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Inhaltsverzeichnis
Die Geschichte der Wiener Börse
Eine Gründung der Kaiserin Maria Theresia
Die Zeit der Napoleonischen Kriege4
Die Börse in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Gründerzeit und Börsenkrach
Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit
Zweiter Weltkrieg und Wiederaufbau
Das Wiedererwachen des Aktienmarktes
Organisation und Arbeitsweise
Rechtliche Grundlagen
Zusammensetzung der Börsekammer
Organe der Börsekammer
Zulassung von Mitgliedern an der Wertpapierbörse
Pflichten der Börsemitglieder
Börsenbesucher der Wertpapierbörse
Handelsregeln der Wertpapierbörse
AIIgemeines
Außerbörslicher Handel
Auftragsarten
Schlußeinheiten
Vermittler
Auftragserteilung
Handelsarten
Repartierung und Taxen
Kursschwankungen
Die Vermittler an der Wertpapierbörse
Rechtsgrundlagen
Aufgaben der Börsesensale
Pflichten der Börsesensale
Beurkundung des vermittelten Geschäftes
Bestellung und Aufsicht
Das computerunterstützte Handelssystem der Wiener Börse
Die Segmente von PATS
Aktienindex der Wiener Börsekammer
Abwicklung der Wertpapiergeschäfte
Börsenaufsicht
Internationale Organisationen der Wertpapierbörsen
Mitglieder
Generalversammlung
Der Präsident
Beratendes Komitee
Arbeitsausschuß
Kosten von Wertpapiergeschäften
Spesen
Börsenumsatzsteuer
Courtage
Die Insiderregelung im Österreichischen Recht
Personenkreis
Insiderinformation
Mißbrauchshandlungen
Insider-Wertpapiere
Strafe
Strafgerichtliche Untersuchungen
Begleitende präventive Maßnahmen
Die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an der Wiener Börse
Allgemeines
Zuständigkeit
Arten des Börsehandels
Der Zulassungsantrag
Zulassungsvoraussetzungen für den Amtlichen Handel
Zulassungsvoraussetzungen für den Geregelten Freiverkehr
Wertpapierdruck
Der Zulassungsprospekt
Inhalt
Ausnahme von der Prospektpflicht
Befreiung von der Prospektpflicht
Veröffentlichung des Prospektes
Laufende Verpflichtungen der Emittenten
Widerruf der Zulassung
Gebühren für die Zulassung
Börsefondsbeitrag
Gebühren für die Zulassung von Verkehrsgegenständen
Markt für Optionen und Finanzterminkontrakte
Kontraktspezifikationen der Optionen und des Index-Terminkontraktes
Basiswerte
Optionstyp
Kontraktgröße
Kontraktwert
Handelszeit
Laufzeiten
Letzter Handelstag
Verfallstag
Ausübungspreisintervalle
Optionspreisintervalle (Tick) von/bis
Kontraktspezifikation des Austrian Government Bond Future
Handelsgegenstand
Nominalbetrag
Kupon
Lieferbare Anleihen
Liefermonate
Preisnotierung
Minimale Preisveränderung (Tick)
Liefertag
Letzter Handelstag
Täglicher Abrechnungspreis
Handelszeiten
Devisenbörse
Warenbörse
Börsenschiedsgerichte
Schiedsgericht der Wiener Wertpapierbörse
Schiedsgericht der Wiener Warenbörse
Expertisen und Musterziehungen
Die Wiener Börse besteht als Wertpapierbörse bereits über 200 Jahre und gehört zu den ältesten Börsen der Welt. Sie wurde 1771 unter der Regierung der Kaiserin Maria Theresia gegründet. Damals wurden Anleihen ausgegeben, um den durch die Kriegsführung stark gestiegenen Finanzbedarf des Staates zu decken. Für diese Papiere gab es aber noch keinen funktionsfähigen Markt. Die Besitzer konnten solche Staatsschuldverschreibungen oft nur mit Verlust verkaufen. Dies wirkte sich nachteilig auf die Kreditwürdigkeit des Staates aus.
Im Zuge ihrer Finanzreformpläne beschloß die Kaiserin 1761 auch die Errichtung einer Wertpapierbörse in Wien. Diese Börse sollte ein Ort sein, wo Käufer und Verkäufer öffentlicher Papiere einander treffen und durch Vermittlung beeideter Sensale Geschäfte abschließen konnten. Durch täglich ausgegebene Kurszettel sollten die Marktpreise allgemein bekannt gemacht werden. Noch heute heißen die amtlichen Vermittler an der Wiener Börse Sensale. Die Börsengründung des Jahres 1761 dürfte nur zur Unterstützung einer Anleiheemission sowie einer Konversion gedient haben. Ihr weiterer Bestand läßt sich nach 1762 nicht mehr nachweisen. Der Plan, in Wien eine Wertpapierbörse auf Dauer zu errichten, wurde jedoch weiter verfolgt. Die Pläne des Präsidenten der Hofrechenkammer Graf Zinzendorf wurden 1767 im Staatsrat beraten, jedoch erst am 1 August 1771 erging ein kaiserliches Patent, in dessen Einleitung darauf hingewiesen wurde, wie schädlich für den Staatskredit das Fehlen einer Börse in Wien sei. Ihre Errichtung wurde daher angeordnet. Das Patent enthielt die wesentlichen Bestimmungen für diese Börse und setzte ihre Eröffnung für den 1. September 1771 fest.
Die Börse war eine staatliche Einrichtung, stand unter Leitung und Aufsicht eines von der Regierung bestellten Börsekommissars und erhielt das Monopol für den Handel in Schuldverschreibungen der öffentlichen Hand. Außerdem wurde mit Wechseln gehandelt, die auf aus :artige Plätze (z.B. Paris, London. Frankfurt/Main) gezogen waren. Dies entsprach dem heutigen Devisenhandel. Als Vermittler wurden wieder beeidete Sensale bestellt. Die Kurse mußten am folgendem Tage vor dem Börsenlokal angeschlagen werden. Für Obligationen bestand Börsenzwang, außerhalb der Börse zustandegekommene Geschäfte waren verboten und ungültig.
In den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens entwickelte sich an der Wiener Börse eine lebhafte Geschäftstätigkeit und diese konnte die ihr zugedachte Aufgabe, zentraler Kapitalmarkt der großen Monarchie zu sein erfüllen. Die Kriegslasten der Napoleonischen Kriege brachten die österreichischen Staatsfinanzen jedoch erneut in Unordnung. Die Ausgabe ungedeckten Papiergeldes (Bankozettel) führte letztlich zum Staatsbankrott des Jahres 1811. Nachrichten und Gerüchte von den Kriegsschauplätzen gaben damals einer lebhaften Spekulation an der Wiener Börse Nahrung. Dieser Markt war damals noch allgemein zugänglich und zählte an manchen Tagen bis zu 2000 Besucher. Die Möglichkeit, hier die sich rasch entwertenden Bankozettel gegen Münzgeld tauschen zu können (Agiotage), verstärkte den Zuzug gewaltig. Im Zuge des Staatsbankrottes 1811 wurde der Wert der Bankozettel auf ein Fünftel, die Verzinsung der Staatsanleihen auf die Hälfte herabgesetzt. Deren Kurse fielen daraufhin binnen weniger Tage auf rund ein Viertel. Eine vorübergehend ins Leben gerufene Börsehofkommission versuchte mit verschiedenen polizeilichen Maßnahmen, wie z.B. Beschränkung des Zutrittes, im Börsenhandel Ordnung zu schaffen. Dadurch lebten jedoch nur die Winkelbörsen auf. Die Krise konnte erst nach dem endgültigen Sieg über Napoleon überwunden werden.
Die notwendige Neuordnung des Geldwesens führte im Jahre 1819 zur Gründung der 'Privilegierten österreichischen Nationalbank'. Zwei Jahre später wurden deren Aktien als erste an der Wiener Börse zum Handel eingeführt. Erst 1842 wurde das Wiener Kursblatt durch die Aktien der ersten Eisenbahngesellschaft (Kaiser-Ferdinands-Nordbahn) und der Ersten Donaudampfschiffahrtsgesellschaft bereichert. Weitere Eisenbahngesellschaften sowie die Dampfschiffahrtsgesellschaft des Österreichischen Lloyd zu Triest folgten. 1843 kamen die Pfandbriefe der Galizisch-ständischen Kreditanstalt als neue Wertpapierart an die Börse. Trotz dieser Neueinführungen blieben noch längere Zeit die Staatsanleihen die wichtigsten Handelsgegenstände an der Börse.
Politische Ereignisse, die sich nachteilig auf den Staatskredit auswirken und einen neuerlichen Staatsbankrott befürchten ließen, verursachten starke Kursbewegungen. So riefen der Pariser Aufstand vom Juli 1830 und die Revolution 1848 auch an der Wiener Börse gewaltige Kursstürze hervor. Die Regierung ergriff wieder Maßnahmen gegen die Spekulation und gegen die überhandnehmenden, auf der Straße oder in Kaffeehäusern tagenden Winkelbörsen. Der Besuch der Börse wurde wieder vom Besitz einer Börsenkarte abhängig gemacht und der Abschluß von Börsengeschäften an die Vermittlung durch Börsesensale gebunden. Eine Abendbörse sollte den Winkelbörsen den Boden entziehen.
Eine neue Epoche der Wiener Börse begann am 1. Jänner 1855, als ein neues Börsenpatent in Kraft trat. Für die Leitung der Börse wurde eine eigene Kommission geschaffen, die den Namen 'Börsekammer' erhielt und aus 18 Börseräten bestand. Diese wurden von der Regierung auf Vorschlag des Großhandelsgremiums des bürgerlichen Handelsstandes und der Handelskammer bestellt. Damit wurde ein wichtiger Schritt in Richtung der heute bestehenden Autonomie der Börsenverwaltung getan. Als staatliches Aufsichtsorgan wurde ein Börsekommissar bestellt. Der Besuch der Börse war weiter von der Ausstellung einer Börsenkarte abhängig. Für den Handel und die Abwicklung der Börsengeschäfte erhielt man genaue Regeln. Die Börsenleitung wurde ermächtigt, Personen vom Börsenhandel auszuschließen.
In den beiden nächsten Jahrzehnten trat die ursprüngliche Aufgabe der Wiener Börse, zentraler Markt für Staatspapiere zu sein, immer mehr in den Hintergrund. Die sogenannte Gründerzeit brachte nun zahlreiche Aktienemissionen an die Börse. Durch Aktienausgabe wurde das Kapital für Banken- und Industriegründungen sowie für den Eisenbahnbaubeginn geschaffen. Der Markt für diese Papiere war die Wiener Börse. Eine lange Konjunkturperiode und eine liberale Wirtschaftspolitik begünstigten eine hektische, zum Teil unsolide Gründertätigkeit und eine gewaltige Börsenhausse. Diese ging mit der stürmischen Ausdehnung des Börsenhandel und einer Spekulationswelle Hand in Hand. Die Zahl der Besuchsberechtigten (Jahresraten) stieg zwischen 1868 und 1873 von 835 auf 2941. Der Börsensaal im Bank- und Börsengebäude in der Herrengasse (heute Palais Ferstl) wurde zu klein. Die Börse übersiedelte in ein provisorisches Börsengebäude am Schottenring, da das heutige Börsengebäude erst in Bau war. Etwa im selben Zeitraum stieg die Zahl der notierten Aktien von 39 auf 378. Die staatliche Verwaltung schränkte die freudige Vergabe von Gründungskonzessionen nur zögernd ein. Entgegen der Warnung der Börsekammer ließ sie auch weiterhin Börsenbesucher und neue Aktienemissionen großzügig zur Börse zu.
Das Ende des Wirtschaftsaufschwunges und die enttäuschen Hoffnungen auf die wirtschaftsbelebende Wirkung der 'Wiener Weltausstellung' 1873, ließen auch Gründungsschwindel und Börsenspekulation zusammenbrechen. Beim Wiener Börsenkrach vom 9. Mai 1873 sanken die Kurse innerhalb kürzester Zeit ins Bodenlose. Die Existenz der Spekulanten wurde vernichtet. Auch viele Aktiengesellschaften, vor allem unsolide Gründungen, verschwanden wieder aus dem Kursblatt. In der nun einsetzenden Depression dauerte es Jahre bis sich die Wiener Börse von diesem Rückschlag wieder erholen konnte. In dieser Notsituation wurde das Börsegesetz vom 1. April 1875 erlassen, das mit wenigen Anderungen bis 1989 das Börsewesen in Österreich regelte. Durch dieses wurde die Wiener Börse autonom, regelte ihre Angelegenheiten durch ein selbst gegebenes Statut und unterstand von da ab einer selbstgewählten Leitung. Der Staat behielt sich jedoch das Aufsichtsrecht sowie die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung vor. 1876 wurde die 1872 gegründete Warenbörse mit der Wertpapierbörse organisatorisch vereinigt. 1877 wurde das heutige Börsengebäude fertiggestellt und bezogen. Im Börsenhandel traten die öffentlichen Anleihen wieder in den Vordergrund. Die Industriefinanzierung verlagerte sich vom Aktienmarkt weg zu den Großbanken. Neue antiliberale politische Bewegungen standen der Börse ablehnend gegenüber und bestritten sogar deren volkswirtschaftliche Bedeutung.
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde die Börse zunächst geschlossen. Erst 1916 wurde im Wertpapierbörsensaal ein sogenannter Privatverkehr zugelassen, um dem blühenden außerbörslichen Handel den Boden zu entziehen. Die Wiedereröffnung des amtlichen Börseverkehrs fand erst Anfang 1920 statt. In der nun folgenden Inflationszeit erlebte die Börse wieder starken Zulauf und eine inflationsbedingte Hausse. Die sich stark entwertenden österreichischen Kronen flossen in den Aktien- und Devisenmarkt. Die Nachkriegshausse endete im März 192~ mit dem Ende der Francspekulation. Die Hoffnung auf eine Abwertung des französischen Franc erfüllte sich dank amerikanischer Finanzhilfe nicht. Die Verluste auf dem Devisenmarkt zogen auch den Aktienmarkt in Mitleidenschaft. Die Aktienkurse erholten sich in Wien auch in den folgenden Jahren nur wenig. Der Kurssturz in New York vom Oktober 1929 hatte für Wien keine erheblichen Auswirkungen. Nach Einführung der Schillingwährung im Jahre 1925 wurde ein Schlußstrich unter die Nachkriegsinflation gezogen. Die Weltwirtschaftskrise und die Bankenzusammenbrüche beeinträchtigten den Börsenhandel in den folgenden Jahren schwer und ließen nicht nur die Aktienkurse, sondern auch die Zahl der Börsenbesucher stark zurückgehen.
Durch den Zerfall der Monarchie war die Stellung der Wiener Börse als Finanzplatz stark geschmälert worden. Dennoch behielt sie für Südosteuropa Bedeutung und viele Wertpapiere aus den Nachfolgestaaten der Monarchie, wie Ungarn, Tschechoslowakei etc., wurden weiterhin in Wien gehandelt. Unter den 205 Aktien, die 1937 an der Wiener Börse gehandelt wurden, befanden sich noch 75 ausländische aus den Nachfolgestaaten.
Nach dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich im Jahre 1938 wurde für die Wiener Börse das deutsche Börsenrecht eingeführt und diese der Industrie- und Handelskammer unterstellt. Der Wertpapierhandel selbst wurde bis gegen Ende des Zweiten Weltkrieges fortgesetzt, wenngleich stark eingeschränkt. Die beträchtlich gestiegenen Kurse wurden 1943 amtlich gestoppt. Die letzte Börsenversammlung der Wertpapierbörse fand am 28. März 1945 statt.
