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Der
Begriff "Pulvermetallurgie" umfaßt das herstellen von metallischem Pulver und
das herstellen von Teilen aus diesem Pulver durch Formen und Sintern.
Sintern ist eine Wärmebehandlung von Pulver oder eines Preßkörpers bei
Temperaturen unterhalb des Schmelzpunkts des Grundwerkstoffs, um die Festigkeit
zu erhöhen. Unter dem Begriff "Sintertechnik" sind alle Verfahrens-schritte zur
Herstellung eines Sinterteils mit Ausnahme der Pulvererzeugung zu verstehen.
Die Pulvermetallurgie ist ein Herstellungsverfahren der Massenfertigung. In
vielen Fällen sind Serienteile so konstruiert, daß die Form und der
Werkstückstoff zunächst mehrere Herstellungsverfahren zulassen. Für die
Entscheidung, welches Verfahren vorzuziehen ist, sind sowohl technische
Forderungen als auch wirtschaftliche Gesichtspunkte maßgebend. Verfahren der
Massiv- und der Blechumformung sowie Schneide- und Gießverfahren stehen stets
in Konkurrenz zur Pulvermetallurgie.
Für das Anwenden der Pulvermetallurgie lassen sich folgende Gründe angeben:
Erzeugung
von Werkstoffen mit spezifischen Eigenschaften, die nur pulvermetallurgisch herstellbar sind; z.B.:
duktile Metalle mit hohem Schmelzpunkt,
Hartmetalle, Pseudolegierungen, Legierungen aus Metallen mit
sehr unterschiedlichem Schmelzpunkt, Werkstoffe mit definierte Porosität.
Erzeugung von Werkstoffen, die nach anderen Verfahren nur mit großem Aufwand herstallbar sind; z.B.: Reinstmetalle und -legierungen, Werkstoffe mit gleichmäßigen Eigenschaften , Legierungs- zusammensetzungen und Gefügen.
Wirtschaftliche Herstellung von Serien ab etwa 5000 Stück
Gleichmäßigkeit
in Form und Abmessungen innerhalb einer Serie; gute Oberflächenqualität, sehr enge Gewichtstoleranz,
geringe Maßtoleranz
Herstellbarkeit
komplizierter Formen mit engen Toleranzen, wie Ver- zahnungen, Kurven, Formlöchern usw.
Wegen des fehlenden Faserverlaufs gleichmäßige Festigkeits-Eigen- schaften in allen Richtungen
Gute Gleiteigenschaften durch Öltränkung bei porösen Teilen
Einbaufertige
Ausformung, die nur in Ausnahmefällen eine spanab- hebende Nacharbeit erfordert
Möglichkeit von Einsatzhärtung, Vergütung oder Dampfbehandlung
an Sinterstahlteilen.
Die Härtbarkeit ist dank des gleichmäßigen Gefüges und der konstanten Materialzusammensetzung
besonders gut
Sehr
gute Werkstoffausnutzung und geringer Energiebedarf
Die Verfahrensschritte in der Pulvermetallurgie sind die Erzeugung der Pulver , das Mischen, das Pressen und das Sintern, woran sich noch ein Nachpressen, wie z.B. das Kalibrieren, und eine Nachbehandlung anschließen kann.
Zur Herstellung metallischer Pulver gibt es mehrere sehr unterschiedliche arbeitende Herstellungsverfahren. Die wichtigsten sind die Direktreduktion von Eisenerzen mit anschließender Zerkleinerung des porösen Eisenschwamms und das Verdüsungsverfahren, das zunehmend an Bedeutung gewinnt; weiterhin die elektrolytische Abscheidung, das Karbonylverfahren und die mechanische Zerkleinerung. Nach dem Reduktionsverfahren werden heute etwa 40 bis 50 % des Weltbedarfs an Eisenpulver produziert.
Entsprechend den
Anforderungen an das herzustellende Sinterteil muß man die Metallpulver
legieren. Als Ausgangsstoffe für die Sinterherstellung werden gemischt-, fertig
und anlegierte Pulvermischungen verwendet, denen stets preßerleichternde
Gleitmittel, wie Stearate oder synthetische Wachse, zugegeben sind (bis 2,5%).
