Gryphius,
Andreas, eigentlich A. Greif, Dramatiker und
Lyriker
- *11. 10. 1616 Glogau, † 16. 7. 1664 Glogau;
- Syndikus der Glogauer Stände; entwickelte, von J. van den Vondel und vom Jesuitendrama angeregt,
das Trauerspiel des Hochbarocks („Cardenio und Celinde“ 1657; „Papinianus“
1659).
- Seine Lustspiele parodieren Handwerker- und Soldatentypen („Peter
Squenz“ 1658; „Horribilicribrifax“ 1663).
- Seine Lyrik, besonders die Sonette, bewegt noch heute in ihrer
tiefreligiösen Lebensauffassung.
Dieses Sonett ist geprägt durch Unmengen an
Metaphern, auf welche ich später noch zu sprechen komme. Es ist im Barock entstanden
(ganz bestimmt zwischen 1616 und 1664 ; ), da es von der Vergänglichkeit
handelt und vom größten Lyriker und Dramatiker seiner Zeit, Andreas Gryphius,
verfasst wurde. Die Sonettkunst erreicht in seinem Werk ihren Gipfel.
- Der Inhalt: Es handelt davon, was der
Mensch ist. Wozu er „ist“. „Sind wir nicht einfach die Sündenträger der
Vergangenheit?“, lässt eine Phrase erahnen. Der Mensch, sein Leben ist
vergänglich, d.h.: nicht gottähnlich. Er sind nicht für diese Welt
bestimmt. Er beschreibt den Tod, wie er den Menschen aus seinen Träumen
reißt und seine Hoffnung, Rum und Ehre mitreißt. Alles ist vergänglich.
- Aufbau: Vier Strophen, in jeweils Vier
bzw. Drei Versen. Zwei Vierzeiler und Zwei Dreizeiler lassen auf eine, für
Gryphius typische Sonettform schließen
- Reim: Die Zwei Vierzeiler sind im Endreim
und umarmenden Reim verfasst (ABBA, ABBA), der erste Dreizeiler besteht
ebenfalls aus einem Endreim („Acht“ „Macht“, „hinfällt“ „aufhält“)
und „verschwinden“ im dritten Vers des ersten Dreizeilers schließt mit
„Winden“ im vierten Vers des zweiten Dreizeilers die beiden Strophen
zusammen (Endreim). Die letzte Strophe beginnt jeweils mit dem
Fragepronomen „Was“ Anapher.
Die ersten beiden
Strophen: erster Vers klingend, zweiter Vers stumpf,
dritter Vers
stumpf, vierter Vers klingend (in beiden Strophen).
Die letzten beiden Strophen:
erster Vers stumpf, zweiter Vers stumpf, dritter Vers klingend (in beiden
Strophen)
Endreime:
Schmertzen -Kertzen /
Schertzen - Hertzen = reine Reime
Zeit - Leid / Kleid -
Sterblikeit = unreine Reime
hinfällt - auffhält /
entflihn - nachzihn = unreine Reime
verschwinden -Winden
= reiner Reim
- Metrum: In den ersten Versen der vier
Strophen lässt sich kein Versmaß feststellen. Die übrigen Verse sind in
einem sechs- hebigen Jambus
(Alexandriner) verfasst.
- Sprach. Besonderheiten: Das lyrische Ich
denke ich, ist eine intelligente, nachdenkende Person, die über die
Probleme seiner Zeit philosophiert und sich ein Urteil über die Fehler
machen will. Die Einleitung durch eine rhetorische Frage lässt bereits auf
einen Rhythmus bzw. Klang schließen, denn diese Frage gehört entsprechend
betont. In der zweiten Strophe im dritten Vers verwendet er ein
Enjambement (1).
