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Die Türkei
Die Türkei ist eine amtliche Republik, mit der Hauptstadt Ankara, in Vorderasien und Südeuropa.
Die moderne Republik ist ein Teil des ehemaligen Osmanischen Reiches und wurde 1923 nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches in der Folge des 1. Weltkrieges von Mustafa Kemal Atatürk gegründet.
Physische Geographie
Das Staatsgebiet grenzt im Nordwesten an Bulgarien und Griechenland, im Norden an das Schwarze Meer, im Nordosten an Georgien und Armenien, im Osten an den Iran, im Süden an den Irak, an Syrien und an das Mittelmeer sowie im Westen an das Agäische Meer. Das Staatsgebiet der Türkei umfaßt eine Gesamtfläche von 814.578 Quadratkilometer, von denen 97% zu Asien und 3% zu Europa gehören. Die Meerengen Dardanellen und Bosporus sowie das zwischen ihnen liegende Marmarameer trennen den europäischen Teil der Türkei vom asiatischen.Anatolien ist eine gegen Osten stetig ansteigende Hochebene, die im Ararat (5.165m) ihre höchste Erhebung findet. Anatolien ist ein Hochplateau, das zum Osten hin fortlaufend ansteigt, von vielen großen Flüssen durchzogen und reich an Seen ist. Zu den bedeutendsten Flüssen zählen unter anderem der obere Tigris und der Euphrat. Der in 1.646 m Höhe gelegene Van See ist der größte See der Türkei. Er ist wie auch der Tuz Gölü ein großer Salzsee. Innerhalb der Grenzen der Türkei liegen mehrere seismische Zonen, dadurch kommt es im Land häufig zu Erdbeben.
Wegen der großen Höhenunterschiede im Lande sind fast in allen Flüssen der Türkei Stromschnellen ausgebildet. Deshalb sind nur wenige Flüsse in Teilabschnitten schiffbar. Aufgrund der jährlichen wechselnden Regenmengen sind einige Flüsse starken Schwankungen des Wasserstandes unterworfen. Eine Reihe von Fließgewässer führt während des trockenen Sommers kein Wasser. Einige Flüsse haben jedoch Bedeutung für die Erzeugung elektrischer Energie durch Wasserkraft ( fast 40 % des Gesamtenergiebedarfs erzeugen Wasserkraftwerke) oder liefern das Wasser für Bewässerungsanlagen. Der Kizilirmar ist mit der Länge von 1 150 Kilometer der längste Fluß innerhalb der Landesgrenzen und mündet in das Schwarze Meer. Euphrat und Tigris entspringen in der Osttürkei und münden nach Durchqueren von Syrien und dem Irak in den Persischen Golf.
Klima
Wegen der großen Ausdehnung und der stark gegliederten Oberfläche hat die Türkei Anteil an verschiedenen Klimazonen. An den Küsten des Mittelmeeres und der Agäis herrscht mediterranes Klima mit langen, heißen Sommern und milden, feuchten Wintern.
Das Klima im inneranatolischen Hochland hat kontinentalen Charakter mit großen Temperaturunterschieden im Jahresverlauf. Die Sommer sind heißer, die Winter wesentlich kälter als an der Küste. Der mittlere Jahresniederschlag beträgt nur rund 370 Millimeter und ist somit wesentlich geringer als in den küstennahen Regionen.
In der Schwarzmeerregion ist das Klima mild, die Niederschläge können beträchtliche Werte erreichen. Die Jahresniederschlagsmenge nimmt von Westen nach Osten zu.
Im östlichen Hochland sind die Winter kalt und mitunter schneereich.
Bevölkerung
Die Türkei hat etwa 66,6 Millionen Einwohner. Dies entspricht einer Bevölkerungsdichte von 85 Einwohnern je Quadratkilometer. Die am dichtesten besiedelten Gebiete sind der Großraum Istanbul und die Küstenregionen.
Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung sind Türken. Darüber hinaus leben etwa 20 Prozent Kurden sowie Angehörige zahlreicher kleineren Gruppen wie Araber, Griechen, Armenier in der Türkei. Die Angehörigen dieser ethnischen Gruppen haben ihre kulturelle Identität größtenteils bewahrt.
Wirtschaft
Die schnelle Industrialisierung und das Wirtschaftswachstum der achtziger Jahre basierte auf der gezielten Förderung der Wirtschaft durch staatliche Investitionen. Neben Erfolgen bei den Beschäftigungs- und Produktionszahlen verzeichnet die Türkei jedoch auch eine hohe Staatsverschuldung und eine hohe Inflationsrate. In den späten achtziger Jahren kam das Wirtschaftswachstum zum Erliegen. Die Regierung versuchte mit Hilfe eines Kredits vom Internationalen Währungsfonds (IWF) das hohe Staatsdefizit nach Jahren der Budgetüberziehung zu reduzieren. Die Preise stiegen zwischen 1994 und 1995 um rund 150 Prozent an, während die durchschnittlichen Lohnerhöhungen dieser Entwicklung hinterher hinken.
43 Prozent aller Erwerbstätigen arbeiten in Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, 33 Prozent im Dienstleistungsgewerbe und 23 Prozent in der Industrie. Über eine Million türkischer Staatsbürger arbeitet im Ausland, insbesondere in Deutschland und Saudi-Arabien.