Gemischtlegierte Pulver sind Pulvermischungen aus mindestens zwei reinen
Metallkomponenten. Die Verpreßbarkeit wird durch die Legierungsbestandteile
kaum beeinträchtigt. Dadurch lassen sich bereits bei geringen Preßdrücken hohe
Dichten des Preßlings erzielen. Zur völligen Homogenisierung sind jedoch hohe
Sintertemperaturen und lange Sinterzeiten notwendig. Bei fertiglegierten
Pulvern hat jedes Metallteilchen die Zusammensetzung des fertigen
Sinterwerkstoffs. Die Ausnutzung der Legierungskomponenten ist optimal, die
Preßeigenschaften dieses Pulvers sind jedoch wesentlich schlechter.
Unter den sogenannten anlegierten Pulvern versteht man mit
Legierungskomponenten gemischte Pulver, die bereits einer kurzen Glühung
unterzogen worden, bei der aber nur ein oberflächlicher Diffusionsverbund der
Pulverteilchen eintritt. Diese Technik hat sich in jüngster Zeit immer mehr durchgesetzt,
da sie die Preßeigenschaften nur geringfügig verschlechtern, die Sinterzeiten
sich jedoch erheblich verkürzen.
Durch Verdichten
der Pulvermischung in einer Preßform wird ein Formkörper mit losem Zusammenhalt
(Grünling) hergestellt. Außer der Kraft zur Überwindung der Reibung zwischen
einzelnen Pulverkörnern und ihrer elastischen und plastischen Verformung ist
auch noch eine Kraft zur Überwindung der Reibung des Pulvers an der
Matrizenwand erforderlich. Daraus resultiert eine ungleiche Dichte längs der
Höhe der verpreßten Pulversäule bei der einseitigen Verdichtung.
Bei der zweiseitigen Verdichtung tritt zwar eine wesentliche Verbesserung auf,
eine nahezu gleichmäßige Dichteverteilung ist bei der Verwendung einer
schwimmenden Matrize möglich. Durch die Wandreibungskräfte wird die Matrize in
Preßrichtung bewegt und der Werkstoff gegen den Unterstempel geschoben.
Die schwimmende Matrize wird nur noch wenig angewandt. Die Bewegung der Matrize
wird heute bei komplizierten Teilen nicht mehr über die Reibungskräfte der
Pulversäule gesteuert, sondern über ein Getriebe von der Maschine zwangsbewegt.
Man unterscheidet zwischen dem Ausstoßverfahren und dem Abziehverfahren.
Beim Ausstoßverfahren ist die Matrize auf Federn gelagert und führt beim
Preßvorgang, bedingt durch die Wandreibungskräfte, eine Relativbewegung in
Preßrichtung durch. Beim Rücklauf des Oberstempels springt die Matrize durch
die Federkraft in ihre Ausgangsstellung zurück. Der Preßling hebt sich dabei
von dem Unterstempel ab. Dabei können unerwünschte Schieferungen oder
Abblätterungen an den Grünlingen auftreten. In der Ausstoßstellung kann der
Preßling entnommen werden.
Beim heute vorwiegend angewandten Abziehverfahren wird die Matrize beim
Preßvorgang zwangsweise abwärts bewegt. Dabei ist das Verhältnis der
Geschwindigkeit von Oberstempel und Matrize im Hinblick auf eine gleichmäßige
Dichteverteilung des Preßlings abstimmbar. In der Abzugstellung wird die
Matrize zur Entnahme des Grünlings niedergezogen. Abblätterungen treten bei
diesem Verfahren nicht auf.
Die mechanischen Eigenschaften eines Sinterwerkstoffs hängen außer von der
chemischen Zusammensetzung der Pulver und Pulverform im wesentlichen von der
Dichte ab.
die Zugfestigkeit, die Brinellhärte, die Dauerfestigkeit, die Leitfähigkeit und der E-Modul nehmen näherungsweise linear mit der Dichte zu.
die Bruchdehnung und die Schlagzähigkeit steigen progressiv mit der Dichte an.
Mit steigendem Preßdruck erhöht sich die Preßdichte degressiv und findet bei
etwa 800 MN/m² durch die Beanspruchbarkeit der Preßwerkzeuge eine Grenze. Die
dann erreichte Preßdichte von 7,2g/cm³ läßt sich nur durch Nachpressen im
Anschluß an eine Rekristallisationsglühung oder Warmpressen erhöhen. Die
theoretische Dichte des Eisen von 7,85g/cm³, das heißt eine hundertprozentige
Raumerfüllung, läßt sich jedoch durch die Sintertechnik nur annähernd erreichen
und aus wirtschaftlichen Gründen nur in Sonderfällen rechtfertigen.
