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Inhaltsverzeichnis
Inhalt von "Komm, süsser Tod". 2
Entwicklung der Kriminalliteratur.. 4
Kennzeichen der Kriminalliteratur.. 6
Vergleich der Helden in der Geschichte des Kriminalromans. 8
Wolf Haas wurde 1960 in Maria Alm am Steinernen Meer, einem Salzburger Fremdenverkehrsdorf, geboren. Sein Vater war Kellner, seine Mutter Kellnerin. 1970 kommt er als Internatsschüler ins Borromäum nach Salzburg.
Nach Abschluss seines Linguistik- und Germanistikstudiums an der Salzburger Universität (Dissertationsthema: Die sprachtheoretischen Grundlagen der konkreten Poesie) und einem Aufenthalt als Universitätslektor in Swansea (Südwales) lebt er jetzt in Wien und arbeitet seit 1992 als Werbetexter und freier Schriftsteller.
Wolf Haas ist bzw. war in der Werbebranche tätig. Radiospots wie 'Lichtfahrer sind sichtbarer', 'Ö1 gehört gehört', die Mazda-Werbung ('A Mazda müsst ma sein'), die Ö3-Wecker-Kasperliade 'Peda & Peda' ('Und sonst alles okay, Peter?' - 'Ja, ja, okay, okay, okay!' - 'All right, sag'n d'Leit!') . haben seinen Ruf als kreativer Werbe- bzw. Radiotexter begründet.
Er schreibt seit einigen Jahren humorvolle, manchmal ins Makabre gleitende Kriminalromane, die in Österreich spielen. 1996 erscheint sein erster Roman Auferstehung der Toten bei Rowohlt-Verlag, und bis heute sind es insgesamt fünf. Im Mittelpunkt von vier dieser Romane steht dabei der biedere Detektiv Simon Brenner, dessen Aktivitäten von einem Erzähler geschildert werden, den der/die Leser/In nie namentlich kennen lernt, der sie aber immer mit "Du" anspricht. Auferstehung der Toten spielt in und um Zell am See im Milieu des Schitourismus. Der zweite Roman Der Knochenmann spielt im Steirischen Hügelland rund um eine Backhendlstation. Komm, süßer Tod zeigt das Wiener Rettungsfahrermilieu und handelt von der Konkurrenz zwischen zwei Rettungsunternehmen. Im jüngsten Roman Silentium! behandelt Wolf Haas ein aktuelles Thema und zeigt die sexuellen Übergriffe in einem Salzburger Gymnasium auf.
Die Rettung ist eine blutige Branche. Dazu kommt noch der beinharte Konkurrenzkampf zwischen Rettungsbund und Kreuzrettern. Da werden Patienten geklaut, Blutbankchefs zur Ader gelassen und Rettungsfahrer kunstvoll eliminiert. Der einzige, den das kaum interessiert, ist Ex-Detektiv Brenner. Dieser ist froh, endlich einen sinnvollen Job als Rettungsfahrer gefunden zu haben, und will von derartigen Lausbübereien so wenig wie möglich wissen. Aber Nicht-Wissen-Wollen ist eben die bewährte Brenner-Methode.
Brenners ungewollter Rückfall ins Detektiv-Dasein beginnt damit, dass sein Kollege eine interessante Beobachtung macht. Der Rettungsfahrer Hansi Munz kann es nicht fassen, wie gierig das Liebespaar am Fenster übereinander herfällt. Doch die Küssenden sinken nicht vor Leidenschaft zu Boden. Ein teuflischer Kunstschuss schweißt die Liebenden für immer zusammen.
Als der Rettungsfahrer Bimbo ermordet wird, wittert Brenner die Chance seiner ehemaligen Freundin und Jugendliebe Klara, die er zufällig bei einem Krankentransport wieder sieht, zu imponieren, und nimmt die Untersuchungen auf.
Langsam aber sicher findet er die unschöne Wahrheit heraus und sieht sich mit dem erbitterten Konkurrenzkampf zwischen den Kreuzrettern und dem Rettungsbund konfrontiert. Ursprünglich war das Rettungswesen neutral, da es nur so möglich war die Verletzten beider Kriegsparteien zu betreuen. Das Motto des Gründers Henri Dunant war "Alle sind Brüder", aber dieses gilt längst nicht mehr . In Österreich gründeten in der Zwischenkriegszeit beide Großparteien ihr eigenes Rettungswesen, und der Konkurrenzkampf begann.