Innerhalb der Türkei besteht hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung ein markantes West-Ost-Gefälle zwischen dem industriell geprägten Westteil und mehr auf Landwirtschaft ausgeprägten Ostteil.
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei
Seit 1950 erhöht sich die landwirtschaftliche Produktion durch den vermehrten Einsatz von Maschinen, Düngemittel und geeigneten Pflanzensorten. Trotzdem ist die Produktivität vergleichsweise gering, da viele Bauern nach wie vor mit relativ unwirksamen Methoden arbeiten und die meisten Betriebe sehr klein sind. Etwa ein Drittel des Staatsgebietes wird als Ackerland genutzt, ein weiteres Drittel dient als Weideland. Aufgrund der Lage in unterschiedlichen Klimazonen können in der Türkei viele Anbaufrüchte kultiviert werden. Zu den wichtigsten Anbauprodukten gehören Getreide (vor allem Weizen, Gerste, Roggen und Mais), Zuckerrüben sowie Obst und Gemüse (u. a. Zwiebeln, Auberginen, Melonen, Tomaten, Trauben, Apfel und Zitrusfrüchte). Weitere bedeutende Anbaufrüchte sind Nüsse, Kartoffeln, Baumwolle, Tabak und Oliven. Auch die Viehwirtschaft ist von Bedeutung. Sie umfaßt vor allem die Haltung von Schafen, Ziegen, Rinder, Eseln, Büffeln und Hühnern.
Die Holzindustrie in der Türkei ist relativ unbedeutend. Rund ein Drittel des Holzeinschlages werden als Brennholz, der Rest (u. a. Walnußbäume, Zedern und Pappeln) als Nutzholz verwendet.
Der Fischfang wird verstärkt gefördert. Die Hauptfanggebiete sind das Mittelmeer und das Schwarze Meer. Über die Hälfte des Fanges besteht aus Anchovis. Daneben werden u. a. noch Makrelen und Sardinen gefangen.
Industrie
Führende Erzeugnisse der verarbeitenden Industrie sind Nahrungsmittel, Textilien, Eisen und Stahl, Erdöl, chemische Produkte, Fahrzeuge, Papier und Zigaretten.
Die Türkei verfügt über Vorkommen an Steinkohle, Braunkohle, Eisenerz und Chrom; das Land ist einer der bedeutendsten Chromerzeuger der Welt. Im Südosten wird Erdöl gefördert. Darüber hinaus gibt es kleinere Vorkommen an Blei-, Zink-, Kupfer- und Silbererz.
Währungseinheit der Türkei ist die Türkische Lira, bestehend aus 100 Kurus. Die Zentralbank der Republik Türkei ist die Notenbank des Landes. Daneben gibt es eine Reihe von Staatsbanken wie die Landwirtschaftsbank der Republik Türkei, die die wirtschaftliche Entwicklung des Landes unterstützten, sowie mehrere Geschäftsbanken.
Außenhandel
Die jährlichen Importkosten der Türkei sind im Allgemeinen höher als die Exporterlöse, die Handelsbilanz ist dementsprechend negativ. Importiert werden vorwiegend Erdöl, Maschinen, chemische und pharmazeutische Produkte, Düngemittel, Eisen und Stahl sowie Fahrzeuge.
Der Tourismus ist für die Türkei eine wichtige Devisenquelle. Die Haupthandelspartener des Landes sind Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien und Saudi-Arabien.
Im März 1995 stimmte die Europäische Union (EU) der Aufnahme der Türkei in die Zollunion zu (seit dem 1.Jänner 1996 in Kraft getreten). Allerdings ist bis jetzt dem Wunsch der Türkei, vollständig in die EU aufgenommen zu werden, nicht entsprochen worden. Ursache hierfür sind Differenzen zwischen der EU und der Türkei (z. B. Spannungen zwischen Türkei und Griechenland, Kurdenpolitik der Türkei, Einhaltung der Menschenrechte).
1. Weltkrieg aufzuteilen, führte zum Unabhängigkeitskrieg unter der Führung von Mustafa Kemal Atatürk. Am 23. Oktober 1923 wurde die türkische Republik ausgerufen. Es folgte eine Reihe von Modernisierungsmaßnahmen.
Das Mehrparteiensystem wurde 1946 eingeführt, als die neu gegründete Demokratische Partei durch eine Koalition mit der Republikanischen Volkspartei 62 Parlamentssitze gewann. 1950 errang die Demokratische Partei einen Wahlsieg. Zunehmende Spannungen zwischen den Parteien beschworen eine Staatskrise herauf, die zu einem Militärputsch führte; Die Junta führte daraufhin die Staatsgeschäfte von 1960 bis 1961. Im Jahr 1961 wurde eine neue Verfassung angenommen. Bei den darauf folgenden allgemeinen Wahlen gab es keine klaren Mehrheitsverhältnisse, und verschiedene Parteien stellten eine Reihe von Koalitionsregierungen auf. Nach einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit und politischer Terrorakte in der siebziger Jahren verhängte eine zweite Militärjunta 1980 das Kriegsrecht und löste alle politischen Parteien auf. Nach Billigung einer neuen Verfassung durch den Volksentscheid vom November 1982 wurde wieder eine Zivilregierung eingesetzt. Die Verfassung von 1982 hat seither Bestand. Die letzten Verfassungsänderungen wurden 1995 vorgenommen. Nationalfeiertag ist der 29. Oktober, der " Tag der Republik", der an die Ausrufung der Republik im Jahr 1923 erinnert.