Nach Wiedererrichtung der Republik Österreich ging man auch daran, den Wertpapierhandel zu ordnen und einen funktionsfähigen Kapitalmarkt aufzubauen. Als erster Schritt wurden mehrmals wöchentlich sogenannte 'Vertrauliche Aussprachen der Kreditinstitute und Makler unter Mitwirkung der Sensale an der Wiener Börse' abgehalten, in denen die Preise der gängigsten Wertpapiere ermittelt wurden. Durch das Börseüberleitungsgesetz 1948 wurde das alte österreichische Börsegesetz 1875 novelliert wiedereingeführt. Am 15. November 1948 wurde die Börse wiedereröffnet. Im Juli 1949 wurde mit der 'Aufbauanleihe' die erste Bundesanleihe der Zweiten Republik begeben und an der Börse eingeführt. Einen Durchbruch für den Anleihemarkt bedeutete jedoch erst die Energieanleihe 1953. Mit großem Werbeaufwand und günstigen Konditionen wurde der Anleiheerwerb wieder populär gemacht. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Börse vor allem zum Markt für Rentenwerte.
Durch die Kapitalmarktgesetze 1954 trachtete man, auch für den Aktienmarkt bessere Grundlagen zu schaffen. Das Wertpapierbereinigungsgesetz beseitigte die durch den Krieg zum Teil unklar gewordenen Besitzverhältnisse, insbesondere bei Aktien. Das Schillingeröffnungsbilanzgesetz sollte durch klare Bilanzwerte die Unternehmensbewertung wieder ermöglichen. Mit der Entschädigung für den nach Kriegsende verstaatlichten Teil des Aktienbesitzes, hörte der Handel in diesen Papieren auf. Das dadurch dem Aktienmarkt verlorengegangene Handelsvolumen konnte durch die wenigen Neuzulassungen inländischer Aktiengesellschaften nicht ausgeglichen werden.
Ein Großbrand zerstörte 1956 einen Teil des Börsengebäudes, insbesondere den großen Wertpapierbörsesaal. Dieser wurde nicht wieder aufgebaut, da er nach 1945 nicht mehr für Börsenversammlungen benötigt worden war. 1959 wurde im wiederhergestellten Börsengebäude ein neuer Saal bezogen. 1957 wurde der börsemäßige Devisenhandel nach drei Jahrzehnten Unterbrechung wieder aufgenommen. Die Lockerung der Devisenbewirtschaftung kam auch den ausländischen Wertpapieren zugute. Ab 1963 wurden eine Reihe ausländischer Aktienwerte zum Handel an der Wiener Börse eingeführt. Diese Papiere unterlagen nun keinem devisengesetzlichen Depotzwang mehr. Durch die Wachstumsgesetze 1966 wurde die Steuerbegünstigung auf den Erwerb aller Arten von Rentenwerten ausgedehnt und die Doppelbesteuerung der Aktien gemildert. Während die Anleiheforderung erfolgreich war, führte die Aktienfinanzierung weiterhin ein Schattendasein.
1984 kamen nach 18 Jahren Emissionspause wieder zwei neue österreichische Aktiengesellschaften an die Börse. In den Jahren vorher war der inländische Kurszettel durch Notierungslöschungen immer kürzer geworden. Aber erst das Jahr 1985 brachte für den Aktienmarkt den großen Durchbruch. Nach rund zwei Jahrzehnten stagnierender Kurse kam es zu einem überaus steilen Kursanstieg von durchschnittlich 130 %. Die Umsätze versechsfachten sich. Diese Aktienhausse wurde von einem amerikanischen Analysten ausgelöst, der in einem Wirtschaftsmagazin auf die noch niedrigen Wiener Aktienkurse und die gute Wirtschaftslage hinwies. 1986 wurde die Doppelbesteuerung der Aktienerträge weiter gemildert und die Möglichkeit zum steuerbegünstigten Erwerb junger Aktien geschaffen. Damit war auch die Einstellungsänderung der Wirtschaftspolitik zu Aktie und Börse offenkundig.
Zahlreiche neue Gesellschaften gingen in den folgenden Jahren an die Börse; insbesondere auch große bisher zur Gänze verstaatlichten Unternehmen. Die Umsätze und die Marktkapitalisation vervielfachten sich. Ab Mitte 1988 setzte abermals an der Wiener Börse eine aufsehenerregende Aktienhausse ein, die bis August 1990 anhielt. Im Herbst 1989 nahm das computerunterstützte Handelssystem (PATS = Partly Assisted Trading System) seinen Betrieb auf. Im Dezember 1989 trat ein neues Börsegesetz in Kraft, das das aus dem Jahre 1875 stammende ablöste. Es stärkte die Autonomie der Börse und ermöglichte die weitere Modernisierung des Börsebetriebes durch automatisierte Handelssysteme und den Handel mit Optionen und Finanzterminkontrakten. Die Zulassungsbedingungen für Wertpapiere sowie die laufenden Publizitätsverpflichtungen der Gesellschaften wurden erstmals umfassend gesetzlich geregelt und inhaltlich den EG-Richtlinien angepaßt.
Am 4. Oktober 1991 wurde der Kassamarkt durch einen Markt für derivative Produkte ergänzt. Es wurde mit dem Handel mit Optionen auf fünf umsatzstarke österreichische Aktientitel begonnen. Im August 1992 kam der Handel mit Indexoptionen und Index-Finanzterminkontrakten hinzu, im Juli 1993 der Handel mit Zins-Finanzterminkontrakten. Neu war auch, daß erstmals für ein Marktsegment der Wiener Börse ein vollelektronisches Handelssystem ohne Börsesaal eingerichtet wurde sowie, daß der Handel nach dem Market-Maker-System ohne Vermittler erfolgte.
Die Wiener Börse ist die einzige Wertpapierbörse und zugleich die einzige allgemeine Warenbörse Österreichs. Außer ihr gibt es in Österreich nur spezielle Börsen für landwirtschaftliche Produkte und zwar in Wien, Graz und Linz-Wels. Gemäß Artikel 10 Absatz 1 Zeile 5 Bundesverfassungsgesetz ist das Börsewesen Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Das Börsewesen ist in Österreich durch das Börsegesetz 1989 (BGBI. Nr. 555/89) in der Fassung der Börsegesetznovelle 1993 (BGBI. Nr. 529/93) geregelt. Vorher galt das Börsegesetz aus dem Jahre 1875.
Das Börsegesetz regelt unter anderem:
) Die Leitung und Verwaltung einer Börse durch die Börsekammer
) Die Organe der Börsekammer
) Die Börsestatuten
) Die Zulassung von Börsemitgliedern und Börsebesuchern
) Die Handelsaufsicht und die Handelsregeln
) Die Aufgaben und Pflichten der Börsesensale
) Die Börsenaufsicht
) Die Zulassung zum Amtlichen Handel zum Geregelten Freiverkehr und zum
Sonstigen Wertpapierhandel
Das Börsegesetz enthält auch Sonderbestimmungen für die Wiener Börse, die die Zusammensetzung der Börsekammer die Wahl der Börseräte und die Börsenaufsicht betreffen.
Auf Grund des Börsegesetzes erläßt die Vollversammlung der Börsekammer ein Statut sowie eine Geschäftsordnung.
Die Leitung und Verwaltung einer Börse obliegt einer mit Bundesgesetz als juristische Person des öffentlichen Rechts einzurichtenden Börsekammer. Für die Wiener Börse erfolgte dies durch §49 Börsegesetz 1989. Die Börsekammer besteht aus 29 Börseräten. Von diesen werden 24 aus dem Kreis der Börsenbesucher gewählt, vier werden vom Bundesminister für Finanzen bestellt und einer von der 'Österreichischen Nationalbank' entsendet. Die Funktionsperiode der Börseräte beträgt fünf Jahre.
Die Wahl erfolgt nach Wahlkreisen. Es entfallen auf den
Wahlkreis I (Banken) : 16 Börseräte,
Wahlkreis II (Freie Makler) : 1 Börserat,
Wahlkreis III (Börsesensale) : 1 Börserat,
Wahlkreis IV (Börsebesucher der Wertpapierbörse): 1 Börserat,
Wahlkreis V (Warenbörse) : 5 Börseräte.
Im Wahlkreis I können nur Mitglieder der Geschäftsleitung von Banken, die Börsemitglieder sind wählen und gewählt werden, im Wahlkreis IV alle übrigen Angestellten eines Börsemitgliedes.
Von den vom Bundesminister für Finanzen bestellten Börseräten müssen je einer
., Mitglied der Geschäftsleitung oder Bediensteter eines Unternehmens
) dessen Wertpapiere amtlich notieren (Emittentenvertreter)
) das eigenes oder fremdes Vermögen in Wertpapieren veranlagt
(Investorenvertreter).
., auf dem Gebiete
) der Volkswirtschaftslehre oder
) des Handels- und Wertpapierrechts fachlich ausgebildet und beruflich tätig
sein.
Diese sind:
., die Vollversammlung,
., die Ausschüsse,
., der Präsident.
zu :
Die Vollversammlung besteht aus 29 Börseräten und hat unter anderem folgende Aufgaben:
) Erlassung des Statutes und der sonstigen Verordnungen
) Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten
) Wahl der Ausschußmitglieder
) Bestellung und Enthebung von Börsesensalen
) Genehmigung des Voranschlages und des Rechnungsabschlusses
) Erlassung der Gebührenordnung
) Bestimmung der Handelsregeln
zu :
Es bestehen folgende Ausschüsse:
) Der Wahlausschuß zur Entscheidung über Einsprüche gegen die Wählerliste
und zur Feststellung der Gültigkeit oder der Ungültigkeit von Wahlen.
) Der Kartenausschuß für die Zulassung und den Ausschluß von
Börsemitgliedern sowie für die Festsetzung von Kautionen der
Börsemitglieder.
) Der Exekutivausschuß für die Zulassung von Verkehrsgegenständen zum
Börsenhandel und den Widerruf der Zulassung.
) Der Optionsausschuß für die Zulassung von Optionen und
Finanzterminkontrakten zum Börsenhandel und den Widerruf der Zulassung.
zu :
Der Präsident sowie vier Vizepräsidenten werden aus dem Kreis der Börseräte auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. Der Präsident leitet die Geschäfte der Börsekammer, vollzieht ihre Beschlüsse, vertritt die Börse nach außen und entscheidet in allen Angelegenheiten, die nicht der Vollversammlung oder den Ausschüssen vorbehalten sind. Der Präsident kann dem Generalsekretär bestimmte Angelegenheiten zur selbständigen Behandlung übertragen.
Mitglied der Wertpapierbörse kann nur werden, der zur Ausübung des
., Effektengeschäftes (Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren für
andere = Wertpapierkommissionsgeschäft)
., Wertpapieremissionsgeschäftes und sonstigen
Wertpapieremissionsgeschäftes (Ausgabe von Pfandbriefen,
Kommunalschuldverschreibungen und fundierten Bankschuldverschreibungen
oder anderer festverzinslicher Wertpapiere und die Veranlagung des Erlöses)
., Gewerbes des Freien Maklers
berechtigt ist
zu und :
Das Effektengeschäft, das Wertpapieremissionsgeschäft und das sonstige Wertpapieremissionsgeschäft sind gemäß dem österreichischen Kreditwesengesetz den Banken vorbehalten. Voraussetzung für die Börsemitgliedschaft ist daher eine Bankkonzession, zumindest eine Teilkonzession für eine dieser Bankgeschäftsarten. In Österreich sind Banken in der Regel Universalbanken und zu allen Arten von Bankgeschäften berechtigt. Das amerikanische Trennbankensystem oder eigene Brokerhäuser gibt es in Österreich nicht. Alle großen und einige kleinere Banken sind Mitglieder der Wiener Börse.
zu :
Außer den Banken können Freie Makler Börsemitglieder werden. Es sind dies an der Wiener Börse tätige Handelsmakler, die nicht wie die Börsesensale amtlich bestellt sind. Der Besitz der Gewerbeberechtigung ist Voraussetzung für die Zulassung.
Außer der Gewerbeberechtigung ist für Freie Makler Zulassungsvoraussetzung:
) mindestens fünfjährige qualifiziere Tätigkeit bei einem an der Wertpapierbörse
zugelassenen Freien Makler als Sensal oder Sensalengehilfe oder im
Wertpapierbereich einer Bank. Bei offenen Handelsgesellschaften oder
Kommanditgesellschaften müssen die geschäftsführenden Gesellschafter bei
juristischen Personen (Ges.m.b.H.) die Geschäftsführer über diese fachliche
Eignung verfügen.
) Freie Makler haben zur Gewährleistung der Erfüllung von Börsengeschäften
Sicherheiten zu leisten. Die Höhe wird in angemessenem Verhältnis zu Art und
Umfang der Geschäftstätigkeit festgelegt. Sie darf ÖS 10 Millionen nicht
übersteigen. Eine im Rahmen des Abwicklungssystems erlegte Kaution kann
angerechnet werden.
Diese müssen:
) die Handelsbedingungen der Börse einhalten,
) die Börsegebühren entrichten,
) mindestens einen Börsenbesucher an die Börse entsenden,
) die Sicherheiten und Kautionen im Rahmen des Handels- und
Abwicklungssystem erlegen und auf der vorgeschriebenen Hohe halten,
) Maßnahmen zur Hintanhaltung von Insidergeschäften in ihrem Unternehmen
treffen.
Börsemitglieder, bei denen die Zulassungsvoraussetzungen weggefallen sind oder die ihre Pflichten verletzen werden ausgeschlossen.
Börsenbesucher sind physische Personen die zur Erteilung von Aufträgen und zum Abschluß von Geschäften für Börsemitglieder berechtigt sind. Sie werden als Börsenbesucher von der Börsekammer zugelassen und erhalten zum Nachweis ihrer Berechtigung eine Börsekarte. Sie müssen der Geschäftsleitung eines Börsemitgliedes angehören oder bei diesem angestellt sein. Über die Zulassung sowie die Entziehung der Besuchsberechtigung entscheidet der Börsepräsident.
Soweit sie nicht der Geschäftsleitung angehören, wird die Besuchsberechtigung nur nach Ablegung der Börsehändlerprüfung zum Nachweis der nötigen Fachkunde und Erfahrung erteilt.
Die Wiener Börse ist der zentrale Wertpapiermarkt Österreichs. So wie die Schweizer Börsen ist sie jedoch nur Spitzenbörse. Die österreichischen Banken die für ihre Kunden das Wertpapierkommissionsgeschäft betreiben haben das Recht selbst in die Geschäfte einzutreten. Sie können daher Kundenaufträge kompensieren oder aus eigenen Bestanden Papiere abgeben oder für sich selbst kaufen. Die Banken müssen in allen diesen Fällen ihre Wertpapiergeschäfte nicht über die Börse ausführen. Auf Grund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen führen diese grundsätzlich alle Aufträge zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren die an der Wiener Börse zum Handel zugelassen sind als Kommissionäre durch Selbsteintreten aus.
Banken betreiben überdies in umsatzstarken Aktien, Optionsscheinen und Anleihen einen umfangreichen außerbörslichen Handel. Dabei veröffentlichen sie An- und Verkaufspreise über Informationsschirme. Der Abschluß erfolgt telefonisch. Derzeit werden rund ein Drittel der Aktienumsätze und 90-95 % der Rentenumsätze im außerbörslichen Handel erzielt. Außerbörsliche Umsätze in amtlich notierten Aktien Optionsscheinen, Partizipationsscheinen und Wandelanleihen werden täglich der Börse gemeldet.
Aufträge können mit einer bestimmten Preisgrenze (Limit) oder ohne Preisgrenze (bestens) gegeben werden. Weiters können Aufträge mit einem Notlimit versehen werden. Solche Aufträge treten in Wirksamkeit wenn erstmals der als Notlimit angegebene Kurs erreicht wird. Sie werden damit zu Bestensaufträgen.
