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Referat Ökologische, technische und soziale Vorraussetzungen der mittelamerikanischen Bewässerungskulturen

geographie referate

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BODENKUNDEWISSENSCHAFTEN

IN

ENTWICKLUNGSLANDERN

Thema:

Ökologische, technische und soziale Vorraussetzungen

der mittelamerikanischen Bewässerungskulturen

Mittelamerika = das Land der Mayas und Azteken

- eines der Ursprungsländer des Ackerbaus

Die mit dem Ackerbau verbundene Seßhaftigkeit veränderte das

soziale Gefüge der Menschengruppen, die vorher als

nomadisierende Jäger und Sammler gelebt hatten.

Der geschützte Raum der Dorfgemeinschaft, das Wegfallen der

oft lebensgefährlichen Jagd (man betrieb bereits einfache

Viehzucht - die Entwicklung des Ackerbaus ist untrennbar mit

dieser verknüpft !) und die vielseitige Ernährung ließen die

Bevölkerung merklich anwachsen - und damit verbunden den

Bedarf an ackerbaulicher Fläche.

Der Mensch begann in immer stärkerem Maße seine Umwelt zu

verändern; er erkannte Möglichkeiten Gebiete, die mit den

damals herkömmlichen Methoden nicht zu bewirtschaften waren,

zu nutzen.

Im Falle Mittelamerikas galt es unwegiges Bergland,

dichte Wälder und weite Sumpfgebiete zu kultivieren :

- man legte Terrassen an,

- rodete mit Hilfe des Feuers (milpa = span. Maisfeld) und

- baute inselförmige Beete.

Das wichtigste Gerät des mittelamerikanischen Bauers blieb

aber weiterhin der (relativ einfache) Grabstock.


1) Zentralyucatan

Das Gebiet -

befindet sich bei 19 Nord an der nördlichen Grenze der

Passatzone, und ist von Nordamerikanischen Kontinentalströmen

beeinflußt.

Es handelt sich um ein Karstgebiet, das heißt, es gibt kaum

Oberflächenwasser dafür aber ausgedehnte unterirdische Ströme.

Die Trockenzeit dauert von Dezember bis Mai,

die Regenzeit von Mai bis Dezember.

Die extreme Variabilität der Niederschläge (z.B. Oxkutzcab :

1000 - 1200 mm/Jahr) bewirkt im langfristigen Durchschnitt

höhere Niederschläge als nördlich des Puuc (- Region :

künstliche Regensammlung angewendet), diese können während

vieler Jahre unter diesem Wert liegen.

Wo im Süden die Niederschläge noch weiter steigen,

gibt es keine Besiedlung mehr.

Die Tagestemperaturen liegen bei über 40C.


Die prähispanischen Bewohner von Yucatan -

waren die Maya, von denen aber so gut wie nichts bekannt ist :

Als 1542 Mittelamerika von den Spaniern unter Cortez erobert

wurde, lag die klassische Periode des Volkes schon circa

300 Jahre zurück.

Auf Grund von archäologischen Forschungen ist aber bewiesen,

daß Wasserversorgungssysteme von großer Bedeutung waren und

das Wasser das ganze Leben der Maya bestimmte.

Wasserversorgung :


* Idee Jeder trägt Verantwortung für das System,

daß heißt für sich selbst und die Umwelt -

die Mitlebewesen und ihren Lebensraum.

' Wenig Wasser kann durch effizienten Einsatz

in seiner Wirkung vervielfacht werden.' (*)

Dies erreicht man durch Konzentration des Wassers

und Schutz vor Verdunstung.

Verschiedene Nutzungs- und Sammelmöglichkeiten helfen

Überschüsse zu regulieren und zu verwenden.

' Effiziente Regenwasserbewirtschaftung ist nur im Rahmen

eines umfassenden integrierten Nutzungskonzept möglich.' (*)

Denken in gemeinschaftlichen Kategorien ist angesagt;

die hohe Verantwortung liegt aber bei jedem einzelnen Bauern.