Atatürk, Mustafa Kemal (1881-1939)
Atatürk, Mustafa Kemal, türkischer Staatsbürger, nationalistischer Führer und Staatsmann, gründete die Republik Türkei und war ihr erster Präsident. Den Namen Atatürk (" Vater aller Türken") verliehen ihm 1934 die Große Nationalversammlung als Anerkennung für seine herausragende Dienste für die türkische Nation. Atatürk wurde am 12. März 1881 in Saloniki (heute Thessaloniki, Griechenland) als Sohn eines einfachen Beamten und Holzhändlers geboren.
Am 1. November 1922 wurde das Sultanat abgeschafft und am 29. Oktober 1923 die Republik ausgerufen; Atatürk wurde ihr erster Präsident. Er gründete im August 1923 die Volkspartei (wurde 1924 in Republikanische Volkspartei umbenannt) und baute eine Ein-Parteien-Regierung auf, die mit Ausnahmen zweier Experimente mit Oppositionsparteien bis 1945 Bestand hatte.
Mit Hilfe seines enormen Ansehens und seiner Ausstrahlung konnte Atatürk weit reichende Reformprogramme durchsetzten und so einen modernen und weltlichen Staat schaffen. Zu den Reformen gehören: die Abschaffung des Kalifats, also der religiösen Herrschaftsgewalt der Sultane, und anderer islamischer Einrichtungen; die Einführung von Gesetzen, Kleidung und Kalender nach westlichem Vorbild sowie der Gebrauch des lateinischen Alphabets. Des Weiteren wurde die Verfassungsklausel, die den Isalm als Staatsreligion festlegte, aufgehoben. Die Ideologie des Regimes, als Atatürkismus bezeichnet, besteht aus sechs Prinzipien: Republikanismus, basierend auf der Prämisse der Volkssouveränität, türkischer Nationalismus, der den Ruhm der türkischen Vergangenheit und das Bedürfnis der Türken nach einem eigenen, nach modernen Prinzipien und ohne Einmischung von außen geschaffenen Staat betonte; Populismus, der die Idee einer aller wirtschaftlichen und sozialen Interessen vertretenden Großen Nationalversammlung verkörpert; Säkularismus beziehungsweise Laizismus, der die vollständige Trennung von religiösen muslimischen Einrichtungen und Staatsgeschäften fordert; Etatismus, der für eine staatliche Lenkung der wichtigsten Wirtschaftssektoren sowie der übrigen Sektoren und eine schnelle wirtschaftliche Entwicklung zum Ziel hatte; und Revolutionismus, der vorschrieb, daß alle Umwälzungen sofort und in vollem Umfang durchgeführt werden müssen, damit die Entwicklung der modernen Gesellschaft so schnell wie möglich stattfinden könne.
1919 war Atatürk noch Erster unter Gleichen doch bereits 1926 hatte er alle politischen Gegner ausgeschaltet. Obwohl er als Autokrat regierte, stützte sich sein Regime praktisch auf eine Allianz aus ziviler und militärischer Bürokratie, dem aufgekommenen Bürgertum und den Landbesitzern.
Neuere Geschichte
Im Zuge der Balkankriege verlor das Osmanische Reich außer Ostthrakien alle europäischen Gebiete. Es hatte sich eine politische Gruppierung von jungen
türkischen Offizieren gebildet (das Komitee für Fortschritt). Die Junktürken erreichen die Wiedereinsetzung der Verfassung. Mit einem Aufstand der makedonischen Truppen begann 1908 der Staatsstreich der Jungtürken, der mit dem Sturz des autokratischen Regimes des Sultans endete.
Während des 1. Weltkriegs ließ die Regierung des Osmanischen Reichs mehrere hunderttausende Armenier in das östliche Anatolien deportieren. Bei den davon vollzogenen Massakern kamen die meisten Armenier ums Leben.
Als Ergebnis des 1. Weltkrieges zerfiel das Osmanische Reich, das auf der Seite der Mittelmächte stand, endgültig. Zwischen 1917 und 1918 hatten die Briten mit ersten Offensiven im Irak und Syrien begonnen. Als es 1918 zum Waffenstillstand von Mudros kam, hatte die Türkei bereits alle Gebiete mit Ausnahme von Anatolien verloren. Im Oktober 1918 trat das jungtürkische Kabinett zurück.
Die Türkei war gezwungen, den Friedensvertrag von S vres (1920) zu unterzeichnen, durch den sie nicht nur die arabischen Provinzen aufgeben, sondern auch eine Teilung Anatoliens hinnehmen mußten. Seit 1919 hatte Mustafa Kemal Atatürk den nationalen Widerstand organisiert und 1922 die griechischen Truppen besiegt. Griechenland hatte in den Friedensverträgen von Neuilly und S vres u. a. Ostthrakien, die nördlichen Inseln und das Gebiet um Izmir als Völkerbundsmandat zugesprochen bekommen. Das Mandat militärisch durchzusetzen scheiterte; die Türken eroberten am 9. September 1922 Izmir (früher Smyrna). Ein Jahr später trat die Republik der Türkei an seine Stelle. Im Frieden von Lausanne (1923) endete die drei tausendjährige Siedlungsgeschichte der Griechen in Kleinasien, das ebenso türkisch wurde wie Ostthrakien, die Inseln Tenedos und Imvros.
