Das Biedermeier
(1815-1848)
Durch die napoleonischen Kriege bis 1814 wurde Europa aus seinem
politischen und wirtschaftlichen Gleichgewicht gebracht. Um die Grenzen und
politischen Strukturen Europas wiederherzustellen wurde im Herbst 1814 der Wr.
Kongreß einberufen. Durch Metternich wurden die nationalen und liberalen
Strömungen durch die Einführung des Polizeistaates zurückgehalten. Nach der
Epoche des feierlichen Barock und des gezierten (Quasi-)Rokoko stellt das B.
eine Flucht in eine behagliche Genußfreudigkeit, in eine 'heimliche'
Weltgeborgenheit, dar. Da das Bürgertum, das zu Geld und Ansehen gelangt war,
im Metternichschen Polizeistaat von jeder Einflußnahme auf die Staatsgeschäfte
ferngehalten wurde, traten die persönlichen, rein privaten Interessen in den
Vordergrund. Wichtiges Anliegen wurde die Gestaltung der Freizeit. Man suchte
Vergnügen und Unterhaltung auf der Landpartie, beim Heurigen, im Prater, in
Tanzlokalen, im Kaffeehaus und im Theater - nicht zuletzt als Ablenkung vom
harten Alltag, der tristen sozialen Lage und der unsicheren politischen
Situation.
Große Bedeutung wurde der Pflege von Kunst und Kultur beigemessen,
wobei sich das wohlhabende Bürgertum zum wichtigsten Förderer entwickelte. Die
Häuser der kunstinteressierten und einflußreichen Mäzene wurden oft zum
Treffpunkt von Literaten, Komponisten, Malern und Bildhauern sowie Vertretern
aus anderen Bereichen des kulturellen Lebens. Man veranstaltete literarische
Zirkel, Konzertabende, Diskussionsrunden u. a. Zu einem solchen Anlaß
eingeladen zu werden konnte für einen jungen Künstler das Sprungbrett zum
Erfolg bedeuten.
Die Dichtung des ö. B., die Elemente der Klassik und der Romantik
aufnahm, war - dem politischen 'Jungen Deutschland' bewußt
entgegengesetzt - weitgehend unpolitisch und vertrat die Ideale behutsamer
Innigkeit, Selbsteinschränkung und Resignation. Das 'sanfte Gesetz'
der Natur war die Kunstmaxime. Dem B. verpflichtet waren z.B. Adalbert Stifter,
Ferdinand Raimund und Franz Grillparzer.