megaron erkennen läßt,
gibt es keinerlei Hinweise auf Neuentwicklungen..
Göttern wurde vor dem 10.JH.v.Chr. vor allem
an bestimmten Stellen in der Natur (etwa einem besonders markanten Fels, oder
einer Quelle) oder an Ruinen aus der Vorzeit gehuldigt, d.h. immer dort, wo
sich das Wesen des jeweiligen Gottes offenbarte oder die Verbindung der Stätte
mit einem ggfs. mythisch verklärten Stammesvater oder Heroen hergestellt werden
konnte. Ab dem 10.JH.v.Chr. sind Opferaltäre und -gruben belegt, sowie
Ummauerungen eines heiligen Bezirks (ê,aÛäo@ ).
In dieser Zeit entstehen auch die Bauwerke,
die wir im Allgemeinen als Tempel bezeichnen: kleine, schreinartige Gebäude,
die dem Schutz eines Standbildes (und nicht etwa als Versammlungsraum) dienen
oder in deren Mitte ein Opferherd ('eschara') installiert ist.
Diese Gebäude zeichnen sich durch einen Grundriß aus, der dem eines Megaron
ähnelt. Die Grundfläche bildet ein Rechteck, dessen Längsseiten über die
Stirnseite der 'Cella' - des Raumes, der das Kultbild
beherbergt - hinausragen. Meist sind beide Bereiche überdacht, so daß vor der
Cella eine Art Veranda entsteht. Durch Hervorhebung der Stirnseiten der
seitlichen Wände (Anten), sowie durch Hinzufügen einiger (1-2) Stützen (sprich:
Säulen) wird diese 'Veranda' zum 'Pronaos'. Diese
Art von Tempel wird 'Antentempel' genannt und erfreut sich bis in die
Spätantike als Grundlage für kleine Tempel ('naiskos'),
Schatzhäuser ('thesauros') und Torbögen ('propylon')
großer Beliebtheit.
Aus einem Bestreben nach Symmetrie heraus und
um die 'allseitige Wirkung' des Baus zu verstärken, fügt man dem
Bauwerk einen rückwärtigen Raum (allerdings ohne eigenen Zugang zur Cella), den
opisthodomos, hinzu (= Doppelantentempel). Ist dieser Raum so angelegt, daß er
nur von der Cella aus zu erreichen ist, wird er im Allgemeinen 'adyton'
(das Unbetretbare) genannt. Er durfte oft nur von bestimmten Personen zu
bestimmten Zeiten betreten werden.
Wird der Eingangsseite des Naos eine
Säulenreihe vorgestellt, so entsteht der Grundriß eines Prostylos (meist wird
dabei die Verlängerung der Längsseiten vernachlässigt). Beispielhaft für diesen
Typus sei ein Tonmodell aus dem Heraion von Argos angeführt, das als frühestes
Modell eines solchen Tempels gilt. Dementsprechend nennt man Tempel, deren
Front und Rückseite durch eine Säulenreihe ergänzt sind, 'Amphiprostylos'
(z.B. der Illissos-Tempel oder der Tempel der Athena Nike).
Der Grundriß, der unser Bild vom antiken
Tempel wohl am meisten geprägt hat, ist jedoch der 'Peripteros',
dessen Naos von einem Säulenkranz (Peristasis) umgeben ist. Dieser Säulenkranz
ist bis in römische Zeit nur für Tempel belegt. Er unterstreicht als
'reinster Ausdruck sakraler Weihe und Würde'die vitruvianische
'auctoritas'. Der Säulenkranz bedingt als einheitliches Außeres eine
gewisse Monumentalität und Ruhe, steht jedoch auch im Gegensatz zur soliden
Masse des 'Innenlebens' des Tempels. Schon Dendrup erkennt in dieser
Tempelform zwei grundlegende, Würde und Göttlichkeit verkörpernde Objekte
integriert: den Baldachin und die Säule. Zusätzlich zu dieser inneren Spannung,
betont Scully den Kontrast zwischen Landschaft und Tempel; dennoch seien
Landschaft und Tempel als einheitliches Ganzes zu sehen. Die Ebene dieses
Zusammenhangs scheint Scully jedoch in einer romantischen Asthetik zu sehen,
nach der ein Tempel dort gebaut wurde, wo er 'schön' in die
Landschaft paßte. Dabei ist es wahrscheinlicher, daß Tempel an Orten gebaut
wurden, die schon früher Kultstätten des jeweiligen Gottes waren.
Dadurch, daß die unterzubringenden
Götterbilder (weniger abstrakt und damit auch) größer wurden, mußten auch neue,
größere Tempel gebaut werden. Die ersten großen Tempel sind 100 Fuß lang (ca.
32,8 m) und ca. 6-10 m breit; sie zeichnen sich (im Vergleich zu späteren
Proportionen) durch geringe Wandhöhen und eine kleine Cella aus.
Zusätzlich zu diesen rechteckigen Tempeltypen
werden sog. 'Tholoi' gebaut. Tholoi sind Rundtempel (mit oder
ohne Peristasis), die ursprünglich wohl dem Heroenkult dienen und als Umfassung
für Opfergruben oder Grabhügel gedacht sind.
(Grundrisse: vgl. Abbildung 2)
3.3. Die Ordnungen
Die beiden in Griechenland vorherrschenden
Stämme, Dorier und Ioner, versuchen nun, gewisse Normen für den Tempelbau
aufzustellen. Dabei werden zwei unterschiedliche Systeme entwickelt: die
dorische und die ionische Ordnung. Diese Ordnungen werden häufig mit Dialekten
in der Sprache verglichen, sind sie doch jeweils stammestypische Rezeptionen
und Berarbeitungen einesThemas.
