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Ein Altersheim, eine gemütliche Runde im Garten? Nein! Sibirien! Sibirien! In Felix Mitterers Monolog mit dem Namen ,Sibirien' wird ein alter Mann von seiner Familie mehr oder weniger gezwungen, seinen Lebensabend im Altersheim zu verbringen. Er hadert mit seinem Schicksal und versteht die Welt nicht mehr.
Schon einmal wurde er ,deportiert' - am Ende des Zweiten Weltkrieges, in die sowjetische Kriegsgefangenschaft nach Sibirien. Der alte Mann sieht viele Ahnlichkeiten an seinem jetzigen Aufenthaltsort mit seiner Kriegsgefangenschaft in Sibirien - an beiden Orten würde er sich vermutlich niemals freiwillig aufhalten. Auch im Altersheim wird er zu Dingen gezwungen, die er nicht tun möchte: ,Hamma net zamm'gessn? Griag'ma ka Kompott.'
Die Krankenpfleger und Schwestern behandeln den alten Mann schlecht - bis zu dem Tag, da er von seinem Sparbuch zu erzählen beginnt, ein Sparbuch, von welchem er angeblich plant, eine größere Spende für das Personal des Altenheimes abzuzweigen doch leider fällt ihm das Losungswort dazu partout nicht ein. Dieser Trick, um Aufmerksamkeit zu erregen und damit bessere Behandlung zu erzwingen, funktioniert solange, bis die Oberschwester misstrauisch wird und dem alten Mann das Losungswort gezwungenermaßen wieder einfällt.
Seine Gedanken steigern sich immer mehr zu einer regelrechten Flut, die ihn zu ertränken scheint. Er beginnt, von seiner verstorbenen Frau zu träumen, und auch sein ihm im Laufe der Jahre so ans Herz gewachsener Hund lässt ihm keine Ruhe. Was er nicht wissen kann: Seine Familie ließ seinen allerliebsten Hund bereits einschläfern. Seine Fantasie kennt keine Grenzen - er beginnt davon zu träumen, wie er sich in einem Beschwerdebrief an den Bundespräsidenten Luft schafft. Er träumt weiter von einem Besuch des Bundespräsidenten und seiner Gattin an seinem Krankenbett, quasi als Reaktion auf seinen Lagebericht während er in Wahrheit kaum Besuch empfängt. Es gibt für ihn nichts zu tun, außer still dazuliegen und auf den Tod zu warten.
Charakteristik der Hauptfigur
Der alte, namenlose Mann, der da so ganz alleine im Altersheim liegt und mit seinem Schicksal hadert, ist geistig topfit und auch körperlich (für sein Alter, wohlgemerkt) nicht von schlechten Eltern, weshalb er es nicht verstehen kann, warum ihn seine geliebte Familie ins Altersheim verfrachtet hat - in einer ,Nacht-und-Nebel-Aktion'. Aus seiner Sicht hat er es natürlich nicht verdient, seinen Lebensabend auf diese Art und Weise verbringen zu müssen. Die Gefühlswelt des alten Mannes wird von drei starken Polen beherrscht - zum einen ist da der Arger über seine ,Deportation', wie er zu sagen pflegt, Arger, welcher oft sogar in Hass umschlägt. Doch in seinen Gedanken überwiegt weniger der Hass, sondern mehr die Traurigkeit über seine schier ausweglose Situation, das Unverständnis gegenüber den Handlungen seiner eigenen Kinder. An dritter Stelle ist da sein ganzes Leben. Ein Tag im Altersheim kann lang sein - sehr lang. Er lässt sein Leben Revue passieren, und schließlich kommt wieder die triste Phase der Wut: "Was mache ich hier überhaupt? Ich war es schließlich, der das Haus gebaut und bezahlt hat, in dem meine Enkelkinder nun in meinem Zimmer wohnen!"
Interpretation des Werkes aus meiner persönlichen Sichtweite)
Jeder Leser oder Zuhörer sieht sich zumindest einen ganz kurzen Augenblick lang selbst in der tristen Lage des alten Mannes - "wann wird meine Zeit kommen? Wie wird es mir ergehen?" Felix Mitterer hat wohl oder übel schlechte Erfahrungen mit Altersheimen gemacht, Erfahrungen, die ich nur beschränkt teilen kann. Trotzdem: Auch das beste Altersheim kann nicht über Tatsachen hinwegtäuschen - es ist dies normalerweise eine der letzten Stationen im Leben eines Menschen. Das Werk von Felix Mitterer regt zum Nachdenken an, zum Nachdenken über das einzige, was jeder Mensch (noch!) wirklich muss: Sterben.
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