Brenner findet heraus, dass Junior, der junge Chef der Kreuzretter, den ehemaligen Kreuzrettungsfahrer Lungauer und Bimbo immer so eingeteilt hat, dass diese die reichen alten Damen chauffieren können. Dabei haben sie den alten Frauen ihre Unterschrift abgeluchst und so das gesamte Vermögen geerbt. Oft wurde auch noch ein bisschen nachgeholfen, um den Tod dieser alten Damen zu beschleunigen. So wurde aus der Witwenbetreuung die Testamentsfälschung und aus der Testamentsfälschung die Testamentsbeschleunigung.
Brenner kommt den üblen Machenschaften von Junior und seinen Komplizen auf die Schliche, und am Ende sind die Bösen entlarvt oder tot, und die Guten können wieder ihrer Arbeit nachgehen. Brenner hat endlich Zeit sich zwischen den beiden Frauen, die ausgerechnet in dieser bewegten Zeit seinen Weg kreuzen, zu entscheiden. Entscheiden gehörte freilich noch nie zu seinen Stärken.
Eine der beliebtesten Formen der Unterhaltung oder Entspannung ist der Kriminalroman oder der Kriminalfilm. Viele bedeutende Kriminalautoren schufen Helden in ihren Romanen, die das Böse bekämpfen und sich für Recht und Ordnung einsetzen. Die Faszination der Kriminalgeschichte beruht darauf, dass sie angenehmen Schauer mit der Lust an der Verfolgung, dem Entwirren von Rätseln, und der Sehnsucht nach Gerechtigkeit verbinden.
Die Kriminalliteratur ist jedoch noch keine 200 Jahre alt. Als "Vater" der Detektivgeschichte gilt das amerikanische Genie Edgar Allan Poe (1809-1849). Seine gruselige Geschichte "The Murders in the Rue Morgue" ("Die Morde in der Rue Morgue") wurde im April 1841 im Graham's Magazin veröffentlicht. Dieser Roman, der in Paris spielt, zeigt den Helden C. Auguste Dupin, einen Kommissar, der mit Hilfe seines Verstandes, seinen genialen Schlussfolgerungen und seiner analytischen Begabung scheinbar mühelos alle seine Fälle lösen kann. Außerdem ist er auch einer jener "Meisterdetektive", die nicht allzu viel von der Zusammenarbeit mit der Polizei hält.
Bald entwickelt sich die Detektivliteratur zu einer Domäne der Briten, wegweisend dafür sind allerdings Werke des Franzosen Emile Gaboriau, der die Figur des Polizeidetektivs Inspektor Lecoq schafft. "The Mystery of a Hansom Cab" (1886) des Neuseeländers Fergus Hume ist der erste große Krimi-Bestseller.
Eine der bekanntesten Figuren, wenn nicht die bekannteste Figur in Kriminalromanen, ist der exzentrische Brite Sherlock Holmes, der zusammen mit seinem Assistenten Dr. Watson eine Menge kniffliger Fälle löst. Der Autor und Erfinder von Sherlock Holmes, Arthur Conan Doyle (1859-1930), macht nie einen Hehl daraus, dass sein Held Sherlock Holmes und sein Vorgänger C. Auguste Dupin sehr ähnliche Charaktere sind. Der "Meisterdetektiv" Sherlock Holmes erscheint erstmals in dem Roman "A Study in Scarlet" ("Eine Studie in Scharlachrot", 1887). Holmes gilt als intellektueller Übermensch, der durch seine Kombinationsgabe immer wieder Erstaunen hervorruft. Arthur Conan Doyle lässt seinen Helden Holmes in vier Romanen und 56 Kurzgeschichten knifflige Fälle lösen. 1893 versucht Doyle Sherlock Holmes aus der Welt zu schaffen, das Publikum jedoch reagiert empört, und so muss der Kriminalautor seinen Helden wiederauferstehen lassen und weitere Geschichten um den Meisterdetektiv verfassen.
Nach dem Ersten Weltkrieg löst der Detektivroman die Kurzgeschichte als Standardform der Kriminalliteratur ab. Die Zeit von 1920 bis 1939 gilt als das goldene Zeitalter des Krimis. Die führende Autorin dieser Zeit ist Agathe Christie. In ihrem ersten Roman "The Mysterious Affair at Styles" ("Das fehlende Glied in der Kette", 1920) schafft sie den neuen "Meisterdetektiv", den Belgier Hercule Poriot, der klein, plump und mit einem starken Schnurrbart ausgestattet ist. Seine Fähigkeiten sind eine messerscharfe Logik und eine besondere Kombinationsgabe, wodurch er sich als würdiger Nachfolger von Dupin und Holmes etabliert. Agathe Christie gilt auch heute noch als die erfolgreichste Kriminalautorin aller Zeiten. Ihre größte Konkurrentin ist Dorothy L. Sayers.