Diese Graphik veranschaulicht den Einfluß der Druckhaltezeit auf die
Preßdichte. Unter Druckhaltezeit ist die Zeit zu verstehen, während der der
Enddruck auf dem verdichteten Pulver lastet. Durch Halten des Preßdrucks bzw.
auch durch Verkleinern der Preßgeschwindigkeit erhalten einerseits die Pulverteilchen
genügend Zeit zur Orientierung in ihre günstigste Lage, während andererseits
die mitverdichtete Luft Zeit zum Entweichen hat, ohne einen ungünstigen Einfluß
auf Die Struktur des Preßlings auszuüben. Das bekannte "Aufatmen" der
Preßkörper nach dem Freilegen und die oft damit zusammenhängende Rißbildung ist
so zu erklären und durch eine kurze Druckhaltezeit zu vermeiden. Unter dem
Flächen-quotienten ist das Verhältnis aus Gesamtreibungsfläche AR
(Mantelfläche) zu Preßfläche AP zu verstehen. Grünlinge mit
niedrigem Flächenquotienten lassen sich einfacher verpressen und erhalten
größere Preßdichten als solche mit großem Flächenquotienten. Je größer der
Flächenquotient ist, um so wichtiger ist die Einhaltung der Druckhaltezeit.
Eine große Bedeutung kommt bei der pulvermetallurgischen Fertigung der
Werkzeugherstellung zu. Außer den Forderungen nach Verschleißfestigkeit und
sehr engen Maßtoleranzen führen komplexe Sinterteile zu hohen Werkzeugkosten.
Die Größe des Bauteils (Masse bis 3 kg) wird von der maximalen verfügbaren
Preßkraft und der Festigkeit der Preßwerkzeuge begrenzt.
Im Gegensatz zur Formgebung des Grünlings in einem konventionellen Preßwerkzeug
können mit dem "isostatischen Pressen" Bauteilmassen bis zu 140 kg bearbeitet
werden. Durch "Pulverwalzen" sind theoretisch unbegrenzte Bauteilgewichte
erreichbar.
Beim isostatischen Pressen wird das Pulver in einer elastischen Form aus
Kunststoff mit einem hydrostatischen Druck von bis zu 6000 bar völlig
gleichmäßig verdichtet. Als Druckübertragungsmedium dienen beim Kaltpressen
Wasser oder Öl, beim Heißpressen werden inerte Gase eingesetzt. Außer dem
reinen Pulverpressen lassen sich auf vorgeformte Preßlinge oder gesinterte
Formteile nachpressen. Die geringe Stückleistung und die erhöhten Kosten beschränken
diese Technologie bisher auf Fertigung großformatiger Werkstücke wie Bahn- und
Profilwalzen aus Hartmetall, Hartmetall-Umformwerkzeuge, Zerspanwerkzeuge aus
Schnellarbeitsstahl und Filterelemente für die chemische Industrie.
Für die Herstellung von Bändern aus hochschmelzenden Metallen und besonders für
Mehrschichtbändern ist das Pulverwalzen ein geeignetes Fertigungsverfahren.
Kleinste Walzgeschwindigkeiten ermöglichen die plastische Formung und die
mechanische Bindung der Pulver in der Verdichtungszone. Die Formgebung kann
kontinuierlich oder diskontinuierlich sein. Bei der kontinuierlichen Fertigung
müssen Zwischensinterungen und Verdichtungsstufen vom Band durchlaufen werden.
Die diskontinuierliche Arbeitsweise erfordert ein Aufhaspeln des "Grünbandes"
direkt nach dem Walzen und die Sinterung findet dann im Coil statt.
Durch das Sintern wird der Grünling in einen Werkstoff mit einem festen Gefügeverband umgewandelt. Durch eine nach Zeit und Temperatur (eventuell auch unter Anwendung von äußerem Druck) genau gesteuerte Wärmebehandl-ung der sich berührenden Einzelteilchen tritt eine Erhöhung der Festigkeit auf Grund von Diffusionsvorgängen auf. Dabei muß zur Erhaltung der Formbeständigkeit der überwiegende Teil der Pulvermischung als feste Phase erhalten bleiben.
