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ILIAS & ODYSSEE
Einleitung:
Homer ist ein am Beginn der antiken griechischen Literatur stehender Dichter und gilt als Verfasser der beiden wichtigsten altgriechischen Epen, der Ilias und Odyssee. Homers historische Existenz ist nicht belegt, und über die Frage, ob die beiden Epen von ein und demselben Verfasser stammen, gehen die Meinungen auseinander. Linguistische und historische Untersuchungen legen jedoch die Vermutung nahe, daß die beiden Dichtungen im 8. Jhdt. v. Chr. an der von Griechen besiedelten Westküste Kleinasiens entstanden. Die Stoffe, die in beiden Epen verarbeitet wurden, stammen aus einer mündlich tradierten Form der Kleinepik, die in die Zeit der frühgriechischen Stämme im 2. Jahrtausend v. Chr. zurückreicht und wahrscheinlich von umherreisenden Sängern an den Adelshöfen vorgetragen wurden.
Der Name Ilias ist abgeleitet von dem griechischen Namen für die Stadt Troja, Ilion. Die Ilias gilt als das ältere Werk und spielt im letzten Jahr des trojanischen Krieges, der auch den Hintergrund für die Haupthandlung bildet und umfasst einen Handlungszeitraum von 49 Tagen. Die Haupthandlung wird von zahlreichen Nebenepisoden unterbrochen, die die verschiedensten von Götter abstammenden Helden im Zweikampf zeigen und auch die Götter selbst mischen sich in der unterschiedlichsten Form in die Kampfeshandlungen ein.
Inhalt der 24 Bücher der Odyssee, die einen Handlungszeitraum von zehn Jahren umfasst, sind die Irrfahrten des griechischen Helden Odysseus nach Ende des Trojanischen Krieges, bevor er schließlich zu seiner Gattin Penelope heimkehrt.
Epischer Stil:
Beide Epen sind in einem gehobenen epischen Stil in Hexametern verfasst, der ionische und äolische Sprachelemente beinhaltet. Charakteristisch ist auch die Lebendigkeit, mit der die Figuren gezeichnet werden, die Natürlichkeit der Darstellung, die Wahl der Gleichnisse aus Natur und zeitgenössischer Umwelt, die von einer scharfen Beobachtungsgabe zeugt.
Während es in der Ilias um die Darstellung von aus Leidenschaft resultierenden Handlungen und unlösbaren Konflikten geht und auch die Götter mit negativen menschlichen Eigenschaften ausgestattet sind, kommt in der Odyssee in stärkerem Maße ein moralischer Aspekt zum Tragen. Achilleus, Agamemnon, Priamos und die übrigen Figuren lassen sich nicht als gut oder schlecht kategorisieren und sind als Täter und Opfer zugleich in ein grausames und letztendlich tragisch endendes Geschehen verwickelt. In der Odyssee dagegen wird das Böse vernichtet; das Gute siegt schließlich, und die Familie des Helden ist am Ende wieder vereint. Auch Odysseus zeigt im Umgang mit Personen niedrigeren sozialen Ranges, wie Hirten, Dienern oder Bettlern, Tugenden wie väterliches Interesse, Verantwortungsbewusstsein und Güte, die auf eine exemplarische Königsherrschaft schließen lassen und wodurch er als Vorbild eines guten, gerechten Herrschers erscheint.
Die homerische Frage:
Die Texte der homerischen Epen wurden im Lauf der Jahrhunderte immer wieder von älteren Manuskripten abgeschrieben und auf diese Weise durch das Mittelalter und die Renaissance bis in unsere Tage überliefert. Obgleich Homers Identität nicht zweifelsfrei geklärt werden konnte und auch Zweifel bestehen, ob alle Textteile beider Epen durchgehend von demselben Autor verfasst wurden, herrschte doch von der Antike bis in die Neuzeit weitgehend die Meinung vor, daß es sich bei Homer um einen (möglicherweise auch zwei) Dichter handelte. Die Ilias und die Odyssee galten, obwohl sie offensichtlich auf überliefertem Material beruhten, als eigenständige und weitgehend fiktive Originalwerke.