Anfang der 30er Jahre schafft der Belgier George Simenon seine Hauptfigur Kommissar Maigret. Maigret ist kein überlegener Amateurdetektiv, sondern ein Polizist, ein Durchschnittsmensch, der es mit ganz unspektakulären Verbrechen und manchmal durchaus banalen Tatmotiven zu tun bekommt. Eine besondere Stärke Maigrets ist sein außergewöhnliches Einfühlungsvermögen. Er versucht sich in das Milieu, in dem die Tat geschah, hineinzuversetzen, tritt an die Stelle des Ermordeten oder des Mörders, um so gefühlsmäßig die Fälle aufdecken zu können.
Zu den erfolgreichsten amerikanischen Autoren dieser Zeit gehören Ellery Queen und Erle Stanley Gardner. Gardners Romanheld Perry Mason ist Strafverteidiger und muss des öfteren auch Morde aufklären um seine Klienten aus dem Tatverdacht zu befreien.
In Amerika setzt sich in den 30er Jahren mehr und mehr der "harte" Krimi durch, der jedoch lange Zeit als literarisch qualitativ unwürdig abgestempelt wird. Einer der Pioniere dieser neuen Stilrichtung ist Dashiell Hammett mit seinem berühmten Roman "The Maltese Falcon" ("Der Malteser Falke", 1930). Hammett verlagert in seinen Romanen die Tatorte von englischen Landhäusern in schäbige Straßen von amerikanischen Großstädten. Im Mittelpunkt stehen Themen wie Sex, Drogen und politische Korruption. Die neuen Detektive sind hartgesotten und zynisch, aber moralisch aufrecht. Auch der Stil verändert sich. Der Formulierung erfolgt in knappen Sätzen. Die Sprache, in die der Slang der amerikanischen Großstädte Einklang findet, ist schroff und bildreich. Ein weiterer Vertreter des "harten" Krimis ist Raymond Chandler mit seinem berühmten Privatdetektiv Philip Marlowe.
In den 50er und 60er Jahren wird das Prinzip der "harten" Krimis weitergeführt, jedoch geht es in den Romanen immer weniger um die Aufklärung des Verbrechens, sondern mehr um das Verbrechen und seine Hintergründe. Was sind die Ursachen, dass ein Mensch zum Mörder wird? Diese Frage ist ein wichtiger Teil jedes Romans, und so versucht man sie aus der psychologischen Sicht zu durchleuchten. Es besteht die Annahme, dass kein Mensch von Grund aus schlecht ist, sondern meist von seiner Umgebung in diese Rolle gedrängt wird. Der Mörder wird als Opfer dargestellt. Einer der berühmtesten Romane ist "Der Besuch der alten Dame" von Friedrich Dürrenmatt. Die Hauptperson in diesem Roman rächt sich an ihrer Jugendliebe und an den Menschen in diesem Dorf, die diese Ungerechtigkeit in der Vergangenheit zuließen. Außerdem zeigt Friedrich Dürrenmatt anhand dieses Werkes, dass mit Geld alle übrigen Werte an Bedeutung verlieren. "Das Geld regiert die Welt". Derjenige, der Geld hat, sagt, was Recht und Unrecht ist.
Umberto Eco weckt mit seinem Roman "Il nome della rosa" ("Der Name der Rose", 1980) auch das Interesse an historischen Krimis. Es erscheinen zahlreiche Romane der Britin Ellis Peters über die Abenteuer des mittelalterlichen Klosterbruder Cadfael.
Im deutschsprachigen Raum entwickelt sich eine eigenständige Form des Kriminalromans mit Autoren wie Hansjörg Martin, Friedhelm Werremeier oder Michael Molsner erst ab dem Ende der 60er Jahre.
Obwohl nach wie vor Autoren aus Großbritannien die Kriminalliteratur beherrschen, melden sich auch immer mehr Autoren aus Frankreich, Spanien, Skandinavien, Russland und anderen Ländern zu Wort.
