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DANTONS TOD
Revolutionsdrama von Georg Büchner
(* 17.Oktober 1813, Goddelau, Großherzogtum Hessen; † 19.Februar 1837 in Zürich)
1. Entstehungsgeschichte des Dramas
1834 wurde in Offenbach die geheime Druckwerkstatt des „Hessischen Landboten entdeckt.
Die Fahndung nach den Verantwortlichen lief auf Hochtouren, nach der Verhaftung einiger Mitwisser geriet auch Georg Büchner in Bedrängnis. Ende des Jahres wurde er von seinen beunruhigten und misstrauischen Eltern zurück nach Darmstadt gerufen um seine Medizinstudien fortzusetzen. Büchner plante aber bereits seine Flucht nach Straßburg und schrieb zur Finanzierung derselben innerhalb von nur fünf Wochen DANTONS TOD. In vier Akten beschrieb Büchner die durch die Julirevolution 1830 abermals aktuell gewordene Französische Revolution. Das Honorar von 100 Gulden erreichte Büchner erst im Exil. Die von seinem Verleger J.D. Sauerländer geübte Präventivzensur an seinem Erstlingswerk bezeichnete er als „abgeschmackt“. DANTONS TOD wurde 1835 in kleiner Auflage gedruckt und erschien als einziges Werk noch zu Lebzeiten Büchners. Uraufgeführt wurde es erst 1902.
2. Historischer Kontext und Quellenverarbeitung
DANTONS TOD ist eine Momentaufnahme der bürgerlichen Revolution, die Zeit der Handlung sind etwa zwei Wochen im Frühling des Jahres 1794. Büchner hält den entscheidenden, historischen Augenblick fest, in dem die Revolution sich selbst zu zerstören beginnt: überfordert von sozialen Problemen der verarmten Massen geht sie in die Phase der Selbstvernichtung über.
Historische Hauptcharaktere
Mit dem Sturz und der Hinrichtung der Girondisten ist die politische Gegnerschaft der Jakobiner ausgeschaltet; Georges Jacques Danton und Maximilien de Robespierre sind die mächtigsten Männer Frankreichs. Im Frühjahr 1794 vertreten sie gegensätzliche Strategien. Danton tritt für ein Ende des Terrors, für eine Politik der Gnade und Barmherzigkeit, gerichtet auf die Interessen seiner bürgerlichen Partner ein. Dabei blendet er bewusst die Bedürfnisse des hungernden französischen Volks aus und tritt das lasterhafte, hedonistische Erbe des entmachteten Adels an. Robespierre hingegen beharrt, mangels wirklicher Lösungsansätze, auf die radikale Weiterführung der blutigen Revolution und weitere Hinrichtungen im Namen der Tugend.
Für DANTONS TOD studierte Büchner intensiv französische wie deutsche Geschichtswerke. Etwa ein Sechstel der Kommentare ist wörtlich übernommen. Zu beachten ist hierbei die Tatsache, dass Büchner historisch überlieferte Aussagen mehrfach anderen Personen in den Mund legte.