Bei inländischen Aktien, Partizipationsscheinen, Genußrechten u.a. beträgt die Schlußeinheit soviel Stück, daß der Gesamtnennwert ÖS 1000.- ergibt (z.B. 10 Aktien zu Nennwert ÖS 100.-; 2 Aktien zu Nennwert ÖS 500.-; 1 Aktie zu Nennwert ÖS 1000.-). Eine Ausnahme besteht für Aktien mit dem Mindestnennwert ÖS 10000.- .
Bei Optionsscheinen und ausländischen Aktien beträgt die Schlußeinheit 10 Stück. Es bestehen jedoch einige Ausnahmen.
Bei Rentenwerten umfaßt die Schlußeinheit Nennwert ÖS 1000.- .
Bei Fließhandelswerten beträgt die Schlußeinheit das Zehnfache der oben angegebenen sogenannten einfachen Schlußeinheit. Aufträge die die Schlußeinheiten im Fließhandel nicht erreichen, werden zu einem Einheitskurs (Kassakurs genannt) ausgeführt.
Börsegeschäfte werden in der Regel durch Vermittler abgeschlossen. Der direkte Geschäftsabschluß ist jedoch zulässig und kommt in erheblichem Umfang vor. In den amtlich gehandelten Papieren vermitteln die Börsesensale in den Papieren des Geregelten Freiverkehrs die Freien Makler (Näheres siehe Abschnitt 'Die Vermittler an der Wertpapierbörse' ).
Über das computerunterstützte Handelssystem PATS (= Partly Assistent Trading System siehe Abschnitt 'Das computerunterstützte Handelssystem' ) werden die Aufträge den Vermittlern grundsätzlich auf elektronischem Wege geroutet. Es können aber auch zusätzlich mündliche Aufträge erteilt werden wie z.B. im Ausrufverfahren oder im Fließhandel. In das PATS-System sind alle Papiere die an der Wiener Börse notieren einbezogen.
Alle gehandelten Papiere sind auf die Sensale und Freien Makler zur Geschäftsvermittlung aufgeteilt. Wer in einem bestimmten Papier einen Auftrag erteilen will, muß dies bis zu einem festgesetzten Zeitpunkt, bei dem für das Papier zuständigen Vermittler, tun. Die Vermittler stehen untereinander nicht in Konkurrenz. Für die den Vermittlern elektronisch gerouteten Orders steht diesen auf Bildschirmen eine Orderübersicht (Skontro) zur Verfügung.
A) Handel zu Einheitskursen
Bei den meisten an der Wiener Börse gehandelten Wertpapieren wird nur ein Kurs pro Börseversammlung gebildet (Einheitskurs). Zur Kursbildung führt der Sensal bei allen in das PATS-System einbezogenen Papieren ein zweistufiges Ausrufverfahren durch (Ausnahme: Investmentzertifikate und festverzinsliche Wertpapiere).
1. Stufe (Taxation):
Der Sensal ruft ein Papier auf und nennt die Orderlage die sich für ihn aus dem Bildschirm ergibt. Er nennt dabei Geld und Brief das heißt bei welcher Kurshöhe Angebot und Nachfrage etwa liegen. Sodann können dem Sensal von den Händlern noch Großorders (Fließhandelsschlußeinheit) zugerufen werden.
2. Stufe (Spitzenausgleich):
Nach den ersten Zurufen hat der Sensal einen Kursvorschlag zu machen und gleichzeitig bekanntzugeben wieviele Stücke er noch zu kaufen oder zu verkaufen hat, um Angebot und Nachfrage vollständig auszugleichen. Nun werden dem Sensal weitere Orders zum Spitzenausgleich zugerufen.
Für die umsatzstarken Gruppen von festverzinslichen Wertpapieren ist ein einstufiges Ausrufverfahren für den Spitzenausgleich vorgesehen. Voraussetzung ist, daß auf der Kauf- oder Verkaufsseite zumindest Orders über Nominale 1 Million dem Sensal vorliegen.
B) Fließhandel
Im Handel zu fortlaufenden Kursen (Fließhandel) werden während der Börseversammlung vom Sensal laufend Abschlüsse vermittelt und Kurse festgestellt, das heißt nicht alle Aufträge des Tages zu einer einzigen Kursbildung zusammengefaßt. Dies setzt voraus, daß nur Aktien und Partizipationsscheine mit regelmäßig großen Umsätzen in den Fließhandel einbezogen werden. Der Zeit werden 23 inländische Aktien und zwei Partizipationsscheine fließend gehandelt.
Ein förmliches Ausrufverfahren wie bei der Einheitskursbildung gibt es nur bei der Bildung des Kassakurses und des Schlußkurses, doch informiert der Sensal auch sonst mündlich über die Orderlage. Die Orders werden dem Sensal über das PATS-System geroutet. Außerdem können dem Sensal im Saal mündliche Aufträge gegeben werden.
Im Geregelten Freiverkehr ist zwar vorgesehen daß ebenfalls zu fortlaufenden Kursen gehandelt wird, doch kommt es meistens nur zu einer Kursfeststellung pro Handelstag. Auch hier findet ein Ausrufverfahren nicht statt.
Gelingt es dem Sensal nicht die beiden Marktseiten auszugleichen, darf er die Aufträge entsprechend kürzen (Repartierung beschränkte Zuteilung oder Abnahme). Es muß jeder Auftrag mindestens zu 25 % ausgeführt werden. Auch muß die Kürzung gleichmäßig erfolgen. Aufträge die nach der Kürzung nicht mit der kleinsten Handelseinheit erfüllt werden können, dürfen unberücksichtigt bleiben. Im Fließhandel sind Kürzungen nur beim Kassakurs und beim Schlußkurs zulässig. Die nur teilweise Befriedigung der Nachfrage wird durch den Kurszusatz 'rG' (= repartiert Geld) die nur teilweise Abnahme durch 'rW' (= repartiert Ware) angezeigt.
Bei Rentenwerten (außer Wandelschuldverschreibungen) entfallen trotz Repartierungen diese Zusätze.
Ist eine Kursbildung trotz Repartierung nicht möglich, kann der Vermittler Taxen veröffentlichen und zwar G (= Geld oder Nachfrage) und W (= Ware oder Angebot) um über die Marktlage zu informieren.
Stellt der Vermittler bei inländischen Aktien und Partizipationsscheinen die zu Einheitskursen gehandelt werden fest, daß der festzusetzende Kurs vom letzten im Kursblatt notierten um mehr als 5 % nach oben oder unten abweicht, so hat er dies während der Börseversammlung zu verlautbaren (Indikation). Die Auftraggeber haben nun die Möglichkeit ihre Aufträge abzuändern, zurückzunehmen oder neue zu erteilen.
Ergäbe sich auf Grund der neuen Auftragslage abermals eine Kursabweichung im oben beschriebenen Ausmaß so darf ein bis zu 10 % abweichender Kurs festgesetzt werden. Im Fließhandel werden die Abweichungen vom letzten notierten Schlußkurs berechnet. Eine Indikation ist hier nicht vorgesehen.
Bei ausländischen Aktien müssen Abweichungen von mehr als 10 % angezeigt werden. Eine Kursschwankungsgrenze pro Börsetag gibt es aber nicht.
Das Börsegesetz 1989 sieht für Wertpapierbörsen vor, daß der Handel durch
) Vermittler
) ein automatisiertes Handelssystem
) Zuruf
) verbindliche Nennung von An- und Verkaufspreisen durch ein Börsemitglied
(Market Maker)
oder durch mehrere dieser Handelsarten erfolgt.
Weiters kennt das Börsegesetz zwei Arten von Vermittlern: Börsesensale und Freie Makler. Erfolgt der Handel ganz oder teilweise durch Vermittler, dann dürfen im Amtlichen Handel als Vermittler nur Sensale, im Geregelten Freiverkehr nur Freie Makler bestellt werden. An der Wiener Börse wird derzeit durch Vermittler sowie durch Market Maker (Optionenmarkt, Devisenmarkt) gehandelt. Der direkte Geschäftsabschluß zwischen Börsemitgliedern ist jedoch auch im Börsesaal möglich.
Nach der Definition des Börsegesetzes sind Börsesensale für eine Börse amtlich bestellte freiberufliche Vermittler. Sie sind keine Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches. Die handelsrechtlichen Bestimmungen über die Handelsmakler finden auf sie keine Anwendung. Von der Geltung der Gewerbeordnung ist ihre Tätigkeit ausdrücklich ausgenommen. Sie sind auch nicht Börsenbesucher oder Börsemitglieder im Sinne des Börsegesetzes und der Börseordnung, sondern nehmen in Erfüllung ihrer Amtspflichten an den Börseversammlungen teil. Sie sind keine Dienstnehmer der Börsekammer, sondern freiberuflich erwerbstätig. Das Entgelt für ihre Vermittlungstätigkeit ist die durch Verordnung des Landeshauptmannes von Wien festgelegte Maklergebühr (Courtage oder Sensarie), die mangels anderer Vereinbarung von jedem Vertragspartner zur Hälfte zu zahlen ist. Schon seit der Gründung der Wiener Börse heißen deren amtliche Vermittler Börsesensale.
Als amtlich bestellte Vermittler vermitteln die Börsesensale für Auftraggeber Käufe und Verkäufe über Waren und Wertpapiere. Die Sensale der Wertpapierbörse dürfen nur Geschäfte in solchen Papieren vermitteln, die an der Wiener Börse zum Amtlichen Handel zugelassen sind, nicht jedoch in solchen, die in den Geregelten Freiverkehr oder den Sonstigen Wertpapierhandel einbezogen sind. Der Landeshauptmann kann Börsesensalen die Befugnis erteilen, auch öffentliche Versteigerungen von Waren und Wertpapieren, soweit diese den Gegenstand ihrer Vermittlungstätigkeit bilden, abzuhalten. Alle Sensale der Wiener Wertpapier- und der Wiener Warenbörse besitzen diese Versteigerungsbefugnis. Sie können ihre Tätigkeit auch außerhalb der Börse, jedoch nur am Sitz der Börse in Wien, ausüben.
Die Preise der von ihnen vermittelten Geschäfte sind zugleich die amtlichen Kurse. Diese Kurse werden im Kursblatt der Wiener Wertpapierbörse für den Amtlichen Handel veröffentlicht.
Die österreichische Rechtsordnung bietet dem Kaufmann in vielen Fällen die Möglichkeit, Pfandsachen oder sonst in seinem Besitz befindliche Waren oder Wertpapiere ohne gerichtliches Verfahren zu verwerten. Solche außergerichtlichen Verwertungen dürfen nur durch zu solchen Verkäufen öffentlich ermächtigte Handelsmakler oder durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person durchgeführt werden. Dies sind die Börsesensale mit Versteigerungsbefugnis. Insbesondere die Sensale der Warenbörse werden immer wieder mit solchen außergerichtlichen Verwertungen beauftragt.
Börsesensale sind ebenso wie Handelsmäkler bloße Vermittler. Es ist ihnen verboten, für eigene Rechnung, börslich oder außerbörslich, unmittelbar oder mittelbar, auch nicht als Kommissionär, Geschäfte zu schließen oder sich für ihre Erfüllung zu verpflichten oder zu verbürgen. Dadurch unterscheidet sich ihre Stellung z.B. von den Kursmaklern der deutschen Börsen, die auch für eigene Rechnung oder im eigenen Namen dann abschließen dürfen, wenn dies zur Ausführung der ihnen erteilten Aufträge nötig ist. Durch das Selbsteintrittsverbot der Börsesensale soll die Unparteilichkeit der Vermittler garantiert werden. Dem selben Zweck dient auch die Vorschrift, daß Börsesensale keine sonstige selbständige wirtschaftliche Tätigkeit entfalten, sowie Mitglied der Geschäftsführung oder des Aufsichtsorganes einer Kapitalgesellschaft, Genossenschaft oder Sparkasse sein dürfen, sofern dies ihre Unparteilichkeit beeinträchtigen könnte.
Die besondere Vertrauensstellung der Börsesensale als amtliche Vermittler bedingt, daß diese ihr Amt persönlich ausüben und diese Tätigkeit unübertragbar ist.
Die Sensale dürfen sich nur zur Übernahme der Aufträge, nicht aber zum Geschäftsabschluß selbst, eines Gehilfen bedienen. Sie müssen während der ganzen Börsezeit an der Börse anwesend sein. Sie dürfen sich mit anderen Börsesensalen oder Handelsmaklern nicht zum gemeinsamen Betrieb des Vermittlungsgeschäftes zusammenschließen. Die gemeinsame Vermittlung einzelner Geschäfte bedarf der Zustimmung des Auftraggebers.
Börsesensale sind zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses verpflichtet. Briefliche, telefonische, fernschriftliche oder fernkopierte Aufträge von Parteien dürfen sie nur übernehmen, wenn ihnen diese persönlich bekannt sind, oder sie sich von deren Identität überzeugt haben. Damit soll ausgeschlossen werden, daß Börsesensale fingierte Aufträge übernehmen und ausführen. Auch bei Kenntnis der Zahlungs- oder Verpflichtungsunfähigkeit des Auftraggebers dürfen dessen Orders nicht entgegengenommen werden, um ungültige oder notleidende Börsegeschäfte zu vermeiden. Ebenso dürfen Börsesensale bei Verdacht eines Scheingeschäftes oder eines Geschäftsabschlusses nur zur Benachteiligung eines Dritten nicht vermitteln.
Börsesensale sind verpflichtet, den Namen der Gegenpartei nicht zu nennen, wenn beide Vertragspartner Börsenmitglieder sind und die Abwicklung in einem Abwicklungssystem mit Kautionen für die Erfüllung erfolgt (Anonymgeschäfte). Dies trifft auf die Geschäfte an der Wiener Wertpapierbörse regelmäßig zu, da die Geschäfte im Arrangement abgewickelt werden.
Verletzen Börsesensale bei Ausübung ihrer Vermittlungstätigkeit die ihnen auferlegten Verpflichtungen, so bleibt das Geschäft dennoch gültig.
Zu den Pflichten der Börsesensale gehört auch die Beurkundung der vermittelten Geschäfte, damit Abschluß und Inhalt jederzeit durch unbedenkliche Urkunden beweisbar sind. Daher müssen sie neben ihrem Auftragsbuch, in dem sie die ihnen erteilten Aufträge in chronologischer Reihenfolge vermerken, auch ein Tagebuch führen, in dem sie alle abgeschlossenen Geschäfte täglich eintragen. Die Partei darf über, für sie, vermittelte Geschäfte einen beglaubigten Auszug aus dem Tagebuch verlangen. Dritten Personen darf ohne Zustimmung der Parteien nur über amtlichen Auftrag Einsicht gegeben werden. Weiters kann der Börsekommissar in Ausübung der Börsenaufsicht sowie der Börsepräsident in Ausübung der Handelsaufsicht in die Bücher Einsicht nehmen. Wie die Vorlage von Handelsbüchern, so kann auch die Vorlage des Tagebuches zur Einsichtnahme im Laufe eines Rechtsstreites vom Gericht angeordnet werden. Die Bücher der Sensale werden automationsunterstützt hergestellt.
Weiters haben die Börsesensale über die Geschäftsabschlüsse jeder Partei eine Schlußnote zu übermitteln. Auch diese werden automationsunterstützt hergestellt. War der Sensal berechtigt, den Namen des Vertragspartners nicht zu nennen, so wird dieser auch in der Schlußnote nicht genannt. Wie bereits ausgeführt, ist dies an der Wiener Wertpapierbörse gegenwärtig die Regel.
Die Gültigkeit der von den Börsesensalen vermittelten Geschäfte ist von der Eintragung in das Tagebuch und der Aushändigung der Schlußnoten unabhängig. Diese dienen nur Beweiszwecken.