Für die Wachstumsgeschwindigkeit der Verfestigung ist außer der Beweglichkeit
der Atom auch die Form der Berührstellen der Pulverkörner von Bedeutung. Für
Pulver aus gleichem Material, aber verschiedener Herstellung, können daher bei
gleichen Sinterbedingungen unterschiedliche Festigkeitswerte und Porositäten
erreicht werden.
Einen weiteren Einfluß auf die Festigkeitseigenschaften haben die
Sinter-temperatur und die Sinterzeit. Unter Berücksichtigung mindestens einer
festen Phase bei der Sinterung ist je nach Sinterwerkstoff die optimale
Sintertemperatur zur Erzielung der günstigsten Diffusionsbedingungen
einzustellen. Mit der Sinterzeit steigt die Zugfestigkeit zunächst schnell an
und stabilisiert sich dann. Bei sehr langen Sinterzeiten kann die
Zugfestigkeit, bedingt durch Kornwachstum, wieder abnehmen. Diese Graphik zeigt
den Anstieg der Zugfestigkeit von Sintereisen als Funktion von Sinterzeit und
Dichte.
Die Sinterbedingungen, wie Sintertemperatur, Sinterdauer und Sinteratmosphäre
werden durch den Sinterofen gesteuert.
Zur Steigerung der Dichte und der Festigkeit können Sinterwerkstücke einem Nachpreßvorgang unterzogen werden. Für Formteile mit besonders hoher Festig-keit bei zugleich hoher Bruchdehnung werden die nachgepreßten Werkstücke in zweites Mal gesintert (Zweichfachsintertechnik). Die beim Vorpressen entstan-dene Kaltverfestigung wird dadurch aufgehoben (Rekristallisation), der Sinter-körper wird, sofern er nicht durch legierungstechnische Maßnahmen eine Auf-härtung erfahren hat, erneut plastisch verformbar. Bei Verwendung gleich hoher Preßdrücke wie beim Vorpressen, läßt sich durch das nachpressen dann eine weitere Steigerung der Dichte und damit auch der Zugfestigkeit erreichen.
Beim Nachsintern tritt abermals Rekristallisation ein und die Kaltverfestigung
verschwindet. Die Temperaturen werden dabei so hoch gewählt, daß an den neu
geschaffenen Kontaktpunkten Sintervorgänge ablaufen können.
Unter Berücksichtigung der durch die Porosität verursachten Eigenschaften lassen sich pulvermetallurgisch hergestellte Werkstückstoffe in gleicher Weise wärmebehandeln wie erschmolzene Stähle. Bei prozeßtechnisch mit beherrsch-baren Konturen, wie Hinterschneidungen und Querbohrungen, aber auch bei unzureichender Maßgenauigkeit, kann eine spanende Nachbearbeitung erforderlich werden.
Die Vorteile der
Pulvermetallurgie und die guten mechanischen Eigenschaften geschmiedeter
Werkstücke werden beim Pulverschmieden vereinigt. Die Kaltver-festigung des
Materials, die beim Nachpressen dem Preßdruck einen erheblichen Widerstand
entgegensetzt, verhindert die völlige Verdichtung des Werkstoffs. Durch
Druckeinwirkung bei gleichzeitiger Erwärmung oberhalb der
Rekristallisat-ionstemperatur ist diese Begrenzung überwindbar. In dieser
Graphik ist die erreichbare Dichte pulvergeschmiedeter Bauteile im Vergleich
zur konventionel-len Sintertechnik und zur Schmelzmetallurgie dargestellt. Man
erkennt, daß dieses Verfahren die Lücke zwischen den beiden
Herstellungsverfahren schließt.
Durch Pulverschmieden können Bauteile mit einer Zugfestigkeit von mehr als 1600
N/mm² bei einer Werkstoffdichte von 99,7% erreicht werden.