3.Inhaltliche Zusammenfassung
Das Drama beginnt mit einer Szene am Spieltisch eines Pariser Salons. Camille und einige weitere Abgeordnete des Konvents berichten von der Hinrichtung einiger Radikaler (Hébertisten), die neben den gemäßigten Dantonisten auf der Abschussliste der Jakobiner um Robespierre standen. Die Nachricht beunruhigt, abermals beteuern die Dantonisten die Dringlichkeit, den Terror zu beenden. Danton soll im Konvent entsprechende Vorschläge machen, er aber sieht keine Hoffnung und prophezeit bereits seinen Untergang. Die soziale Situation in Paris wird beleuchtet. Auf den Straßen tummelt sich das materiell verelendete französische Volk, die Stimmung ist extrem angespannt. Junge Frauen sind gezwungen, sich für wenig Geld zu prostituieren, Kunden sind hauptsächlich die lasterhaften Dantonisten. Ein junger Mann fällt durch ein weißes Taschentuch auf und entkommt nur knapp einer Hinrichtung durch den Pöbel. Robespierre tritt als geschickter Demagoge auf und kanalisiert die Mordlust des Volkes. Er lässt sie an einer seiner Reden im Jakobinerklub teilhaben, benennt die Schuldigen („der Lasterhafte ist der politische Feind der Freiheit“) und kündigt ihre Vernichtung an. Ein anwesender Abgeordneter entschließt sich, Danton zu warnen und findet ihn bei einer Prostituierten. Danton entschließt sich, das Gespräch mit Robespierre zu suchen. Die Unterredung zwischen Robespierre und Danton beginnt. Ihre unterschiedlichen politischen Vorstellungen sind von Anfang an offensichtlich. Danton möchte die Revolution beenden, Robespierre sie weiterführen. Danton ist sicher weiter seiner Lasterhaftigkeit bewusst, der „empörend rechtschaffen[e]“ Robespierre bezeichnet dies als Hochverrat. Ein letztes Mal versucht Robespierre Danton zur Zusammenarbeit zu bewegen, Danton lehnt ab und geht. Robespierre hadert lange. Den Ausschlag gibt schließlich St.Just, eines der vier Mitglieder des Wohlfahrtausschusses neben Robespierre. Er überreicht einen Schmähartikel Camilles, Robespierre fordert aufgebracht die Anklage sämtlicher Abgeordneter um Danton. Der verzweifelte Danton wird von seinen Freunden gedrängt, etwas zu unternehmen, zu fliehen etwa, er aber ist mutlos und hofft, einer Verhaftung zu entgehen. Es folgt eine satirische Beschreibung der Straßenszene, republikanische Gepflogenheiten wie die Anrede mit „Bürger“ und neue Namen werden vorgestellt. Danton bereitet sich indessen innerlich auf den Tod vor und lässt sich von seiner Frau Julie die Richtigkeit seiner politischen Entscheidungen bestätigen. Schließlich dringen einige Bürger, offensichtlich ohne das geringste Verständnis von Politik, in Dantons Haus ein und verhaften ihn. Im Konvent rechtfertig Robespierre abermals die Festnahme Dantons und gesteht ihm keine Privilegien zu. Der Prozess gegen Danton wird vorbereitet, ein sicheres Todesurteil wird durch die Wahl von ausgesuchten Richtern gewährleistet. Vor dem Tribunal verteidigt sich Danton dennoch geschickt, benennt seine Verdienste um die Revolution und beleidigt seine Kläger. Die Stimmung droht umzuschlagen, der Präsident beendet die Verhandlung. Der Wohlfahrtausschuss verlangt verängstigt, Danton von dem kommenden Prozess auszuschließen und fälscht einen entsprechenden Erlass. Danton beharrt auf seinem Rederecht und verteidigt sich abermals bravourös. Das Volk auf der Straße jubelt ihm zu, ein Anhänger Robespierres aber stimmt sie ohne Mühe um – die französische Bevölkerung besitzt keine feste Meinung. Die gefangenen Dantonisten verzweifeln währenddessen in ihren Zellen, erst eine Versicherung Julies, sie werde ihrem Mann in den Tod folgen, beruhigt Danton. Er prophezeit den Untergang seiner Richter. Julie nimmt sich mit Beginn der Exekution das Leben. Die Marseillaise singend besteigen Danton und seine Freunde das Schafott und werden guillotiniert. Das Volk jubiliert, es gibt sich zu diesem Zeitpunkt der Revolution noch mit Hinrichtungen statt mit Brot zufrieden. Das Drama endet schließlich mit Camilles Frau Lucile, die auf offenem Platz ihr eigenes Todesurteil spricht, um ihrem Mann zu folgen: „ Es lebe der König!“
