Flaggen und Wappen

I. Allgemeines zu Flaggen

Vexillologie ist der Begriff für die sich mit Flaggen befassende Wissenschaft. Flaggen sind meist viereckige Stofftücher, die mit heraldischen Farben und Figuren bedruckt sind. Anders als die Fahnen können sie mit einer Leine am Flaggenmast gehisst und eingeholt werden. Die Nationalflagge gilt als Symbol eines Staates und seiner Bewohner, die sie zu achten und anzuerkennen haben. Man benutzt sie als staatliches Hoheitszeichen und als Ausdruck staatlicher Souveränität. In vielen Staaten stehen auf die Verunglimpfung der Nationalflagge schwere Strafen. So darf der einfache Bürger die Flagge nur an bestimmten Tagen hissen (z.B. am Gründungstag des Staates oder am Geburtstag des Staatsoberhauptes). Die meisten Staaten führen neben der Nationalflagge auch noch andere, zum Beispiel Staats-, Handels- und Kriegsflaggen. Der Gebrauch dieser Flaggen wird meist durch ein nationales Flaggenrecht geregelt. Neben dem nationalen gibt es auch ein internationales Flaggenrecht (völkerrechtliche Vorschriften). Danach ist zum Beispiel jedes Schiff zur Führung einer Flagge verpflichtet, wenn es die hohe See befährt; es weist damit seine Nationalität aus. Das Völkerrecht besagt, dass sich die Flagge eines Staates deutlich von der eines anderen unterscheiden muss. Dies geschieht zweckmäßigerweise durch die Farbgebung, kann aber auch durch diverse Beizeichen, verschiedene Proportionen oder unterschiedliche Farbtönungen (wie zum Beispiel in den Flaggen Luxemburgs [Abb.1.1] und der Niederlande [Abb.1.2]) erfolgen.

Abb.1.1:      Abb.1.2:

II. Flaggenbräuche

Der Gebrauch der Flagge wird in jedem Land durch die Flaggenetikette festgelegt, doch haben sich einige Regeln herausgebildet. So wird die Flagge bei Sonnenaufgang gehisst, bei Sonnenuntergang gestrichen, wobei zu beachten ist, dass  sie nicht den Boden berühren darf. Setzt man eine Flagge zur Trauer nur auf Halbmast, so wird sie zuerst hinaufgezogen und dann in der Mitte des Mastes festgemacht.

III. Die Anfänge

Die Anfänge der Flagge als einem staatlichen Symbol liegen weit zurück. Fahnen tauchten erstmals im alten Agypten auf, wo sie bei verschiedenen religiösen Zeremonien gebraucht wurden. Bei den Griechen und Römern dienten Fahnen als Feldzeichen einzelner taktischer Abteilungen. Meist befand sich auf dem Fahnentuch ein Wappen oder eine andere komplizierte Darstellung. Auf den zahlreichen Feldzügen nahm man aus Produktionsgründen nur die wichtigsten Farben des Wappens. Ins allgemeine Bewusstsein drang die Nationalflagge aber erst während der Französischen Revolution, als das Volk unter einer blauweißroten Fahne gegen den König für seine Freiheit aufstand.

IV. Das Wappen

Das zweite Hoheitssymbol eines Staates ist sein Staatswappen. Die Wissenschaft, die sich mit den Wappen befasst, nennt man Heraldik. Schon aus dem Altertum sind uns Zeichen bekannt, Wappen im eigentlichen Sinn gibt es seit der Mitte des 12. Jahrhunderts, als sich Fürsten und Ritter figürliche Darstellungen in klaren, kontrastreichen Farben zulegten und diese auf ihre Rüstung und vor allem auf ihre Schilde malen ließen. Ursprünglich galt das Wappen nur seinem Träger, doch bald wurde es auf das von ihm beherrschte Territorium übertragen.