Die Verfahrensschritte beim Pulverschmieden im Vergleich zum Gesenk-schmieden
zeigt untenstehendes Bild. Die ersten drei Verfahrensschritte sind beim
Pulverschmieden identisch mit denen der herkömmlichen Sintertechnik
Verfahren A verzichtet auf den eigentlichen Sintervorgang. Zur Vermeidung von
Oxidation und zur Werkzeugschmierung wird der Grünling graphitisiert, auf
Schmiedetemperatur erwärmt und gepreßt. Die kurzzeitige Erwärmung gestattet
lediglich die Verarbeitung fertiglegierter Pulver. Dies bedeutet eine
Einschränk-ung der pulvermetallurgischen Möglichkeiten. Außer dem Verfahren A
ist auch das Verfahren C kostengünstig; die Vorform wird direkt aus der
Sinterhitze umgeformt. Eine Begrenzung der Werkstoffe ist nicht gegeben, jedoch
sind spezielle Sinteröfen und Manipulationsvorrichtungen zur Lösung des
Oxidationsproblems erfordert. Verfahren B kombiniert die vorangegangenen
Verfahren und zeichnet sich durch hohe Flexibilität, geringe Investitionen ober
kostenintensive Arbeitsgänge aus.
Außer der chemischen Zusammensetzung des Sinterwerkstoffs sind in besonderem Maß seine dichte bzw. sein Raumerfüllungsgrad eine Kenngröße für die Gebrauchseigenschaft und das bevorzugte Anwendungsgebiet. Zwischen diesen beiden Einflußgrößen muß grundsätzlich unterscheiden werden. Nur die richtige Kombination ergibt die optimale Werkstoffbeschaffenheit für das gewünschte Sinterteil.
Als Hauptkriterium für die Gebrauchseigenschaften der Sinterwerkstoffe gilt nach den Leistungsblättern des Fachverbandes für Pulvermetallurgie der Raumfüllungsgrad bzw. der Porenraum.
Die Raumerfüllung ist das Verhältnis aus der Dichte des Sinterkörpers und der Dichte des
porenfreien Körpers gleicher
Zusammensetzung in %.
Für die Porosität P gilt:
Zur Erzielung von Sinterwerkstoffen mit unterschiedlicher Dichte bzw.
Raumerfüllung sind fünf Herstellungsgruppen bekannt.
Das Schüttsintern zur Herstellung der Klasse SINT-AF nimmt dabei eine Sonderstellung ein, weil das übliche Pressen des Pulvers zu einem Formling entfällt. Es genügt, die Pulver in loser Schüttung zu sintern. Dabei wird die Formgebung von einer wärmebeständigen Hohlform übernommen.
Die Klassen SINT-AF bis SINT-C werden durch Pulvermischen, Pressen und Sintern
zu Werkstoffen mit größerer bis mittlerer Porosität hergestellt. Die Porosität
ist bestimmend für die bevorzugte Anwendung im Bereich der mit Schmierstoffen
tränkbaren Gleitlager. Weiterhin werden Formteile aus diesen Werkstoffen
gefertigt. Zu niedrigeren Porositätsgraden und damit zu höheren Festigkeiten
und Dichten der Klassen SINT-D und SINT-E gelangt man durch das Zweifachsintern.
Durch das Infiltrieren mit niedriger schmelzenden Metallen erhält man
Sinter-werkstoffe mit Dichten, die denen der erschmolzenen Metalle sehr nahe
kommen (SINT-G). Werkstoffe mit höchsten Dichten und Festigkeiten (SINT-F und
SINT-S) werden durch Pulverschmieden erzeugt. Allen Herstellungsgruppen kann
sich ein Kalibrier- und/oder ein Nachbehandlungsschritt anschließen.
Sogar bei einer Wärmebehandlung unter einer Schutzgasatmosphäre läßt sich die Oxidation nicht vermeiden. Deshalb kommen bei der Herstellung von höherfestem Sinteraluminium nur Al-Cu-Mg- und Al-Si-Mg-Legierungen zum Einsatz. Sinterkupfer wird bevorzugt als Cu-Sn-, Cu-Ni-Zn-Legierung verarbeitet.
Die Fe-Cu-Ni-Legierungen zeichnen sich durch eine verhältnismäßig gute Bruchdehnung bei hoher Festigkeit aus. Diese Legierungen mit der Bezeichnung SINT D-30 erreichen Festigkeiten bis zu 650 N/mm².
In der
Pulvermetallurgie konnten bisher nur Legierungselemente mit einer geringen
Sauerstoffaffinität eingesetzt werden, da die Oxidation einzelner Elemente die
Festigkeitseigenschaften der Werkstücke erheblich mindert. Bedingt durch die
komplizierten Gasgleichgewichte im Sinterofen ließ sich die Oxidation auch
durch die Wärmebehandlung unter einer Schutzgasatmosphäre nicht vermeiden.