Börsesensale werden von der Wiener Börsekammer nach Bedarf ernannt. Eine bestimmte Zahl ist nicht festgelegt. Zur Zeit sind an der Wiener Wertpapierbörse sieben Sensale amtlich bestellt und tätig. Jeder von ihnen übt die Vermittlungstätigkeit und die Feststellung der amtlichen Kurse für eine bestimmte Gruppe von Wertpapieren aus. An der Warenbörse sind zur Zeit zwei Sensale bestellt, die Kaufleute der Holz- und Lebensmittelbranche sind.
Voraussetzung für die Erlangung einer Sensalenstelle ist unter anderem die österreichische Staatsbürgerschaft, die Vollendung des 24. Lebensjahres und die erfolgreiche Ablegung der Sensalenprüfung vor der Prüfungskommission der Börse. Sensale der Wertpapierbörse müssen weiters eine fünfjährige qualifizierte Tätigkeit bei einem Freien Makler oder im Wertpapierbereich einer Bank nachweisen oder drei Jahre Sensalengehilfe gewesen sein. Das Amt eines Börsesensales wird öffentlich ausgeschrieben. Die Ernennung des Sensales durch Wahl in der Vollversammlung der Börsekammer bedarf der Bestätigung durch den Landeshauptmann von Wien. Er darf sein Amt bis Ende jenes Jahres ausüben, in dem er sein 65. Lebensjahr vollendet. Eine Verlängerung um bis zu fünf Jahre ist möglich.
Die Tätigkeit der Sensale wird durch den Börsepräsidenten überwacht. Dieser ist auch berechtigt, in deren Bücher Einsicht zu nehmen, um zu überprüfen ob sie bei ihrer Geschäftsvermittlung unparteiisch und den gesetzlichen Vorschriften entsprechend vorgegangen sind. Pflichtverletzungen sind Verwaltungsübertretungen. Die Vollversammlung kann den Sensale über dies mit dem Verbot der Amtsausübung (bis zu einem Jahr) oder der Funktionsenthebung bestrafen. Die vorläufige Suspendierung steht dem Präsidenten zu.
(Partly Assisted Trading System = PATS)
PATS ermöglicht allen Börsemitgliedern, ihre Orders direkt auf elektronischem Weg an die Vermittler zu übertragen. Gleichzeitig wird den Vermittlern ein Orderbuch automatisch erstellt, Unterstützung bei der Kursbildung gewährt und für die einzelnen Teilnehmer werden zusätzlich umfangreiche Informationsmöglichkeiten bereitgestellt. Überdies stellt PATS eine elektronische Verbindung zum bereits seit 1978 eingerichteten automatisierten Abwicklungssystem PICS (Price Indication and Clearing System) dar. PATS wurde am 2. November 1989 in Betrieb genommen und von der Österreichischen Kontrollbank AG (OeKB) entwickelt.
PATS umfaßt folgende vier Segmente:
., Order-Routing,
., Elektronisches Orderbuch,
., Informationsteil,
., Verbindung zu PICS (Price Indication and Clearing System).
zu :
Darunter versteht man das elektronische Hinleiten der Orders vom Börsemitglied zum Börsecomputer.
Durch PATS werden die Teilnehmer in den Bundesländern durch Fern (Remote)-Verbindungen direkt in das Börsegeschehen miteinbezogen. Die Börsemitglieder sind zur Teilnahme am PATS-System verpflichtet.
zu :
Die in der PATS-Datenbank gespeicherten Orders werden durch das System so aufbereitet, daß den Sensalen Hilfestellung bei der Kursbildung und dem Arrangieren der Geschäfte gegeben wird.
zu :
Die Börsehändler (Banken, Makler) erhalten durch PATS folgende Informationen:
) On-line Information während der Börsezeit durch Benutzung der
Auskunftsschirme betreffend
- Kurse,
- eigene Orderlage,
- Ankündigungen,
- Kundmachungen
) Batch-Übermittlung der Ausführungsdaten nach Börsenende. Dadurch sind die
Banken in der Lage, ihre Abrechnungen vollautomatisch abzuwickeln.
ad 4. Verbindung zu PICS (Price Indication and Clearing System)
Das System PATS stellt eine vollautomatische Verbindung zu dem seit 1978 installierten Abwicklungssystem PICS her. Diese Anschlußautomation ermöglicht die vollautomatische Übertragung von
) Kursdaten, welche via PICS auf Monitoren am Floor sowie über Datenstrom
an Börseteilnehmer, Medien und Information Vendors (Reuters, APA,
Telekurs, Telerate, ADP Financial Information, Extel Financial Ltd.,
Bloomberg Financial, Datastream) verbreitet werden;
) Geschäftsdaten, welche zusammen mit den Kursdaten die Grundlage für die
Abwicklung der Börsegeschäfte im Rahmen des von der OeKB seit 1949
durchgeführten Arrangements bilden.
PATS ist auf die Bewältigung großer Ordermengen ausgelegt. Derzeit werden rund 12000 Orders pro Tag durchgeführt. Größere Ordermengen könnten ohne nennenswerte Probleme bewältigt werden.
., Herausgeber des Aktienindex (WBK-lndex) ist die Wiener Börsekammer. Er
beeinhaltet alle Aktien des Amtlichen Handels.
., Es wird die Indexformel von Paasche verwendet. Die Gewichtung erfolgt nach
dem Grundkapital.
I=((P1xQ1)/(P0xQ1))x100
P1 = Kurs der Aktie im jeweiligen Berechnungszeitpunkt;
Q1 = Notiertes Aktienkapital;
P0 = Kurs der Aktie am Basistag;
., Die Indexformel gewährleistet, daß jeder einzelne Kurs den Gesamtindex in dem
Verhältnis beeinflußt, das dem an der Börse zum Handel zugelassenen Kapital
dieser Gesellschaft entspricht.
., Basis des Index ist der 31. Dezember 1967. Ausgangswert: 100. Der
Gesamtindex wird seit 2. September 1985 börsetäglich im Börsesaal errechnet.
., Der 31. Dezember 1967 wurde deshalb als Basiszeitpunkt herangezogen, da
damals in Österreich die sogenannten 'Wachstumsgesetze' in Kraft getreten sind,
die für den Kapitalmarkt zahlreiche Verbesserungen gebracht haben.
., Zum 31. Dezember 1967 waren von damals 73 notierten Werten 46 zur
Indexberechnung erfaßt.
., Aktualisierungen erfolgen nicht regelmäßig, sondern aus gegebenem Anlaß. Neu
notierte Aktiengesellschaften werden seit 1984 in den Index aufgenommen. So
wurden die Notierungslöschungen der davor liegenden Jahre wieder ausgeglichen.
., Bereinigungen erfolgen im Falle von Kapitalveränderungen (wie z.B.
Kapitalerhöhungen, Kapitalherabsetzungen) und bei Neuaufnahmen in das notierte
Portefeuille. Eine Bereinigung um Dividendenabschläge erfolgt nicht.
., Das Auswahlkriterium für in den Index einzubeziehende Aktien besteht darin, daß
diese im Amtlichen Handel notieren müssen.
., Zum 31. Dezember 1967 betrug der Kurswert des im Index enthaltenen notierten
Kapitals 11.7 Milliarden Schilling gegenüber einem notierten Gesamtportefeuille
von 14,5 Milliarden Schilling. Der Repräsentationsgrad erreichte also rund 80 %.
Im September 1993 entfielen auf die 103 Indexpapiere fast 100 % der
Börsenkapitalisierung und des Umsatzes der amtlich notierten Aktien.
., Bei Aktien mit fortlaufenden Kursen wird der Schlußkurs für die Indexberechnung
verwendet, sonst der Einheitskurs.
., Kommt an einem Handelstag kein Kurs oder keine Taxe zustande, wird der
zuletzt vorgefallene Kurs oder die Taxe der Indexberechnung zugrunde gelegt.
., Neben dem Gesamtindex werden auch Branchenindices berechnet, die bis inkl.
1991 jedes Jahr neu bei 100 begonnen wurden. Seit 1. Jänner 1992 werden die
Branchenindices fortlaufend von der Basiszahl 418,98 (=Stand des
Gesamtmarktindex WBKl vom 30.12.1991) gerechnet. Gleichzeitig wurde eine
Neugliederung vorgenommen. Derzeit werden Indices für folgende Branchen
errechnet: Banken, Versicherungen, Bauindustrie, Baustoffe, Brauereien,
Chemie, Energiewirtschaft, Bergbau und Magnesit, Maschinen - Transportmittel
und Technische Verarbeitungsgüter, Lebensmittel, Papier, Handel und
Dienstleistungen, Konglometate, Immobilien. Bis 1988 wurden die
Branchenindices zu Mitte und Ende des Monats berechnet, seit 1989
börsetäglich.
., Seit 1. Jänner 1988 gibt es einen 'Partizipationsscheinindex', in dem alle an
der Wiener Börse amtlich notierten inländischen Partizipationsscheine gemäß
Kreditwesengesetz und Versicherungsaufsichtsgesetz enthalten sind
(Basiswert 31. Dezember 1987 = 100).
Die Erfüllung der an der Börse geschlossenen Geschäfte erfolgt außerhalb der Börse. Hinsichtlich der Art der Erfüllung unterscheidet man Geschäfte 'per Kassa'' und 'per Arrangement'. Kassageschäfte sind zwischen den Vertragspartnern unmittelbar zu erfüllen. Alle an der Wiener Börse zum Amtlichen Handel oder zum Geregelten Freiverkehr zugelassenen Wertpapiere sind in das Arrangement einbezogen und daher die Geschäfte in der Regel nach den Bestimmungen der Arrangementordnung abzuwickeln. Ausnahmen gelten z.B. für verlosbare Wertpapiere vor dem Verlosungstermin.
Die Durchführung des Arrangements wird vom Arrangementbüro der Österreichischen Kontrollbank AG unter Aufsicht der Börsekammer besorgt. Das Arrangement ist so eingerichtet, daß die Geld- und Wertpapierbewegungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden (Clearing). Dies wird durch Saldierung aller, während einer Arrangementperiode (Geschäftswoche) abgeschlossenen, Geschäfte erreicht. Die zur Abwicklung notwendigen Daten (Wertpapierkategorien, Menge, Kurs und Girokontonummer des Käufers oder Verkäufers) werden vom Arrangementbüro bei jeder Börseversammlung in einer Geschäftswoche (Montag-Freitag) erfaßt. Geschäfte im computerunterstützten Handelssystem PATS werden automatisch an das Abrechnungssystem weitergeleitet.
Am Abrechnungstag (Montag nach der Geschäftswoche) werden den Arrangementteilnehmern die Abrechnungsnoten und Listen über die abgeschlossenen Geschäfte zur Kontrolle übersandt, aus denen die Salden der einzelnen Wertpapierkategorien zu ersehen sind, die die Teilnehmer aus dem Arrangement zu erhalten oder in das Arrangement zu liefern haben.
Am Einreichungstag (=Liefertag; Freitag nach der Geschäftswoche) erfolgt die Lieferung in das Arrangement. In der Regel werden keine effektiven Stücke geliefert ('papierlose' Erfüllung), sondern auf Grund der Lieferlisten Abbuchungen vom Wertpapiersammelbankdepot des Arrangementteilnehmers vorgenommen.
Die Österreichische Kontrollbank AG, die das Arrangement besorgt, ist zugleich auch die Wertpapiersammelbank für Österreich. Am Einreichungstag ist auch die Liste der aus dem Arrangement zu übernehmenden Stücke einzureichen. Auch die Übernahme erfolgt in der Regel durch Zuschreibung zum Wertpapiersammeldepot des Arrangementteilnehmers. Die Ausfolgung effektiver Stücke muß ausdrücklich verlangt werden. Die Ausfolgung sowie die Ab- und Zuschreibung auf den Wertpapiersammeldepots erfolgt am Kassatag (zweiter Montag nach der Geschäftswoche). An diesem Tag werden auch die Girokonten der Arrangementteilnehmer mit dem in der Abrechnungsnote ausgewiesenen Saldo erkannt oder belastet. Die technische Abwicklung des Arrangements benötigt daher die Zeit von längstens zwei Wochen und wird heute mittels elektronischer Datenverarbeitung durchgeführt.
Die Erfüllung der Arrangementgeschäfte ist durch die Arrangementkaution der Teilnehmer sichergestellt.
Die Wertpapierbörse unterliegt der Aufsicht des Bundesministers für Finanzen, die Warenbörse der Aufsicht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten. Sie haben die Einhaltung der für Börsen geltenden Rechtsvorschriften zu überwachen. Sie können bei Rechtsverletzungen von Organen der Börsekammer unter Androhung von Zwangsstrafen verlangen, daß der rechtmäßige Zustand hergestellt wird. Bei Gefahr in Verzug oder wenn einem Auftrag nicht entsprochen wird, können sie
) selbsttätig werden,
) Mitglieder der Börsekammer bei beharrlichen Pflichtverletzungen entheben und
die Leitung der Börse vorübergehend fachlich geeigneten Aufsichtspersonen
übertragen,
) die Börse vorübergehend oder dauernd schließen.
Für die Ausübung der Aufsicht wird je ein Börsekommissar sowie mehrere Stellvertreter bestellt. Sie können an allen Sitzungen der Börsenorgane teilnehmen und haben gegen rechtswidrige Beschlüsse Einspruch zu erheben. Ihnen sind alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
FIBV
Die Wiener Börsekammer ist Gründungsmitglied der Federation Internationale des Bourses de Valeurs (F.l.B.V.), die von den wichtigsten europäischen Wertpapierbörsen im Oktober 1961 ins Leben gerufen wurde. Heute umfaßt die Vereinigung mehr als 30 Börsen oder Börsenvereinigungen in der ganzen Welt. Seit ihrer Gründung hat die Vereinigung regelmäßig Versammlungen, seien es Generalversammlungen, seien es Arbeitsausschüsse, abgehalten, um die wirtschaftlichen, technischen und verwaltungsmäßigen Probleme des Börsewesens zu studieren. Sie hat eine große Anzahl von Dokumenten und Studien auf diesem Gebiet veröffentlicht.
Die Vereinigung hat den Zweck eine engere Zusammenarbeit zwischen den ihr angehörenden Börsen und Börsenvereinigungen zu fördern und damit zu einer besseren Entwicklung der Wertpapiermärkte sowohl im Interesse der Emittenten als auch der Anleger beizutragen; sie arbeitet zu diesem Zweck mit anderen nationalen und internationalen Organisationen zusammen.
Die Vereinigung kennt ordentliche Mitglieder (wobei pro Land nur eine Börse oder eine nationale Börsenvereinigung ordentliches Mitglied sein kann), assoziierte Mitglieder (Mitglieder ohne Stimmrecht) und korrespondierende Mitglieder (Börsen, welche nicht an den eigentlichen Tätigkeiten der Vereinigung teilnehmen, aber die von der Vereinigung veröffentlichten Dokumente erhalten).
Die Generalversammlung ist das Hauptorgan der Vereinigung, in welcher alle wichtigen Entscheidungen gefällt werden.
Der Präsident ist der Sprecher der Vereinigung und für die Durchführung der Beschlüsse der Vereinigung verantwortlich. Im Tumus stellt jeweils ein ordentliches Mitglied für je zwei Jahre eine Person für dieses Amt zur Verfügung.
Das beratende Komitee steht dem Präsidenten zur Seite und ist so zusammengesetzt, daß alle großen Börsenplätze, alle Erdteile und alle Börsentypen, die unter den Mitgliedern der Vereinigung vorkommen, möglichst gleichmäßig vertreten sind.
Der Arbeitsausschuß besteht im wesentlichen aus Vertretern der Börsen, die an den Arbeiten der Vereinigung aktiv teilnehmen wollen. Er verfügt über eine gewisse Anzahl von Unterausschüssen, die sich für bestimmte Arbeitsgebiete spezialisiert haben.
Das Sekretariat, geleitet vom Generalsekretär, ist für die Verwaltungsgeschäfte der Vereinigung verantwortlich.