Seit den 90iger Jahren erlebt der Kriminalroman einen enormen Aufschwung, und Werke dieser Gattung führen nahezu ununterbrochen die Bestsellerlisten an. Großen Anteil daran hat die amerikanische Autorin Donna Leon, die in Venedig lebt, und in ihren Romanen aktuelle Themen bearbeitet. So verarbeitet sie politische Bereiche wie die Machenschaften der Mafia, aber auch Korruption der ehemaligen Ostblockstaaten in ihren Romanen. Außerdem behandelt sie auch gerne aktuelle Themen: So schreibt sie über einen Giftmüllskandal, über Homosexualität, über die Prostitutions- und Transvestitenszene und über Drogen.
" Ob es um die hochangesehene und doch nur kriminelle Tarnung dienende Lega della Moralita geht (Venezianische Scharade) oder dann um das internationale Geschäft mit der Prostitution (Vendetta) - immer führt Donna Leon die Doppelmoral der Reichen und Mächtigen vor, die mafiosen Verflechtungen zwischen Politik und Gesellschaft. Juristen und Industrielle sind die Drahtzieher im Hintergrund, die sich die Hände nicht beschmutzen, sie haben honorige Handlanger, die Spuren vertuschen und Beweise verschwinden lassen. Krimis vom Feinsten"
Donna Leon schuf mit ihrem Commissario Brunetti einen gefühlvollen, liebevollen Familienvater, der dem Leser sofort sympathisch erscheint.
Dies ist ein Indiz für die weltweite Faszination dieses Genres der Unterhaltungsliteratur.
Der zur Zeit bekannteste Kriminalautor aus Österreich ist Wolf Haas, der einen hohen Bekanntheitsgrad im deutschsprachigen Raum genießt. Wolf Haas' Simon Brenner-Kriminalromane finden sich regelmäßig an vorderster Stelle der österreichischen Bestseller-Listen. So ist es auch keine besondere Überraschung, dass sein Roman "Komm, süßer Tod" (1998) mit dem Deutschen Krimi-Preis 1999 ausgezeichnet und im Sommer 2000 von Wolfgang Murnberger verfilmt wurde. Die Hauptrolle des Detektivs Brenner spielte kein geringerer als der Kabarettist Josef Hader.
Das Verbrechen ist vor dem Einsetzen der eigentlichen Handlung geschehen. Der Detektiv erfährt davon erst aus zweiter Hand, z.B. durch Zeitungsberichte. Personen. In "Komm, süßer Tod" erfährt Detektiv Brenner durch seinen Rettungsfahrerkollegen Hansi Munz, der die Tat beobachtet hat, von einem grausamen Doppelmord. Der Mordhergang, den Munz von seinem Rettungswagen aus genau gesehen hat, beschreibt der Autor Wolf Haas ganz ausführlich.
"Aber im nächsten Augenblick ist er noch schneller bei der Autotür draußen gewesen als vorher der Bimbo. Nicht, weil er es vor Aufregung nicht mehr ausgehalten hat. Da möchte ich jetzt den Hansi Munz nicht schlechter hinstellen, als er ist. Oder Aufregung vielleicht schon, aber nicht in dem Sinn. Sondern Aufregung in dem Sinn, wie es einem Menschen aufregt, der das beobachtet, was der Sanitäter Munz da gerade beobachtet hat. Weil die Krankenschwester ist immer weiter hinuntergerutscht. Und dann ist der Mann auch hinuntergerutscht. Und beide sind immer weiter hinuntergerutscht. Bis sie reglos auf dem Grasstreifen zwischen dem Imbissstand und dem Musiypavillon gelgen sind." (2)
Die Darsteller sind Täter, Opfer, Verdächtige, Polizisten, private Ermittler, Assistenten und gleichzeitig Berichterstatter des Ermittlers. Der Detektiv zeigt eine verächtliche Haltung gegenüber der Polizei. Auch Detektiv Simon Brenner war einer jener Detektive, der trotz seiner Vergangenheit in den Diensten der Polizei nicht allzu viel von der Exekutive hält.
Die Handlung ist begrenzt auf die Wohnung des Detektivs und den Tatort des Verbrechens, der detailliert beschrieben wird. Auch Wolf Haas beschreibt peinlich genau die Wohnverhältnisse Brenners.
"Solange er noch bei der Polizei war, hat er seine Buwog-Wohnung gehabt, Bundesangestelltenwohnung, günstige Miete und alles. Und wie er vor zweieinhalb Jahren bei der Polizei weg ist, Wohnung natürlich auch weg."