Diese nicht vermeidbare Oxidation erlaubt bei der Herstellung von höherfestem
Sinteraluminium nur den Einsatz von Al-Cu-Mg und Al-Si-Mg-Legierungen.
Sinter-kupfer wird bevorzugt als Cu-Sn, CuZn- und Cu-Ni-Zn-Legierung
verarbeitet.
Der meist verbreitete Sinterwerkstoff ist der Sinterstahl. Durch die wenig
sauerstoffaffinen Elemente Kupfer, Nickel, Molybdän, Phosphor und Zinn wird
durch eine reine Mischkristallverfestigung eine Festigkeitserhöhung des Eisenwerkstoffs
erzielt. Die binären Legierungen Fe-Cu und Fe-Ni haben die größte Bedeutung
erlangt. Die Wirkung des Nickels bleibt hinter der Wirkung des Kupfers zurück,
so daß höhere Ni-Gehalte bei gleichen erreichbaren Festigkeitswerten benötigt
werden. Die Fe-Ni-Lergierungen haben jedoch bei gleicher Festigkeit eine
größere Zähigkeit und sind besser schweißbar. Die ternären Fe-Cu-Ni-Legierungen
zeichnen sich durch eine verhältnismäßig gute Bruchdehnung bei hoher Festigkeit
aus.
Die Einteilung der Sinterstähle richtet sich in erster Linie nach dem Cu-Gehalt
und der Masse der restlichen Legierungselemente. Sie wird durch zwei Ziffern
angegeben, die hinter den Klassifizierungsbuchstaben zu setzen sind. Dabei
bedeutet die erste Ziffer:
0 Sintereisen und Sinterstahl mit einem Massengehalt von 0
bis 1% Cu, mit
oder ohne C
1 Sinterstahl
mit einem Massengehalt von 1 bis 5% Cu, mit oder ohne C
2 Sintertahl mit einem Massengehalt von mehr als 5% Cu, mit
oder ohne C
3 Sintertahl mit oder ohne Cu, mit oder ohne C, jedoch
höchstens mit einem
Massengehalt bis 6% anderer Legierungselemente
4 Sinterstahl mit oder ohne Cu, mit oder ohne C, jedoch mit
einem Massengehalt
von mehr als 6% anderer Legierungselemente
5 Sinterlegierungen mit einem Massengehalt von mehr als 60%
Cu
6 Sintermetalle, die nicht in Ziffer 5 enthalten sind
7 Sinterleichtmetalle, z.B.: Sinteraluminium
Die zweite Ziffer dient zur weiteren Unterscheidung ohne strenge Systematik.
Im Laufe der 70er Jahre wurde es durch umfangreiche Forschungsarbeiten möglich,
die Stahlveredelnden Elemente Chrom, Mangan, Vanadium, Wolfram und Molybdän in
Form ihrer Karbide in den Sinterstahl einzubringen. Diese Karbide dienen dabei
als Legierungsträger und lösen sich während der Sinterung bei Temperaturen um 1250°C
in der Matrix auf.
Es entsteht ein vergütbarer Sinterstahl, der bereits im unvergüteten Zustand
Festigkeiten von 650 bis 900 N/mm² erreicht. Die Möglichkeit, leichtmahlbare
Komplexkarbide der Metalle Mn, Cr und Mo aufzubauen, hat zur Entwicklung sogenannter
Fe-MCM-Sinterstähle mit und ohne Zusatz von Kohlenstoff geführt. Diese haben
zwar eine etwas geringere Zugfestigkeit als der reine Chrom-Karbid-Sinterstahl,
die Legierungskosten sind jedoch bei guter Härtbarkeit der Werkstücke
wesentlich geringer. Sinterstahl läßt sich auf bis zu 1700 N/mm² vergüten.