Adresse:
Federation Internationale
des Bourses de Valeurs
22, Boulevard de Courcelles
f-75017 Paris
Tel : (0033) 140 547 800
Telefax : (0033) 147 549 422
Telex : FIBV 64272F
FBE
Die Wiener Börse ist auch Mitglied der Federation des Bourses Europeenne, der Vereinigung der europäischen Börsen. Dieser Vereinigung gehören die Börsen oder Börsenvereinigungen der zwölf Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft als Mitglieder, sowie weitere Börsen von Staaten der Europäischen Freihandelszone als Mitglieder an. Sie hat die selben Organe wie die FIBV (außer dem Beratenden Komitee). Sitz der Vereinigung ist Brüssel.
Adresse:
Federation des Bourses
Europeenne
Rue du Midi 2
5ieme Etage B
B-1000 Bruxelles
Tel : (00322) 511 83 35
Telefax : (00322) 512 49 05
Für die Durchführung von Börsegeschäften für Kunden berechnen die Banken Spesen, die im allgemeinen betragen:
für Anleihen 0,75 % vom Kurswert mindestens ÖS 200,-
für Aktien 0,25 % vom Kurswert mindestens ÖS 300,-
für Investmentzertifikate 0,75 % vom Kurswert mindestens ÖS 200,-
Gesetzliche Tarife oder Vereinbarungen für diese Spesen gibt es nicht. Diese Spesen enthalten auch die Börsenumsatzsteuer und eine allfällige Vermittlungsprovision des Vermittlers an der Börse (Maklergebühr, Courtage).
Die Börsenumsatzsteuer fällt auch an, wenn das Geschäft nicht über die Börse ausgeführt wird.
Diese beträgt:
für Staatsanleihen u. dgl. 0,4 % vom Kurswert
für Schuldverschreibungen öffentl. rechtl. Banken 0,6 % vom Kurswert
für sonstige Schuldverschreibungen 1,0 % vom Kurswert
für Investmentzertifikate 1,2 % vom Kurswert
für Aktien etc. 1,5 % vom Kurswert
Für Geschäfte zwischen Wertpapierhändlern gelten nur die halben Steuersätze.
Die Maklergebühr (Courtage) für die an der Wiener Wertpapierbörse bestellten Sensale, wurde amtlich wie folgt festgesetzt:
., Aktien u. dgl.:
Kurswert % Mindestgebühr
bis ÖS 1,000.000,- 0,18 ÖS 60,-
bis ÖS 5,000.000.- 0,14 ÖS 1800,-
über ÖS 5.000.000.- 0,08 ÖS 7000,-
., Rentenwerte:
Nominalwert % Mindestgebühr
bis ÖS 500.000,- 0,150 ÖS 60,-
bis ÖS 1,000.000,- 0,100 ÖS 750,-
bis ÖS 5,000.000,- 0,070 ÖS 1000,-
bis ÖS 10,000.000,- 0,050 ÖS 3500,-
bis ÖS 20,000.000,- 0,040 ÖS 5000,-
über ÖS 20.000.000.- 0,015 ÖS 8000,-
Dieselben Mäklergebühren werden vielfach auch von den Freien Maklern der Wiener Börse verrechnet. Sie sind für diese jedoch nicht amtlich festgesetzt.
Im Jahre 1987 hat die Wiener Börsekammer Insiderregeln erarbeitet und in Kraft gesetzt, die auf der freiwilligen Unterwerfung der in Frage kommenden Personen beruhten und bei Verstößen Konventionalstrafen vorsahen. Das Börsegesetz 1989 sah vor, daß sich die Mitglieder, Besucher und Sensale der Wiener Wertpapierbörse Insiderregeln der Wiener Börsekammer zu unterwerfen haben und auch Emittenten sowie deren Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder verpflichtet seien, einen Konventionalstrafvertrag mit der Börsekammer zu schließen. Erst die Börsegesetznovelle 1993 brachte ein strafrechtliches Verbot für den Mißbrauch von Insiderinformationen und setzte die EG-Richtlinie 1989/592 vom 11. November 1989 zur Hintanhaltung von Insidergeschäften in der österreichischen Rechtsordnung um.
Nach dem erfaßten Personenkreis unterscheidet man Primärinsider und Sekundärinsider. Primärinsider ist jeder, der auf Grund seines Berufes oder Beschäftigung, seiner Aufgaben oder seiner Beteiligung am Kapital des Emittenten Zugang zu Insiderinformationen hat. Damit sind nicht nur Mitglieder des Vorstandes und Aufsichtsrates, sondern auch sonstige Angestellte, aber auch Berater wie Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte etc. sowie Großaktionäre erfaßt. Sekundärinsider erhalten ihre Informationen von Primärinsidern. Sekundärinsider kann jeder sein.
Solche sind bestimmte vertrauliche Tatsachen im Zusammenhang mit Wertpapieren oder Emittenten, die geeignet sind, den Kurs erheblich zu beeinflussen, wenn sie in der Öffentlichkeit bekannt würden. Gerüchte oder Meinungen gelten nicht als bestimmte Tatsachen. Wer als Finanzanalyst aus allgemein bekannten Daten Schlußfolgerungen zieht, verfügt nicht über Insiderinformationen. Typische Insiderinformationen, die sich auf Emittenten beziehen sind z.B. Übernahme- und Abfindungsangebote, Anderung des Dividendensatzes, wesentliche Ertrags- oder Liquiditätsveränderungen etc. Informationen, die sich auf Wertpapiere beziehen sind zum Beispiel noch nicht ausführte Großorders, die durch 'Vorlaufen' (front-running) ausgenutzt werden könnten.
Primärinsider machen sich strafbar, wenn sie ihr Wissen durch ein Wertpapiergeschäft, durch eine Wertpapiergeschäftsempfehlung oder Informationsweitergabe (Tip) vorsätzlich ausnutzen, Sekundärinsider nur durch wissentliches Ausnutzen durch ein Wertpapiergeschäft. Unter Ausnutzen versteht man die Absicht, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, und zwar durch Kursgewinne oder das Vermeiden von Kursverlusten durch rechtzeitigen Verkauf. Es ist für die Vollendung der Straftat nicht erforderlich, daß der Vermögensvorteil wirklich erzielt wurde. Erfolgt die Informationsweitergabe im Rahmen der Berufs- oder Funktionsausübung, so ist sie erlaubt (z.B. Bericht des Vorstandes in der Aufsichtsratssitzung). Empfehlungen und Informationsweitergaben durch einen Sekundärinsider sind ebenfalls straflos. Auch muß dieser wissen, daß er eine Insiderinformation erhalten hat. Es genügt nicht, daß er dies nur ernstlich für möglich halt.
Insidergeschäfte oder -informationen müssen sich auf folgende Wertpapiere oder derivative Produkte beziehen: Aktien, Schuldverschreibungen und dergleichen, soweit es sich um vertretbare Wertpapiere handelt, Bezugsrechte und Optionsscheine auf diese Papiere, Finanzterminkontrakte und Optionen auf diese Papiere sowie auf Indices, die aus diesen Papieren bestehen. Die Wertpapiere müssen zum Amtlichen Handel oder Geregelten Freiverkehr zugelassen sein, es ist aber auch das Ausnutzen einer Information durch ein außerbörsliches Geschäft strafbar, soweit es im Berufshandel stattfindet und kein Privatgeschäft ist. Die Papiere des Sonstigen Wertpapierhandels an der Börse sind nicht erfaßt. Wertpapiere, die an einer Börse oder ähnlichem Wertpapiermarkt des Auslandes zugelassen sind jedoch sehr wohl.
Primärinsider können mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder Geldstrafen bis zu 360 Tagessätzen bestraft werden, Sekundärinsider mit bis zu einem Jahr oder 360 Tagessätzen.
Im Zuge einer strafgerichtlichen Untersuchung sind weitreichende Zwangsmaßnahmen auf richterlichen Befehl möglich, wie Hausdurchsuchungen, Durchsuchung und Beschlagnahme von Papieren, Beschlagnahme und Öffnung von Briefen, Überwachung des Fernmeldeverkehrs etc. Insbesondere kann jedoch auch das Bankgeheimnis durchbrochen werden. Die Börsekammer hat technische Einrichtungen für die laufende Handelsüberwachung vorzusehen, um Insidergeschäfte aufzudecken.
Um den Mißbrauch von Insiderinformationen zu verhindern, sieht die Börsegesetznovelle 1993 neben dem Straftatbestand weitere Maßnahmen vor. So sind die Emittenten deren Wertpapiere im Amtlichen Handel oder Geregelten Freiverkehr gehandelt werden, verpflichtet, das Publikum und die Börsekammer über kursrelevante Tatsachen unverzüglich zu informieren. Dadurch sollen Informationsvorsprünge möglichst vermieden werden.
Emittenten sind überdies verpflichtet zur Hintanhaltung von Insidergeschäften
) Ihre Dienstnehmer und sonst für sie tätigen Personen über das Verbot des
Mißbrauches von Insiderinformationen zu unterrichten;
) interne Richtlinien für die Informationsweitergabe im Unternehmen zu erlassen
und deren Einhaltung zu überwachen;
) geeignete organisatorische Maßnahmen zur Verhinderung einer
mißbräuchlichen Verwendung oder Weitergabe von Insiderinformationen zu
treffen.
Diese Maßnahmen sind auch zu treffen von:
) Mitgliedern der Wertpapierbörse (Banken und Freie Makler)
) Sensalen, die Sensalengehilfen beschäftigen
) Banken
) Versicherungsunternehmen
) Pensionskassen
Die Zulassung von Wertpapieren wurde durch das Börsegesetz 1989 in Österreich erstmals gesetzlich geregelt. Die Wertpapierzulassung zum Amtlichen Handel baut dabei auf folgenden den Richtlinien der EG auf:
., Richtlinie des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierung der Bedingungen für
die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer
Wertpapierbörse in der Fassung der Richtlinie vom 3. März 1982
., Richtlinie des Rates vom 17. März 1980 zur Koordinierung der Beedingungen für
die Erstellung, die Kontrolle und die Verbreitung des Prospektes, der für die
Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Börse zu
veröffentlichen ist in der Fassung der Richtlinie vom 22. Juni 1987
., Richtlinie des Rates vom 15. Februar 1982 über die regelmäßige Information, die
von Gesellschaften zu veröffentlichen sind, deren Aktien zur amtlichen Notierung
an einer Wertpapierbörse zugelassen sind.
Auf Grund des Börsegesetzes 1989 ist nunmehr die Börsekammer, und zwar deren Exekutivausschuß, für die Zulassung von Wertpapieren zum Börsehandel und den Widerruf der Zulassung zuständig. Gegen die Versagung der Zulassung von Wertpapieren sowie gegen den Widerruf der Zulassung ist die Berufung an einen beim Bundesminister für Finanzen eingerichteten Berufungssenat zulässig, gegen dessen Entscheidung die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Gegen die Zulassungsbewilligung steht dem Börsekommissar, der die Börsenaufsicht ausübt, ein Einspruchsrecht zu. Dadurch wird die Wirksamkeit des Beschlusses aufgeschoben, bis der Bundesminister für Finanzen darüber entscheidet.
Auf Grund des BörseG.1989 gibt es an Wertpapierbörsen folgende drei Arten des Handels:
., der Amtliche Handel
., der Geregelte Freiverkehr
., der Sonstige Wertpapierhandel
zu :
Dieser ist der Hauptmarkt der Börse. Die Voraussetzungen für Wertpapiere, die zu dieser Handelsart zugelassen werden, sind am strengsten. Amtlich werden die umsatzstärksten Aktien, Optionsscheine und fast alle Rentenwerte gehandelt. Die amtlichen Vermittler der Wiener Börse dürfen nur in amtlich notierten Papieren vermitteln. Die Preise der von ihnen vermittelten Geschäfte sind die amtlichen Kurse, für die Geschäfte gelten die Wertpapierbedingungen.
zu :
Dieser ist der Zweitmarkt der Börse. Die Zulassungsvoraussetzungen sind geringer als für den Amtlichen Handel. Er soll dem Handel mit Aktien von Gesellschaften mit geringerem Streubesitz dienen. Auch neu gegründete Gesellschaften sollen ihre Aktien zuerst im Geregelten Freiverkehr handeln lassen und erst später im Amtlichen Handel. Derzeit werden vor allem Aktien, Gewinnscheine und Optionsscheine in diesem Marktsegment gehandelt. Die Geschäfte werden durch Freie Makler, die nicht amtlichen Vermittler der Wiener Börse, vermittelt. Diese stellen auch die Kurse fest. Für die Geschäfte gelten die Wertpapierbedingungen, daher auch der Name 'Geregelter Freiverkehr'.
zu :
Wertpapiere, die die Zulassungsanforderungen für den Amtlichen Handel oder den Geregelten Freiverkehr nicht erfüllen, dürfen dennoch an der Wiener Börse im Sonstigen Wertpapierhandel gehandelt werden. Lediglich die Druckausstattung der Wertpapierurkunden muß den Richtlinien der Börsekammer entsprechen. Soweit das Kapitalmarktgesetz einen Prospekt vorschreibt, ist dieser vorzulegen. Der beabsichtigte Handel muß von zwei Börsemitgliedern dem Exekutivausschuß lediglich gemeldet werden. Eine Zulassung erfolgt nicht.
Die Preisfeststellung erfolgt durch Freie Makler. Vorbild des Sonstigen Wertpapierhandels war der Freiverkehr an den deutschen Börsen. Im Sonstigen Wertpapierhandel werden in- und ausländische Aktien, Optionsscheine, Gewinnscheine sowie Rentenwerte gehandelt.
Anträge auf Zulassung von Wertpapieren zum Amtlichen Handel und Geregelten Freiverkehr müssen vom Emittenten schriftlich an den Exekutivausschuß der Börse gerichtet werden. Sie müssen von einer Bank, die Börsemitglied ist, unterfertigt werden.
Der Antrag muß enthalten:
) Firma des Emittenten;
) Sitz des Emittenten;
) Name des Wertpapiers;
) Stückelung;
) Gesamtnominale;
) bei nennwertlosen Papieren voraussichtlicher Gesamtkurswert und
Gesamtstückzahl,;
) Angabe der Börsen, bei denen ebenfalls ein Zulassungsantrag gestellt wurde
oder wird.
Dem Antrag sind anzuschließen:
) Firmenbuchauszug;
) Satzung;
) allfällige staatliche Bewilligungsurkunde für die Gründung des Emittenten, die
Ausübung seiner Geschäftstätigkeit oder Ausgabe der Wertpapiere;
) allfälliger sonstiger Nachweis der Rechtsgrundlage für die Ausgabe der
Wertpapiere;
) allfälliger Nachweis über die Eintragung der Emission in einem Register;
) die erforderlichen Jahresabschlüsse und Geschäftsberichte (siehe Punkt e)
und d) Zulassungsvoraussetzungen für den Amtlichen Handel und den
Geregelten Freiverkehr);
) den unterfertigten Prospekt in zweifacher Ausfertigung;
) je zwei Musterdrucke der Wertpapierurkunden oder die Erklärung des
Emittenten über die Hinterlegung einer Sammelurkunde bei der
Wertpapiersammelbank.
Bei Anträgen, mit denen erstmals Beteiligungspapiere (Aktien, Partizipationsscheine, Investmentzertifikate, etc.) zum Amtlichen Handel oder Geregelten Freiverkehr eingeführt werden sollen, ist vor der Ausschußsitzung ein Analysegespräch mit dem Emittenten und der einführenden Bank abzuhalten. Gegenstand des Gespräches ist die Frage, ob der Prospekt und die sonstigen Unterlagen dem Börsegesetz entsprechen und sie es dem Anleger ermöglichen, sich ein Urteil über die Wertpapiere, die Vermögens- und Ertragslage des Emittenten und dessen Entwicklungsaussichten sowie über dessen rechtliche Stellung zu bilden. Die Angemessenheit des Ausgabepreises wird hingegen nicht überprüft.