* System :

Während im Norden des Gebietes natürliche Dolinen (= cenotes)

weitverbreitet sind, die zur Regensammlung genutz werden

konnten (es gab bei den Mayas überhaupt wenige künstlich

angelegte Brunnen), mußte man im Süden, je nach

naturräumlichen Gegebenheiten Sammelvorrichtungen schaffen,

um auch in der Trockenzeit Wasser zur Verfügung zu haben.

In Hanglagen kam es zur Kombination von Regenwasserzisternen

und künstlichen Seen.

(siehe Speicherung + Hang-Tal-Bewirtschaftungsverfahren)

Das 'Rückgrat' des Systems waren kommunale Regelmachanismen

und Organisationsformen - jeder wurde in den Sammelprozeß

einbezogen.

Es gab kaum Wasserkontamination - das 'waste water' wurde

wieder in den Versorgungscyklus eingespeist, die Minerale und

organischen Stoffe dem Boden rückgeführt.

Da die Zufuhr von organischem Material auch die

Wasserspeicherkapazität des Bodens erhöhte, konnte der

Wasserverbrauch pro landwirtschaftlicher Einheit gesenkt

werden.

(*) Vogl, Christian R. Diplomarbeit 1990


* Speicherung :

Der Grundgedanke des Speicherns ist, daß Wasser,

über längere Zeiträume verteilt, besser und effektiver nutzbar

ist, als eine große Menge in kurzer Zeit.

a) aguada (span. Wasserstelle)   = künstliche Seen

Eine durchschnittliche aguada hat einen Durchmesser von 100 m und eine Tiefe von 10 m.

In der feuchten Jahreszeit wird der See durch viele

oberflächliche Kanäle gefüllt; seine Kapazität beträgt

10 000 000 - 150 000 000 l.

Die gesamte Trockenzeit über stehen große Wasservorräte zur

Verfügung; Verlust treten nur durch Evaporation auf.

Um eine problemlose Wasserspeicherung zu gewährleisten,

müssen die natürlichen Zuflußwege und die aguada selbst von

gröberem organischen Material gesäubert werden.

Die Ufer sind reich an Vegetation und das ganze Gebiet dient

als Faunareservat und Überlebenschance für Wildtiere, deren

Bestand von den traditionell jagenden Tabaos reguliert wird.

Heute ist die Mehrzahl der aguadas ausgetrocknet und die

darunter befindlichen Grundwasserreservoire (Buute) sind die

letzte Wasserreserven dieser Gebiete.

b) chultun = künstliche unterirdische Zisternen

Sie werden in einer Anzahl von 50 Stück pro km2 angelegt.

Innen ist es vollkommen finster und die kleine Öffnung

an der Bodenoberfläche wird mit einem Holzstöpsel dicht

verschlossen.

Rund um die Öffnung befindet sich ein zum Sammelgefäß hin

geneigtes Auffangbecken in der Größe eines mittleren

Schwimmbeckens.

Ein chultun liefert hochqualitatives Wasser,

das frei von Algen und Wasserfauna ist.

Dieses kann mit einem Baumrindenbeutel geschöpft werden.

Der ausschlaggebende Faktor für die Entwicklung des chultun

war die Variabilität des Jahresniederschlages.

Das Fassungsvermögen ist auf den Jahresniederschlag abgestimmt

und beträgt 20 000 - 45 000 l.

Eine Familie mit circa 12 Personen kann täglich mit 200 l

Wasser versorgt werden.

Von Jänner bis März ist die Wasserbilanz negativ,

im Mai ist der chultun entleert.

Bei einem Überangebot an Niederschlägen (=Überflutungswasser)

wird das Wasser zu anderen Speicherräumen (aguadas) geleitet.


c) haltun  = halbnatürliche oberflächliche Gesteinsausgrabung

Ursprünglich waren sie durch schmale oberflächliche Kanäle

verbunden.

Sie haben eine Kapazität von 100 - 20 000 l und liefern -

da sie oben offen sind - Trinkwasser von minderer Qualität.

Durch Evaporation geht Wasser verloren.

d) pila (span. Wassertrog; Batterie)   =

ausgehöhlter bewegbarer Felsen

Die Kapazität beträgt 5 - 20 l;

das Wasser ist für den raschen Verbrauch bestimmt.