3.3.1. Die dorische Ordnung
Die dorische Ordnung (Abbildungen 3-8)
zeichnet sich durch eine monumentale Klarheit aus, die Vitruv mit der strengen
Schönheit des männlichen Körpers vergleicht. Zentren des dorischen Tempelbaus
waren Argos und Korinth, wobei in letzterem aufgrund der später entwickelten
korinthischen Ordnung kaum dorische Tempel erhalten sind.
Die oberste Kante des Stereobats (des
Fundaments), die Euthynterie, stützt die meist dreistufige Krepis
(oder Krepidoma), deren letzte Stufe, der Stylobat, die
Standfläche des übrigen Baus bildet (vgl. Abbildung 7). Die Cella-Wände stehen
auf dem Toichobat, einer zusätzlichen (jedoch äußerst kleinen) Stufe.
Der Schaft (Skapos) der Säule steht direkt auf dem Stylobat. Die Säulen,
deren Höhe 5-6 untere Säulendurchmesser ('scapus imus')
betragen sollte und deren Durchmesser um 1/4 abnimmt, verfügen meist über 16-20
senkrecht verlaufende Kanneluren, die in den Anuli (bzw. in früher Zeit
in einer archaischen Blattkranzkehle) abschließen. Zuvor 'passieren'
die Kanneluren den Scamillus (den 'kleinen Graben'), der sich
aus 1-3 Kerben zusammensetzt, die einen waagerechten Ring bilden. Durch diesen
Ring wird der Schaft der Säule vom Säulenhals (Hypotrachelion) getrennt.
An die Anuli schließt sich der Echinus an, ein 'kreisrunder
Wulst', der im Laufe der Zeit an Umfang verliert und an Höhe gewinnt, so
daß der Eindruck erweckt wird, die Last des Gebälks würde den Echinus kaum
belasten. Auf dem Echinus liegt der Abakus auf, eine quadratische
Platte, die zwischen Echinus und Architrav, dem schmucklosen Tragbalken,
vermitteln soll. Zwischen Architrav und Triglyphenfries ist eine vorspringende
Leiste, Taenia, angebracht, an deren Unterkante jeweils unterhalb der
Triglyphen eine kleine Leiste befestigt ist, an der 6 zylindrische Stifte
(Guttae) hängen. Über der Taenia befindet sich jeweils über einer Säule und
einem intercolumnium (Raum zwischen zwei Säulen) eine Triglyphe, eine
rechteckige Platte, in die zwei senkrechte Kerben sowie zwei Halbkerben an den
Seiten gemeißelt sind. Zwischen den Triglyphen befinden sich die Metopen
(='Raum zwischen den Augen'), rechteckige, meist bemalte oder
skulpturierte Platten. Metopen und Triglyphen bilden das Triglyphon, den
Fries. Seit dem Hellenismus gilt die Regel, daß die Frieshöhe 5/8 der
Gesamthöhe des Gebälks betragen solle. Jeweils über einer Triglyphe oder einer
Metope ist, der Dachneigung folgend, ein Mutulus, d.i. eine rechteckige
Platte, mit 3 Reihen à 6 Guttae befestigt. Es folgt ein den ganzen Bau
umringendes Geison, das die Basis für den Giebel bildet: Ein
Schräggeison, das am Geison angebracht ist, verleiht der Sima Halt und
begrenzt mit dem Geison das Tympanon, ein dreieckiges Feld, das häufig
zur bildlichen Darstellung bestimmter, mit der betreffenden Gottheit in
Verbindung stehender Themen genutzt wurde. An den Traufen, sowie am First
biegen sich die Kalyptere (verbindende Glieder zwischen Ziegelplatten)
zu Antefixa auf. Zudem sind an der Schrägsima (oft löwenkopfförmige)
Wasserspeier, sowie als 'Giebelbekrönung über dem First und an den
Seiten' Akrotere befestigt (Ornamente: vgl. Abbildung 14). Akrotere
entwickeln sich von simplen verzierten Scheiben über pflanzliche zu figürlichen
Darstellungen, die meist Sagenwesen (z.B. eine Sphinx) darstellen.
Stehen an der Frontseite des Pronaos
(respektive des opisthodomos) Säulen 'in antis', so tragen sie
einen bis zu den Seitenwänden der Cella reichenden Architrav, der einen
Triglyphenfries stützt. Bisweilen stützt eine Säulenreihe die in Kassetten
gegliederte Decke. Die Anzahl der Säulen in antis korrespondiert mit der Anzahl
der Säulen der Peristasis und der Anzahl der Säulenreihen. Die Achsen der
vorderen Säulen des klassischen hexastylen Typus' treffen in ihrer Verlängerung
jeweils auf:
Beim Tempel des Apollo in Thermum jedoch,
dessen Front von 5 Säulen gebildet wird, wird nur eine Säulenreihe gebildet.
Die Anzahl der Säulenreihen, die die Cella durchqueren, ist jedoch auf zwei
begrenzt. Dies zeigt auch die sog. Basilika in Poseidonia (Paestum), eine
Kolonie der achaeischen Kolonie Sybaris. Dort wird lediglich der Mittelsäule
der 3 in antis stehenden Säulen eine Säulenreihe durch die Cella zugeordnet.
Die Besonderheit dieses Tempels liegt jedoch woanders. Den 3 Säulen in antis
würden im Normalfall 7 äußere Säulen zugeordnet. Die vordere Säulenreihe bilden
jedoch 9 Säulen, der Tempel ist (fast) pseudodipteral, d.h. die Ausmaße
der Ptera (der Abstände zwischen seitlicher Cellawand und äußerer Säule)
werden verdoppelt; man verzichtete jedoch auf eine zweite seitliche Säulenreihe
(wie sie im 'echten' Dipteros vorkommt).
