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Die Rechtsprechung bei Drogendelikten nach 1994
Nach dem Urteil des BVG vom 9. März 1994 wurden die Länder und somit die Gerichte gezwungen, ihre Handhabung bei Drogendelikten zu ändern. Dies geschah sowohl in den Justizministerien, wie auch in der Aufklärung und der Rechtsprechung. Zwar haben immer noch nicht alle Länder eine Grenze für die vom BVG geforderte geringe Menge festgelegt, aber im allgemeinen läßt sich ein Trend hin zu einer milderen Rechtsprechung bei geringem Verschulden der Angeklagten feststellen. Straffreiheit hingegen ist nicht in allen Bundesländern gesichert. Vor allem im südlichen Teil Deutschlands hat sich jedoch wenig geändert und Drogenkonsumenten werden nach wie vor hart verfolgt.
1 In Norddeutschland
Vorreiter im Bezug auf Straffreiheit sind Hamburg und Schleswig-Holstein, wo Drogendelikte kaum verfolgt werden und öffentlicher Drogenkonsum oder illegale Coffee- Shops geduldet werden.
Nicht zuletzt erwägt die Ministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales von Schleswig Holstein, Heide Moser, eine Abgabe von Cannabis über Apotheken. Im Bereich der Abhängigen wird hier nach der Devise 'Therapie statt Knast' verfahren, wobei Zwangseinweisungen in eine Therapie sehr selten sind und dem Verurteilten normalerweise die Wahl gelassen wird, ob er sich einer Therapie unterzieht oder eine Freiheitsstrafe antritt. In Bayern hingegen muß erst ein gewisser Teil der Strafe im Gefängnis verbüßt werden, bevor der Abhängige in eine geschlossene Therapieeinrichtung gehen kann. Auch die Aufklärung verläuft in Norddeutschland objektiver. Hier wird eher über die wahren Gefahren der Drogen informiert, und versucht, den Schaden, der durch Drogengebrauch entsteht, zu minimieren. Im Gegensatz hierzu setzt man in südlichen Bundesländern eher auf absolute Abstinenz, ohne den Jugendlichen zu erklären, wie sie sich verhalten sollten, wenn sie Drogen nehmen. Die norddeutsche Variante wird oft auch als Verharmlosung und Animierung zum Drogenkonsum angesehen, da dem Jugendlichen vermittelt wird, daß die Droge bei richtigem Gebrauch gar nicht so gefährlich sein kann, wenn der Staat schon Tips zum Konsum gibt. Ein Grund für die norddeutsche Drogenpolitik mag in der geographischen Nähe zu den Niederlanden liegen, aber, so eine These, auch daran, daß die Norddeutschen offener für Neues sind, was von ihrer Geschichte als Händler während der Zeit der Hanse herrühre, während man in Süddeutschland eher konservativ geneigt sei und alte Werte pflege ohne etwas verändern zu wollen. Diese konservative Politik spiegelt sich letztlich auch in der Drogenpolitik der CSU wieder.
2 In Süddeutschland
In Süddeutschland, vor allem in Bayern und Baden-Württemberg setzt man eher auf eine restriktive Repression von Drogen und versucht, Drogenkonsumenten zu völliger Abstinenz zu bewegen. Sofern möglich wird Konsum immer bestraft und Drogenabhängige von weiten Teilen der Bevölkerung als Außenseiter angesehen. Drogensucht wird prinzipiell als Straftat und nicht als Krankheit angesehen und soweit möglich auch bestraft. Nur in Großstädten mit überlasteten Gerichten kommt es gelegentlich zu Freisprüchen oder Einstellungen von Verfahren. Nachdem das Verfassungsgericht beschlossen hatte, daß gelegentlicher Konsum von Cannabis straffrei sein müsse, entschied man sich in Bayern dafür, gelegentlichen Konsum mit 1-5 mal pro Jahr zu definieren und Straffreiheit nur dann zu ermöglichen, wenn der Täter im letzten Jahr nicht auffällig war. In Hamburg beispielsweise ist eine Wiederholungstat jedoch grundsätzlich kein Hindernis für eine Einstellung des Verfahrens. Eine in Bayern und Baden-Württemberg ebenfalls häufig angewandte Praxis ist der Rückschluß von Cannabiskonsum auf die Fahrtüchtigkeit des Konsumenten. Selbst wenn der entlarvte Konsument noch nicht von einem Gericht rechtskräftig verurteilt ist und damit laut Gesetz unschuldig ist, werden die Daten des Betreffenden an das zuständige Landratsamt weitergeleitet, das in der Regel ein hohes Bußgeld (DM 1.000 - DM 5.000) verhängt und Urinproben und Therapiesitzungen veranlaßt. In einigen Fällen mußten die Fahrer auch schon ein medizinisch - psychologisches Gutachten abliefern. Auf diese Weise werden hier fast alle Drogenkonsumenten, die laut BVG- Urteil straffrei bleiben müßten, indirekt in Zusammenhang mit der Fahrerlaubnis bestraft.
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