Die Türkische Republik:
Am 1. November 1922 war die osmanische Dynastie für beendet erklärt und das Reich aufgelöst worden. In den ersten 15 Jahren ihres Bestandes stand die türkische Republik unter der Führung von Atatürk.
Atatürks Nachfolger im Präsidentenamt wurde 1938 sein enger Mitarbeiter Ismet Inönü, der die Innenpolitik von Atatürk fortsetzte. Während des gesamten 2. Weltkriegs verfolgte Inönü eine Politik der Neutralität. Erst im Februar 1945 erklärte die Türkei Deutschland und Japan den Krieg. Nach dem Krieg versuchte die Sowjetunion, die Türkei zu sowjetischem Einflußgebiet zu machen und forderte die Kontrolle über die Ostprovinzen der Türkei sowie über die Meerengen. Daraufhin akzeptierte die Türkei die von dem amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman angebotenen Unterstütznugsmaßnahmen und ging enge militärische und wirtschaftliche Beziehungen mit den Vereinigten Staaten ein. 1952 trat die Türkei dem Nordatlantischen Verteidigungspakt (NATO) bei.
Inönü leitete innenpolitisch zu dieser Zeit eine Demokratisierung des Landes ein: u. a. wurden jetzt auch Oppositionsparteien zugelassen. Bei den Wahlen 1950 siegte die Demokratische Partei, die sich für eine stärkere Liberalisierung der Wirtschaft einsetzte.
Von 1950 bis 1960 war die Demokratische Partei die führende politische Kraft der Türkei. In dieser Zeit erlebte die Wirtschaft des Landes einen raschen Aufschwung, aber auch soziale Spannungen. 1960 wurde die Regierung in einem unblutigen Militärputsch gestürzt. Einige führende Politiker der Demokratischen Partei wurden der Korruption beschuldigt und zum Tod verurteilt.
Die politischen Parteien hatten sich in zwei gr0ße Lager gespalten: in die Republikanische Volkspartei und die Gerechtigkeitspartei. Die Republikanische Volkspartei war unter ihrem Führer Bülent Ecevit sozialdemokratisch ausgerichtet, die Gerechtigkeitspartei unter Süleiman Demirel stand in der Tradition Atatürks. Daneben gab es noch mehre kleinere (kommunistische und sozialistische, nationale und islamistische) Parteien.
Die Verfassung von 1961 erschwerte eine Mehrheitsbildung, und die politische Auseinandersetzung verlagerte sich mehr und mehr auf die Straße. In dieser Phase politischer Instabilität entwickelten sich rechts- wie linksgerichtete, zum Teil gewaltbereite Gruppen, die Terrorakte verübten. 1971 intervenierte das türkische Militär erneut, das aber bereits wieder 1972 eine zivile Regierung installierte. Die innenpolitischen Spannungen, vor allem der schlechten Wirtschaftslage, nahmen aber nicht ab, sondern zu. Es wurde der nationale Notstand ausgerufen, und es kam zu brutalen Unterdrückungsmaßnahmen der staatlichen Sicherheitskräfte.
Außenpolitisch war es 1974 zu einer größeren Krise gekommen, als die Türkei als Antwort auf einen von Griechenland inszenierten Putsch, bei dem sich Zypern zur selbständigen Republik erklärt hatte, das nördliche Drittel der Insel besetzt und eine "Türkische Republik Nordzypern" ausrief, die aber international nicht anerkannt wurde. Die Vereinigten Staaten stellten nach dem Einmarsch auf Zypern ihre militärische und wirtschaftliche Unterstützung für die Türkei ein, worauf wiederum die Türkei mit der vorübergehenden Schließung aller amerikanischen Stützpunkte im Land reagierte. Die türkischen Truppen blieben im Norden Zyperns stationiert; die Türkei unterstützte weiterhin eine türkisch-zypriotische Regierung.
Der Staatsstreich von 1980:
Die Regierung von Süleiman Demirel behielt außenpolitisch die enge Bindung an den Westen bei, scheiterte aber in der Innen- und Wirtschaftspolitik. Da sich die Situation nicht änderte, verübten Extremisten rechter und linker Gruppen weiterhin Terrorakte. Am 12. September 1980 putschte die Armee unter Führung des Generalstabschefs Kenan Evren. Als Staatspräsident und Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates setze er die Verfassung außer Kraft und verhängte das Kriegsrecht. Alle politischen Aktivitäten wurden untersagt, Tausende verhaftet und die Presse zensiert.
Zivilregierungen:
Die neue Verfassung, die 1982 in einem Referendum angenommen wurde, schrieb die "demokratische legitimierte" politische Machtposition des Militärs fest. Evren wurde im selben Jahr mit 90,6 Prozent der Stimmen für eine siebenjährige Amtszeit zum Staatspräsidenten gewählt; 1983 gab er seine militärische Funktion auf. Aus der Stichwahl bei den Parlamentswahlen im November 1983 ging die konservative Mutterlandspartei (die Armee hatte eine rechtsgerichtete Gruppierung unterstützt) als Sieger hervor, und ihr Vorsitzender Turgut Özal wurde Regierungschef. 1989 wurde Özal zum ersten zivilen Staatsoberhaupt seit 1960 gewählt, und Yildirim Akbulut übernahm das Amt des Ministerpräsidenten (Regierungschef). Akbuluts Nachfolger wurde 1991 Mesut Yilmaz, der wurde wiederum 1993 von Tansu Ciller, einer Wirtschaftswissenschaftlerin, die an der Spitze der Partei des Rechten Weges (DYP) stand, abgelöst.