Das klassische Verhältnis von Quer- und
Längssäulen beträgt 6:13 oder 6:14 (die Ecksäulen werden jeweils doppelt
gezählt), in archaischer Zeit treten auch schmalere Grundrisse auf, mit einem
Verhältnis von 5:15, 6:17, 6:16, 6:15. In Ausnahmefällen werden 9 Vordersäulen
18 seitl. Säulen zugeordnet, oder ein Verhältnis von 6:17 oder 8:17
zugrundegelegt.
In fast allen dorischen Tempeln ist ein
ausgeklügeltes System von kaum wahrnehmbaren Neigungen und Krümmungen
erkennbar. Diese Inklinationen und Kurvaturen folgen gewissen Regeln, und auch
Vitruv empfiehlt eine geschickte Kombination dieser Mittel. Häufig (zumindest
nach dem 5.JH.v.Chr.) ist der Stylobat an den Ecken abgesenkt, sei es aus
ästhetischen oder aus praktischen Gründen (etwa um einen Ablauf von Regenwasser
zu ermöglichen). Die Neigung der äußeren Säulen zur Cella hin könnte stabilisierend
wirken. Einzig und allein die Entasis, die Wölbung der Säulen, scheint
lediglich einem ästhetischen Anspruch zu genügen. Vitruv's Quellen
(wahrscheinlich Ionische Architekten des 4. oder 3. JH's v.Chr.) glaubten durch
den Einsatz solcher Elemente bestimmte optische Illusionen korrigieren zu
können. Die Wirkung dieser Subtilitäten auf Betrachter ist zweifelsohne
gewaltig:
'To him who sees the Parthenon [=Paradebeispiel für Inklination und Kurvatur] even as it stands today the elasticity and life which spring from these unnoticed subtleties are a revelation.'
(D.S. Robertson)
3.3.1.1. Der dorische Eckkonflikt
Die strengen Regeln, die beim Bau eines
dorischen Tempels beachtet werden mußten und noch aus Zeiten stammten, als
Tempel noch aus Holz gebaut wurden, wurden dieser Ordnung zum Verhängnis. Drei
dieser Regeln wirkten sich besonders schwerwiegend aus:
Anfangs stellten diese Anforderungen kein
Problem für die Architekten dar. Da jedoch später größere Tempel gebaut wurden,
und somit aus Stabilitätsgründen ein breiterer Architrav benötigt wurde, war es
unmöglich, die Triglyphen so lang wie den Architrav breit zu halten. Plazierte
man nun die Triglyphe -gemäß Regel 3- direkt über der Säulenachse, wäre Regel 2
nicht erfüllt; es würde sich eine einspringende Ecke bilden. Regel 2 wurde
jedoch immer befolgt. Die archaische Lösung zu diesem Problem liegt in der
Verbreiterung der der Ecktriglyphe folgenden Metope und damit einer
Verschiebung der Triglyphe nach außen um (A = Breite des
Architravs, T = Länge der Triglyphe) . Bei klassischen Tempeln findet man
häufig eine Eckkontraktion vor; d.h. das letzte Intercolumnium wird verkleinert
(z.B. 'Herkules-Tempel' in Agrigentum). Auch eine doppelte Eck-kontraktion ist
belegt (z.B. Concordiatempel in Agrigentum), bisweilen wurden beide Hilfsmittel
kombiniert (z.B. Poseidontempel in Paestum oder am Heraeum v. Olympia).
Für Robertson ist klar, daß der dorische
Eckkonflikt für den Untergang dieser Ordnung verantwortlich war. Jedenfalls ist
zu beobachten, daß die dorische Architektur seit dem Prinzipat quasi aufhört zu
existieren, sei es aus Desinteresse an dorischer Architektur oder Verzweiflung
an dem angesprochenen Problem.
(Eckkontraktion: Abbildungen 5 und 6)
3.2.2. Die ionische Ordnung
Ionische und dorische Tempelarchitektur
verfügen über grundlegende, gemeinsame Elemente, in Ionien entwickelt sich
jedoch stammesbedingt eine andere architektonische Struktur. Vitruv vergleicht
sie mit der Anmut einer Frau. Insgesamt wirkt ein ionischer Tempel besonders
durch seine Ornamente sehr organisch, das Bauwerk scheint nur als Gerüst für
etwas 'Lebendiges' zu dienen.
Der ionische Stereobat unterscheidet sich
nicht von dem dorischen, allerdings stehen die Säulen auf Basen. Man
unterscheidet 3 Basentypen (vgl. Abbildung 13):
Der schlankere Säulenschaft (Höhe = unterer
Durchmesser*8) wird an beiden Enden durch ein Astragal, ein
'halbkreisförmiges Profil mit plastischen oder gemalten alternierenden
Halbkugeln und Scheibchen' , begrenzt. Im Gegensatz zum dorischen
Säulenschaft, findet man häufig sehr enge Kannelierungen vor (24 - 48
halbkreisförmige bzw. flach-konkave Kanneluren). Bisweilen wird der Säulenhals
durch Anthemien (Lotos-Palmetten-Verzierung) umkränzt.
Das Kapitell setzt sich aus dem schon
erwähnten Astragal, einem Echinus mit ionischen Kymation- (Eierstab-)
Verzierungen, einem Volutenteil, sowie einem kymationverzierten Abakus zusammen.
Der Volutenteil springt beiderseits über den Schaft hervor und bildet
schneckenförmige Voluten. Der sog. Kanalis verbindet beide
Voluten, deren Seitenansicht, das Pulvinum (Polster), von einem Balteus
(Gürtel) zusammen'geschnürt' wird. In der ionischen Ordnung gibt es
ein dediziertes Eckkapitell, das insgesamt drei Voluten bildet. Dabei bildet
die (verlängerte) Achse der mittleren Volute einen 45° Winkel zum Innenwinkel
des Architravs.