V. Die Farben und ihre Symbolik

Die Heraldik kennt nur eine sehr klar definierte Zahl von Farben, sogenannte Tinkturen, die einer genauen Gesetzmäßigkeit und Regelvorschrift unterliegen. Gerade der in früheren Jahrhunderten entscheidende Signalcharakter von Wappen, Fahnen, Standarten, Banner oder Flaggen verlangte eine deutlich erkennbare Farbe, mit oft lebensentscheidender Aussage. Daher sind auch Nationalflaggen ohne Farbe nicht denkbar, ja sie würden buchstäblich eine sinnentleerte Identifikationsform darstellen.

Die heraldischen Farben sind folgende: Gold (= Gelb), Silber (= Weiß), Rot (in verschiedenen Schattierungen), Blau (hell- bis dunkel), Grün , Schwarz, und Purpur (in der Vexillologie ohne Bedeutung). Nicht streng den heraldischen Regeln entsprechend haben im letzten Jahrhundert auch Orange und Braun (z.B. Sri Lanka Abb.3.1) Eingang in die Farbwelt der Fahnen und Flaggen gefunden.

Höchst interessant ist die Tatsache, dass sowohl große Gemeinsamkeiten als auch enorme Gegensätze bei der assoziativen Interpretation der Farben in den einzelnen Kulturkreisen festzustellen sind. Als weithin bekanntes Beispiel möge die Verwendung von Schwarz und Weiß (d.h. ungefärbtes Gewebe) als Trauerfarben im europäisch-nordamerikanischen sowie ostasiatischen Kulturkreis dienen.

Schon der deutsche Literaturpapst Johann Wolfgang von Goethe hat in seiner "Farbenlehre" versucht, die "sinnlich-sittliche Wirkung der Farbe" zu ergründen. Wenn er auch nicht den theoretischen Stand der heutigen Physik hatte, so erkannte er doch die Wirkung der Farbe als physiologischen Faktor (blau/kurzwellig = kühl, rot/langwellig = warm). Entscheidend aber bei der Farbwahl für Wappen oder Flagge ist sicherlich der soziale, politische und kulturelle Hintergrund der jeweiligen historischen Epoche, in der es zur Festlegung dieser "Identifikationssymbole" kommt.

Abb.3.1: Sri Lanka

Der goldene Löwe auf karminbraunem Hintergrund war schon um 1500 die Flagge des Königreichs Kandy, welches sich damals über einen Großteil der Insel Ceylon erstreckte. Die Flagge steht heute für die Bevölkerungsmehrheit, die Singhalesen, der grüne Streifen für die Mohammedaner und Orange für die Tamilen.

VI. Einteilung der Flaggen

Ebene: FAMILIEN

1.1 ISLAM (Afghanistan, Irak, Aserbaidschan)

                        

Abb.3.2: Afghanistan    Abb.3.3: Irak Abb.3.4: Aserbaidschan

1.2 PAN-AFRIKA (Ghana, Kamerun)

                 

Abb.3.5: Ghana      Abb.3.6: Kamerun

1.3 NORDEUROPA (Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Island)

                   

Abb.3.7: Schweden  Abb.3.8: Norwegen

1.4 PAN-ARABISCH (Agypten, Kuwait, Jemen, Ver. Arabische Emirate)

                    

Abb.4.1: Agypten      Abb.4.2: Jemen Abb.4.3: Vereinigte Arabische Emirate

1.5 ZENTRALAMERIKA (Argentinien, El Salvador, Nicaragua)

                          

Abb.4.4: El Salvador    Abb.4.5: Nicaragua

1.6 NEUGRENADA (Kolumbien, Ecuador, Venezuela)

                         

Abb.4.6: Venezuela      Abb.4.7: Kolumbien [2:3] bzw. Ecuador [3:8] (Der Unterschied wäre

hier nicht zu erkennen gewesen.)

