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Rezeptionsveränderungen im Medienzeitalter
Beginn des modernen Lesens im 18. Jh., davor ritualisiertes Lesen, intensive Wiederholungslektüre (Bibel, Katechismus, unveränderlicher Orientierungsrahmen für Denken und Handeln)
Zeitalter der Aufklärung, Hochschätzung der Bildung, Erkennung der ökonomischen Chance durch Wissen seinen Stand zu verbessern
Beschränkung der allgemeine Lesefähigkeit auf die Städte und industrielle Regionen, auf den Landschulen reine Alphabetisierung
Lektürekanon erweitert sich. Bewahrpädagogik der Kirche, deren Anliegen: Bücher, die die eigene Situation verschleiern und suggestieren, daß man bleiben soll wie (was) man ist.
Nach Französischer Revolution, Aufschwung der Zeitungen und Entstehung von Leihbibliotheken und Lesegesellschaften. Entstehung einer Lesewut. Verschlingung des Volkes von Liebesromanen, Abenteuerberichten, Erziehungsschriften, Kinder- und Jugendliteratur, um mit dem Adel gleich zu ziehen. Kritiker geißeln die "Romanleserey", "Pest der deutschen Literatur".
Im 19. Jh. Entstehung vom Münchener Bilderbogen und der Neuruppiner, Vorstufen der Comics; Familienzeitschriften wie "Die Gartenlaube" entstehen.
Ausstattung der Herrenzimmer mit Konversationslexika und Klassikerausgaben.
Zweiteilung des Buchmarkts in ästhetisch ansprechende und kostbare Drucke sowie in Billighefte, illustrierte Zeitungen. Trennung von Kultur- und Massenbuch.
Technische Errungenschaften, wie die Petroleumlampe fördern die Lesefähigkeit.
Im 20. Jh. Beschneidung des Freizeitbudgets durch neue Medien. Augen-, Ohren- und Körperkultur
Hitliste der Bücher, Autoren: Remarques "Im Westen nichts Neues", Courths-Mahler, Karl May, Brecht, Kästner, Feuchtwanger, Heinrich Mann. Wichtige Verlage, meist in Berlin: Fischer, Ullstein, Rowohlt
Nach 1945 Publikation nur mit Lizenz und Zensur der Alliierten. "Reedukation-Programme" in der Literatur.
Sowjetische Zone: Staatlich gelenkter Volksbuchhandel. Lesekultur in der DDR: eher Mangelkultur. Im Westen: Blick auf die im Dritten Reich verbotene Literatur und des Westens: Hemingway, Sartre, Tucholsky, Böll
1950 Entstehung des Taschenbuchs, Rowohlt Verlag, neuer Markt mit niedrigem Buchpreis
Max. Verbreitung des Krimiheftes (Jerry Cotton), Science-fiction-Broschüren (Perry Rhodan) und später die Comics.
In der multimedialen Freizeitkultur hat sich wegen der verringerten Arbeitszeit das Buch als Unterhaltungsmedium neben Rundfunk und Fernsehen zwar behaupten können, aber im durchschnittlichen, sechsstündigen Medienkonsum des heutigen Erwachsenen nimmt das Lesen nur noch 20% der verfügbaren Zeit ein. Die Behauptung, das Buch würde durch die Medien getötet, ist aber schon deshalb unbegründet, weil der Buchbesitz heute verbreiteter ist, als in den 50er Jahren. Die Zahl der Nicht-Buchleser wird derzeit auf 25% der Bevölkerung geschätzt, die der regelmäßigen auf 30%. Umstritten bleibt, ob durch Leseerziehung und Leseförderung - vor allem an Schulen - die Lesebereitschaft nennenswert gesteigert werden und ob das Buch bei künftigen Generationen noch als kulturelles Leitmedium gelten kann. Obwohl das Lesen im kulturellen Sinne für das Sozialprestige des Einzelnen auch heute noch eine wichtige Rolle spielt, wird es in Zukunft wieder eine Angelegenheit für eine relativ kleine Bevölkerungsgruppe sein, die Mehrzahl der Menschen benutzt es dann lediglich als einfach und rasche Informationsaufnahme aus Annoncen, Verkehrshinweisen, Rezepten und den Headlines der Zeitungen.
Quellen: Reinhard Wittmann: Geschichte des deutschen Buchhandels, Kindels Literaturlexikon, Blickfeld Deutsch, Bertelsmann Lexikothek
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