Die ionischen Architraven gliedern sich in
drei Fascien (stufenartige Vorsprünge). Die Gestaltung oberhalb des
Architravs divergiert je nach Region. Bei kleinasiatisch-(ost-)ionischen Bauten
ruht auf dem Architrav ein von Kymatien eingefaßter Zahnschnitt ('Geisipodes').
Dieser Zahnschnitt hat sich als dichte Reihe von stilisierten Balkenköpfen aus
der Zeit des Holztempels erhalten. Es folgt das Geison, welches eine
anthemienverzierte Sima trägt oder mit Palmettenantefixen verziert ist. Der
übrige Aufbau (Dach- und Giebelbildung) unterscheidet sich nicht von einem
dorischen Tempel. Im inselionisch-attischen Gebälk erscheint kein Zahnschnitt,
dafür befindet sich oberhalb des Architravs ein Relieffries (Zophoros).
Im kleinasiatisch-hellenistischen Stil wird solch ein Fries mit einem
Zahnschnitt kombiniert (vgl. Abbildungen 9 und 12).
Die Anten werden erst ab dem 4.JH.v.Chr. von
den Seitenwänden des Naos abgesetzt, zeichnen sich jedoch durch spezielle
Kapitelle aus. Besonders prachtvoll werden zusätzlich die Türen zur Cella
verkleidet.
Vitruv widmet sich in einem seiner Kapitel
(III, 3, 6) ausführlich dem Begriff 'eustyl' im Zusammenhang
mit Säulenabständen. Dieser Begriff sei von Hermogenes entwickelt worden;
Vitruv hat Hermogenes jedoch schon in (III, 3, 8) fälschlicherweise die
Erfindung des octastylen Pseudodipterons zugedichtet, insofern ist diese
Information nicht gesichert. Vor der Entwicklung des eustylen Typs orientierte
man sich entweder am pycnostylen (Abstand zweier Säulen -nicht deren
Achsen!- = 1 1/2 * unterer Säulendurchmesser), am systylen (Abstand
zweier Säulen = 2 * unterer Säulendurchmesser) oder am diastylen
(Abstand zweier Säulen = 3* unterer Säulendurchmesser) System. War der
Säulenabstand größer als 3*(unterer Säulendurchmesser), bezeichnete man den
Säulenabstand als aerostyl. Liegt ein eustyles System zugrunde, beträgt
der Säulenabstand 2 1/4 untere Säulendurchmesser. Nur das mittlere
Intercolumnium sollte einen diastylen Abstand aufweisen (das stellte eigentlich
keine Neuerung dar, denn dieses Intercolumnium war normalerweise immer ein
wenig größer dimensioniert).
Mit dem Beginn des Hellenismus werden
zunehmend ionische Großtempel gebaut, oft sog. Dipteroi (z.B.
Apollon-Tempel in Didyma bei Milet). Dipteroi zeichnen sich durch zwei den Naos
umgebende Säulenkränze aus. Die Cellastruktur derartiger Großtempel unterschied
sich z.T. von orthodoxen Formen, so entfallen Opisthodome, oder im Innern der
Cella befindet sich ein Naiskos, ein kleiner Schrein.
3.3.3. Die äolische 'Ordnung'
Das äolische Kapitell unterscheidet sich
insofern vom ionischen, als daß direkt aus dem Schaft zwei Voluten senkrecht
aufwachsen. Der Zwischenraum zwischen den Voluten wird mithilfe einer
stilisierten Palmette gefüllt, während sich unterhalb der Voluten noch ein
Blattring befindet. Sonst unterscheidet sich die äolische Ordnung kaum von der
ionischen; viele Wissenschaftler sehen das äolische Kapitell als Vorform oder
als eine Variante des ionischen Kapitells. Auf der anderen Seite wäre ein
ionisches Kapitell auch ohne äolische Vorläufer denkbar. Beide Formen sind
ägyptisch-asiatisch beeinflußt. Das äolische Kapitell ist demnach nur eine
Variante des so berühmten Palmetten-Kapitells, das die Minoer einst aus Agypten
importierten und im 7. und 6. JH.v.Chr. erneut von Griechen aus dem Orient
mitgebracht wurde.
3.3.4. Die korinthische Ordnung
Auch die korinthische Ordnung unterscheidet
sich von der ionischen lediglich durch eine andersartige Kapitellform. Das
korinthische Kapitell (Abbildungen 13 und 15) ist angeblich von Kallimachos, einem
Metallarbeiter, entwickelt worden. Auch die filigranen Ornamente deuten auf
metallische Modelle hin, und in einigen syrischen Gebäuden aus römischer Zeit
(z.B. Bel-Tempel in Palmyra) war das Kapitell tatsächlich aus Metall. In
klassischer Zeit findet das korinthische Kapitell nur innerhalb des Tempels
Anwendung, erst in hellenistischer Zeit wird es gleichberechtigt mit dem
ionischen Kapitell für Außensäulen verwendet. Der Vorteil des korinthischen
Kapitells liegt vor allem in der Tatsache, daß alle vier Seiten ein
gleichmäßiges Ganzes darstellen.
Um einen Kalathos (Kelch) sind 1-2
Reihen Akanthuslaub angeordnet, aus deren Mitte Cauliculi (Blatthülsen)
zwei Helices (Volutenranken) pro Seite hervorsprießen lassen. Im Zentrum
des Kapitells befindet sich zusätzlich eine Blüte oder Palmette, die von zwei
Helices getragen wird.
4. Der Römische Tempel
Der Römische Tempel wird häufig als
Kombination aus etruskischem und griechischem System angesehen. Der
etruskisch-italische Stil absorbierte dabei erst den Einfluß aus Süditalien und
Sizilien, im 2. und 1. JH.v.Chr. kommt der Einfluß aus Griechenland,
Kleinasien, Syrien und Agypten hinzu. Dies wird recht plausibel, betrachtet man
die Ausdehnung des römischen Machtbereiches zur jeweiligen Zeit. Er erfüllt
dabei nicht nur die Funktion des Schutzes des Gottesbildes, sondern ist auch
von repräsentativem, historisch-dokumentativem Charakter.