1.7 USA (USA, Panama, Chile, Malaysia, Liberia)

                         

Abb.4.8: Malaysia          Abb.4.9: Liberia

1.8 KARIBIK (Grenada, St.Kitts, Dominica, Jamaica)

                          

Abb.4.10: Dominica          Abb.4.11: Jamaica

1.9 PAN-SLAWISCH (Russland, Slowenien, Tschechien, Slowakei, Bulgarien, Jugoslawien)

                         

Abb.4.12: Russland          Abb.4.13: Slowenien

1.10 UNION JACK (Großbritannien, Australien, Fidschi, Neuseeland, Tuvalu)

                             

Abb.4.14: Großbritannien    Abb.4.15: Australien

1.11 PAZIFIK (Nauru, Marshall-Inseln, Mikronesien)

                        

Abb.4.11: Nauru            Abb.4.12: Marshallinseln

Ebene: EMBLEME

2.1 HALBMOND + STERN: Tunesien, Türkei, Pakistan

Abb.5.1: Türkei

2.2 TIER: Mexiko, Ecuador, Agypten

Abb.5.2: Mexiko

2.3 STERN:

2.3.1 Kreuz des Südens: Australien, Papua-Neuguinea, Samoa, Neuseeland>Abb.5.3:

2.3.2 Staaten/Provinzen/Gemeinden: USA, Brasilien

Abb.5.4: USA

2.3.3 Inseln: Kap Verde, Komoren, Mikronesien

Abb.5.5: Mikronesien

Ethnische Gruppen/Völker/Stämme: Burundi, Israel, Nauru, Aserbaidschan>

Abb.5.6

2.3.5 Parteien/Marxismus/Kommunismus: Panama, Vietnam, China

Abb.5.7: Vietnam

2.3.6 Islam: Algerien, Tunesien, Türkei, Jordanien

Abb.5.8: Tunesien

2.3.7 Hoffnung/Freiheit/Gleichheit/Fortschritt/

Demokratie/Friede: Kuba, Chile, Liberia

Abb.5.9: Kuba (Freiheit)

2.3.8 Monate: Usbekistan

Abb.5.10

2.4 WAPPEN: Slowenien, Kroatien, Moldawien, Tadschikistan

Abb.5.11: Kroatien

2.5 SONNE: Argentinien, Namibia, Kasachstan, Kirgistan, Nepal, Philippinen,

Taiwan, Japan, Mazedonien

Abb.6.1: Mazedonien

2.6 MOND: Iran, Nepal, Singapur, Palau

Abb.6.2: Iran

2.7 KREUZ: Malta, Schweiz, Tonga

Abb.6.3: Malta

2.8 KRONE: Liechtenstein, Tadschikistan

Abb.6.4: Tadschikistan

2.9 ORNAMENT: Weißrussland, Turkmenistan, Kasachstan

Abb.6.5: Kasachstan

2.10 LAND: Zypern

Abb.6.6

2.11 PFLANZE: Kanada, Libanon, Zypern

Abb.6.7: Kanada

2.12 SCHILD: Kenia, Lesotho, Swasiland

Abb.6.8: Kenia

2.13 ALL: Brasilien

Abb.6.9

2.14 BERG: St. Lucia

Abb.6.10

2.15 RELIGIÖSES EMBLEM: Mongolei, Korea

Abb.6.11: Mongolei

2.16 WERKZEUG: Angola, Mosambik, Indien, Myanmar

Abb.6.12: Myanmar

2.17 KREIS: Bangladesch, Laos

Abb.7.1: Bangladesch

2.18 TEMPEL: Kambodscha

Abb.7.2

2.19 HORN: Vanuatu

Abb.7.3

2.20 WAFFE: Angola, Swasiland, Saudi-Arabien, Iran

Abb.7.4: Saudi-Arabien

3. Ebene: THEMEN

3.1 GG. LAGE: Zypern, Brasilien, Kambodscha

3.2 INSCHRIFTEN: Brasilien, Saudi-Arabien, Irak, Iran

3.3 RELIGION:

3.3.1 Islam: Algerien, Tunesien, Türkei, Jordanien

3.3.2 Übrige: Irland, Tonga, Vatikanstadt, Israel, Bhutan

3.4 TRICOLORE: Frankreich, Italien, Belgien, Irland

3.5 LEGENDE: Österreich, Dänemark

Abb.7.5: Österreich Abb.7.6: Dänemark

Der Legende nach stammt die rot-weiß-rote Flagge von Herzog Leopold V., der 1191 nach einer Schlacht gegen die Sarazenen den Gürtel von seinem blutbefleckten weißen Obergewand löste und so das Symbol des weißen (silbernen) Streifens auf rotem Grund schuf. Der dänische Danebrog ist der Legende nach vom Himmel gefallen. Als Waldemar II. im Jahre 1219 gegen Estland eine Niederlage drohte, bat er Gott um Hilfe, und noch während er betete, fiel ein rotes Tuch mit einem weißen Kreuz vom Himmel. Die dänischen Truppen feierten noch einen großen Sieg, Estland kam in dänischen Besitz.