Gryphius verwendet eine Reihe von Metaphern, Vergleichen, Hyperbeln, Symbolen
und Antithesen und zur Einleitung eine rhetorische Frage. à
Bsp.: „Was sind wir Menschen doch?“ (reth. Frage)
„ein Wohnhauß grimmer Schmertzen“
(Hyperbel, Vergleich, Metapher)
„Gleich wie ein eitel Traum leicht
aus der Acht hinfällt“ (Antithese)
„Was itzund Athem holt / muß mit der
Lufft entflihn“ (Paradoxon)
„wir vergehn wie Rauch von starcken Winden“ (Hyperbel, Vergleich, Periphrase von Tod)
- Interpretation der ersten Strophe: „Was
sind wir Menschen doch?“ – mit
dieser rhet. Frage stellt er den Mensch und seine Existenz in Frage. Er greift
somit auch Gott an; denn nach Johannes von Templs „Der Ackermann“
(Renaissance)ist das menschl. Leben gottgewollt bzw. der Mensch ist Gottes
Ebenbild. Auch er beschäftigte sich mit dem Vanitas - Gedanken. Gryphius
geht aber noch weiter. „ein Wohnhaus grimmer Schmerzen“ –
diese Metapher bedeutet für mich, dass der Mensch nur Leiden empfindet. Er
muss die Sünden der Vergangenheit (Kreuzigung Jesu, Judenverfolgung,
Hexenverbrennung) auf sich nehmen und die Pein des Lebens ertragen. „Ein
Ball des falschen Glücks“ – meint, dass dies ein ewiger Kreislauf, ein
Teufelskreis ist. Da die Menschen in jeder Epoche Fehler machen, Sünden
begehen. Mit der Geburt eines neuen Kindes, Menschen, wird ein weiterer
potentieller Sünder in diese, für Sünden prädestinierte Welt gesetzt. „ein
Irrlicht dieser Zeit.“ – der Mensch weiß nicht, wie er dieser Pein
entkommen soll, die Sünden der Vergangenheit wieder gut machen könnte.
Sein Verhalten gleicht für mich, auch in unserer Zeit einem Huhn ohne
Kopf. „Ein Schauplatz herber Angst“ – in Folge dieser Tatsachen, lebt der
Mensch in ständiger Angst (heute: Stress). „besetzt mit scharffem
Leid.“ – diese hat zur Folge, dass der Mensch natürlich unglücklich
ist (heute: Depressionen). „Ein bald verschmeltzter Schnee und
abgebrante Kerzen.“ – der Schnee als Zeichen für Reinheit wärt in
dieser versündigten, schlechten Welt nicht lange und vergeht, sobald der
Mensch sündigt. Sind diese Kerzen, die Motivation, der Lebenswille
erloschen, sieht er keinen anderen Ausweg, als sich dem schlechten Vorbild
der Mitmenschen anzupassen.
- Interpretation der zweiten Strophe:
„Diß Leben fleucht davon wie ein Geschwätz und Schertzen.“ – der
Mensch tritt den Weg zum Sterben ohne Reue an. Er geht, ohne, dass sich
etwas ändert. Die Scherze und das fröhlich, gehässige Geschwätz in den
Wirtshäusern geht weiter, bis auch dort der nächste gehen muss. Auch dann
findet sich wieder ein Sündiger, der mit dieser Runde mitlacht und mit
jeder Belustigung und unmoralischem Verhalten diesem Verstorbenen folgt. „Die
von uns abgelegt des schwachen Leibes Kleid“ – am Ende eines
jeden Lebenszeit, wird jeder schwach. Kann nicht mehr lachen oder
scherzen. Der einzige Sinn im Leben der Menschheit ist vergangen und so
hat der Mensch nichts mehr, woran er sich (sein Leben) halten könne. Er
stirbt. à „Vnd in
das Todten-Buch der grossen Sterblichkeit Längst eingeschriben
sind“ – Der Mensch ist prädestiniert zum Sterben. Er ist nicht Gottes
Ebenbild sondern muss, ebenso wie der Messias selbst sterben. Ob er
aufersteht, oder nicht, hängt von den begangenen Sünden während des
Erdenlebens ab. Im Fegefeuer hat er dann die Möglichkeit, seine Untaten zu
bereuen und sich zu Gott zu wenden. „sind uns aus Sinn und Hertzen“
– wie ich in der ersten Strophe bereits angeführt habe, wird den
Verstorbenen nicht lange gedacht und wir Menschen streichen sie als bald
aus unserem, ohnehin schlechten Gedächtnis. Zum erstenmal aber bringt
Gryphius in diesem Vers einen positiven Aspekt auf. Wir Menschen könne
lieben. Denn er sagt „sind uns aus Sinn und Hertzen“. Um aus
jemandes Herzen verschwinden zu können, muss man erst von diesem geliebt
worden sein. Ein schöner und wichtiger Aspekt des menschl. Leben.
- Interpretation der dritten Strophe: „Gleich
wie ein eitel Traum leicht aus der Acht fällt“ – „Vnd wie ein Strom
verscheust / den keine Macht auffhält: So muß auch unser Nahm / Lob
/ Ehr und Ruhm verschwinden / -
in dieser Strophe macht Gryphius noch einmal mit Nachdruck klar, wie
schnell und auch unerwartet es mit dem menschl. Leben zu Ende gehen kann.