Teilweise bereits in der Antike, verstärkt jedoch in den letzten 200 Jahren hat sich diese Sichtweise gewandelt. Die viel diskutierte so genannte "homerische Frage", also die Frage nach dem Dichter der homerischen Epen und ihrer Entstehungsart, geht auf die Beobachtung zurück, dass beide Werke äußerst disparate Elemente vereinigen, sich viele Unstimmigkeiten feststellen lassen. So treten beispielsweise Waffen- oder Kultbräuche nebeneinander auf, die aus verschiedenen Kulturschichten stammen, unerklärliche Widersprüche und Brüche lassen sich feststellen, aber auch selbständige Einheiten darstellende Lieder und Kleinepen herauslösen, die zu einem größeren Werk kompiliert worden sein könnten. Eine zufriedenstellende Antwort auf die homerische Frage wurde bis heute nicht gefunden.
Wirkungsgeschichte:
Die Wirkung der Epen Homers auf die gesamte nachfolgende Literatur der Griechen kann gar nicht überschätzt werden. Als maßgeblicher Gestalter ihres Götter- und Menschenbildes beeinflusste er Tragödie, Geschichtsschreibung und Philosophie und wurde bereits in derAntike in den Kanon der klassischen Schulautoren aufgenommen. In der römischen Literatur gab es bereits im 3. Jhdt. v. Chr. eine Nachdichtung durch Livius Andronicus und die Aeneis von Vergil ist wohl das bekannteste Heldenepos welches die Epen Homers zum Vorbild hatte.
In Deutschland wirkte der Einfluss Homers besonders auf Goethe, Lessing und Herder, durch die Übersetzungen von Johann Heinrich Voss wurden seine Werke breiten Bevölkerungsschichten zugänglich. Unter den Übertragungen der jüngeren Zeit ist besonders die des Altphilologen Wolfgang Schadewaldt zu nennen.
Inhalt der Ilias:
Die Ilias erzählt vom Zorn des Achill am Ende des 9. Kriegsjahres, erweitert durch Szenen wie Rivalen-Zweikampf und Mauerschau, die an sich in den Kriegsbeginn gehören.
Der Anfang des Epos (I) berichtet in raschem Tempo den Konflikt zwischen Achill und Agamemnon um Briseis. Weil Agamemnon die Rückgabe der Chryseis verweigerte, sendet Apollon die Pest ins Lager der Griechen. Widerstrebend ist er dann doch zur Rückgabe der Chryseis bereit, fordert aber als Ersatz Briseis, die Ehrengabe des Achilleus. Grollend zieht sich daraufhin Achilleus von jeder Teilnahme an den Kämpfen zurück.
In einer bedenklichen Erprobung des Kampfeswillen (II), fordert Agamemnon das kriegsmüde Heer zu den Schiffen zu gehen und heimzukehren. Nur mit Mühe vermag Odysseus die Fliehenden aufzuhalten.
Ein Waffenstillstand ermöglicht den ergebnislosen Zweikampf zwischen Paris und Menelaos (III). Paris wird aus höchster Gefahr von Aphrodite in die Stadt entrückt.
Dieser vertraglich festgelegte Waffenstillstand wird durch den Pfeilschuß des Troers Pandaros auf Menelaos gebrochen (IV). Er trifft, aber es endet für Menelaos nicht tödlich.
In den folgenden Gesängen tritt Diomedes in den Vordergrund. Als Pandaros und Aineias einen Angriff auf ihn machen (V), verwundet er beide und erbeutet die Rosse des Aineias.
Die Troer können nur noch mit größter Anstrengung Widerstand leisten (VI) und der Seher Helenos bittet seinen Bruder Hektor, in die Stadt zu eilen und die Frauen zum Gebet zu Athene aufzurufen. Bevor Hektor zurückkehrt, sucht er seine Frau Andromache auf, um sich von ihr und seinem Sohn zu verabschieden.
Hektor fordert den Fürsten Aias zum Zweikampf auf (VII). Dieser bedrängt Hektor hart und nur der Einbruch der Nacht verhindert die Entscheidung. Zum Schutz errichten die Griechen in der Nacht eine Mauer um die Schiffe.
Zeus untersagt den Göttern jede Kampfhilfe (VIII) und auf Grund der wachsenden Not der Griechen werden drei Männer, darunter Odysseus, auf Vorschlag von Nestor in das Lager des Achilleus zwecks einer Aussöhnung mit ihm geschickt (IX). Agamemnon bietet reiche Geschenke, doch sie haben keinen Erfolg.
Odysseus und Diomedes werden als Späher in das feindliche Lager geschickt (X). Diese beiden nehmen Dolon, der für die Troer die Absichten der Griechen erkunden sollte, gefangen und erhalten von ihm genaue Angaben über das Lager der Trojer.