4.Ebene: FARBEN

Es treten auf: Rot (in verschiedenen Tongebungen, extrem dunkel z.B. Lettland und Katar), Blau (hell bis dunkel), Weiß, Gelb, Grün, Schwarz, Orange und Braun. Die häufigsten Farbkombinationen sind solche mit Rot, Blau und Weiß und Kombinationen mit Rot und Weiß. Einfärbige Flaggen gibt es in Rot, Blau, Grün und Weiß, wobei Libyen [Abb.8.1](Grün gilt als Lieblingsfarbe Mohammeds) allein ein einfärbiges Tuch ohne Symbole als Nationalflagge führt.

Abb.8.1:

5. Ebene: FLAGGENTYPEN

Zu den häufigsten Flaggentypen zählen das einfärbige Bild, Flaggen mit zwei oder drei waagrechten (hier als Beispiel Estland) oder mit drei senkrechten Streifen.

Abb.8.2: Estland

6. Ebene: ZUFALLIGE AHNLICHKEITEN

6.1. 3 senkrechte Streifen Blau-Gelb-Rot: Andorra - Rumänien - Tschad - Moldawien

In gleicher Reihenfolge wie genannt Abb.8.3-6:

      

Bei Andorra wurden die Farben der spanischen und französischen Flagge nachempfunden, bei Rumänien steht Rot für Moldawien, Gelb (Gold) für Siebenbürgen, Blau für die Walachei. Tschad hat die panafrikanische Farbe Grün, weil diese auch die der Opposition war, durch Blau ersetzt, welches im Original etwas dünkler als das von Rumänien ist. Moldawien hat seine Flagge der des großen Nachbarn nachempfunden, auch als Zeichen für den Wunsch nach Vereinigung.

6.2. 2 waagrechte Streifen Rot-Weiß: Monaco - Indonesien

In gleicher Reihenfolge wie genannt Abb.8.7-8:

      

Der Unterschied macht sich in den offiziellen Proportionen bemerkbar: 4:5 und 2:3.

6.3. 3 waagrechte Streifen Rot-Weiß-Rot: Österreich - Lettland

In gleicher Reihenfolge wie genannt Abb.9.1-2:

      

Das lettische Weiß steht für Recht und Wahrheit, die Ehre der freien Bürger und ihre Zuverlässigkeit. Rot symbolisiert das Blut, das in der Vergangenheit für das Land geopfert wurde.

6.4. 2 waagrechte Streifen Blau-Rot: Haiti - Liechtenstein

In gleicher Reihenfolge wie genannt Abb.9.3-4:

      

In Haiti steht das Blau für die Bevölkerung, die durch ihr Blut (Rot) die Freiheit gewonnen hat. Liechtenstein sieht das Blau des strahlenden Himmels, das Rot des Leuchten der abendlichen Firne. Die Krone wurde 1937 eingesetzt, um Verwechslungen mit Haiti zu vermeiden, und symbolisiert die Einheit von Volk, Land und Fürstentum.

7. Ebene: WAPPEN auf FLAGGEN

Mexiko, Paraguay (2x), Andorra, Slowakei, Slowenien, Kroatien,             Albanien, Moldawien

Abb.9.5: Slowakei

Abb.9.6: Mexiko

Abb.9.7: Paraguay

Paraguay hat als einzige Flagge der Welt zwei verschiedene Seiten: Sie trägt auf der Vorderseite das Staatswappen und auf der Rückseite das Siegel des Finanzministeriums.