Während des Golfkriegs 1991 unterstützte die Türkei die Alliierten, entsandte aber keine eigenen Truppen. Nach Ende des Golfkrieges flüchteten Hunderttausende Kurden nach einem erfolglosen Aufstand gegen die irakische Regierung in das kurdische Siedlungsgebiet in der Türkei. Viele wurden in der Nähe der Grenze vorübergehend unter den Schutz alliierter Truppenverbände gestellt. In dieser im Südosten der Türkei gelegenen Region herrscht seit 1984 Bürgerkrieg. Alle bisherigen türkischen Regierungen haben die Autonomiebestrebungen der 15 Millionen Kurden massiv mit militärischen Mitteln bekämpft. Der politische und militärische Arm der Unabhängigkeitsbewegung ist die Partiya Karkeren Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistan; PK. Bei den Kämpfen sind bis 1994 über 14.000 Menschen getötet worden.
Im März 1995 verkündete die Regierung von Ciller die Absicht, die PKK zu vernichten und nahm den größten jemals gestarteten Angriff gegen die Rebellen auf, wobei die türkische Armee 40 Kilometer in die von den Vereinigten Staaten ausgewiesene Schutzzone des Kurdengebiets im Nordosten des Iraks eindrang. Zur selben Zeit versuchte Tansu Cillers Regierung, liberalere Gesetze zu verabschieden, um die kurdischen Nationalisten wieder in politische Strukturen einzugliedern und die kurdischen Schulen wieder öffnen zu können.
Die Regierungen der westlichen Länder kritisierten weiterhin die aus der Türkei gemeldeten Menschenrechtsverletzungen, die im Bericht des amerikanischen Außenministeriums vom Februar 1995 zusammengefaßt waren, und verurteilten das Verschwinden und die Ermordungen von Kurden sowie die fortgesetzte Schikanierung, Einschüchterung und Inhaftierung von Menschenrechtsbeobachtern, Journalisten, Rechtsanwälten und Wissenschaftlern.
Am 24. Dezember 1995 fanden die türkischen Parlamentswahlen statt. Aus diesen Wahlen ging erstmals in die Geschichte der modernen Türkei mit der Wohlfahrtspartei (RP) eine islamische Partei als stärkste politische Kraft hervor. Die Partei des Rechten Weges wurde zweitstärkste, die national-liberale Mutterlandspartei drittstärkste Partei. Für eine Regierungsbildung fand die RP keinen Koalitionspartner. Der Vorsitzende der Mutterlandspartei und Tansu Ciller unterzeichneten ein Koalitionsprotokoll. Der Vorsitzende übernahm im März 1996 das Amt des Ministerpräsidenten, trat aber nach einem Mißtrauensvotum im Juni zurück. Präsident Demirel erteile daraufhin Necmettin Erbakan, dem Vorsitzenden der Wohlfahrtspartei, den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung. Tanzu Ciller, deren Partei des Rechten Weges mit der RP die Regierung bildete, wurde stellvertretende Ministerpräsidentin und Außenministerin. Erbakan und Ciller verständigten sich auf eine gemeinsame Regierung, die zuerst von Erbakan, später von Ciller geführt werden sollte.
Im Juni 1997 trat, nachdem seine Partei die Mehrheit im Parlament verloren hatte, Ministerpräsident Erbakan zurück. Daraufhin beauftragte Demirel den Oppositionspolitiker Mesut Yilmaz von der Mutterlandspartei mit der Regierungsbildung. Yilmaz führte eine Regierungskoalition seiner Partei mit der Partei für eine demokratische Türkei und der Demokratischen Partei der Linken. Zu den erklärten Zielen der neuen Regierung gehören das entschiedene vorgehen gegen Islamisten und kurdische Separatisten sowie die baldige Aufnahme in der EU.
Nachdem Mesut Yilmaz im November 1998 wegen Korruptionsvorwürfen vom Parlament gestürzt worden war, amtierte in der Türkei nur eine geschäftsführende Regierung. Die Regierungsbildung wurde an den Staatspräsidenten Süleyman Demirel zurück gegeben. Daraufhin bildete der Sozialdemokrat und ehemalige Ministerpräsidenten Bülent Ecevit am 11. Januar eine Minderheits- und Übergangsregierung mit Vollmacht bis zu den nächsten Parlamentswahlen, die am 18.4.1999 stattfanden. Ecevit bildete nach diesen um ein Jahr vorgezogenen Wahlen zur Nationalversammlung eine Koalition aus Demokratischer Partei der Linken, Partei der nationalen Bewegung und Mutterlandspartei.
Mutterlandspartei
Mutterlandspartei, von Turgut Özal gegründete Partei.
