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"Der Nachtvogel"
(aus: Ursula Wölfel: "Die grauen und die grünen Felder")
Was ist Angst?
Angst gehört für jeden von uns zum Alltag. Sie ist unabhängig von Zeit, Kulturen und Völkern. Allerdings ändern sich dabei die Angstauslöser und die Mechanismen mit denen wir versuchen der Angst aus dem Weg zu gehen. Angst ist oft hilfreich und sinnvoll, weil sie uns vor Gefahren schützt und uns ermöglichen kann angemessen zu reagieren. Man spricht erst dann von krankhaften Angsten, wenn sie zu einer vollkommenen Lähmung des Betroffenen führen und unkontrollierbar sind.
Vielen Menschen fällt es schwer sich Angste einzugestehen. Dies führt zu einer noch stärkeren Belastung und kann so Depressionen und Hilflosigkeit hervorrufen. Grundsätzlich wird die Angst den Neurosen zugeordnet. Sie prägt sich parallel zur Entwicklung des Menschen aus und ändert sich deshalb in jedem Entwicklungsabschnitt. Angst ist ein vorübergehender emotionaler Zustand, der durch erhöhte Aktivität des Nervensystems gekennzeichnet ist.
Unterschied zwischen Angst und Furcht:
Im alltäglichen Sprachgebrauch wird zwischen Angst und Furcht eher selten unterschieden. Beide beschreiben einen emotionalen Zustand, der sich auf den Organismus auswirkt. Freud unterscheidet zwischen Angst und Furcht, indem er beschreibt, dass die Furcht eine Realangst, das heißt, man ängstigt sich vor einer eindeutig vorhandenen Gefahrenquelle, und die Angst neurotisch ist. Furcht bezieht sich also demnach auf eine konkrete Bedrohung während hingegen die Angst objektlos ist oder sich auf mehrdeutige Gefahrenquellen bezieht. (Angst vor bestimmten Situationen haben)
4. Entstehung von Angsten:
Am Beginn der Entwicklungskette die zu einer Angststörung führt steht meist eine seelische Verletzung. Die Reaktionen die das Trauma im Betroffenen auslöst macht Angst. Eine häufige seelische Verletzung ist die Trennung. Vor allem Trennungserlebnisse in der Kindheit führen später zu einer besonderen Empfindlichkeit gegenüber dem Verlust von Bindungen. (zum Beispiel: Kind ist langen von Eltern getrennt, Angst vor Trennungen im späteren Leben bzw. größerer Schmerz bei Trennungen.)
Die meisten Menschen die an krankhafter Angst leiden, versuchen dieser aus dem Weg zu gehen. Das führt zu einer Steigerung der Angst, weil man sich so immer wieder vor Augen hält wie gefährlich die angstauslösende Angst wirklich ist.
Angststörungen und Angstkrankheiten:
- Phobie:
Sie ist eine der häufigsten Angstkrankheiten.
Sie ist eine übertriebene Angstreaktion vor bestimmten Objekten oder Situationen, bei der der Betroffenen sich fürchtet körperlichen Schaden davonzutragen. Freud definierte die Phobie als Angst vor verdrängten ES-Impulsen, die auf eine bestimmte Situation verschoben werden. Diese Situation steht dann stellvertretend für die eigentliche Angst vor der Auslebung der Triebregung. Er erläutert seine Theorie am Beispiel des "kleinen Hans".
Der kleine Hans hat eine starke Angst vor Pferden, die sich besonders auf die Scheuklappen und das schwarze Pferdemaul bezieht. Aus den Fragen des kleinen Jungen leitet Freud die Vermutung ab, dass Hans Angst vor Pferden einen rein symbolischen Charakter haben und dass der eigentliche Angstauslöser eigentlich der Vater sei. Dieser trägt eine Brille und einen Schnurrbart, für Freud beides eindeutig Merkmale des Pferdes, die Hans ängstigten. Hans übertrug die Angst vor dem Vater auf die Pferde, die er daraufhin versuchte zu meiden. Somit wird der symbolische Wert der Phobie deutlich.
Beispiele für Phobien:
° Platzangst
° Angst zu erröten
° Klaustrophobie (Furcht vor Aufenthalt in geschlossenen Räumen)
- Angstneurosen:
Neurotische Angst ist eine Reaktion auf eine äußerlich nicht bestehende Gefahr. Sie beruht auf einer inneren Angst, die in vielen Fällen von unterbewussten Faktoren verursacht wird. Sie ist eine äußerst unangenehme Empfindung die meist von physischen Erscheinungen begleitet wird.
(Zum Beispiel: Schweißausbrüche, Bauchschmerzen, Blässe, Zittern, "weiche Knie")
Oft erscheint die neurotische Angst in Begleitung von Zwangsvorstellungen.