Interpretationsansätze und Intentionen des Verfassers Georg Büchner :
Selbstverständnis des Schriftstellers als „Geschichtsschreiber“; wahrheitsgetreue, schonungslose Darstellung der historischen Begebenheiten ohne Utopien als Aufgabe des Autors
Kritik an der Durchführung der europäischen Revolutionen (kein Ende des materiellen Elends, jedoch: keine generelle Absage an die Notwendigkeit einer Revolution, vielmehr revolutionäre Appellfunktion)
Fokus auf die Situation des untersten Standes (Auswirkungen der Politik)
Kritik an der Rolle des Volkes: Sensationsgier, Beeinflussbarkeit, Unüberlegtheit, Bestechlichkeit (Populismus)
„Fatalismus der Geschichte“: Charaktere sind differenziert und individuell gestaltet, ihr Verhalten und Schicksal ist dennoch vom Gesetz der Revolution bestimmt
Kollektivschicksal der Revolution, Danton und Robespierre werden beide überrollt von
der Revolutionsmaschinerie
keine Moralisierungen, Büchner lässt sich unmöglich mit einer der Figuren identifizieren
(in Abgrenzung zum Idealismus)
„Der Dichter ist kein Lehrer der Moral, er erfindet und schafft Gestalten, er macht vergangene Zeiten wieder aufleben, und die Leute mögen dann daraus lernen, so gut, wie aus den Studium der Geschichte und der Beobachtung dessen, was im menschlichen Leben um sie herum vorgeht.“ (Brief Büchners, 1835)
zahlreiche staatstheoretische Außerungen (persönliche Meinung Büchners), einige Kunstgespräche (vgl. Lenz)
„Die Staatsform muss ein durchsichtiges Gewand sein, das sich dicht an den Leib des Volkes schmiegt. […] Die Gestalt mag nun schön oder hässlich sein, sie hat einmal das Recht zu sein wie sie ist, wir sind nicht berechtigt ihr ein Röcklein nach Belieben zuzuschneidern.“ (1.Akt, 1. Szene)
„Ein Ideal! […] Ach die Kunst! […] Sie (die Leute) vergessen ihren Herrgott über seinen schlechten Kopisten. Von der Schöpfung […] hören und sehen sie nichts. Sie gehen ins Theater, lesen Gedichte und Romane […] und sagen zu Gottes Geschöpfen: wie gewöhnlich!“ (2. Akt, 3. Szene)
Quellen: Kindlers neues Literaturlexikon, München, 1996
Königs Erläuterungen, Band 235, 2004
Geschichte der deutschen Literatur, 1979
Ein Zimmer.
Robespierre. Danton..
ROBESPIERRE. Ich sage dir, wer mir in den Arm fällt, wenn ich das Schwert ziehe, ist mein Feind – seine Absicht tut nichts zur Sache; wer mich verhindert, mich zu verteidigen, tötet mich so gut, als wenn er mich angriffe.
DANTON. Wo die Notwehr aufhört, fängt der Mord an; ich sehe keinen Grund, der uns länger zum Töten zwänge.
ROBESPIERRE. Die soziale Revolution ist noch nicht fertig; wer eine Revolution zur Hälfte vollendet, gräbt sich selbst sein Grab. Die gute Gesellschaft ist noch nicht tot, die gesunde Volkskraft muß sich an die Stelle dieser nach allen Richtungen abgekitzelten Klasse setzen. Das Laster muß bestraft werden, die Tugend muß durch den Schrecken herrschen.
DANTON. Ich verstehe das Wort Strafe nicht. – Mit deiner Tugend, Robespierre! Du hast kein Geld genommen, du hast keine Schulden gemacht, du hast bei keinem Weibe geschlafen, du hast immer einen anständigen Rock getragen und dich nie betrunken. Robespierre, du bist empörend rechtschaffen. Ich würde mich schämen, dreißig Jahre lang mit der nämlichen Moralphysiognomie zwischen Himmel und Erde herumzulaufen, bloß um des elenden Vergnügens willen, andre schlechter zu finden als mich. – Ist denn nichts in dir, was dir nicht manchmal ganz leise, heimlich sagte: du lügst, du lügst!?