Die Partei entstand, nachdem die Militärregierung per Gesetz vom 24. April 1983 in beschränktem Umfang die Neugründung von Parteien zugelassen hatte. Die ANAP war neben den beiden von den Generälen initiierten Parteigründungen die einzige Partei, die die bürokratischen Hürden überwinden konnte, um im November 1983 an den Parlamentswahlen teilnehmen zu können. Die ANAP ging mit einem Stimmenanteil von über 45 Prozent als Sieger aus diesen Wahlen hervor, Özal wurde Ministerpräsident, und am 1. Oktober löste er den Exgeneral Kenan als Staatspräsidenten ab.
Von Beginn an stellte die ANAP eher eine Sammlungsbewegung dar als eine Partei mit einem fest umrissenen Programm; neben Befürwortern einer religiös-konservativen Politik fanden sich darin Wirtschaftsliberale ebenso wie Verfechter des Laizismus. Ihre Prägung erhielt die Partei durch den Pragmatiker Özal, für den es keinen Widerspruch bedeutet, innenpolitisch den orthodox-islamischen Kreisen mehr Einfluß zu gewähren und außenpolitisch die Integration in der EU anzustreben. Als derjenige, dem es gelang, die Macht des Militärs zurückzudrängen, gibt Özal als Wegbereiter der neuen Demokratie. Während er auf der einen Seite sogar die Bereitschaft signalisierte, in der Kurdenpolitik neue Wege zu suchen, können andererseits durch das am 12. April 1991 verabschiedete "Antiterrorgesetz" grundlegende demokratische Rechte eingeschränkt werden.
Wohlfahrtspartei
Die konservativ- religiöse Wohlfahrtspartei (RP) ging aus der Ende der sechziger Jahre gegründeten Nationalen Heilspartei hervor, die nach dem Militärputsch am 12.September 1980 verboten worden war. Nachdem das Militärregime unter General Kenan Evren am 14. April 1983 ein neues Parteiengesetz erlassen hatte, wurde die Partei als Wohlfahrtspartei neu gegründet. In ihrem Programm fordert sie die Einführung des islamischen Rechts und die Wiederherstellung einer islamischen Ordnung. Die Republikgründung wird ebenso als historische Fehlleistung betrachte wie das laizistische Staatsprinzip des Kemalismus; eher sieht sich die RP der Tradition des Osmanischen Reiches verpflichtet.
Im Februar 1998 verbot das türkische Verfassungsgericht die Wohlfahrtspartei, da diese gegen den Laizismus und damit gegen eines der Grundprinzipien der Republik verstoßen habe. Einige führende Politiker der Partei wurden mit mehrjährigen Politikverbot belegt.
Nach dem Verbot organisierte sich der größte Teil der Wohlfahrtspartei in der Tugendpartei neu; aus den Parlamentswahlen im April 1999 ging die Tugendpartei mit über 15 Prozentpunkten immerhin als drittstärkste Partei hervor.
Partei des Rechten Weges
Die konservative Partei des Rechten Weges ist die Nachfolgeorganisation der Gerechtigkeitspartei, die ihrerseits aus der nach dem Verbot der Demokratischen Partei (1960) hervorgegangen ist.
Die Gerechtigkeitspartei war wie alle anderen türkischen Parteien per Gesetz vom 16. Oktober 1981 verboten worden.; nach der Wiederzulassung politischer Parteien im April 1983 wurde die DYP als Nachfolgepartei der Gerechtigkeitspartei gegründet. Vorsitzender wurde 1987 Süleyman Demirel, der seit den sechziger Jahren eine zentrale Rolle in der türkischen Politik spielte, u. a. als Ministerpräsident und als Vorsitzender der Gerechtigkeitspartei. Seine Nachfolgerin im Parteivorsitz und als Regierungschefin wurde Tansu Ciller.
Partya Karkeren Kurdistan
Die Partya Karkeren Kurdistan (PKK; kurdisch: Arbeiterpartei Kurdistans) ist eine linksradikale kurdische Organisation, die 1984 einen Guerillakrieg gegen die türkische Regierung für einen unabhängigen Kurdenstaat aufnahm und 1999/2000 ihre Abkehr von der Gewalt und ihre Umstrukturierung in eine politische Partei verkündete.
Die Pkk wurde am 26./27. November von einer Gruppe unter der Führung von Abdullah Öcalan als marxistisch - leninistische Partei gegründet. Sie ging aus einer vor allem von Studenten getragenen sozialistischen, revolutionären nationalen Befreiungsbewegung hervor und setzte sich für die nationale Selbstbestimmung der in ihrer kulturellen Identität unterdrückten Kurden ein und für die Errichtung eines freien, den gesamten Siedlungsraum der Kurden umfassenden und die gegenwärtigen politischen Grenzen überwindenden Kurdistan; sie stellen zugleich aber auch die traditionellen feudalen Strukturen innerhalb der kurdischen Stammesgesellschaft in Frage. Die PKK gliedert sich in einen politischen Arm, die nationale Befreiungsfront Kurdistans, und einen militärischen, die Volksbefreiungsarmee Kurdistans, die im Rahmen der Neuorientierung der PKK in Demokratische Volkseinheiten bzw. Volksverteidigungsmacht umbenannt wurde.
