Kalendergeschichte seit Erfindung des Buchdrucks oftmals dem
Kalender beigegebene Erzählung, Fabel, Anekdote, Sage, Legende, Schwank bzw.
Rätselgeschichte oft didaktisch-erbaulichen Inhalts, seit dem
19. Jahrhundert zum Teil auch für bestimmte Stände, Berufs- oder Interessengruppen
(im Adelskalender, Bauernkalender, Arztekalender, Literaturkalender etc.).
Oftmals hatte sie eine volkstümliche Begebenheit zum Gegenstand und basierte
zunächst nicht selten auf mündlichem Erzählgut. Im 20. Jahrhundert
emanzipierte sich die Kalendergeschichte gänzlich vom ursprünglichen Medium und
etablierte sich als eigenständige Kurzprosagattung. Bekannte Verfasser von
Kalendergeschichten waren Johann Jakob Christoffel von Grimmelshausen (Der
ewig währende Kalender, 1670, Des abenteuerlichen Simplicissimi
ewig-währender Calender, 1671) sowie - im 18. und 19. Jahrhundert -
die zumeist im Südwesten des deutschen Sprachraums beheimateten Autoren Johann
Peter Hebel (Schatzkästlein des Rheinischen Hausfreundes, 1811),
Jeremias Gotthelf, Ludwig Anzengruber, Berthold Auerbach und Peter Rosegger. In
der Moderne nutzten Oskar Maria Graf, Bertolt Brecht und Erwin Strittmatter die
Gattung.
Parabel (griechisch parabole: Gleichnis),
literaturwissenschaftliche Bezeichnung für eine Erzählung lehrhaften
Charakters, die eine durch Analogieschluss zu enträtselnde allgemeine Wahrheit
des menschlichen Lebens enthält; diese muss durch einen Vergleich des Textes
(dem Dargestellten) mit der außersprachlichen Realität (dem Gemeinten) vom
Leser erst gewonnen werden. Im Unterschied zur Fabel ist der Gegenstandsbereich
der Parabel nicht als Ganzes auf das Gemeinte übertragbar, sondern lediglich in
einem Teilbereich. Vom Gleichnis im strengen Sinn wird die Parabel ebenfalls
oftmals unterschieden, da sie keine direkte Verknüpfung der Gegenstandsbereiche
(so: wie) zulässt; dem Gleichnis wird diese Verknüpfung oftmals in Form
einer klaren Moralaussage vor- oder nachgestellt. Die Parabel ist fester
Bestandteil der buddhistischen und hebräischen Literatur. Auch im Neuen
Testament wird sie als Erhellungsmedium einer (hier: göttlichen) Wahrheit
genutzt. Das berühmteste Beispiel ist die Parabel vom verlorenen Sohn, die auf
eine religiöse Botschaft des Glaubens hin interpretiert werden soll.
Gleichnis, in
der Literatur ein sprachliches Gestaltungsmittel, bei dem eine Vorstellung oder
ein Sachverhalt (Sachsphäre) zur Verdeutlichung mit einem analogen Vorgang oder
Zustand aus einem vertrauten anderen, meist sinnlich-konkreten Lebensbereich
(Bildsphäre) verglichen und beide durch Vergleichspartikel (so-wie)
ausdrücklich aufeinander bezogen werden. Der einzige, wechselseitig die
Bedeutung erhellende Berührungspunkt zwischen Sach- und Bildsphäre wird tertium
comparationis genannt. Dadurch ist das Gleichnis von der Fabel
unterschieden, bei der mehrere Bezugspunkte zwischen den Bereichen existieren.
Bekannteste Beispiele für Gleichnisse in der Literatur sind die episch breit
ausgestalteten Gleichnisse Homers, von denen die Ilias 182, dieOdyssee
39 enthält, sowie die Gleichnisse der Bibel, die der Ermahnung oder Belehrung
und als Stütze der Argumentation dienen ("Womit soll ich das Reich Gottes
vergleichen? Es ist wie der Sauerteig, den eine Frau unter einen großen Trog
Mehl mischt, bis das Ganze durchsäuert war;" Lukas 13, 20-21). Die
Parabel ist ein zur Erzählung erweitertes Gleichnis, wird vom Gleichnis im
engen Sinn aber oft unterschieden.
Fabel (von lateinisch fabula: Erzählung),
im weiteren Sinn das Handlungsgerüst eines epischen oder dramatischen Werkes,
also der stoffliche und thematische Grundplan, heute häufig auch mit dem
englischen Begriff Story bezeichnet. Im engeren Sinn wird heute
diejenige selbständige, kurze episch-didaktische Gattung in Prosa- oder
Versform als Fabel bezeichnet, die eine allgemein gültige Lebensweisheit
oder belehrende, sentenzhafte Weisheit vermittelt, die üblicherweise als
"Moral" (Fachbezeichnung Epimythion) am Ende der Geschichte
zusammengefasst wird. Themen der Fabel sind in der Regel Auseinandersetzungen
zwischen Tieren, die mit meist stereotyp verwendeten menschlichen
Charaktereigenschaften ausgestattet sind (der schlaue Fuchs, der mächtige Löwe
etc.); seltener können die Handlungsträger auch Pflanzen oder Gegenstände aus
der unbelebten Natur sein. Dabei wird der Vergleich in allen Einzelheiten
ausgeführt, auch wenn die Umstände und Ereignisse nicht immer realistisch sind
(sprechende Tiere), im Gegensatz etwa zur Parabel oder dem Gleichnis, wo die
Ereignisse zwar in der erfahrbaren Realität angesiedelt sind, aber nicht in
allen Vergleichspunkten übereinstimmen müssen.