In den folgenden Büchern (XI-XV) wird über die wachsende Not der Griechen erzählt und Hera versenkt Zeus in einen tiefen Schlaf und verschafft so Poseidon die Möglichkeit den Griechen tatkräftig zu helfen.
Patroklos erhält auf seine Bitten von Achilleus dessen Waffen, um die Troer von den Schiffen zu vertreiben (XVI). Patroklos läßt sich nun durch seine Erfolge hinreißen und dringt bis an die Mauern Trojas vor. Da tritt ihm Hektor entgegen und dieser trifft ihn tödlich.
Die weiteren drei Bücher (XVII - XIX) berichten den Kampf um die Leiche von Patroklos, Achilleus Schmerz, die Fertigung einer neuen Rüstung durch Hephaistos mit dem bilderreichen Schild und die Versöhnung mit Agamemnon. Achilleus enthält von Agamemnon Briseis zurück und weiters reiche Geschenke.
An der letzten großen Schlacht (XX - XXII) nehmen die Götter teil, die Troer fliehen, Hektor hält vor den Mauern stand und fällt.
Nachdem Achilleus eine Totenklage um Patroklos und anschließend einen Leichenschmaus veranstaltet hatte (XXIII), wird Priamos mit dem Auftrag, die Leiche seines Sohnes auszulösen zu ihm geschickt (XIV). Durch den Jammer des Vaters tief bewegt, nimmt Achilleus das Lösegeld an und verspricht Waffenstillstand für die Bestattung Hektors.
Die Charaktere der Hauptpersonen in der Ilias:
Agamemnon:
Gleich bei seinem ersten Auftreten zeigt er sich heftig und übereilt, indem er das Anerbieten des Priester Chryses, seine Tochter durch ein hohes Lösegeld zurückzukaufen, nicht nur ohne weiteres abweist, sondern den unglücklichen Vater, der mit dem Abzeichen seiner priesterlichen Würde erscheint, auch noch unter Drohungen aus dem Lager jagt, eine Handlungsweise, die eine furchtbare Strafe des göttlichen Beschützers jenes Priesters mit sich zieht. Agamemnon zeigt sich ferner mißtrauisch und eifersüchtig, wenn es die Wahrung seiner Würde gilt. So sieht er in dem Auftreten des Achilles, der infolge der von Apollon geschickte Pest eine Volksversammlung einberuft, einen Eingriff in seine Rechte als Oberfeldherr. Als dann der Seher Kalchas unter dem Schutze Achills zu sagen wagt, er habe das ganze Unglück verschuldet und die Seuche könne nur durch Rückgabe der Chryseis abgewendet werden, hält er den Seher für angestiftet von Achilles und richtet nun seinen ganzen Zorn gegen diesen, wobei er ihm Mangel an Ehrfurcht vor dem Oberfeldherrn und Überhebung vorwirft. Ferner sieht man ihn wiederholt ängstlich, völlig mutlos und verzagt, so daß er sich nicht scheut, allen Ernstes den Vorschlag zu machen, die Belagerung aufzugeben und nach Hause zurückzukehren. Allein diese Schwächen treten nur selten hervor und werden durch viele andere vortreffliche Eigenschaften vollständig aufgewogen.
So ist Agamemnon sich seiner Verantwortung und seiner Pflichten als Oberfeldherr stets bewußt, und die Sorge um das Wohl seiner Untergebenen und um den glücklichen Fortgang des Krieges bereitet ihm manche schlaflose Nacht. Hat er sich einmal übereilt und ist er in seinem Zorne zu weit gegangen, so sieht er sein Unrecht bald wieder ein und ist ohne Bedenken bereit, es wiedergutzumachen. Dies zeigt er besonders in seinem Verhalten gegen Achilles, dem er nicht nur Briseis zurückgeben will, sondern den er auch noch durch eine Menge wertvoller Geschenke zu entschädigen und zu versöhnen bereit ist. Auch fehlt es ihm nicht an persönlicher Tapferkeit und Tüchtigkeit in der Führung der Waffen und er vollbringt im Kamofe herrliche Taten, bis er selbst im 11. Gesang schwer verwundet wird. So ist Agamemnon trotz seiner Schwächen der Mann, der den Oberbefehl zu führen würdig ist und der von allen mit Recht geachtet und geehrt wird.