Nach dem Militärputsch in der Türkei 1980 intensivierte die Militärregierung die "Türkisierung" der Kurden, unterdrückte immer rigoroser Kultur und Identität und provozierte damit die zunehmende Bereitschaft auf kurdischer Seite, den Kampf für die nationale Selbstbestimmung nun auch mit anderen als politischen Mitteln zu führen. Im August 1984 begann die PKK den bewaffneten Kampf gegen militärische und zivile türkische Einrichtungen, aber auch gegen jene Kurden, die mit der türkischen Regierung zusammenarbeiteten, und in den neunziger Jahren führte sie zudem mehrere Anschläge in Touristenzentren an der türkischen Küste durch. Die PKK operierte dabei zumeist von den benachbarten Ländern Syrien und Irak aus (verstärkt aus dem Nordirak, seit dort nach dem Golfkrieg 1991 eine kurdische Schutzzone eingerichtet worden war). In Syrien und dem Irak sowie im Libanon wurden die PKK- Kämpfer auch ausgebildet; die PKK- Guerilla- Armee umfaßte bis zu 10.000 Kämpfer.
1987 verhängte die türkische Regierung den Ausnahmezustand über den Südosten Anatoliens und verschärfte den Kampf gegen die PKK; ab 1993 führte sie mehrere Großoffensiven durch, an denen jeweils schätzungsweise 100.000 Soldaten mit schweren Kriegsgeräten, Panzern und Kampfflugzeugen beteiligt waren; die Zahl der in dieser Zeit stationierten türkischen Soldaten wird auf mindestens 250.000 geschätzt. Im Rahmen ihrer Großoffensive drang die türkische Armee wiederholt unter Mißachtung der Souveränität der Nachbarländer auch auf irakisches und syrisches Gebiet vor, um dort die Rückzugsbasen der PKK anzugreifen. Dem Krieg zwischen türkischer Armee und der PKK fielen insgesamt 30.000 bis 40.000 Menschen zum Opfer, darunter mindestens 5.000 Zivilisten, zum Teil Intellektuelle und Politiker, die "von Unbekannten" ermordet wurden. Zudem wurden über 3.000 kurdische Dörfer samt ihrer Infrastruktur zerstört und etwa 2,5 Millionen Kurden zur Flucht gezwungen, und Hunderte Kurden sitzen wegen tatsächlicher oder vermuteter Sympathie für die PKK im Gefängnis.
Internationale Menschenrechtsorganisationen warfen beiden Seiten, aber doch vor allem der mit Ausnahmerechten ausgestatteten türkischen Armee, massive Verletzung der Menschenrechte vor. Auf scharfe Kritik stieß im westlichen Ausland auch die Tatsache, daß das NATO- Land Türkei bei seinen Offensiven gegen die Kurden NATO- Kriegsgeräte einsetzte, darunter auch deutsche Waffen und Panzer. Der unverhältnismäßige Einsatz der türkischen Arme, der vor allem die kurdische Zivilbevölkerung traf, wurde von Kritikern der türkischen Regierung auch als Vorgehen apostrophiert, das an Völkermord grenze. Die türkische Regierung ihrerseits betrachtet das Kurdenproblem nicht als ethisches, sondern als Folge der Armut und Unterentwicklung der Region, d. h. als Problem, das mit vorwiegend ökonomischen Mittel zu lösen sei. Fast die Hälfte der türkischen Staatsausgaben fließt in den Krieg gegen die PKK bzw. die Kurden.
Die seit der Gründung der türkischen Republik andauernden und seit Ausbruch des bewaffneten Kampfes drastisch verschärften Repressionen seitens der Regierung veranlassen Hunderttausende Kurden, ihre Heimat in Richtung westeuropäisches Ausland zu verlassen. In Deutschland leben etwa 500.000 Kurden; Seit Mitte der achtziger Jahre agierte die Pkk auch in Deutschland gegen die türkische Regierung, verübte hier u. a. Anschläge auf türkische Einrichtungen und türkische Staatsbürger. 1993 wurde die PKK in Deutschland verboten, ihre Strukturen blieben jedoch laut Verfassungsschutz weitgehend intakt. Ihre gewaltsamen Aktionen stellten die PKK in Deutschland allerdings ein, nachdem Öcalan sie mehrmals zum Gewaltverzicht aufgerufen hatte.
Im September 1998 drohte die türkische Regierung Syrien Militäraktionen an, sofern das Land nicht bereit wäre, PKK- Chef Öcalan, der sein Hauptquartier in Syrien hatte, auszuliefern. Öcalan verließ Syrien, und nach einer Odyssee durch mehrere europäische Länder, in denen er vergeblich um Asyl nachsuchte, wurde er schließlich im Februar 1999 vom türkischen Geheimdienst in der kenianischen Hauptstadt Nairobi festgenommen und in die Türkei überführt. Die Festnahme wurde in der Türkei von offizieller Seite als bisher vernichtendster Schlag gegen die PKK und als Sieg des Staates gefeiert. Am 29. Juni 1999 verurteilte das türkische Staatssicherheitsgericht Öcalan wegen Hochverrats, Separatismus und Terrorismus zum Tod.