4.1. Historischer Hintergrund
Spätestens seit Gründung der Stadt Rom steht
die Bevölkerung Roms in Kontakt mit den Etruskern. Im Stadtgebiet selbst wurden
etruskische Gräber gefunden, die aus der 2. Hälfte des 7. JH v.Chr. stammen.
Zur Zeit der Punischen Kriege erfährt der römische Machtbereich schließlich
eine Ausdehnung nach Süden bzw. Westen, die einen engeren Kontakt mit den
griechischen Kolonien in Süditalien und Sizilien zur Folge hat (z.B. Paestum).
Im 2. JH v.Chr. orientiert sich Rom gen Osten: Die Annexion Makedoniens (168)
sowie die Attalidische Erbschaft (138) bergen eine gute Ausgangslage für
künftige Erweiterungen. Begeistert übernehmen die Römer vieles aus dem
griechischen Kulturkreis, kopieren Kunstwerke, lassen sich vom griechischen
Götterhimmel mehr als inspirieren und lassen griechische Architektur in ihre
Tempel einfliessen.
4.2. Der etruskische Tempel
Die Grundlage für den römischen Tempel (aedes
[sacra]) bildet jedoch der etruskisch-italische Typus (Abbildungen 16 und
17). Die Kanonisierung dieses Typs findet etwa zur gleichen Zeit statt wie die
verbindliche Festlegung der einzelnen Ordnungen in Griechenland. Der aus Holz
gebaute Tempel basiert auf einem rechteckigen Grundriß (etwa 5:6). Steine
finden (in dieser Zeit) nur als Fundament für Wände und Säulen Verwendung; die
Wände bestehen aus Ziegeln. Der Raum läßt sich in vier Abschnitte gliedern: Die
vordere Hälfte (sic!) wurde als Pronaos genutzt, während die rückwärtige Hälfte
in 3 'Schiffe' unterteilt war, deren Breite im Verhältnis 3:4:3
stand. Im Pronaos befinden sich 2 Reihen von jeweils einer Säule als
Verlängerung der seitlichen Außenwand und jeweils eine Säule als Verlängerung
der Seitenwände der Cella Media. Die Säulen standen aerostyl zueinander,
d.h. ihr Abstand war relativ groß gemessen an griechischen Verhältnissen. Auch
war die Hervorhebung der Stirnseiten der Wände (Anten) fakultativ. Vitruv
beschreibt einen Tempel aus späterer tuskischer Zeit, der bisweilen im
Widerspruch zu Ausgrabungsergebnissen steht. Ab dem 4. JH.v.Chr. finden Steine
auch in den Cellae und Monolithen als Säulen Verwendung.
Der etruskische Tempel steht grundsätzlich
auf einem Podium aus steinquadereingefaßten Bruchsteinen im Lehmverband, das
ihn aus der Profanität herauslöst, bleibt jedoch von der Frontseite her über
eine Freitreppe zugänglich. Auf der Freitreppe kann ein Altar stehen. Der
unkanellierte Säulenschaft ruht auf einer Basis (spira), die sich aus
Plinthe, Torus (Wulst), Quadra (Stäbchen) und Apophysis (Ablauf)
zusammensetzt. Ihre Höhe steht wiederum in Abhängigkeit zum Schaftdurchmesser
(Höhe der Basis = 0,5*Schaftdurchmesser), der sich nach oben hin um ein Viertel
verkleinert. Auch die Gesamthöhe läßt sich über den Schaftdurchmesser berechnen
(Gesamthöhe = 7*Schaftdurchmesser). Das Capitulum (Kapitell,
Kapitellhöhe stimmt mit der Höhe der Basis überein) besteht aus Hypotrachelium
(Hals), Astragal, Quadra, Echinus (Polster) und Abakus (vermutl. quadratische
Platte). Der Architrav besteht aus zwei nebeneinanderliegenden Holzbalken
(trabes compactiles), auf denen wiederum über den Architrav hinausragende Längsbalken
(mutuli) ruhen. Sie bilden, zusammen mit einigen Querbalken, die
Kassettendecke. Die Cantharii (die aufsteigenden Dachbalken) werden von
den seitlichen Längs- sowie vom eigenartig stabilisierten Firstbalken gestützt
und bilden die Grundlage für Latten zur Aufnahme der Ziegel. Die zahlreichen
(Terrakotta-)Verzierungen waren nicht nur schmückende, sondern auch schützende
Elemente: Sie schützten die hölzernen Bestandteile des Tempels vor
Witterungseinflüssen.
Im Vergleich zu den griechischen Tempeltypen
wird die Spannung zwischen Last und Stütze architektonisch kaum ausgewertet.
Die Struktur folgt eher praktischen Gesichtspunkten, läßt Subtilität und Reife,
wie sie griechische Tempel aufweisen, vermissen.
4.3. Rechtliche Grundlagen, Sprachliches
Um einen 'Gottesdienst' in Rom
einzurichten, ist es nötig einen Ort festzulegen, der diesem Gott gehört und
somit menschlichem Zugriff entzogen ist. Schon Mommsen unterscheidet zwischen
Privateigentum, Gemeindeeigentum und Gotteseigentum. Eine gewisse Spannung
entsteht aus der Überschneidung von Gemeinde- und Gotteseigentum. Schließlich
obliegt der Gemeinde die Pflicht, loca sacra instandzuhalten und zu beschützen.
Quasi als Gegenleistung dafür, wird der Gemeinde das Recht übertragen, durch
eine consecratio einen Ort als sacer zu deklarieren. Das Eigentum eines Gottes
wird somit unter die Verwaltung des Staates gestellt. Ein locus sacer
unterliegt jedoch keinem menschlichen Rechtsverkehr.