Die Mitglieder des Exekutivausschusses und der Börsekommissar können am Analysegespräch persönlich teilnehmen oder dazu einen Vertreter ihrer Wahl entsenden. Die beim Gespräch zu stellenden Fragen müssen vorher übersendet werden. Das Gespräch wird vom Generalsekretär geleitet. Dieser berichtet über das Gespräch im Ausschuß.
Weiters ist der Emittent verpflichtet, dem Exekutivausschuß sämtliche Auskünfte zu erteilen, die zur Feststellung der Zulassungsvoraussetzungen erforderlich sind.
., rechtmäßige Gründung und Satzung des Emittenten;
., Bei Erstzulassung ein Gesamtnominale für Aktien von mindestens ÖS 40 Mio.,
für andere Wertpapiere von mindestens ÖS 10 Mio.;
., Bei Erstzulassung von nennwertlosen Wertpapieren muß der voraussichtliche
Kurswert mindestens ÖS 10 Mio. und die Gesamtstückzahl mindestens 20.000
betragen;
., Bei Erstzulassung von stimmrechtslosen Vorzugsaktien österreichischer
Gesellschaften, deren Stammaktien nicht zugelassen sind, muß das
Gesamtnominale mindestens ÖS 15 Mio. betragen;
., Die Gesellschaft, deren Aktien erstmals zugelassen werden, muß mindestens
drei Jahre bestehen und über drei volle Geschäftsjahre Jahresabschlüsse
veröffentlicht haben. Bei Gesamtrechtsnachfolge und Bilanzkontinuitat ist die
Bestandszeit der Vorgängerin anzurechnen. Von der dreijährigen Bestandszeit
kann abgesehen werden, wenn dies im Interesse des Emittenten und des
Publikums liegt, und wenn Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, deren
Informationsgehalt dem der letzten drei Jahresabschlüsse gleichwertig ist. Die
Gesellschaft muß jedoch jedenfalls den Jahresabschluß für ein volles
Geschäftsjahr veröffentlicht haben;
., Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften für die Wertpapiere und deren
Ausgabe, allenfalls erfolgte Registereintragung;
., Die Wertpapiere müssen frei handelbar sein. Erwerbsgenehmigungen dürfen
den Börsehandel nicht beeinträchtigen. Die Stückelung der Wertpapiere,
insbesondere die kleinste, muß den Bedürfnissen des Börsehandels
entsprechen;
Der Exekutivausschuß vom 12. Juni 1990 hat zur Mindeststückelung von
Rentenwerten als Richtlinie beschlossen, daß die vom Gesetz geforderte
Mindeststückelung vorliegt, wenn mindestens 1000 Stück (bei verschiedenen
Stückeinheiten von der kleinsten Stückelung) emittiert wurden.
., Der Antrag muß sich auf alle Aktien derselben Gattung oder Wertpapiere
desselben Emittenten beziehen;
., Bei der Erstzulassung müssen die Wertpapiere entsprechend gestreut sein oder
anläßlich der Zulassung werden. Bei Aktien ist eine Streuung von mindestens
ÖS 10 Mio. Nominale erforderlich. Bei nennwertlosen Aktien muß die Streuung
mindestens 10000 Stück betragen. Der Exekutivausschuß vom 12. Juni 1990 hat
hinsichtlich der Streuung festverzinslicher Wertpapiere folgende Richtlinie
beschlossen:
Die vom Gesetz geforderte Mindeststreuung liegt vor, wenn bei Kassenobligationen von Banken mit Sonderaufgaben 10 bis 20 Zeichner, bei Kassenobligationen anderer Banken mit einer Mindeststückelung von ÖS 100000 fünfzig Zeichner, bei Kassenobligationen mit einer Stückelung unter ÖS 100000 hundert Zeichner bei allen übrigen Rentenwerten außer Kassenobligalionen 100 Zeichner Wertpapiere der Emission im Zeitpunkt der Zulassung erworben haben. Soll die Streuung über die Einführung an der Börse erreicht werden, muß diese binnen drei Monaten erreicht sein.
., Bei Wertpapieren mit Umtausch- oder Bezugsrechten auf andere Wertpapiere,
z.B. Wandelanleihen oder Optionsscheine, müssen auch die Wertpapiere auf die
sich das Umtausch- oder Bezugsrecht bezieht, spätestens gleichzeitig zum
Börsehandel zugelassen werden. Ausnahmen sind möglich, insbesondere, wenn
diese Wertpapiere an einer international anerkannten Börse notieren und ein
entsprechender Prospekt veröffentlicht wird.
Lauten Optionsscheine auf Wertpapiere, die an der Wiener Börse notiert sind,
muß der Umsatz in den unterliegenden Wertpapieren im Durchschnitt der letzten
zwölf Monate entweder so hoch sein, wie er für die Überstellung von
Wertpapieren in den Fließhandel verlangt wird oder wertmäßig ÖS 3 Mio / Tag
erreichen.
Besondere Bestimmungen gelten für Daueremissionen, für Schuldverschreibungen einer internationalen Organisation mit öffentlich-rechtlicher Rechtspersönlichkeit sowie Zertifikate, die Aktien vertreten Schuldverschreibungen des Bundes, der Länder und Staaten des EWR sind ohne Zulassungsvoraussetzungen zum Amtlichen Handel zugelassen.
Bei ausländischen Emissionen ist die Börsenotierung im Sitzstaat grundsätzlich Zulassungsvoraussetzung. Diese darf nicht aus Gründen des Anlegerschutzes unterblieben sein. Aus Gründen des Anlegerschutzes kann die Zulassung auch mit besonderen Auflagen versehen werden.
) Rechtmäßige Gründung und Satzung des Emittenten;
) Bei der Erstzulassung ein Gesamtnominale bei allen Arten von Wertpapieren von
mindestens ÖS 10 Mio.;
) Bei der Erstzulassung von nennwertlosen Wertpapieren muß der voraussichtliche
Kurswert mindestens ÖS 5 Mio. und die Gesamtstückzahl mindestens 10000
betragen;
) Die Gesellschaft, deren Aktien erstmals zugelassen werden, muß mindestens 1
Jahr bestehen und mindestens über ein volles Geschäftsjahr einen
Jahresabschluß veröffentlicht haben. Bei Gesamtrechtsnachfolge und
Bilanzkontinuität, ist die Bestandszeit der Vorgängerin anzurechnen. Ausnahmen
wie beim Amtlichen Handel sind nicht vorgesehen;
) Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften für die Wertpapiere und deren Ausgabe,
allenfalls auch erfolgte Registereintragung;
) Die Wertpapiere müssen bei der Erstzulassung entsprechend gestreut sein oder
werden. Bei Aktien ist eine Streuung von mindestens ÖS 2,5 Mio. Nominale
erforderlich. Bei nennwertlosen Aktien, muß die Streuung mindestens 2.500 Stück
betragen. Die Richtlinien über die Mindeststreuung von Rentenwerten gelten auch
für den Geregelten Freiverkehr. Soll die Streuung über die Einführung an der
Börse erreicht werden, muß diese binnen drei Monaten erreicht sein;
) Die Wertpapiere müssen frei handelbar sein. Erwerbsgenehmigungen dürfen den
Börsehandel nicht beeinträchtigen. Die Stückelung muß den Bedürfnissen des
Bösehandels entsprechen;
Die Richtlinie für die Stückelung von Rentenwerten gilt auch für den Geregelten
Freiverkehr.
) Der Antrag muß sich auf alle Aktien der selben Gattung oder Wertpapiere
derselben Emission beziehen;
) Bei Wertpapieren mit Umtausch- oder Bezugsrecht auf andere Wertpapiere (z.B.
Wandelanleihen oder Optionsscheine) müssen auch die Wertpapiere, auf die sich
das Umtausch- oder Bezugsrecht bezieht, spätestens gleichzeitig zum
Börsehandel zugelassen werden. Ausnahmen sind möglich, insbesondere, wenn
diese Wertpapiere an einer international anerkannten Börse notieren und ein
entsprechender Prospekt veröffentlicht wird.
Lauten Optionsscheine auf Wertpapiere, die an der Wiener Börse notiert sind, muß der Umsatz in den unterliegenden Wertpapieren im Durchschnitt der Ietzten zwölf Monate entweder so hoch sein, wie er für die Überstellung von Wertpapieren in den Fließhandel verlangt wird oder wertmäßig ÖS 3 Mio./Tag erreichen.
Besondere Bestimmungen gelten für Daueremissionen, sowie Zertifikate, die Aktien vertreten. Bei ausländischen Emissionen ist die Börsenotierung im Sitzstaat grundsätzlich Zulassungsvoraussetzung. Diese darf nicht aus Gründen des Anlegerschutzes unterblieben sein. Aus Gründen des Anlegerschutzes kann die Zulassung mit besonderen Auflagen versehen werden.
Das Börsegesetz räumt der Börsekammer eine Verordnungsermächtigung zur Erlassung von Richtlinien für den Druck von Wertpapieren ein. Diese müssen den jeweiligen Stand der Technik berücksichtigen. Der Wertpapierdruck muß fälschungssicher sein und die leichte und sichere Abwicklung des Wertpapierverkehrs ermöglichen. Die Börsekammer hat Richtlinien für den Neudruck von Wertpapieren erlassen (Normen und Usancen der Wiener Börse, Heft 3 b). Diese umfassen die drucktechnischen und die banktechnischen Vorschriften. Die Überprüfung erfolgt durch die Wiener Börsekammer. Diese veröffentlicht auch eine Liste der anerkannten Wertpapierdruckereien. Diese müssen über entsprechende drucktechnische Einrichtungen, sowie ausreichende Sicherheitsvorkehrungen verfügen.
Bei ausländischen Emittenten genügt es, daß deren Wertpapiere den Vorschriften des Sitzstaates entsprechen Das Publikum ist jedoch davon zu unterrichten, daß die Ausstattung von den österreichischen Vorschriften abweicht, Dadurch darf der Anlegerschutz nicht verletzt werden. Weiters muß Gegenseitigkeit bei der Zulassung von österreichischen Wertpapieren im Sitzstaat hinsichtlich der Druckausstattung bestehen.
Der Prospekt ist in deutscher Sprache zu erstellen. Er hat jene Angaben zu enthalten, die es dem Anleger ermöglichen sich ein Urteil über
) die Wertpapiere,
) die Vermögenslage,
) die Ertragslage,
) die Entwicklungsaussichten,
) die rechtliche Stellung,
des Emittenten zu bilden. Dafür hat der Prospekt jene Angaben zu enthalten, die in den Schemata A bis J des Börsegesetzes für den Amtlichen Handel und in den Anlagen A bis C des Kapitalmarktgesetzes für den Geregelten Freiverkehr enthalten sind. Der Prospekt muß auch die Gliederung der Schemata einhalten. Läßt sich das zur Zulassung beantragte Wertpapier nicht in eines der Schemata einordnen, so hat der Exekutivausschuß die Angaben für den Prospekt und sein Schema zu bestimmen. Solche Schemata wurden für Partizipationsscheine u.a. sowie Optionsscheine erlassen. Prospekte über Wertpapiere, die Rechte aus der Veranlagung in Immobilien verbriefen, haben die nach dem Kapitalmarktgesetz (Schema der Anlage D) zusätzlich geforderten Angaben zu enthalten.
Kein Prospekt ist erforderlich für die Börsenzulassung von:
) Schuldverschreibungen des Bundes, der Lande- und von EWR-Staaten
) Aktien aus Kapitalberichtigungen
) Aktien, die zur Ausübung von Umtausch- oder Bezugsrechten ausgegeben
werden, wenn die Aktien des Emittenten bereits zugelassen sind
) Mitarbeiteraktien
) Aktien aus einem Umtausch
) Gratisaktien
Es müssen jedoch bestimmte Angaben veröffentlicht werden. Wurde innerhalb der letzten zwölf Monate ein Prospekt veröffentlicht, kann dieser als Börsenzulassungsprospekt verwendet werden. Ist seither ein Geschäftsjahr zu Ende gegangen, ist der Prospekt durch den Jahresabschluß samt Jahresbericht zu ergänzen.
Ebenso ist bei wesentlichen Veränderungen eine Ergänzung notwendig
Von der Aufnahme einzelner Angaben im Prospekt kann der Exekutivausschuß befreien, und zwar z.B. wenn die Veröffentlichung dem Emittenten erheblichen Schaden zufügen würde.
Von der Veröffentlichung des gesamten Prospektes kann befreit werden, wenn
) Aktien aus kleinen Kapitalerhöhungen (weniger als 10 % des Grundkapitals)
zusätzlich zugelassen werden sollen und in den letzten drei Jahren ein
Prospekt veröffentlicht wurde;
) Aktien, die gegen Sacheinlagen ausgegeben wurden, zusätzlich zugelassen
werden sollen und in den letzten zwölf Monaten ein Dokument veröffentlicht
wurde, das inhaltlich einem Prospekt entspricht.
In beiden Fallen sind jedoch die Bedingungen der Aktienausgabe zu veröffentlichen. Der Exekutivausschuß überprüft die Gesetzmäßigkeit der Prospekte und entscheidet über Anträge auf Befreiung.
Diese kann erfolgen
) durch Abdruck in einer Zeitung mit Verbreitung in ganz Österreich
) durch kostenlose Zurverfügungstellung einer Broschüre Sitz des Emittenten
oder der Bank, die Zahlstelle ist
Weiters ist im Amtsblatt zur Wiener Zeitung eine Hinweisbekanntmachung darüber zu veröffentlichen, wo der Prospekt veröffentlicht wurde oder erhältlich ist. Für den Geregelten Freiverkehr genügt eine Hinweisbekanntmachung, wo der Prospekt erhältlich ist oder wo Einsicht genommen werden kann. Die Hinweisbekanntmachung hat auch den Zulassungsbescheid und Befreiungen anzugeben. Die Veröffentlichung hat spätestens gleichzeitig mit der Bekanntmachung der Aufnahme der Notierung zu erfolgen.
Die wichtigsten sind:
., Die Zulassung neu ausgegebener Aktien zum Börsehandel innerhalb eines
Jahres zu beantragen;
., Eine Wiener Bank als Zahl- und Hinterlegungsstelle aufrecht zu erhalten;
., Maßnahmen zur Hintanhaltung von Insidergeschäften in ihrem Unternehmen zu
treffen;
., Die Veröffentlichung von Jahresabschluß und Geschäftsbericht. Emittenten von
Schuldverschreibungen haben diesen nur der Börsekammer zu übermitteln;
., Den Aktionären und Anleihegläubigern ihre Rechte durch entsprechende
Verständigungen und Veröffentlichungen (Zins- und Dividendenzahlungen) zu
ermöglichen;
., Informationen über neue erhebliche Tatsachen im Tätigkeitsbereich des
Emittenten, die zu einer wesentlichen Anderung des Aktienkurses führen
können, unverzüglich zu veröffentlichen und die Börsekammer zu informieren;
., Gesellschaften. deren Aktien, Partizipationsscheine oder Genußrechte zum
Amtlichen Handel zugelassen sind, haben über die ersten sechs Monate des
Geschäftsjahres einen Zwischenbericht zu veröffentlichen. Dieser muß
zumindest Zahlenangaben über den Betrag der Umsatzerlöse sowie über das
Ergebnis vor oder nach Steuern ausweisen. In den Erläuterungen sind die
Umsatzerlöse allenfalls aufzugliedern und Auftragslage, Entwicklung der Kosten
und Preise, Zahl der Arbeitnehmer, Investitionen sowie Vorgänge von
besonderer Bedeutung für das Ergebnis der Geschäftstätigkeit darzustellen. Auf
Antrag kann der Exekutivausschuß von der Aufnahme einzelner Angaben
befreien;
Die Zulassung ist vom Exekutivausschuß zu widerrufen, wenn
) die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen (z.B. entsprechender
Streubesitz) wegfallen;
) die Zulassung erschlichen wurde;
) der Emittent seine laufenden Pflichten (z B Informationspflicht) verletzt;
Im Geregelten Freiverkehr gibt es für die Emittenten die Möglichkeit, Wertpapiere vom Börsehandel zurückzuziehen. Dies ist mit mindestens einmonatiger Frist dem Exekutivausschuß anzuzeigen und gleichzeitig in der Wiener Zeitung zu veröffentlichen.