Bedingt durch die Maßänderungen beim Sintern und durch Unregelmäßigkeiten der örtlichen Dichteausbildung ist die Einhaltung sehr enger Toleranzen bei Sinterteilen schwierig. Die Metallpulver unterscheiden sich in ihrem Maßverhalten während des Sinterns. Einen weiteren erheblichen Einfluß auf die Form- und Maßgenauigkeit haben die bei Sintertemperaturen schmelzenden Bestandteile des Pulvergemenges. Alle genannten Einflüsse lassen sich schwer und ungenau vorbestimmen. Deshalb wird die Maßänderung für jedes Pulver experimentell vorab ermittelt, um die Werkzeuge auslegen zu können.
Durch die Vorgabe eines entsprechenden Übermaßes beim Grünling und ein dem
Sintern folgendes Kalibrieren läßt sich jedoch eine erheblich engere
Tolerierung erzielen.
Ein direkter
zahlenmäßiger Vergleich der Oberflächengüte von Sintermetallen mit entsprechend
erschmolzenen Metallen ist bei Verwendung von Tastschrittgeräten wegen der mehr
oder weniger ausgeprägten Porosität schwierig.
Nach dem Fachverband für Pulvermetallurgie werden nur die folgenden Begriffe
zur Beschreibung des Oberflächenzustandes angewandt:
sinterglatt: keine Behandlung nach der Sinterung
geglättet: durch den
Kalibriervorgang erreichbarer Oberflächen- zustand
sinterschmiedeglatt: keine
Behandlung nach dem Warmpressen
Besonders bei Gleitlagern sind die Poreneingänge für die Rauhigkeitsbeurteilung
nur wenig von Interesse; nur der Traganteil auf den Funktionsflächen für die
Oberlächenbeurteilung ist von Bedeutung. Durch einen Kalibriervorgang läßt sich
der Traganteil in Preßrichtung durch Werkstoffverschiebung im Mikrobereich
erheblich erhöhen. Ohne Berücksichtigung des Porenraums lassen sich für
hoch-verdichtete Sinterkörper der Klasse SINT-F Rauhtiefen bis zu erreichen.
Die geometrische Gestaltung von Sinterteilen ist wegen des Preßvorgangs bestimmten Einschränkungen unterworfen. Bedingt durch die notwendige Ausformung der Preßlinge sind Hinterschneidungen nicht möglich. Stempelbrüche, ungleiche Dichteverteilung durch Überpressungen und Beschädigungen der Grünlinge durch Rißbildung oder Abplatzen lassen sich durch das Beachten folgender Punkte verhindern:
das Verhältnis von Höhe zu Durchmesser (Schlankheitsgrad des Preßkörpers) darf nicht größer als 2,5 sein
scharfe Kanten, tangentiale Übergänge, spitze Winkel und spitze Preßstempel sind zu vermeiden
schmale Querschnitte und Stege muß man mindestens 2mm dick ausführen möglichst, einfache Preßwerkzeuge (das heißt Durchbrüche nur im Rundprofil, keine feinverzahnten Rändelungen, bei Zahnrädern Modul größer 0,5) verwenden
möglichst wenige verschiedene Durchmesser und Längen benutzten.
Bauteile der
Klasse SINT-AF werden in den Verfahrensschritten Mischen, Schütten und Sintern
hergestellt. Auf Grund des großen Porenraums und einer gleichmäßigen Porengröße
finden diese Formkörper ihren Einsatz in der Filtertechnik.
Die verwendeten Werkstoffe aus der Klasse SINT-D auf Eisenbasis haben
Legierungselemente zur Verschleißfestigkeitssteigerung und werden als
Sinter-stahl bezeichnet. Sie eignen sich vornehmlich für Maschinenteile, bei
denen das Verschleißverhalten gegenüber der Kraftübertragung in den Vordergrund
tritt. Die Zugabe der verschleißfestigkeitssteigernden Legierungselemente ist
pulver-metallurgisch durch Beimischen von entsprechenden Metallkarbidpulvern
besonders einfach.
Formteile aus Hartmetall sind nur pulvermetallurgisch herstellbar.
Mahlwerkzeuge werden besonders zum Zerkleinern von Kohle, Erzen und Mineralien
eingesetzt. Hartmetallkugeln haben ihren Einsatzbereich in der Härteprüfung,
als Tastelement in Meßgeräten oder als Miniaturlager. Weiterhin stellt man
verschleißbeanspruchte Teile, wie Düsen für Ölbrenner, Tauchkolben,
Extruderschnecken und Ventilsitze, aus Hartmetall her. Den größten Anteil haben
aber Zerspanwerkzeuge.
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