Die 'Sacertät' einer Stätte bezieht sich
immer auf den Boden. Die Gestaltung der Kultstätte ist also von sekundärer
Bedeutung. Es kann sich z.B. um einen Hain, eine Quelle, eine Grube, eine Höhle
oder um ein Gotteshaus handeln. Dies hängt natürlich von der Eigenart des zu
verehrenden Gottes ab, von der Solvenz der Verehrenden oder vom Anlaß der
Weihung.
Alle Tempel sind vor dem Gesetz gleich. Das
'Tempelhaus herrscht unbedingt', Indigetes (alteingesessene
Götter) und Novensides ('Newcomer') sind also
gleichberechtigt.
Später verengt sich der Begriff fanum
dahingehend, daß er nur noch als Bezeichnung für Kultstätten alten Stils oder
für Tempel außerrömischer Gottheiten gebraucht wird. Sacella können
entweder 'loca dis sacrata sine lecto' (staatl. Kultstätten) oder
Privatheiligtümer sein. Seit der Republik setzt sich das aedes-Haus immer mehr
durch, nur noch alten Gottheiten wird wirklich in Hainen geopfert. Die
existierenden Altäre bleiben bestehen, weil sie nicht mehr genutzt werden oder
in ein neues Heiligtum integriert werden.
Ab Augustus nimmt der Altar an Bedeutung zu,
und man legt viel Wert auf eine möglichst prunkvolle Gestaltung (s. ara pacis).
Zusätzlich zu den offiziellen Tempeln gab es
sog. 'sacella', in denen z.B. sehr alten Gottheiten gehuldigt wurde,
oder kleine Larenkapellen am Wegesrand (wie wir sie heute in ähnlicher Form
auch kennen). Als Sonderform bleibt stets der Vestalinnentempel erhalten: Die aedes
Vestae blieb stets ein kleiner Rundtempel ohne Kultbild, war also kein
Wohnhaus der Göttin (das sich zu Lebzeiten Ciceros als aedicula neben
dem eigentlichen Tempel befand). Im Vestatempel befand sich eine Feuerstelle
sowie eine Vorratskammer (penus) der römischen Gemeinde.
Bei der Anlage eines Tempels gibt es gewisse
sakralrechtliche Regeln zu beachten. So darf z.B. der Tempel des Mars nicht
innerhalb des pomeriums liegen; landfremde Gottheiten dürfen nicht in
der Innenstadt verehrt werden, u.v.m. Der Tempel sollte nach allen Seiten frei
liegen.
Die Auguren legen einen Grundplan für den
Tempel fest und geben der festgelegten rechteckigen Fläche die Bezeichnung
'templum'. Nach Fertigstellung des Tempels wird dieser
schließlich geweiht ('Dedication'). Diese Dedication wird durch einen
Magistrat durchgeführt, dem der Pontifex Maximus assistiert, indem er eine
bestimmte Formel vorspricht; dabei berühren beide Personen den Türpfosten des
Tempels. Die consecratio, also die eigentliche Weihung wird durchgeführt, indem
die 'sollemnia pontificalis carminis verba' gesprochen werden,
also 'indem die Gemeinde sich ihres Eigentumsrechtes zu Gunsten der
Gottheit entäußert'. Der Tempel wird somit Eigentum des Gottes und damit
eine res sacra.
Die oben erwähnte Dedicationsformel hat
gewissen Richtlinien zu genügen: Sie muß den Namen des Empfängers, den Namen
des Dedicierenden, die Grenzen der überwiesenen Kultstätte und nähere
Bedingungen der Überweisung enthalten (z.B. so etwas wie eine lex
dedicationis, die den Kultbetrieb regelt). Das Musterexemplar für eine lex
dedicationis ist die lex arae Dianae in Aventino. Sie beinhaltet den
Anspruch des Heiligtums auf Schutz gegen profane Inanspruchnahme, Verletzung,
Raub, die vermögensrechtliche Handhabung der Gaben und Weihgeschenke, die
Zulässigkeit/Statthaftigkeit bestimmter Opfer und Sakralhandlungen, die
Zulassung/den Ausschluß bestimmter Klassen oder Personen sowie u.A. bestimmte
Privilegien (z.B. Asylrecht). Auch konnten in einer solchen lex von Staats
wegen regelmäßig darzubringende Opfer festgelegt werden. Normalerweise wurde
ein Staatsopfer einmal im Jahr (am Stiftungstag) dargebracht. War dazu kein
spezielles Personal vonnöten, wurde das Opfer vom Pontifex Maximus oder einem
Unterbeamten durchgeführt. Festtage werden in einschlägigen Kalendern mit Name,
Ort und Datum vermerkt (Ausnahme: das Kollektivopfer für die in Feuersnöten
hilfreichen Götter). Dadurch, daß der Stiftungstag an die feriae der
einzelnen Götter gebunden waren, waren die feriae publicae gleichzeitig auch
die Tage des Tempelopfers.
War ein Tempel kaputt, wurde er
wiedererrichtet, und neu geweiht. Eine consecratio war überflüssig, da
die Heiligkeit schließlich am Boden 'haftete'.
Tempel waren also grundsätzlich die
Wohnstätten der Götter; vor dem Eingang befand sich meist ein Opferaltar, das
Tempelhaus umschließt das entsprechende Götterbild, sowie die göttlichen
Besitztümer. Dazu gehört z.B. der heilige Hausrat (sacra cuppellex), der
sich aus Opfertischen (mensae), tragbaren Feuerherden (foci),
Opfergefäßen (vasa) und sonstigen Gerätschaften zusammensetzte. Diese
Ausstattung wurde zusammen mit dem Tempel consecriert und wurde somit zum
unveräußerlichen Göttergut.
