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Marcel Dupré wurde am 3. Mai 1886 in Rouen (Frankreich) in eine sehr musikalische Familie hineingeboren. Schon sehr früh begann er mit Studien der Harmonielehre und des Kontrapunktes und mit zwölf Jahren war er bereits Organist der Kirche St.-Vivien (Rouen). Am Pariser Konservatorium studierte er bei Louis Diamer (1843-1919) Klavier, und zunächst bei Guilmant dann bei Widor, und zuletzt bei Vierne Orgel. Von 1906 an war er Vertreter Widors in der Kirche St.-Sulpice.
Als Interpret fiel Dupré vor allem im Jahr 1920 auf, als er im Rahmen von zehn Konzerten das gesamte Bachsche Orgelwerk auswendig vortrug. Wie Widor und Vierne unternahm auch Dupré zahlreiche Konzertreisen. 1921 führten ihn diese nach Amerika, wo er in Philadelphia, im Wanamaker Store, konzertierte. Die Orgel verfügte damals über 232 Register - heute, als die größte Orgel der Welt besitzt sie 451 Register, 30067 Pfeifen und sechs Manuale. Von 1916 bis 1921 war Dupré Organist der Kathedrale Notre-Dame (Paris), da ihn Vierne aus gesundheitlichen Gründen bat ihn zu vertreten.
1926 wurde Dupré zum Nachfolger von Gigout am Pariser Konservatorium ernnant, von 1954 bis 1956 war er Direktor des Konservatoriums. Am 31. Mai 1971 starb Marcel Dupré in seiner Villa in Meudon bei Paris. 'Dupré vermochte es, mit Hilfe anderer Musiker, Frankreich zu einer blühenden Orgelkultur zu machen'. Er schuf mit sämtlichen Unterrichtswerken eine Grundlage für den Orgel- und Improvisationsunterricht. Zu derartigen Unterrichtswerken zählten unter anderem auch Anleitungen zur Improvisation und eine in Frankreich immer noch verwendete Gesamtausgabe von Bachs Orgelwerk mit Fingersätzen und Artikulationsvorschlägen.
Marcel Dupré wird als 'Hauptschöpfer kirchlicher Programm-Musik' bezeichnet, was durch seine Symphonie-Passion begründet nicht unwahr ist. Neben den Orgelwerken, die in der orgelsymphonischen Tradition gehalten sind, komponierte er zahlreiche programmatisch gebundene freie Orgelstücke. Es wäre noch interessant zu erwähnen, daß Duprés Schülerkreis berühmt gewordene Interpreten und Komponisten wie Jehan Alain, Marie-C. Alain, Olivier Messiaen und Marie-Madeleine Durufle´-Chevalier umfaßte.
Man kann sagen, daß die Symphonie Passion zweimal geschaffen wurde. Der Ursprung war eine Improvisation während eines Konzertes auf der großen Orgel des Kaufhauses Wanamaker in Philadelphia in den U.S.A. im Jahr 1921. Lassen wir .Marcel Dupré dieses Ereignis selbst beschreiben:
"Ich werde niemals den Abend des 8. Dezember 1921 vergessen, als ich in der Menge der gegebenen Themen zur Improvisation einige gregorianische Gesänge fand. Blitzartig sah ich vor mir in Gedanken eine Symphonie in vier Sätzen, die später nach meiner Rückkehr nach Frankreich meine Symphonie Passion werden sollte. Dr. Russel kündigte mein Vorhaben an, alle im Saal erhoben sich, und ich spielte in einem Zustand der Begeisterung, wie ich ihn selten kannte."
Die endgültige Fassung wurde 1924 zur Einweihung der Orgel von Westminster in London komponiert. Die Symphonie Passion stellt in einem großartigen Fresko die unausweichliche Entwicklung der Mission Christi auf Erden dar. Im 1.Satz - "Le monde dans l'attente du sauveur - Die Welt erwartet den Heiland" rahmen finstere und adgehackte Akkorde, die die Angst der Menschen bedeuten sollen, das leuchtende - als Kanon verarbeitete - Thema "Jesu redemptor omnium" ein. Im Crescendo endet das gregorianische Motiv in einer Hymne der Hoffnung auf das Kommen des Messias. Der 2. Satz "Nativité - Die Geburt" beschreibt in drei Teilen die Weihnachsnacht. Nach einer kurzen Einführung, in der sich schon das tragische Geschick Christi abzeichnet, wird das Mysterium der Krippe dargestellt. Ein rhytmisches Motiv untermalt die Ankunft der heiligen drei Könige. Der dritte abschließende Teil symbolisiert die Anbetung des Kindes in der Krippe, und zum Ausklang erhebt sich der Gesang "Adeste fideles". Auch der 3. Satz "Crucifixion - Die Kreuzigung" ist dreiteilig. Der erste Teil stellt durch sein absteigendes Motiv den Kreuzweg dar. Dieses Motiv entwickelt sich im Crescendo bis zur Kreuzigung, die von einigen kurzen Akkorden angedeutet wird. Der Satz endet in leisen Tönen, die von der Klage der Mutter Gottes am Fuße des Kreuzes unterbrochen werden. (Sequenz "Stabat mater dolorosa"). Der 4. Satz "Résurrection - Die Auferstehung" entwickelt sich aus der Hymne "Adoro te devote". Nach der Trauer findet man die Hoffnung wieder in einem großartigen Crescendo österlicher Freude. Es beginnt mit bewegten Arabesken, die das gregorianische Thema tragen. Ein atemloser Rhytmus steigert sich mehr und mehr bis zu einer großartigen Toccata. Nach einer Reihe von mächtigen Akkorden endet das Werk in der leuchtenden Tonart D-Dur als Symbol der Herrschaft des auferstandenen Heilands.
Abb.: Schluß der Symphonie - Passion
Abb.: Thema des Weihnachtsliedes
Die Melodie, die diesem Werk zugrunde liegt, ist ebenso einfach und volkstümlich wie die Vorlage der klassischen französischen Noël - Vertoner (z.B.: Daquin). Dupré schließt bewußt an die Tradition an. Die Variationstechnik ist abwechslungsreich und schafft wirkungsvolle Kontraste:
I. Thema im Tenor und Sopran
II. figuarative Veränderung
III. Kanon der Oktave
IV.Cantus firmus im Pedal, staccato-Kaskaden
V. Veränderung des Themas im Pedal
VI.Kanon der Quart und Quint
VII.figuriert durch Vorschläge
VIII.Kanon der Sekunde
IX.freie Variation mit Gegensatz legato - staccato
X. Fugato mit Cantus firmus im Pedal, Sopran und wieder im Pedal und kehraus artigem Presto, Cantus firmus im Pedal zu Akkordwechseln zwischen beiden Händen.
Diese Variationen sind sicher das beste freie Orgelwerk Duprés.
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