Diese verwendete Metapher des Stroms; damit trifft er genau, worauf er in
den ersten beiden Strophen hinaus wollte. Der Mensch wird nicht aufhören
zu sündigen, sich zu ändern, wird er nicht von einer höhern Macht dazu
aufgefordert. Gott ist die letzte, die höchste Entscheidungsinstanz und
somit Richter über Sünde und Nicht – Sünde, über Leben und Tod. Mit dem
Tod verschwindet unsere weltliche Existenz – unser Name (hier Ruf,
Existenz), unsere Ehre und Ruhm, wird dadurch gelöscht. Nichts bleibt
davon über. Es lässt sich an dieser Stelle ein idealer Vergleich mit der
heutigen Technik anführen Wenn mir dieses, am PC im Word geschrieben Dokument nicht
gefällt, weil es auch der höchsten, deutschen Entscheidungsinstanz (Prof.
H.N.M) nicht gefällt, kann ich es löschen und es bleibt nicht davon über.
Name, (nicht Ruhm) sind gelöscht.
- Interpretation der vierten Strophe: „Was
itzund Athem holt / muß mit der Lufft entflihn“
(itzund = jetzt noch!) – Gryphius meint an dieser Stelle, dass der
Mensch auch ganz unfreiwillig sterben kann. Auch ohne Gotteseinwirkung.
Das geschieht, indem eine andere Macht (z.B.: König, Fürst) einen anderen
(für ein Verbrechen schuldigen oder nicht schuldigen) Menschen umbringen
lässt. „Störenfriede“ werden so leicht beseitigt. „muß mit der Lufft
entflihn“ – ist ein Zeichen dafür wie reibungslos und unauffällig
solch ein Verbrechen (bzw. Wohltat FÜR die Menschen) vonstatten geht.
Diese Phrase zeigt, dass der Tod für einen Menschen zwar kommt, für die
anderen, die verschont bleiben aber völlig belanglos ist. „Was nach uns
kommen wird / wird uns ins Grab nachzihn“ – der Anfangs
angesprochene Teufelskreis schließt sich hier. „Was sag ich? wir
vergehn wie Rauch von starcken Winden.“ – Gryphius ist gezwungen diese
Hyperbel zu verwenden, da diese Phrase nichts anderes ist, als eine
Verstärkung des vorangegangenen Verses. Damit prägt er den Lesern nochmals
die Vergänglichkeit des meschl. Daseins ein.
- Wirkung auf mich: Dieses Gedicht
veranlasste mich, trotz des Alters des Sonetts, über das menschl. Leben
nachzudenken. Ich meine, dass ich ein paar Gedanken des Lyrikers
nachvollziehen konnte und mir ein Bild von der barocken Zeit machen
konnte, so wie er sie interpretierte. Es lassen sich zahlreiche Parallelen
zu unserer Zeit feststellen, welche mich doch sehr bewegt haben. Durch
dieses Gedicht war es mir zum ersten Mal möglich, richtig über die
Existenz der Menschheit, über den Sinn des Lebens und über Gott
nachzudenken. Mit der Interpretation dieser Zeilen habe ich ein kurzes
Abbild dessen niedergeschrieben, was ich mir über die Welt denke. Ob es
mit dem Übereinstimmt, was Gryphius schrieb, kann ich nicht sagen,
vielleicht kann es ein Humanist, dessen Lebensaufgabe es ist, stundenlang
über einen Vers oder gar nur ein einzelnes Wort nachzudenken und darin
alle politischen Vorkommnisse der Lebenszeit von Gryphius hinein zu
interpretieren. Das kann ich bestimmt nicht, aber ich habe sowohl
Objektivität als auch meine Gedanken in dieser Aufgabe verarbeitet.
- Urteil über das Gedicht: Mir gefällt die
Sprache des Verfassers, seine Art, Gedanken durch Bilder auszudrücken, was
ja durch aus nichts Ungewöhnliches für die damalige Zeit war. Besonders
gut gefällt mir der achte Vers. In diesem sind für Hoffnung und Liebe
unter dem traurigen Mantel versteckt.
Anhang: Menschliches Elende, Gryphius Andreas. Aus gutenberg.aol.de/autoren/gryphius
Menschliches Elende: Andreas Gryphius
Quellen: Das Große Bertelsmann Lexikon 2000 (Special Edition), Stichwort
Literatur (Geschichte der deutschsprachigen Literatur), Veritas – Verlag
Linz, 8.Auflage, gutenberg.aol.de/autoren/gryphius (Menschliches Elende)