Die Aufwartung beim Gotte war Aufgabe des aeditu(m)us,
der beim Tempel wohnt. Der aedituus ist als Verwalter und Tempelhüter für die
Reinigung, die Aufsicht über das Tempelgut und die dort niedergelegten
Wertgegenstände verantwortlich. Er untersteht einem Magistraten dem die cura
aedium sacrorum anvertraut ist. Da die Tempel normalerweise geschlossen waren
(außer am Festtag natürlich), mußte der aedituus außerdem den Zugang regeln.
Wenn z.B. Privatleute ein Gelübde einlösen wollten, mußten sie sich an die
festgesetzten Regeln halten und ggfs. eine Gebühr entrichten. Der Tempel konnte
auch auf Geheiß der Magistrate geöffnet und zur öffentlichen Nutzung
freigegeben werden, falls die Tempelvorschriften dies nicht verboten. Des
weiteren ist der adituus verpflichtet, Prodigien im Einflußbereich des Tempels
zu melden.
Privatheiligtümer sind sakralrechtlich
gesehen profana, doch auch sie werden 'geweiht'; nur eine
consecratio findet nicht statt. Dennoch stehen Privatheiligtümer unter einem
bestimmten Gesetz, denn trotz ihres profanen Status' haftet ihnen eine religio
an. Dies trifft auch auf Heiligtümer außerhalb des solum italicum, Blitzgräber,
besondere Stellen historischen oder mythischen Interesses, sowie Gräber zu.
Varro benutzt das Wort templum nicht im Sinne
von 'Haus'. Er erwähnt unter anderem das himmlische Templum, das in
vier Teile geteilt sei (gemäß den vier Himmelsrichtungen). Ein irdisches
Templum wird wie folgt definiert:
'Auf der Erde wird Tempel der Bezirk genannt, der zum Zwecke des Auguriums oder
Auspiciums mit gewissen, ganz klar definierten Worten bestimmt wird. Es wird aber nicht
überall mit den gleichen Worten gesagt. Auf der Burg heißt es wie folgt: 'Templa und Tesca
sollen die Grenzen haben, wie ich sie mit meiner Stimme benenne: Dieser Baum sei die
Grenze zur Linken für Templum und Tescum, jener Baum sei die Grenze zur Rechten
für Templum und Tescum. In diesem Raumausschnitt, Blickfeld, Bezugsbereich sollen
meine Beobachtungen
gelten.'
Im Gegensatz zu aedes
bezeichnet templum (zumindest zu jener Zeit) nicht das Gebäude eines
Gottes, sondern das Beobachtungsfeld der Auguren.
4.4. Tempel der Republik
In Rom selbst gibt es kaum Gebäude die als
gesichert vor-sullanisch gelten können, allerdings sind z.B. in Pompeji Gebäude
erhalten, die vor dem 2. JH.v.Chr. gebaut wurden (aus der sog. Tuff[stein]-
Periode). In Pompeji finden sich auch einige dorische Säulen, die in Rom aufgrund
der oben genannten Problematik sehr rar sind. Oft sind die Bauwerke in Rom
schwer datierbar; Einflüsse lassen sich ob der eklektizistischen und
nachahmenden Grundhaltung nur schwer auseinanderhalten. Noch Horaz ermahnte die
Römer, daß die Sünden der Väter sie belasten würden, wenn sie die Tempel nicht
restaurierten. Augustus erledigte diese Aufgabe gewissenhaft, und
'verbaute' uns damit die Chance, mehr über die Architektur der
vorchristlichen Jahrhunderte zu erfahren.
Zu den ältesten Tempeln zählt wohl der
Kapitolinische Tempel in Rom, der aus dem 6. JH.v.Chr. stammt, zwar nach
Bränden oft wiederaufgebaut wurde, aber dennoch einige tuskische Eigenarten
bewahrt hat.
Der römische Tempel steht, wie der
etruskisch-italische Tempel auch, auf einem Podest und weist eine eindeutige
Orientierung auf. Kähler weist darauf hin, daß der römische Tempel dadurch mehr
am Raum denn im Raum stehe. Auch durchkreuzen keine Säulen die Cella, der Raum
bleibt also 'unversehrt' und kann als Raum wirken (und nicht nur als
Aufbewahrungsstätte für ein Standbild).
4.5. Tempel der Kaiserzeit
Der Siegeszug des korinthischen Stils zeigt
sich deutlich an der Häufigkeit der Verwendung in Rom. Schon früh werden
dorische und ionische Ordnung verdrängt und durch das korinthische System
ersetzt. In Pompeji wurden im Rahmen einer Restauration mit Meißel und Stuck
ein ionisches Kapitell in ein korinthisches verwandelt. Dies macht einen
Sachverhalt ganz deutlich: Die Ordnungen unterscheiden sich in Rom meist nur
durch ihr Kapitell.
4.6. Die römischen Ordnungen
Diese Ordnungen finden nicht nur im Tempelbau
Verwendung. Häufig werden sie auch zur Gestaltung von Profanfassaden benutzt
(zu den römischen Ordnungen, vgl. Abbildung 18).
4.6.1. Die römisch-dorische Ordnung
Die römisch-dorische Ordnung war wohl eine
der ersten 'römischen' Ordnungen. Sie erscheint erstmals am Grab des
Cornelius Scipio Barbatus (cos. 298 v.Chr.) und zeichnet sich durch eine
schmale, flachkanellierte Säule aus, die auf einer Basis steht. Bei dieser
Ordnung kommt kein Holz zum Einsatz. Die römisch-dorische Ordnung geizt mit
Ornamenten, ist sehr schlicht und streng gehalten. Über dem sehr flachen
Architrav sind die Triglyphen befestigt, von denen auf jede Säule 5 entfallen.