Achilles:
Bei dem Streite mit Agamemnon zeigt sich Achilles leidenschaftlich und übereilt, indem er selbst eine Volksversammlung einberuft und einen Seher zur Weissagung betreffs des Unglücks auffordert und dann Agamemnon durch heftige Reden reizt. Seine Unerbittlichkeit zeigt er besonder der Gesandtschaft Agamemnons gegenüber, indem er sich weder durch das Mitleid mit seinen schwerbedrängten Landsleuten noch durch die reichen Geschenke Agamemnons oder durch die Aussicht auf großen Ruhm zur Wiederaufnahme des Kampfes bewegen läßt. Ebenso unerbittlich zeigt er sich auch Hektor gegenüber, dem er seine Bitte um Schonung seiner Leiche mit harten Worten abschlägt.
Seine unüberwindliche Kraft und Tapferkeit beweist er besonders im Kampfe am Xanthoflusse, in Gesang 21, wo er unter den Trojanern furchtbar wütet und zuletzt noch zwölf tapfere Jünglinge gefangennimmt, um sie bei der Totenfeier seines Freundes Patroklos zu opfern. Wie sehr er wegen dieser Eigenschaft gefürchtet wird, zeigt sein bloßes Erscheinen am Graben, wo er durch sein Schreien die Leiche seines Freundes retten hilft, und als er dann selbst in der neuen Rüstung erscheint, sind alle bestürzt und entsetzt.
Sein frommer Sinn heißt ihn gegen Athene gehorsam sein. Nichts unternimmt er ohne den Rat seiner göttlichen Mutter und als sie ihm den Befehl des Zeus überbringt, die Leiche Hektors gegen Lösegeld zurückzugeben, erklärt er sich dazu bereit. Als er seinen Freund Patroklos in den Kampf ziehen läßt, bringt er erst ein feierliches Opfer dar und bittet die Götter um den Sieg und die glückliche Heimkehr seines Freundes.
Odysseus in der Ilias:
Allerdings ist in der Ilias Achilles entschieden die Hauptperson. Neben ihm treten auch Agamemnon und Nestor in den Vordergrund, denen Odysseus allen ebenbürtig zur Seite steht. Besonders treten seine geistigen Vorzüge wie Klugheit, geistige Gewandtheit und Umsich, überall hervor. Auch urteilt er in allen Lagen sicher. Als die Krieger infolge der Rede Agamemnons in wilder Hast nach den Schiffen eilen, um unverrichteter Sache in die Heimat zurückzukehren, ist Odysseus der einzige, dem es durch kluge Maßregeln gelingt, das Heer wieder zu seiner Pflicht zurückzuführen.
Auch leuchtet überall seine Redegwandtheit hervor. Beispielsweise die Rede, die er als Gesandter Agamemnons an Achilles hält. Zuerst schildert er ihm die Not der Griechen und knüpft daran die Mahnung zu helfen, ehe es zu spät ist. Dann geht er auf die reichen Geschenke ein, die ihm Agamemnon im Falle der Versöhnung bietet, und bittet ihn dann, wenn ihm dieser zu verhaßt sei, wenigsten dem Mitleid Raum zu geben und die Griechen zu retten. Er schließt seine Rede mit einem Appell am Achills Ruhmbegierde, die er gerade jetzt im Kampfe mit Hektor befriedigen könne.
Priamos:
Priamos, der König von Troja, ist zwar infolge seines hohen Alters nicht mehr selbst am Kampfe beteiligt, aber er lenkt doch noch die Geschicke Trojas. Er ist vor allem das wenig erfreuliche Bild eines vom Alter geschwächten Königs, der nicht Gerechtigkeit übt und daher nicht in rechter Weise für das Wohl seiner Untertanen sorgt. So hat er schon vor Beginn des Krieges die von den Griechen geforderte Herausgabe der geraubten Schätze und der Helena verweigert und dadurch den verhängnisvollen Krieg mit heraufbeschworen. Als nun infolge der Niederlage des Paris im Zweikampfe mit Menelaos vertragsmäßig beides zurückzugeben ist, willigt er abermals in die Verweigerung der Rückgabe ein, obwohl er selbst den Vertrag abgeschlossen hat und die Griechen ganz besonders auf sein Worthalten rechnen.