Angstneurosen sind große Angstanfälle die den Betroffenen scheinbar grundlos überwältigen. Der Neurotiker leidet unter seiner Angst, stellt sich Katastrophen vor und weiß genau, dass diese objektiv gesehen vollkommen absurd sind. Die Angstneurose wird oft von allgemeiner Verwirrung begleitet, der Kranke glaubt der bevorstehenden Gefahr ausgeliefert zu sein.
Häufige Ursachen der neurotischen Angst:
° innerer Konflikt, der im unbewussten verborgen bleiben kann; (Neurotiker stellt seine Angst fest, kann aber keine Gründe dafür nennen)
° verdrängte Feindseligkeit, zum Beispiel in der eigenen Familie oder bei Schul- bzw. Arbeitskollegen;
° Angst vor einem Trieb der die Lebensbedürfnisse bedrohen könnte;
(Junge darf seine sexuellen Bedürfnisse nicht ausleben, weil Vater meint er werde sonst krank; Jahre später Angst Frauen ins Gesicht zu blicken - er könnte krank werden)
Angstneurotiker beschreiben ihre Krankheit:
Ich bin ständig bedrückt, und dies den ganzen Tag lang; ich kann nicht normal leben; ständig bin ich auf die schlimmsten Katastrophen gefasst, die meiner Mutter zustoßen könnten. Immer wieder stelle ich mir vor, dass sie von der Straßenbahn oder einem Auto überfahren wird Besonders von der Straßenbahn. Ich höre sie schreien und greife mir an die Stirn, um zu versuchen, diese blödsinnigen Gedanken zu vertreiben, aber es hilft nichts. Im Büro zittere ich vor jedem Telefonanruf
Ich habe ständig Angst, Krebs zu haben. Beim kleinsten Wehwehchen gehe ich von einem Arzt zum anderen, und alle lachen mich aus. Ich weiß, dass es lächerlich ist. Ich habe sogar das Gefühl, dass ich erleichtert wäre, wenn ich tatsächlich krank wäre; dann könnte wenigstens dieser bedrückende Zweifel aufhören
- Zwangsneurosen:
Der Zwangsneurotiker ist sich seines Zustandes vollkommen bewusst. Er schämt sich dafür und versucht deshalb ihn zu verbergen. In vielen Fällen gelingt dies und der Zwangsneurotiker gilt als normal (gesund).
Eine Zwangsneurose kann aus irgendeiner körperlichen oder geistigen Veranlagung entstehen. Menschen die an dieser Krankheit leiden sind meist überdurchschnittlich intelligent.
(Beispiel: zwanghaftes Hände waschen aus Angst vor Keimen, auch Bazillophobie genannt)
Einige Beispiele für Angststörungen:
Panikstörung (wiederkehrende, unvorhersehbare und in bestimmten Situationen plötzlich auftretende Angstattacken;)
Zwangsstörung (irrationale und unkontrollierbare Angst vor Krankheiten)
generalisierte Angststörung: (ständig vorhandene, unspezifische Angst)
Behandlung von Angstkrankheiten:
Krankhafte Angste werden mit medikamentösen und psychotherapeutischen Maßnahmen behandelt. Die Art der Behandlung muss auf einer genauen Analyse des in Frage stehenden Angstsyndroms beruhen. Persönlichkeitsfaktoren, biographischer und sozialer Hintergrund müssen berücksichtigt werden. Es gibt eine Reihe von Medikamenten die eine Angstlinderung bewirken. Diese werden vor allem bei spontanen Angstformen eingesetzt. Bei phobischen Angsten steht die Verhaltenstherapie im Vordergrund. Medikamentöse Behandlungen sind hilfreich, wobei verhaltenstherapeutische Methoden das Vermeidungsverhalten vermindern.
Abschluss:
Es gibt kein Leben ohne Angst vor dem anderen,
schon weil es ohne diese Angst, die unsere Tiefe ist,
kein Leben gibt; erst aus dem Nichtsein,
das wir ahnen, begreifen wir für Augenblicke,
dass wir leben. Man freut sich seiner Muskeln,
man freut sich, dass man gehen kann,
man freut sich des Lichtes, das sich in unsrem
dunklen Auge spiegelt, man freut sich seiner Haut,
und seiner Nerven, die uns so vieles spüren lassen,
man freut sich und weiß mit jedem Atemzug, dass alles
was ist, eine Gnade ist.
Ohne dieses spiegelnde Wachsein, das nur aus der
Angst möglich ist, wären wir verloren; wir wären nie gewesen.
Max Frisch
Quellen:
Internet: www.lycos.at
www.
Buch: "Psychologie für Jedermann", Daco, Pierre, AT-Verlag, Aarau, Schweiz, 20007
Angst und Angstkrankheiten
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