Bereits während seines Prozesses bekannte sich Öcalan zu einer friedlichen, politischen Lösung des Kurdenkonfliktes und erklärte die Forderungen der PKK nach einem unabhängigen Kurdenstaat für überholt. Das Angebot eines einseitigen Gewaltverzichts, das auch von der PKK bestätigt wurde, stieß bei der türkischen Regierung allerdings auf keinerlei Resonanz. Anfang August 1999 forderte Öcalan, bereits verurteilt, die PKK- Kämpfer auf, ab dem 1. September die Waffen niederzulegen und aus der Türkei abzuziehen. PKK- Führung und
Kämpfer erklärten sich bereit, Öcalans Aufforderung zu befolgen, und appellierten zugleich an die türkische Regierung, sich ebenfalls um eine friedliche Lösung des Kurdenkonfliktes zu bemühen. Die türkische Regierung unter Ministerpräsident Bülent Ecevit lehnte jedoch erneut jegliche Verhandlungen und jeden Kompromiß mit der PKK ab. Zwar versicherte das türkische Parlament ein "Reuegesetz", das PKK- Kämpfer, die sich freiwillig ergeben, Strafmilderung zusagt; allerdings wurde das Gesetz auf Betreiben der mitregierenden rechtsextremen Partei der Nationalen Bewegung derart verwässert und mit zahlreichen Einschränkungen versehen, daß es PKK- Mitgliedern kaum Anreize bereiten, sich den Behörden zu stellen.
Die PKK- Kämpfer begannen ihren Abzug aus Südostanatolien. Wohin sie sich zurückzogen ließ die PKK nichts Konkretes verlauten. Vermutlich ging ein Großteil in den Nordirak; als weitere mögliche Rückzugs- und Zufluchtsgebiete nannte die PKK außerdem den Balkan, den Nahen Osten und den Kaukasus sowie Europa. Osman Öcalan, der Bruder Abdullah Öcalans und einer der Führer der PKK, bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat für endgültig beendet - auch für den Fall, daß das Todesurteil gegen Abdullah Öcalan tatsächlich vollstreckt werde. Unterdessen ging die türkische Armee mit der gewohnten Härte gegen PKK- Einheiten vor; sowohl Militär- wie auch politische Führung der Türkei interpretierten den Rückzug der PKK als taktisch, propagandistischen Schachzug.
Im Januar 2000 bestätigte ein außerordentlicher Kongreß der PKK, der im Nordirak tagte, die Einstellung der bewaffneten Kampfes gegen die Türkei und bekräftigte ihren Willen, sich in eine politische Partei umzuformen und für den Aufbau eines gemeinsamen türkisch- kurdischen, demokratischen Staates einzusetzen. Ihre Neuorientierung manifestierte die PKK u. a. durch die Entfernung der kommunistischen Symbole Hammer und Sichel aus dem Parteiemblem und des Begriffes "Kudistan" aus den Namen ihrer Gliederungen.
Die Kurden
Kurden, Ethnie im gebirgigen Grenzgebiet zwischen Türkei, Irak, Iran, Syrien, Armenien und Georgien. Die Gesamtzahl der Kurdi (Eigenbezeichung) beträgt rund 25 Millionen Menschen. Rund 600.000 kurdische Migranten leben meist aufgrund politischer Verfolgung in verschiedenen Ländern, vor allem in der Bundesrepublik Deutschland.
Die Kurden sind in ihrer Mehrheit Sunniten (orthodoxe Muslime), andere bekennen sich zu den muslimischen Glaubensgemeinschaft der Alewiten. Traditionell leben die meisten Kurden vom Ackerbau und der Schafzucht, einige Gruppen als Halbnomaden. Die soziale Organisation der kurdischen Gesellschaft wird weitgehend durch Haushalt, d. h. durch Kernfamilien bestimmt.
Sprache ist das Kurdische, eine Sprache des westpersischen Zweiges der indogermanischen Sprachen, die in fünf Gruppen untergliedert wird: Nordkurdisch, Mittelkurdisch, Südkurdisch, Zazaki und Gorani.
Die Kurden selbst sehen sich als Nachfolger der Meder (indoiranische Stämme).
1970 sicherte die irakische Regierung den Kurden nach fast achtjährigen Krieg Autonomie im nördlichen Irak zu. Die Durchsetzung dieses Versprechens entsprach jedoch nicht den Forderungen der Kurden und so wurde der Bürgerkrieg 1974 wiederaufgenommen. Der Aufstand brach 1975 zusammen, nachdem der Iran im des Grenzvertrags mit dem Irak die Hilfe für die Kurden eingestellt hatte. 1988 wurden Tausende von Kurden getötet und Hunderte von kurdischen Dörfern von irakischen Truppen zerstört, nachdem sich kurdische Kämpfer im 1. Golfkrieg auf die Seite des Iran geschlagen hatten. Im März und im April 1991 zerschlug die irakische Regierung unmittelbar nach dem ". Golfkrieg einen weiteren kurdischen Aufstand. Mehr als eine Million Kurden flohen damals in die Türkei, in den Irak und in die Bergregionen des nördlichen Iraks; 1992 befanden sich noch etwa 600.000 Kurden unter dem Schutz der Vereinten Nationen (UNO) in Flüchtlingslagern im Nordirak. 1996 kam es wiederholt zu Kämpfen zwischen den beiden großen politischen Fraktionen im nordirakischen Autonomiegebiet.
Seit 1984 sind bei den Kämpfen zwischen Kurden und dem türkischen Militär etwa 32.000 Menschen ums Leben gekommen.
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