"Aber die Stelle bei der Rettung natürlich auch ihre Vorteile, sprich: 70-Quadratmeter-Dienstwohnung."
Die gegebenen Informationen repräsentieren eine Reihe von Fragen, die als wichtige Teilstücke des zu lösenden Rätsels gekennzeichnet werden. Alle wichtigen Hinweise, die sogenannten 'clues', werden dem Leser offen vorgelegt. Durch das Legen falscher Spuren - 'red herrings' - wird der Leser in die Irre geführt. Wie jeder berühmte Kriminalautor hat natürlich auch Wolf Haas viele Rätsel und falsche Spuren eingebaut. So beauftragt zum Beispiel der eigentliche Täter, der Rettungschef, Junior, Brenner herauszufinden, wer andauernd den Funk abhört.
Mit inoffiziellem Einverständnis ist das Funk-Abhören keine Kunst. Die Presse weiß unseren Verschlüsselungscode. Aber bevor ich dem Rettungsbund unseren Code verrate, lasse ich mir lieber bei lebendigem Leibe die Haut abziehen."
Manchmal jedoch hat Wolf Haas seinen Lesern mit Auflösungen einiger Rätsel geholfen, den Fall lösen zu können.
"Der Bimbo hat die Irmi erschossen"
Der Detektiv interessiert sich für den Fall und stellt Untersuchungen, z.B. des Tatorts, an.
Alle mit dem Rätsel zusammenhängenden Fragen werden beantwortet. Die Entlarvung des Täters kommt für den auf die falsche Fährte geführten Leser als Überraschung oder Schock. Auch bei der Lösung des Falls steht Wolf Haas seinen berühmten Vorgängern um nichts nach. Obwohl dem Leser bei der Hälfte des Buches klar wird, dass Junior, der Chef der Kreuzretter, in den Fall verwickelt sein muss, kommt das Ende doch für viele überraschend.
" "Der Junior fährt gerade nach Alt Erlaa hinaus und will den Lungauer abholen", hat der Brenner im Hinunterlaufen erklärt. "Der Lungauer ist der einzige Zeuge. Bisher hat der Junior geglaubt, dass der Lungauer zu bedient ist, um etwas aussagen zu können. Aber jetzt weiß er, dass ich bei ihm war. Wir müssen den Lungauer unbedingt vor dem Junior erwischen." "Wir müssen ihn vor der Rettung retten", hat der Oswald verwundert geschnauft."
In den Anfängen des Kriminalromans führen ruhige, kühl kalkulierende Detektive wie C. Auguste Dupin oder sein Nachfolger Sherlock Holmes die Ermittlungen durch. Sie haben ein egozentrisches Auftreten, heben sich von der übrigen feinbürgerlichen Gesellschaft ab und können durch besondere Kombinationsgaben knifflige Kriminalfälle lösen. Beide sind Außenseiter, Sonderlinge, die aus Freude am Einsatz ihrer genialen Geistesgaben Detektive sind. Nicht nur C. Auguste Dupin sondern auch Sherlock Holmes haben einen Wegbegleiter, mit dem sie eine Wohnung teilen, die außerdem als Mittelsmänner zwischen Detektiv und Leser fungieren.
Agathe Christie lehnt ihre Figur Hercule Poriot an die beiden Vorgänger C. Auguste Dupin und Sherlock Holmes an. Hercule Poriot ist ein Gourmet, der alle Speisen und Weine sofort an deren Geschmack erkennt und nur das Auserlesendste bevorzugt. Mit spielerischer Leichtigkeit verkehrt er in den feinsten Kreisen der Gesellschaft und durchschaut anhand seines genial logischen Verstandes deren Machenschaften. Mit Miss Marple schuf Agathe Christie eine vollkommen neue Detektivin. Sie ist eine schrullige alte Dame, die sich durch nichts davon abbringen lässt, einen Mord aufzuklären. Oft benötigt sie dazu die Hilfe von Scottland Yard, obwohl diese sie oft belächelt und nicht als Detektivin akzeptieren. Es ist jedoch häufig der Fall, dass Scottland Yard, der in der Klemme steckenden Miss Marple, im letzten Augenblick zu Hilfe eilt.
Für einen komplett gegensätzlichen Charakter sorgt Donna Leon mit der Erschaffung ihres Commissarios Guido Brunetti.