Trotzdem kann man dem greisen König sein Mitleid nicht versagen. Alles, was er tut, geschieht aus Liebe zu seinen Kindern. Als es gilt die Leiche seines Sohnes aus den Händen des grausamen Feindes zu retten, macht er sich trotz seines Alters in der Nacht unerschrocken auf den Weg, im festen Vertrauen auf die Hilfe der Götter. Und das Unternehmen gelingt. Durch seine zu Herzen gehenden Worte rührt Achilles so, daß ihn dieser sogar über sein Unglück tröstet.
Hektor:
Hektor ist das Musterbild eines tapferen und liebenswürdigen Helden. Dabei hat seine Tapferkeit nichts Entsetzliches und Abschreckendes wie die des Achilles, der weder Mitleid noch Rücksicht im Kampfe kennt, sondern er zeigt auch hier mildere Sitten und menschliches Wesen.
Hektors Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit zeigen sich besonders in seinem Verhalten gegen Paris. Am hellsten aber strahlt seine Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit im Verkehr mit seiner Familie. Er bemüht sich die Träönen seines Kindes zu stillen und betet für sein Wohlergehen und seinen Ruhm zu den Göttern. So ist Hektor nicht nur der Liebling, der Stolz und die Zuversicht der Seinigen, sondern seines ganzen Volkes, und man begreift die Trauer der Trojaner bei seinem Tode.
Paris:
Paris ist von schöner Gestalt und in allen Künsten der Eitelkeit und Galanterie wohlerfahren. Ein hervorstechender Zug seines Wesens sind Leichtsinn und Gewissenlosigkeit. So hat er sich nicht gescheut, die Gattin seines Gastfreundes Menelaos, der ihn freundlich aufgenommen hat, zu entführen und reiche Schätze mitzunehmen. Trotz des Elendes, das er dadurch über seine Vaterstadt gebracht hat, will er das Unrecht nicht wiedergutmachen und widersetzt sich allen Versuchen, durch Rückgabe Helenas und der geraubten Schätze den verderblichen Krieg abzuwenden.
Auch tritt er oft prahlerisch und großsprecherisch auf. In prahlerischer Weise fordert er einen Griechen zum Zweikampf heraus; als er aber sieht, daß Menelaos sich ihm entgegenstellen will, zieht er sich feig in den dichtesten Haufen der Trojaner zurück und läßt sich nur durch den heftigen Tadel Hektors zur Aufnahme des Kampfes bewegen.
Das einzige, was ihn bei alledem entschuldigt und wohl auch die Trojaner milder gegen ihn stimmt, ist seine aufrichtige Liebe zu Helena. So erscheint Paris als ein weichlicher, ja fast weiblicher Chrarkter, der sich gern seinen Launen und Leidenschaften hingibt und zu deren Befriedigung selbst vor Unrecht nicht zurückschreckt.
Inhalt der Odyssee:
In der Odyssee sind mittelmeerische Seefahrermärchen mit der weltweit verbreiteten Novelle von dem Heimkehrer Odysseus und der Wiedergewinnung seiner Frau Penelope aus den Händen der Freier vereinigt.
Die 'Telemachie' (I - IV) erzählt die Erweckung des Telemachos zum Helden durch Athene. Diese rät ihm, sich nach Pylos und Sparta zu begeben, um sich bei Nestor und Menelaos, die erst vor kurzem aus Troja heimgekehrt waren, nach seinem Vater Odysseus zu erkundigen. Nestor nimmt den Ankömmling freundlich auf, berichtet ihm über seine eigene Heimfahrt von Troja und rät ihm, sich nach Sparta zu Menelaos zu begeben.
Auf Zeus´ Befehl entläßt die Nymphe Kalypso Odysseus von Ogygia nur ungern (V). Diese versprach ihm Unsterblichkeit, wenn er bei ihr als ihr Gatte bleibe.
Nach einem Seesturm strandet Odysseus auf der Insel Scheria (VI). Die Phäaken nehmen ihn dort freundlich auf.