Die Emittenten haben für ihre Wertpapiere im Amtlichen Handel und im Geregelten Freiverkehr eine Zulassungsgebühr, sowie jährlich einen Beitrag zum Börsefonds zu bezahlen. Zulassungsgebühren siehe nächster Abschnitt.
Unternehmen deren Wertpapiere amtlich gehandelt werden;
Der jährliche Börsefondsbeitrag beträgt:
Error! Reference source not found.) für Aktien 4/10 % vom Kurswert
Error! Reference source not found.) bei allen anderen Wertpapieren 1/10 ‰
Error! Reference source not found.) für ein jedes Unternehmen jedoch insgesamt nicht weniger als ÖS 10000.-
und nicht mehr als ÖS 80000.-
Der Betrag wird vom Gesamtkurswert mindestens aber vom Gesamtnennwert bemessen. Unternehmen, deren Wertpapiere im Geregelten Freiverkehr gehandelt werden, haben jeweils die Hälfte der oben angegebenen Beträge zu bezahlen.
Error! Reference source not found.., Schuldverschreibungen
Amtlicher Handel (ÖS) |
Geregelter Freiverkehr (ÖS) |
|
Error! Reference source not found.Error! Reference source not found.) des Bundes und der Bundesländer | ||
mit mehr als fünfjähriger Laufzeit |
200.- |
100.- |
Error! Reference source not found.Error! Reference source not found.) anderer Emittenten | ||
mit höchstens fünfjähriger Laufzeit |
100.- |
50.- |
sonstige mit längerer Laufzeit |
400.- |
200.- |
Mindestgebühr |
10000.- |
5000.- |
Höchstgebühr |
1500000.- |
750000.- |
Anmerkung:
Bei ausländischen Emissionen ausländischer Emittenten und bei Rentenwerten, die nicht im Inland zur Zeichnung aufgelegt wurden, wird der geschätzte inländische Umlaut der Bemessung zugrunde gelegt.
Die Mindestgebühr ist jedoch jedenfalls zu bezahlen
Error! Reference source not found.., Aktien und Partizipationsscheine
Amtlicher Handel (ÖS) |
Geregelter Freiverkehr (ÖS) |
|
Zulassung |
1000.- |
500.- |
Mindestgebühr |
40000.- |
20000.- |
Höchstgebühr |
1500000.- |
750000.- |
Notierungsausdehnung (Lieferbarer-klärung) weiterer Aktien und Partizip.-scheinen | ||
Error! Reference source not found.) mit Prospekt |
750.- |
370.- |
Error! Reference source not found.) ohne Prospekt |
500.- |
250.- |
Mindestgebühr |
10000.- |
5000.- |
Höchstgebühr |
1500000.- |
750000.- |
Die Zulassung in den Geregelten Freiverkehr von Aktien, deren Zulassung zum Amtlichen Handel oder zum Geregelten Freiverkehr widerrufen wurde, ist gebührenfrei, wenn zwischen dem Entfall der Notiz im Amtlichen Handel (Geregelten Freiverkehr) und der Aufnahme der Notiz im Geregelten Freiverkehr nicht mehr als ein Monat verstreicht.
Anmerkung:
Werden die Wertpapiere innerhalb von drei Jahren nach Einbeziehung in den Geregelter Freiverkehr zum Amtlichen Handel zugelassen, wird die bezahlte Zulassungsgebühr für die Einbeziehung in den Geregelten Freiverkehr auf die Zulassungsgebühr für den Amtlichen Handel angerechnet.
Bei ausländischen Gesellschaften wird der geschätzte inländische Umlauf der Bemessung zugrunde gelegt.
Die erstmalige Einführung von Partizipationsscheinen gilt dann, wenn die Aktien der betreffenden Gesellschaft bereits an der Börse notieren, als Notierungsausdehnung.
Die Vorschreibung der Zulassungsgebühren für bedingtes und genehmigtes Kapital erfolgt anläßlich der Lieferbarerklärung nach Maßgabe der für lieferbar erklärten Wertpapiere.
Kapitalanteilscheine, die Anteil am Liquidationserlös geben, sind Partizipationsscheine gleichgestellt, Kapitalanteilscheine ohne solchen Anteil gelten als Gewinnscheine (und fallen unter lit d).
Die Mindestgebühr ist jedoch jedenfalls zu bezahlen.
., Investmentzertifikate
Amtlicher Handel (ÖS) |
Geregelter Freiverkehr (ÖS) |
|
Aktienfonds |
200.- |
100.- |
Rentenfonds |
80.- |
40.- |
gemischte Fonds je nach Anteil der Aktien und Renten bemessen | ||
Mindestgebühr |
10000.- |
5000.- |
Höchstgebühr |
1500000.- |
750000.- |
Anmerkung:
Bargeld und sonstige Zwischenanlagen werden wie Renten bewertet.
Das Fondsvermögen wird auf der Basis der Anzahl der zugelassenen Zertifikate berechnet.
Bei ausländischen Fonds wird der geschätzte inländische Umlauf der Bemessung zugrunde gelegt.
Die Mindestgebühr ist jedoch jedenfalls zu bezahlen.
., Sonstige Wertpapiere
Amtlicher Handel (ÖS) |
Geregelter Freiverkehr (ÖS) |
|
Genußscheine nach dem Beteiligungs- fondsgesetz |
500.- |
250.- |
selbständig gegebene Options- und Gewinnscheine |
400.- |
200.- |
Mindestgebühr |
10000.- |
5000.- |
Höchstgebühr |
1500000.- |
750000.- |
Anmerkung:
Options- und Gewinnscheine, die von Anleihen, für die bereits eine Zulassungsgebühr bezahlt wurde, abgetrennt werden, sind gebührenfrei.
Bei ausländischen Wertpapieren wird der geschätzte inländische Umlauf der Bemessung zugrunde gelegt.
Die Mindestgebühr ist jedoch jedenfalls zu bezahlen.
Durch das Börsegesetz 1989 wurden die Voraussetzungen für die Schaffung eines Marktes für Optionen und Finanzterminkontrakte gelegt. Im November 1989 wurde eine Studiengesellschaft zur Errichtung eines solchen Marktes gegründet und mit den Vorarbeiten betraut. Am 17. September 1990 beauftragte die Vollversammlung der Wiener Börsekammer die ÖTOB AG als zentrale Abwicklungsstelle gemäß §26 (3) Börsegesetz zu fungieren und erteilte gleichzeitig den Auftrag zum Aufbau eines voll computerisierten Handelssystems. Der Marktstart erfolgte am 4. Oktober 1991. Die ÖTOB AG fungiert als Abwicklungsstelle und betreibt das Handelssystem. Es werden Optionen auf Aktien und einen Aktienindex sowie Finanzterminkontrakte auf einen Aktienindex und eine synthetische Anleihe der Republik Österreich gehandelt
., Aktien:
Creditanstalt-Bankverein Vorzugsaktien (CAV), Energieversorgung Niederösterreich (EVN), Österreichische Mineralölverwaltungsgesellschaft (ÖMV), Österreichische Elektrizitatswirtschafts AG (Verbundgesellschaft) (VER), Wienerberger Baustoffindustrie (WIE).
., Austrian Traded Index (ATX):
., Aktienoptionen: Call und Put 'American Style'
., Indexoptionen : Call und Put 'EuropeanStyle'
50 Aktien
ÖS 100,- / ATX - Punkt
9:00 Uhr bis 14:00 Uhr
1, 2 und 3 Monate und bis zum letzten Monat des folgenden Quartals, höchstens aber 6 Monate.
Dritter Freitag des Verfallsmonats; ist dieser ein Feiertag, so fällt der letzte Handelstag auf den letzten davorliegenden Börsetag.
Der auf den letzten Handelstag folgende Börsetag.
Schlußabrechnungstag für Finanzterminkontrakte: Der letzte Handelstag
., Aktienoptionen:
ÖS 10,- oder ein Vielfaches bis ÖS 200,-
ÖS 220,- oder ein höherer durch 20 teilbarer Betrag bis ÖS 1000,-
ÖS 1050,- oder ein höherer durch 50 teilbarer Bezrag bis ÖS 2000,-
ÖS 2.100,- oder ein höherer durch 100 teilbarer Betrag bis ÖS 5000.-
ÖS 5.250,- oder ein höherer durch 250 teilbarer 8etrag bis ÖS 10000,-
ÖS 10.500,- oder ein höherer durch 500 teilbarer Belrag
., Indexorptionen:
20 Indexpunkte (ÖS 2000,-)
., Aktien- und Indexoptionen
von ÖS 0,01.- |
bis |
ÖS 1.- |
ÖS 0,01.- |
|
von ÖS 1,10.- |
bis |
ÖS 50.- |
ÖS 0,10.- |
|
von ÖS 50,50.- |
bis |
ÖS 100.- |
ÖS 0,50.- |
|
von ÖS 101.- |
bis |
ÖS 500.- |
ÖS 1.- |
|
ab ÖS 505.- |
|
ÖS 5.- |
., Index-Finanzterminkontrakte: ÖS 0,10
Synthetische zehnjährige Anleihe der Republik Österreich
ÖS 1.000.000,-
Österreichische Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von 8 bis 10 Jahren.
Mindestemissionsvolumen: ÖS 5 Mrd.
Zyklus: März, Juni, September, Dezember
Drei Liefermonate stehen zur Verfügung.
pro ÖS 100 nominal (2 Dezimalstellen)
0,01 % vom Nominalbetrag (= ÖS 100,-)
15. Kalendertag des jeweiligen Liefermonates. Falls dies kein Börselag ist, fällt der Liefertag auf den darauffolgenden Börsetag.
Fünf Börsetage vor dem Liefertag;
Handelsende: 12:30 Uhr
Arithmetischer Durchschnitt der Preise während der letzten 15 Handelsminuten. Werden in dieser Zeit weniger als 10 Abschlüsse verzeichnet, so wird der arithmetische Durchschnitt der letzten zehn Preise als Abrechnungspreis herangezogen.
9:00 Uhr bis 16:00 Uhr
An der Wiener Wertpapierbörse findet auch täglich ein Handel mit Devisen und Noten statt. Dieser Handel ist in den Bedingungen für den Handel mit ausländischen Zahlungsmitteln an der Wiener Börse (Devisenbedingungen) geregelt. Auf Grund dieser Usancen werden Devisen und Noten von derzeit 17 frei konvertierbaren Währungen, sowie die Europäische Währungseinheit (ECU) gehandelt.
In den Wiener Handel sind die Leitwährungen der Welt, sämtliche Währungen des europäischen Währungssystems, sowie einige weitere Währungen wichtiger Handelspartnerländer einbezogen. Der Handel erfolgt durch ein automatisches Handelssystem mit der Österreichischen Nationalbank als Marktmacher. Diese hat die Aufträge in das System einzugeben und für den Spitzenausgleich zu sorgen. Sämtliche Geschäfte werden zu dem vom System errechneten Mittelkurs abgerechnet. Weiters wird er in jeder Währung Geld- und Briefkurse ermittelt. Dabei wird eine fix festgelegte Spanne dem Mittelkurs zugeschlagen (Briefkurs) oder abgezogen (Geldkurs). Die Banken als Devisen- und Notenkommissionäre legen diese Kurse den Abrechnungen mit ihren Kunden zugrunde (Geldkurs=Ankaufspreis, Briefkurs=Verkaufspreis). Sie erfüllen damit ihre handelsrechtliche Verpflichtung zur Geschäftsausführung zum Börsepreis.
Die an der Wiener Börse abgeschlossenen Devisen- und Notengeschäfte sind prompt (in der Regel binnen zweier Werktage) zu erfüllen. Der Umfang des außerbörslichen Devisen- und Notenhandels übertrifft den börsemäßigen Handel bei weitem. Dieser hat lediglich den Charakter eines Fixings. Durch die Kursbildung werden amtliche Preise, die für die Marktlage des Tages repräsentativ sind, ermittelt und im amtlichen Kursblatt veröffentlicht.
Die 1872 gegründete allgemeine Warenbörse wurde im Jahre 1876 mit der Wiener Börse vereinigt. Seit dieser Zeit hat die Wiener Börse zwei Abteilungen, nämlich die Wertpapierbörse und die Warenbörse.
Wien war allerdings nie ein bedeutender Warenbörsenplatz. Lediglich in den Jahren 1921 bis 1924 wurden in großer Anzahl Warenbörsengeschäfte abgeschlossen. So gab es im Jahre 1921 40 und im Jahre 1922 38 Streitfälle aus Börsengeschäften vor dem Schiedsgericht. Auch die Zahl der Börsebesucher war damals hoch (1921: 2750; 1922: 2255). Die Bedeutung der Wiener Warenbörse für die Wirtschaft liegt heute vor allem in den für Warenbörsen typischen Hilfseinrichtungen, wie der Herausgabe von Kursblättern über wichtige Verkehrsgegenstände, der Ausarbeitung von Usancen, der Durchführung von Expertisen und Musterziehungen sowie schließlich in der Einrichtung des Schiedsgerichtes.
Derzeit gelten für die Warenbörse folgende Börsezeiten:
) für Rohhäute, Felle, Leder und technische Lederartikel an jedem Freitag in
der ersten und dritten Woche im Monat von 10:30 Uhr bis 11:30 Uhr,
) für Holz an jedem Mittwoch von 10:30 Uhr bis 11:30 Uhr,
) für Kolonialwaren an jedem Donnerstag von 10:30 Uhr bis 11:30 Uhr,
) andere Waren können zu den unter a bis c genannten Zeiten gehandelt
werden
Zutritt zu den Börseversammlungen hat, wie bei der Wertpapierbörse, nur der Besitzer einer Börsekarte (Börsebesucher).
Kurse werden regelmäßig für Holz, für Kolonialwaren sowie für Rohhäute und Felle, Leder, Treibriemen und technische Lederartikel in eigenen Kurskomitees festgestellt und im 'Amtlichen Kursblatt' der Wiener Warenbörse, das in drei Teilen erscheint, veröffentlicht. Diese Kursblätter sind für die Wirtschaftstreibenden wichtige Informationsquellen über aktuelle Handelspreise.
Für folgende Waren wurden von der Wiener Börsekammer Usancen herausgegeben:
) Österreichische Holzhandelsusancen 1973 (Auflage 1985 ) (vom
Bundesholzwirtschaftsrat bearbeitet) mit Teilübersetzungen in englisch,
französisch, italienisch;
) Allgemeine Bedingungen (Usancen) für den Handel mit Waren;
) Besondere Bedingungen (Usancen) für den Handel mit Garnen, Geweben
und Abfällen aus Baumwolle, Chemiefasern und Mischungen daraus;
) Besondere Bedingungen (Usancen) für den Handel mit reinen und
gemischten Schafwollgarnen und Schafwollgeweben;
) Besondere Bedingungen (Usancen) für den Handel mit Zucker und Melasse;
) Bedingungen (Usancen) für den Handel mit Papier an der Wiener Börse;
Alle diese Usancen können bei der Wiener Börsekammer bezogen werden.
Gesetzliche Grundlage für die Börsenschiedsgerichte bilden die Artikel Xlll bis XXVll des Einführungsgesetzes zur österreichischen Zivilprozeßordnung. Auf dieser Basis wurde von der Wiener Börsekammer eine Schiedsgerichtsordnung ausgearbeitet (letzte Auflage 1990). Die Schiedsgerichtsordnung kann bei der Wiener Börsekammer bezogen werden.