Unterhalb des kymatienverzierten Echinus wird ein 'Halsring'
hinzugefügt. Die Metopenfelder sind mit Rosetten, bestimmten Abzeichen oder
Bukranien (Rinderschädelskeletten) verziert. Seit dem 1. vorchristlichen
Jahrhundert wird dieser Stil hauptsächlich an Profanbauten eingesetzt, kommt
jedoch in der Kaiserzeit außer Mode.
4.6.2. Die italisch-dorische
(tuskische) Ordnung
Die italisch-dorische Ordnung zeichnet sich
durch ionisierende Basisformen, glatten Schaft, stark hervorgehobenes Hypotrachelion
sowie breite Anuli aus. Typische Elemente sind zudem ein flacher Echinus, auf
dem ein breiter Abakus aufliegt sowie eine einheitliche Metopenverzierung
(Schilde oder Rosetten). Zuweilen lassen sich in einem tusckischen Gebälk auch
ionisierende Zwischenglieder finden. Die Architekten italisch-dorischer Tempel
vermeiden eine Eckkontraktion.
4.6.3. Die italisch-ionische Ordnung
Der an unteritalisch-sizilianische Vorbilder
angelehnte italisch-ionische Typus erweckt durch Diagonalkapitelle die
Aufmerksamkeit des Betrachters, deren Palmettenornamente sehr ausladend
gestaltet sind. Ferner verfügt dieser (archaisierende) Typus über geschwungene
Helices im Kapitell.
4.6.4. Die römisch-ionische Ordnung
Tempel römisch-ionischer Ordnung (ab dem 1.
JH.v.Chr.) unterscheiden sich von ihren griechischen Vorbilder hauptsächlich
dadurch, daß die Kanalis zwischen den Voluten nicht konkav gebildet ist und
alle Teile des Tempels stärker verziert werden. Der Architrav ist deutlich flacher
als an früheren Tempeln.
4.6.5. Die italisch-korinthische
Ordnung
Kräftige Helices wachsen bei dieser Ordnung
aus einem Blätterkranz heraus. Eine Rosette ersetzt die griechische Palmette.
In Paestum findet man sogar (als Sonderfall) ein figürliches Kapitell.
4.6.6. Die römisch-korinthische Ordnung
Der Siegeszug dieser Ordnung ist ein Beleg
für die Prachtliebe der Römer, kein Tempelelement bleibt unverziert. Auf einer
attisch oder kleinasiatisch-ionisch nachempfundenen Basis steht der kannelierte
oder andersartig verzierte Schaft. Das Kapitell wird durch den neuartigen
Kalathos bestimmt, aus dem 16 oder 24 Akanthusblätter aufragen, hinter denen
acht (schlingpflanzenartige)Volutenpaare emporwachsen, die zusammen den Abakus
tragen (im griechischen Bereich übernehmen diese Aufgabe ja nur die
Eckvoluten). Eine Blüte endet entweder unter oder in der Mitte des Abakus. Auf
den durch Kymatien getrennten Fascien ruht ein ionisches Kyma zwischen
Pelstäben und eine 'im Akanthus-Palmetten-Wechsel verzierte Hohlkehre mit
Leiste'. Darüber befindet sich -getrennt durch ein Flechtband- der
Zahnschnitt. Das Kranzgesims wird von Volutenkonsolen getragen (die an die
hervorstehenden Längsbalken an etruskischen Tempeln erinnern).
Diese Ordnung wurde sehr populär, nachdem
einige Säulen vom unvollendeten Olympieion (Athen) in Rom aufgestellt wurden.
Sie wurden bei der Restauration des Kapitols unter Sulla verwendet.
4.6.7. Das Kompositkapitell
Im Kompositkapitell werden zweireihige Kalathoi
mit jeweils vier ionisierenden Diagonalvolutenpaaren (meist nicht durch eine
Kanalis verbunden) kombiniert. Es findet erst ab dem 1. JH.n.Chr. Verwendung.
5. Schlußbetrachtung
Im antiken Tempel kulminieren alle
technischen und architektonischen Erkenntnisse damaliger Zeit. Wie sehr das
Lebensgefühl einzelner Stammesgruppen den Stil eines solchen Tempels
beeinflußte, wird an den verschiedenen Ordnungen sichtbar. Diese Ordnungen
waren einerseits unveränderbare Standards für die Griechen, andererseits
scheuten sich die Römer nicht, sie zu modifizieren oder in der
Profanarchitektur einzusetzen. Die Art, in der die antiken Tempel die Spannung
von Last und Stütze zum Ausdruck bringen und durch subtile Mitttel einen
bestimmten Eindruck erzeugen, ist bis heute beispiellos.
Literatur:
D. S. Robertson, A Handbook of Greek &
Roman Architecture, 2.Aufl., Cambridge 1959
William J. Anderson und Richard Phene Spiers,
The Architecture of Ancient Rome - An Account Of Its Historic Development,
von Thomas Ashby revidierte und neugeschriebene Auflage, Rom 1927 (Erstauflage
London 1902)
Gottfried Gruben, Die Tempel der Griechen,
2.Aufl., München 1976
Gerhardt Rodenwaldt, Griechische Tempel,
2. Aufl., (Deutscher Kunstverlag) 1951
Wilfried Koch, Lexikon der Baustilkunde,
11. Auflage, München 1991
G. Wissowa, Religion und Kultus der Römer,
München 1902
V. Scully, The Earth, The Temple, And The
Gods, New Haven, 1962
Heinz Kähler, Der Römische Tempel, Berlin 1970
Referate über:
|
Datenschutz |
Copyright ©
2024 - Alle Rechte vorbehalten AZreferate.com |
Verwenden sie diese referate ihre eigene arbeit zu schaffen. Kopieren oder herunterladen nicht einfach diese # Hauptseite # Kontact / Impressum |