Odysseus weilt bei den Phäaken (VII - XII). Er begibt sich in die Stadt und gelangt zum Palast, wo er die Königin Arete um Heimsendung anfleht. Der König Alkinoos nimmt ihn als Gast auf und verspricht ihm sichere Heimkehr. Schon am nächsten Morgen werden die Vorbereitungen zur Heimsendung des Fremdlings getroffen. Bei dem anschließenden Gastmahl singt der Sänger Demodokos von den Kämpfen um Troja. Später ersucht ihn Alkinoos seine Geschichte zu erzählen. Odysseus nennt nun seinen Namen und Herkunft. Vom Land der Lotophagen wird er zu der Kyklopeninsel verschlagen: Hier verschlingt Poseidons Sohn Poyphemos sechs Gefährten des Odysseus, wird aber in der Nacht durch diesen geblendet und am nächsten Morgen gelingt Odysseus die Flucht. Aiolos, der König der Winde, entsendet Odysseus mit günstigem Wind und gibt ihm, in einem Schlauch versperrt, die anderen Winde mit. Als aber die Gefährten nahe bei Ithaka aus Neugierde den Schlauch öffnen, treiben die Schiffe zurück. Nun kommen sie ins Land der Laistrygonen, wo sie elf Schiffe verlieren. Die übrigen erreichen Aiaia, die Insel Kirkes. Die Zauberin verwandelt die Gefährten des Odysseus in Schweine. Mit Hilfe des Hermes bezwingt Odyssues Kirke und rettet die Freunde. Nach einjährigem Aufenthalt fordert Odysseus die Heimkehr. Davor befiehlt ihm Kirke jedoch, zum Eingang des Totenreiches zu fahren und in den Hades hinabzusteigen. Als er dort ankommt, trifft er die Seele des Sehers Teiresias, von dem er seine weiteren Schicksale erfährt und von seiner Mutter hört er die Vorgänge auf Ithaka. Als er wieder in Aiaia ist, warnt ihm Kirke vor drohenden Gefahren. Ohne Verluste besteht er die Sirenen, entgeht der Charybdis, verliert aber durch die Skylla sechs Gefährten. Durch den Südwind wird er auf Thrinakia festgehalten und ohne ausreichende Lebensmittel schlachten die Gefährten die dort weidenden Rinder des Sonnengottes. Zur Strafe zerschmettert Zeus auf Bitten des Helios die Schiffe des Odysseus, nur er selbst bleibt am Leben und stranded wieder auf Ogygia.
Odysseus wird von den Phäaken nach Ithaka gebracht und bereitet den Kampf gegen die Freier vor, die seine Güter in seinem Haus verprassen (XIII - XVI). Als alter Bettler begibt er sich zuerst zu dem Sauhirten Eumaios und trifft dort den auch eben erst von Sparta angekommenen Telemachos. Er gibt sich ihm zu erkennen und gemeinsam verabreden sie die Ermordung der Freier. Ebenfalls in Bettlergestalt betritt er den Palast, spricht mit Penelope, die ihn jedoch nicht erkennt und wird von der Amme Eurykleia erkannt.
Er trifft letzte Vorbereitungen für den Kampf mit den Freiern (XVII - XX). Es folgen Bogenwettkampf (XXI), Freiermord (XXII) und die Wiedervereinigung der Gatten (XXIII).
Der letzte Gesang (XXIV) beinhaltet den Abstieg der Freierseelen in die Unterwelt, die Wiederbegegnung Odysseus´ mit seinem Vater Laertes, einen Aufstand gegen Odysseus und schließlich die Versöhnung auf Ithaka.
Die Götter Homers:
Die Götter Homers sind übersteigerte Menschen. Nicht nur ihre Gestalt, auch ihre Umwelt entspricht menschlichen Vorstellungen. Das emotionelle Erfassen der Götter wird dadurch erleichtert, doch die Unterschiede sind deutlich: die Götter leben zwar, sie kennen aber den Tod nicht, und in ihren Adern fließt kein gewöhnliches Blut, sondern eines aus dem sie Kraft und Ewigkeit beziehen; sie essen Ambrosia und trinken Nektar, der ihnen ewige Jugend verleiht. Das Dasein der Götter entspricht äußerlich dem menschlichen, doch ist alles für sie ideal, prachtvoll und wunderbar: die leichthin Lebenden nennt sie Homer darum. Doch sie kennen auch menschliches Empfinden: Sie sind gekränkt, wütend, sie streiten, lieben, intrigieren, sie empfinden Schmerz und haben Rachegelüste.
Um dem Gott gegenüber seine Scheu auszudrücken, betet und opfert der Mensch. Je reicher bei solcher Gelegenheit der vom verbrannten Opfertier zum Himmel steigende Fettdampf ist, desto erfreuter sind die Götter, die diesen Dampf besonders gerne genießen. Zeus lobt deshalb die Troer: 'Denn so viele unter der Sonne und dem Himmel, dem bestirnten, Städten bewohnt werden von irdischen Menschen, von denen war mir überaus im Herzen geehrt die heilige Ilios und Priamos und das Volk des lanzenguten Priamos. Denn nicht fehlte es je meinem Altar an gebührender Speise, Weihguß und Fettdampf, denn das empfangen wir zur Ehrengabe.'