Im Streitfall besteht der einzelne Schiedsgerichtssenat aus drei Schiedsrichtern. Der Kläger muß bereits in der Klage einen Schiedsrichter wählen; unterläßt er dies, wird kein Verfahren eingeleitet. Gleichzeitig mit der Zustellung der Klage und der Ladung zur mündlichen Verhandlung, wird der Geklagte aufgefordert einen weiteren Schiedsrichter zu wählen; unterläßt er dies, wird vom Präsidenten des betreffenden Schiedsrichterkollegiums ein Schiedsrichter bestimmt. Diese beiden Schiedsrichter wählen dann einen dritten Schiedsrichter zum Obmann; können sie sich nicht einigen, wird vom Präsidenten des Schiedsrichterkollegiums ein dritter Schiedsrichter zum Obmann bestimmt.
Es dürfen nur solche Personen zu Schiedsrichtern gewählt (bestimmt) werden, die in der von der Wiener Börsekammer herausgegebenen Schiedsrichterliste enthalten sind. Diese Schiedsrichter werden für jeweils fünf Jahre von der Gesamtheit der Börsemitglieder gewählt. Beim Schiedsgericht der Warenbörse haben Prozeßparteien, die nicht Mitglieder der Wiener Warenbörse sind auch die Möglichkeit, aus einer zweiten Liste Schiedsrichter, die nicht der BörSe angehören, auszuwählen. Diese Schiedsrichter werden von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien jährlich namhaft gemacht. Das Schiedsrichteramt selbst ist ein Ehrenamt und mit keinerlei Bezügen verbunden.
Zur gültigen Zusammensetzung des Schiedsgerichtes ist außerdem erforderlich, daß ihm ein Sekretär zugezogen wird, der zur Ausübung des Richteramtes befähigt, von der Börsekammer angestellt und vom Bundesministerium für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Justiz bestätigt sein muß.
Klagen können mündlich oder schriftlich ohne Beiziehung eines Rechtsanwaltes eingebracht werden. Ein Exemplar der Klage sowie die Ladung zur mündlichen Verhandlung wird der geklagten Partei eigenhändig zugestellt. Besucht die geklagte Partei die mündliche Verhandlung und bestreitet sie das Klagevorbringen, wird vom Schiedsgericht der Sachverhalt ermittelt. Das Verfahren wird, insoweit die Schiedsgerichtsordnung darüber keine Bestimmungen enthält, vom Schiedsgericht nach freiem Ermessen bestimmt. Im allgemeinen werden die Bestimmungen der österreischen Zivilprozeßordnung angewandt. Der anwesende Sekretär ist kraft Gesetzes verpflichtet Parteien die nötigen Anleitungen zu geben. Der Vorsitzende hat vor Schluß der Verhandlung einen Vergleichsversuch zu unternehmen.
Bei der Verhandlung vor dem Schiedsgericht besteht ebenfalls kein Rechtsanwaltszwang. Die Parteien können sich daher entweder selbst vertreten oder mit ihrer Vertretung Rechtsanwälte, Mitgesellschafter, eigene Angestellte, Schiedsrichter oder andere Mitglieder der Wiener Warenbörse beauftragen. Die Vertreter müssen mit einer Vollmacht ausgestattet sein.
Über die Klage wird nach durchgeführter Verhandlung mit Schiedsspruch entschieden Die Schiedssprüche müssen begründet werden. In den Entscheidungsgründen ist nicht nur anzugeben, welche Tatsachen als erwiesen angenommen werden und warum, sondern es sind auch die Rechtsüberlegungen darzulegen, auf Grund deren das Schiedsgericht zu dem gefällten Spruch kommt. Die Entscheidungen erfolgen stets im Rahmen der österreichischen Rechtsordnung. Bei internationalen Tatbeständen wird in Übereinstimmung mit dem internationalen Privatrecht vorgegangen.
Wenn eine ordnungsgemäß geladene Partei bei der ersten Verhandlung ausbleibt oder sich in die Verhandlung nicht einläßt, ist das auf den Gegenstand des Rechtsstreites bezügliche tatsächliche Vorbringen des erschienenen Streitteiles, soweit es nicht durch die vorliegenden Beweise widerlegt wird, für wahr zu halten und auf dieser Grundlage auf Antrag des erschienenen Streitteiles über das Klagebegehren durch Versäumungsschiedsspruch zu entscheiden.
Gegen die Schiedssprüche gibt es keine Berufung. Den Parteien steht jedoch bei schwerwiegenden formellen Verstoßen die Nichtigkeitsbeschwerde, sowie bei Verstoßen gegen zwingende materielle Rechtsvorschriften, die Unwirksamkeitsklage zu (Artikel XXIII und XXV Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung); über beide entscheidet in erster Instanz das Handelsgericht Wien und kann den Instanzenzug bis zum Obersten Gerichtshof gehen.
Die Schiedssprüche sind vom Obmann und vom Sekretär zu unterschreiben; die Rechtskraft wird vom Sekretär bestätigt.
Die rechtskräftigen Schiedssprüche und die vor einem Börsenschiedsgericht geschlossenen Vergleiche bilden einen Exekutionstitel im Sinne der Exekutionsordnung (§1 Z.16 EO). Die Exekution ist beim zuständigen Bezirksgericht zu beantragen.
Das Schiedsgericht der Wertpapierbörse, dessen Aufgabe in erster Linie die Sicherung der Erfüllung der an der Wertpapierbörse abgeschlossenen Geschäfte ist, besteht aus einem Kollegium von 25 Mitgliedern; 24 Schiedsrichter werden durch die Börsenmitglieder gewählt; einen Schiedsrichter entsendet die Interessensvertretung der Sensale (Maklerkammer bei der Wiener Börse).
Streitigkeiten aus Börsengeschäften müssen, wenn die Parteien nichts anderes schriftlich vereinbart haben, vor dem Börsenschiedsgericht ausgetragen werden.
Das Schiedsgericht der Wiener Warenbörse besteht in der gegenwärtigen Form seit 1875. Es kann seit 1877 auch für außerbörsliche Geschäfte vereinbart werden und der Anfall kam auch, wenn man von der kurzen Spanne zwischen 1921 und 1924 absieht, praktisch nur außerbörslichen Geschäften (der letzte Streit aus einem Börsegeschäft war im Jahre 1930). Die schiedsgerichtliche Tätigkeit hatte ihren Höhepunkt in den Jahren 1922 bis 1932, als der Anfall weit über 500 Klagen im Jahre ausmachte (Höchstanfall 1924 und 1925 mit 960 und 948 Klagen). Von 1945 bis 1973 wurde das Schiedsgericht zunächst weniger beansprucht, seit 1974 nahm die Zahl der Klagen wieder zu (in einzelnen Jahren auf über 100). Das Schwergewicht liegt heute in der Holzbranche, wo das Schiedsgericht vor allem bei Exportgeschäften nach Italien regelmäßig vereinbart wird. Dies kommt auch in der Nationalität der Streitteile zum Ausdruck: Rund ein Drittel aller Prozeßparteien sind Italiener. Aber auch andere ausländische Prozeßparteien sind vor dem Schiedsgericht anzutreffen; haben doch zwei Drittel bis drei Viertel aller Fälle internationale Streitigkeiten zum Gegenstand. Diese internationale Schiedsgerichtsbarkeit wird durch die günstigen Vollstreckungsverträge (insbesondere das UNO-Übereinkommen, siehe unten) sehr gefördert, weil der obsiegende Teil den Schiedsspruch in weitaus mehr Staaten vollstrecken kann als Urteile österreichischer Gerichte.
Die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes beruht heute auf der Vereinbarung der Parteien (durch Schiedsvertrag oder Schiedsklausel). Für Börsengeschäfte ist das Schiedsgericht der Warenbörse auch ohne Vereinbarung kraft Gesetzes zuständig, es sei denn, daß die Parteien ausdrücklich und schriftlich die Zuständigkeit des Börsenschiedsgerichtes ausgeschlossen haben.
Bei Verträgen mit Ausländern ist nach dem internationalen Abkommen (Artikel 22 Absatz 2 des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche bzw. Artikel 2 Z. 2 lit. a des Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit) stets eine schriftliche Vereinbarung erforderlich. Als schriftliche Vereinbarung gilt sowohl eine Schiedsklausel in einem Vertrag als auch eine gesonderte Schiedsabrede, sofern der Vertrag, oder die Schiedsabrede von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen, Telegrammen oder Fernschreiben, die sie gewechselt haben, enthalten ist. Bei Verträgen mit Börsebesuchern und inländischen protokollierten Kaufleuten genügt zur Begründung der Zuständigkeit, daß ein Schlußbrief, der die Bestimmungen enthält, daß Rechtsstreitigkeiten aus dem Geschäft vom Börsenschiedsgericht zu entscheiden sind, unbeanstandet angenommen wurde, es sei denn, daß die bezeichnete Bestimmung oder der Schlußbrief im allgemeinen als vertragswidrig beanstandet oder der Schlußbrief ohne Bemerkung zurückgestellt wird (nach Gesetz genügt dies auch zur Begründung der Zuständigkeit bei Ausländern, doch sind die auf dieser Basis ergehenden Schiedssprüche praktisch nur in sehr wenigen Ländern vollstreckbar).
Ferner ist Zuständigkeitsvoraussetzung, daß eine der beiden Parteien entweder zur Zeit der Unterwerfung unter das Schiedsgericht oder zur Zeit der Einbringung der Klage Mitglied der Wiener Warenbörse und daß eine börsenfähige Ware Gegenstand des Vertrages ist. Als Warengeschäfte gelten aber auch Werkverträge, Verträge zum Zwecke der Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften über Waren für gemeinschaftliche Rechnung, Vermittlungsgeschäfte über Waren einschließlich der Vertrage mit selbstständigen Handelsvertretern und die dem Verkehre mit Waren dienenden Hilfsgeschäfte (wie Fracht-, Lager- oder Speditionsgeschäfte). Schließlich müssen die Parteien, da es sich um ein kaufmännisches Schiedsgericht handelt, Wirtschaftstreibende sein (also entweder ein Organ der öffentlichen Verwaltung, eine Handelsgesellschaft, eine Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft, ein Mitglied oder Besucher einer Börse oder eine Person, die sich berufsmäßig mit der Erzeugung, dem Umsatz oder der Verarbeitung jener beweglichen Sachen beschäftigt, welche den Gegenstand des Geschäftes bilden oder die solche beweglichen Sachen in ihrem industriellen, gewerblichen Handelsbetrieb oder regelmäßig verwendet).
Die rechtskräftigen Schiedssprüche sind nicht nur im Inland vollstreckbar, sondern auch anerkennungsfähige Titel im Sinne der internationalen Vollstreckungsabkommen (Genfer Abkommen vom 26. September 1927, betreffend die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958, sogenanntes UNO-Übereinkommen, und Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21. April 1961).
Ein ebenfalls wichtiger Tätigkeitsbereich der Warenbörse sind die Expertisen und die Musterziehungen. Beide sind für die Wirtschaft von großer Bedeutung. Bekanntlich leidet der Zustand einer Ware in vielen Fällen durch längere Lagerung und ein Sachverständiger ist oft schon relativ kurz nach der Lieferung nicht mehr in der Lage festzustellen, ob ein Fehler bei der Lieferung vorhanden war oder erst später entstanden ist. Durch die Expertise bzw. die Musterziehung kann aber, wenn sie unmittelbar nach Einlangen der Reklamation oder vor Absendung der Ware vorgenommen wird, eine Beweissicherung für künftige Streitfalle erreicht werden. Viele kostspielige Rechtsstreite mit umfangreichen Sachverständigengutachten, in denen versucht wird, den Zustand einer Ware vor zwei oder drei Jahren zu rekonstruieren, können auf diese Weise vermieden werden. Im übrigen wirken sowohl Expertisen als auch Musterziehungen prozeßvermeidend, weil kaum jemand einen Prozeß beginnen wird, wenn ein vorliegendes Sachverständigengutachten gegen ihn spricht. Im Verhältnis zu dem Kosten eines Prozesses durch drei Instanzen bis zum Obersten Gerichtshof sind die Kosten einer Musterziehung oder Expertise minimal.
Expertisen und Musterziehungen werden nicht nur in Österreich, sondern auch im Ausland (auch außerhalb Europas) durchgeführt. Weder für die Expertise noch für die Musterziehung ist es notwendig, daß das Schiedsgericht der Wiener Warenbörse vereinbart wurde, oder die Vertragsteile Mitglieder der Wiener Warenbörse sind. Die Dienste der Wiener Warenbörse können also von allen Wirtschaftstreibenden im In- und Ausland in Anspruch genommen werden.
Durch die amtliche Börsenexpertise wird der gegenwärtige Zustand einer Ware festgestellt. Wenngleich sie in erster Linie die Folge einer Reklamation sein wird, so ist sie dennoch nicht auf diesen Fall beschränkt. Sie kann sowohl schon vor Übergabe der Ware an den Käufer stattfinden, z.B. weil der Verkäufer weiß, daß der Käufer ein kritischer Kunde ist, und er eine Expertise im Ausland vermeiden will, als auch - über Vereinbarung der Parteien - die Quantitäts- und Qualitätsprüfung bei der Übernahme (Übergabe) ersetzen.
Die Expertise wird von einem oder mehreren Sachverständigen, die vom Präsidenten der Börsekammer bestellt werden, unter Leitung eines Sekretärs der Börsekammer vorgenommen. Als Sachverständige werden Sensale der Warenbörse, Schiedsrichter des Schiedsgerichtes der Warenbörse, gerichtlich beeidete Sachverständige sowie Versuchsanstalten, deren Leiter besonders angelobt sind, herangezogen. In Sonderfällen können auch andere Personen zu Sachverständigen bestellt werden.
Zur Expertise werden, soweit möglich und erforderlich, beide Vertragsteile geladen. Was und wieviel untersucht wird, entscheidet der Sachverständige, die Parteien können aber verlangen daß auch bestimmte, von ihnen bezeichnete Parteien untersucht werden. Bei kleineren Lieferungen wird in der Regel die gesamte Lieferung, bei größeren Lieferungen eine solche Menge, die repräsentativ für die gesamte Lieferung ist, untersucht. Bei Waren, bei denen eine Untersuchung an Ort und Stelle nicht möglich ist (z.B. bei Garnen oder Geweben), geht der Expertise eine Musterziehung (siehe unten) voran.
Über das Ergebnis der Untersuchung gibt der Sachverständige ein Gutachten ab (entweder an Ort und Stelle zu Protokoll oder gesondert schriftlich). Über Verlangen eines Vertragspartner hat der Sachverständige auch einen allfälligen Minderwert der Ware (in Prozenten festzustellen).
Die amtliche Musterziehung dient entweder zur Vorbereitung einer Expertise oder zur Sicherstellung von Proben für Vergleichszwecke. Sie kann ebenso wie die amtliche Expertise auch vor der Lieferung erfolgen.
Die Musterziehung wird entweder nur von einem Sekretär allein oder, wenn sie besondere Sachkenntnis erfordert, von einem Sachverständigen unter Leitung eines Sekretärs durchgeführt. Für die Auswahl des Sachverständigen gilt das gleiche wie bei der Expertise.
Zur Musterziehung werden, soweit möglich und erforderlich, beide Vertragsteile geladen.
Die Kosten der Expertise und der Musterziehung sind zunächst vom Antragsteller zu tragen. Sie setzen sich zusammen aus den Barauslagen der Börsekammer (Reisespesen, Portoauslagen, etc.) und den Gebühren des oder der Sachverständigen. Der Wert der Ware, der untersucht wird, ist unerheblich. Zur Deckung der Kosten ist ein Kostenvorschuß zu erlegen.
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