ROBESPIERRE. Mein Gewissen ist rein.
DANTON. Das Gewissen ist ein Spiegel, vor dem ein Affe sich quält; jeder putzt sich, wie er kann, und geht auf seine eigne Art auf seinen Spaß dabei aus. Das ist der Mühe wert, sich darüber in den Haaren zu liegen! Jeder mag sich wehren, wenn ein andrer ihm den Spaß verdirbt. Hast du das Recht, aus der Guillotine einen Waschzuber für die unreine Wäsche anderer Leute und aus ihren abgeschlagenen Köpfen Fleckkugeln für ihre schmutzigen Kleider zu machen, weil du immer einen sauber gebürsteten Rock trägst? Ja, du kannst dich wehren, wenn sie dir drauf spucken oder Löcher hineinreißen; aber was geht es dich an, solang sie dich in Ruhe lassen? Wenn sie sich nicht genieren, so herumzugehn, hast du deswegen das Recht, sie ins Grabloch zu sperren? Bist du der Polizeisoldat des Himmels? Und kannst du es nicht ebensogut mitansehn als dein lieber Herrgott, so halte dir dein Schnupftuch vor die Augen.
ROBESPIERRE. Du leugnest die Tugend?
DANTON. Und das Laster. Es gibt nur Epikureer, und zwar grobe und feine, Christus war der feinste; das ist der einzige Unterschied, den ich zwischen den Menschen herausbringen kann. Jeder handelt seiner Natur gemäß, d.h. er tut, was ihm wohltut. – Nicht wahr, Unbestechlicher, es ist grausam, dir die Absätze so von den Schuhen zu treten?
ROBESPIERRE. Danton, das Laster ist zu gewissen Zeiten Hochverrat.
DANTON. Du darfst es nicht proskribieren, ums Himmels willen nicht, das wäre undankbar; du bist ihm zu viel schuldig, durch den Kontrast nämlich. – Übrigens, um bei deinen Begriffen zu bleiben, unsere Streiche müssen der Republik nützlich sein, man darf die Unschuldigen nicht mit den Schuldigen treffen.
ROBESPIERRE. Wer sagt dir denn, daß ein Unschuldiger getroffen worden sei?
DANTON. Hörst du, Fabricius? Es starb kein Unschuldiger! Er geht; im Hinausgehn zu Paris. Wir dürfen keinen Augenblick verlieren, wir müssen uns zeigen! Danton und Paris ab.
ROBESPIERRE allein. Geh nur! Er will die Rosse der Revolution am Bordell halten machen, wie ein Kutscher seine dressierten Gäule; sie werden Kraft genug haben, ihn zum Revolutionsplatz zu schleifen. Mir die Absätze von den Schuhen treten! Um bei deinen Begriffen zu bleiben! – Halt! Halt! Ist's das eigentlich? – Sie werden sagen, seine gigantische Gestalt hätte zu viel Schatten auf mich geworfen, ich hätte ihn deswegen aus der Sonne gehen heißen. – Und wenn sie recht hätten? – Ist's denn so notwendig? Ja, ja! die Republik! Er muß weg. Es ist lächerlich, wie meine Gedanken einander beaufsichtigen. – Er muß weg. Wer in einer Masse, die vorwärts drängt, stehen bleibt, leistet so gut Widerstand, als trät er ihr entgegen: er wird zertreten. Wir werden das Schiff der Revolution nicht auf den seichten Berechnungen und den Schlammbänken dieser Leute stranden lassen; wir müssen die Hand abhauen, die es zu halten wagt – und wenn er es mit den Zähnen packte!
Weg mit einer Gesellschaft, die der toten Aristokratie die Kleider ausgezogen und ihren Aussatz geerbt hat! Keine Tugend! Die Tugend ein Absatz meiner Schuhe! Bei meinen Begriffen!
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