Strafe
Das
normalste Phänomen der Welt ist wohl die
Bestrafung von Kindern, eines Verbrechers oder eines Schülers, der Unfug gebaut
hat. Bestraft wird täglich und auf der ganzen Welt immer wieder. Doch ist es
notwendig, jemanden zu bestrafen, oder dient es nur eine Befriedigung des
Strafenden?
Die
Frage ist eigentlich leicht zu beantworten. Schon seit Tausenden von Jahren
streben die Menschen, zumindest einige davon, danach, über andere Macht
auszuüben, sie zu unterdrücken und auszunützen. Das führt zu Konflikten mit der
allgemeinen Vorstellung von Gerechtigkeit in der Gesellschaft, und solche
"bösen Buben" werden bestraft. Doch sind strafen nicht auch problematisch? Wenn
jemand gebüsst wird, und er eine Geldstrafe bezahlen muss, macht sich dann
nicht der Polizist oder das Gericht auch strafbar, wegen Aneignung fremden
Eigentums? Oder ist es korrekt, wie es in den USA geschieht, einen Mörder zum
Tode zu verurteilen, wenn derjenige, der die Hinrichtung ausführt, dann ebenfalls zum Mörder wird? Ich
denke, dass der Einwand nur teilweise zutrifft. Zwar sollte niemand über dem
Gesetz stehen, aber jemand muss schliesslich das Gesetz überwachen und Bussen
einziehen. In den Familien sind die jeweiligen Exekutivpersonen, die
gleichzeitig noch die Gesetze schreiben, nach dem Vorbild der ganzen
Gesellschaft, die Eltern, in der Erwachsenen Welt sind es die Polizisten und
die Gerichtshöfe mit deren Richter. Doch diese stehen zum Glück nicht über dem
Gesetz, sondern werden von den gleichen Instanzen überwacht. Auf diese Art wird
kein Unschuldiger bestraft oder ein Verbrecher freigesprochen.
Jeder Mensch wurde schon irgendwie zur Rechenschaft
gezogen, und ich denke, nicht ohne Grund.
Ich kann mir vorstellen, dass es vom Charakter eines Menschen abhängt,
was er Strafbares unternimmt. Der menschliche Egoismus oder die Habgier, zum
Teil auch Eifersucht können zu Straftaten führen, je nachdem, ob diese Person
seine Emotionen den Regeln der Gesellschaft anpassen kann. Doch nur allzu leicht kommt es zur Verletzung von Gesetzen,
die vom ganzen Volk gemacht, oder von früheren Generationen übernommen worden
sind. Und genau auf diese Grenzen stützt sich unser Gesetz, oder besser die
Verfassung, die wiederum von Generation zu Generation unseren Kindern
weitergegeben wird.
Wenn
nun jemand diese Schranke durchbricht, würde er es ohne Bestrafung gar nicht
bemerken, doch spätestens beim zweiten Brechung wird er seinen Fehler einsehen,
aber nur, wenn er durch eine Strafe darauf aufmerksam gemacht wird. Und das
liegt an jedem von uns, denn es beginnt im Kleinen, dass man vom Weg der
Gerechtigkeit abkommt. Ohne die Zurechtweisung anderer wäre es unmöglich, die
Gesellschaft auf unserem Standard zu halten, weil einer, der einen Fehler
begeht, zum Beispiel einen Diebstahl, immer wieder den gleichen machen würde,
ohne zu bemerken, dass er etwas Falsches tut.
Eine
Strafe ist, wenn sie wie oben beschrieben angewendet wird, eine Art erzwungener
Lernprozess. Einerseits kann so verstanden werden, dass man, wenn man eine
Strafe bekommen hat, die Konsequenzen davon am eigenen Leibe erfährt, was uns
diese Tat dann auch nicht mehr wiederholen lässt, oder aber man lernt, was noch
besser ist, aus den Fehlern anderer Menschen. Die zweite Weise ist sicher die
klügere, denn so trifft die Strafe nicht einen selbst, was doch eine grosse
Erleichterung in allen Sparten des Lebens darstellt. Ganz vermeiden lassen sich
Strafen aber nie. Auch kann es vorkommen, dass zufällig, das heisst durch kurze
Geistesabwesenheit, ein Fehler geschieht. So kann es beim Lenken eines Wagens vorkommen,
dass der Blick für wenige Sekunden nicht auf den Tachometer gerichtet ist, und
genau dann ein Geschwindigkeitskasten am Strassenrand steht. Doch auch das wird
mit der Zeit, so hoffe ich jedenfalls, ausbleiben, denn jede Busse macht von
Neuem auf die Fehler aufmerksam, und daher jedesmal vorsichtiger.