"Es gibt einen neuen liebenswerten Polizisten in der Welt der literarischen Detektive zu entdecken. Sein Name lautet Guido Brunetti. Er lebt und arbeitet in einer der schönsten Städte Italiens, in Venedig. Ein Mann, der in glücklicher Ehe lebt, gerne isst und guten Wein schätzt, sich gelegentlich über seine heranwachsenden Kinder ärgert und auch manches Mal cholerisch reagiert. Eine Eigenschaft aber bleibt dem Commissario auch in den schwierigsten Situationen: Sein Anstand, gepaart mit einem wunderbaren Sinn für Humor und Menschlichkeit"
Ein wiederum komplett anderer Charakter ist die Person des Simon Brenners von Wolf Haas, der meist ungewollt in die Rolle des Detektivs schlüpft. Simon Brenner war immerhin nahezu 20 Jahre bei der Polizei tätig, was nicht bedeutet, dass er die Arbeit dort schätzte. Im Gegenteil: Brenner sieht die Zeit, die er dort verbrachte, als seinen Beitrag für die Gesellschaft, den jeder zu leisten habe. Besonders störte ihn, dass er als Polizist nicht geachtet wurde.
"Die Gesellschaft geht her und gibt dem Polizisten Spitznamen, wo man im Grunde genommen nicht von Achtung reden kann. Ich weiß nicht, woran es liegt, vielleicht ein bisschen die Angst, der Polizist könnte hergehen und die Gesellschaft verhaften. Und fertig ist der Polizeistaat, nur weil man zu einem Bullen ein freundliches Wort gesagt hat" (9)
Brenners Einstellung zeigt deutlich, dass auch er einer jener Charaktere in der Kriminalliteratur ist, der nicht besonders viel von der Zusammenarbeit mit der Polizei hält, obwohl er jahrelang als Polizist tätig war.
In
der noch jungen Geschichte der Kriminalliteratur hat sich, wie ich bereits
erläuterte, schon viel getan. Seit der Erfindung des Kriminalromans, als dessen
Vater Edgar Allan Poe gilt, hat sich die Person des Detektivs stetig geändert
beziehungsweise weiterentwickelt. Offensichtlich ist vor allem, dass sich die
Detektive von übermächtigen, kühl kalkulierenden Einzelgängern zu
selbstkritischen, häufig gescheiterten
Existenzen entwickelten. An dieser Entwicklung nimmt auch Wolf Haas teil,
dessen Detektiv Simon Brenner keinesfalls das Kahlkühl und die Ruhe eines
Sherlock Holmes hat. Brenner ist viel mehr mit Donna Leons Detektiv Commissario
Brunetti zu vergleichen, der neben seinen Problemen mit Gaunern auch genügend
Probleme in seinem eigenen Leben hat.
Diese Form der Literatur zeigt, dass der Kriminalroman auf keinen Fall am Ende seiner Entwicklungsstufe ist. Sicher ist außerdem auch, dass in den nächsten Jahren neue "Krimis" mit ebenso genialen Detektiven, wenn nicht noch genialeren Detektiven zu erwarten sind.
Komm, süßer Tod (Wolf Haas)
Endstation Venedig (Donna Leon)
Vendetta (Donna Leon)
Sammelordner "Unsere Welt"
Donna Leon, "Vendetta", Reinbek bei Hamburg, 1981, Diogenes Verlag, Umschlag (Das Sonntagsblatt, Hamburg)
Wolf Haas, "Komm, süßer Tod", Reinbek bei Hamburg, 1998, Rowohlt Verlag, S13, Zeile 10
Wolf Haas, "Komm, süßer Tod", Reinbek bei Hamburg, 1998, Rowohlt Verlag, S16, Zeile 13
Wolf Haas, "Komm, süßer Tod", Reinbek bei Hamburg, 1998, Rowohlt Verlag, S16, Zeile 21
Wolf Haas, "Komm, süßer Tod", Reinbek bei Hamburg, 1998, Rowohlt Verlag, S83, Zeile 12
Wolf Haas, "Komm, süßer Tod", Reinbek bei Hamburg, 1998, Rowohlt Verlag, S187, Zeile 14
Wolf Haas, "Komm, süßer Tod", Reinbek bei Hamburg, 1998, Rowohlt Verlag, S202, Zeile 24
Donna Leon, "Endstation Venedig", New York, 1993, Diogenes Verlag, Umschlag (Margarete v. Schwarzkopf/NDR, Hannover)
Wolf Haas, "Komm, süßer Tod", Reinbek bei Hamburg, 1998, Rowohlt Verlag, S15, Zeile 13
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