Den Unsterblichen obliegt es vor allem, sich um die Angelegenheiten der Menschen zu kümmern, das Leben der Menschen gewissermaßen zu koordinieren. Die Wirkungsbereiche sind dabei zugewiesen und festgelegt: durch Los erhielt Zeus den Himmel, Poseidon das Meer und Hades die Unterwelt. Die Erde aber und der Olymp sind allen Göttern gemeinsam. Die Götter informieren sich daher auch des öfteren nicht nur vom Himmel aus über das Treiben der Sterblichen, sondern sie mischen sich unter sie und beobachten ihr Verhalten:
'Durchwandern die Götter doch, Fremdlingen gleichend, in mancherlei Gestalt die Städte und blicken auf den Frevel der Menschen und ihr Wohlverhalten.'
Die Menschen sind in hohem Maße vom Willen der Götter abhängig. Zwar haben sie einen gewissen Freiraum zum Handeln und Entscheiden, aber die großen Linien des Schicksals werden von den Göttern gezogen. So sind Zwistigkeiten und Beleidigtsein der Götter die Gründe für die Kriege der Menschen: Poseidon ist Gegner der Troer, weil ihn ein früherer König der Stadt betrogen hat: Laomedon, für den er gemeinsam mit Apollon feste Mauern baute, zahlte nach deren Fertigstellung nicht den vereinbarten Lohn. Hera und Athene hassen die Troer, weil der Priamos-Sohn Paris der Aphrodite und ihre Gabe, Helena, den Vorzug gab. Und Hera ist sogar gerne bereit, ihre liebsten Städten Argos, Sparta und Mykene hinzugeben, wenn Zeus ihr nur die Zerstörung Trojas erlauben möchte. Freilich gibt es schon in der homerischen Göttervorstellung eine Macht, die auch den Göttern übergeordnet ist: das persönliche Schicksal, dessen Wille auch Zeus erst erkunden muß, indem er mit Hilfe einer goldenen Waage die Lose, die Schicksale, gegeneinander abwägt: einmal im achten Gesang der Ilias, als er die Lose der Achaier gegen die der Troer setzt, und noch einmal, als er das Schicksal der Achilleus mit dem des Hektor vergleicht:
'Da nun spannte der Vater die goldene Waagschale auseinander, und legte zwei Lose hinein des starkschmerzenden Todes, eines für Achilleus und eines für Hektor, den Pferdebändiger, faßte sie in der Mitte und zog sie hoch. Da senkte sich Hektors Schicksalstag und kam hinab bis zum Hades; und da verließ ihn Phoibos Apollon.'
An den Kämpfen der Menschen, die für diese bitterer Ernst sind und viele dem Tode ausliefern, haben die Götter große Freude und beobachten sie gerne. Manchmal begeben sich Zeus und die anderen Olympier auch auf die Erde, um besser sehen zu können. Doch nicht immer geht es bei den Unsterblichen ganz so ernst zu. Während die Menschen auf Leben und Tod kämpfen, macht es den Göttern gelegentlich Spaß, sich zu streiten und zu balgen.
Seit dem achten Gesang, seit dem Beginn des zweiten Schlachttages, hatte Zeus den übrigen Göttern verboten, sich an den Kämpfen zu beteiligen oder auch nur einzugreifen - ein Verbot, das von Poseidon vorübergehend mißachtet wurde. Erst vom 20. Gesang ab ist ihnen der Kampf wieder freigegeben, und nun haben sich endgültig die Götterparteien herausgebildet: Hera, Athene, Poseidon, Hermes und Hephaistos stehen auf der Seite der Achaier; Ares, Apollon, Artemis, Aphrodite, Leto und der Flußgott Skamander-Xanthos auf der Seite der Troer. Und schrecklich sind die Begleiterscheinungen, wenn die Götterparteien sich formieren: Zeus donnert, daß die Berge zittern, Poseidon läßt die Erde erbeben, und sogar Hades in der Unterwelt erschrickt und befürchtet, daß ihm der Erderschütterer die Erde aufreiße von oben.
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