Novelle von Stefan
Zweig, erschienen 1942. - Noch vor seinem Selbstmord im Exil erschien
Zweigs letzte abgeschlossene Prosadichtung, die vor dem Hintergrund des Zweiten
Weltkriegs die Brutalität der faschistischen Regime anprangert und im Geist
bürgerlicher Humanität die nationalsozialistischen Terrormethoden entlarvt. -
Formal erfüllt Zweig exemplarisch GOETHES klassische Novellentheorie, deren Grunderfordernis
- die künstlerische Gestaltung einer "unerhörten Begebenheit" - in der
Konfrontation zweier genialer Schachspieler an Bord eines Passagierdampfers
gegeben ist, der von New York nach Buenos Aires ausläuft.
Ein als Schachspieler mäßig dilettierender
Ich-Erzähler berichtet von seiner Begegnung mit dem Weltschachmeister Mirko
Czentovic, den ein selbstgefälliger Millionär gegen Honorar zu einer Simultanpartie
herausfordert. Der primitive und zugleich arrogante Czentovic, ein "Spezimen
intellektueller Eingleisigkeit", beherrscht fast automatisch die kalte
Logik des königlichen Spiels; er tritt als halb analphabetischer Roboter auf,
der "Phlegma und Imbezillität" mit "ordinärer Habgier"
überspielt. Ein fremder Herr, der österreichischer Emigrant Dr. B., greift
beratend in die hoffnungslos verfahrene Partie ein und rettet gegen den eiskalt
operierenden Weltschachmeister ein schmeichelhaftes Remis. Dr. B., als
Vermögensverwalter großer Klöster von der Gestapo verhaftet, hatte sich - in
einem Hotelzimmer hermetisch von der Außenwelt abgeschnitten - vor nervlicher
Zermürbung und geistiger Aushöhlung bewahrt, indem er monatelang eine Sammlung von 150
Meisterpartien blind durchspielte und mit diesen intellektuellen Exerzitien
jene Widerstandskraft zurückgewann, die ihm die täglichen Verhöre abverlangten.
Später dachte er sich zu den alten Partien
neue aus und überwand so die "völlig raumlose und zeitlose Leere";
schließlich "um nicht erdrückt zu werden von dem grauen Nichts um mich",
verfiel er der geistigen Schizophrenie, gegen sich selbst zu spielen, eine
"solche Paradoxie, wie über seinen eigenen Schatten zu springen." Diese "Schachvergiftung" verursachte ein Nervenfieber, das seine
Entlassung herbeiführte. Zum ersten Mal nach seiner Haft spielt nun Dr. B. auf
einen richtigen Schachbrett gegen einen kongenialen Gegner. Sein Motiv ist "einzig
die posthume Neugier, festzustellen, ob das in der Zelle damals noch
Schachspiel oder schon Wahnsinn gewesen." In der ersten Partie schlägt er den Weltmeister souverän; gegen seinen
Willen lässt er sich auf eine Revanche ein und verfällt in jenes Nervenfieber,
das damals seinen Zusammenbruch herbeigeführt hatte: die "sichtbare
Exaltiertheit" artet in unsinnige Züge aus - Dr. B. bricht die Partie ab
und entfernt sich, um nie wieder ein Schachbrett zu berühren. Sensibilität und
differenzierte Intelligenz unterliegen dem brutalen Ungeist.
Zweig stellt hier fest, dass jede Art von
körperlichen Folter "angenehmer" sei, als jene totale Isolation! Er greift
genauso wie Horváth die Unmenschlichkeit Hitler`s im Zweiten Weltkrieg an!
Dramatisch und spannend dargestellt und nebenbei kann man gleich etwas über
Schach lernen!