Hang-Tal-Bewirtschaftungsverfahren :

Terrassen dienen zur Wasserregulation und zur Konservierung

der Niederschläge im Boden.

Ihr Schwemmwasser wird am Weg nach unten in aguandas oder

chultunes aufgefangen.

Mäandrierende Kanäle führen es einige hundert Meter den Hügel

hinunter zu den Feldern und überwinden dabei einen

Höhenunterschied von circa 5 m.

Die vom Schwemmwasser mitgeführten Sedimente bewirken eine

Zunahme und eine Verbesserung der Qualität des kultivierten

Talbodens (Kacab-Erde = ungewöhnlich dunkle und sehr

fruchtbare Erde).

Die gesamte Wasserquantität für die Tallandwirtschaft

entspricht dem zweifachen durchschnittlichen Regenfall -

es kann zweimal so viel Biomasse produziert werden.

2) Küste Yukatans und Tal von Mexiko

Chinampas

Über die chinampas im Gebiet der Mayas ist so gut wie nichts

bekannt, aber im Tal von Mexico haben sich die 'Schwimmenden Gärten' - die chinampas der Azteken - zum Teil bis heute

erhalten :

* Das Ende :

' Und dann sahen wir all diese Städte und Ortschaften

die im Wasser gebaut waren und andere große Städte

auf trockenem Land und dieser schnurgerade Damm

der bis Mexico führt;

wir waren verblüfft einige unserer Soldaten fragten,

ob das nicht nur ein Traum sei. '

(Bernal Diaz del Castillo -

Mitglied der Expedition /

Eroberung Mexicos)


Den v.a. an relativ trockene Landschaften gewöhnten Spaniern

mußte ein Land, in dem ein großes Sumpfgebiet Nahrung und

Wohnraum für 1.5 Millionen Menschen lieferte, wie Garten Eden

erscheinen.

Ein Garten den man besitzen wollte, zu dessen richtiger Pflege

einem aber die nötige Erfahrung und das Interesse fehlte.

Das Teichsystem wurde zum größten Teil trockengelegt und die

'neugewonnene' Fläche als Weideland für riesige Viehherden und

für Trockenfeldbau verwendet - so wie man es aus dem

Mutterland Spanien gewohnt war.

Durch diesen extremen Eingriff in das bestehende System von

Kanälen und Inseln wurde die Wasserzufuhr für die Inselbeete

abgeschnitten; Krankheiten, die für die Eroberer relativ

harmlos waren, aber die Ureinwohner bis zum Ende des

17. Jahrhunderts auf 70 000 reduzierten und der Zusammenbruch

des zum Teil schon überbürokratisierten Machtgefüges

bedeuteten das Aus für die Schwimmenden Gärten.

* Eine Idee :

Chinampas sind der Versuch, in einem heiß-feuchten Klima,

wie es in dem von hohen Bergen umschlossenen Tal von Mexico

vorherrscht, einen neuen Lebensraum für Menschen zu schaffen

und ertragreiche Landwirtschaft zu betreiben.

Da das spärliche Regenwasser keinen natürlichen Abfluß findet,

sammelt es sich in mehreren seichten Teichen (bzw Sümpfen),

die einen Großteil des Talbodens ausmachen.

In den weichen schlammigen Boden werden - in Form eines

Rechteckes - Pfähle geschlagen und mit Flechtwerk verbunden

[chinampa ist von dem nahuatl Wort chinamitl abgeleitet,

das 'Einzäunung' aus Rohr' bedeutet].

Diese Rohrrahmen werden in Wechsellagen von Wasserkraut,

Schlamm vom Seeboden und Erde gefüllt.

Die fertigen 'Inseln' sind 30 - 100 m lang, 3 - 8 m breit und

etwa 1 m und 3 handbreit hoch, wo von circa 1 m unter dem

Wasserspiegel gelegen ist.

An den Ufern der Beete werden Ahuejote-Bäume (Weidenart)

gepflanzt, die den Inseln eine größere Festigkeit verleihen

(Wurzel = lebendiger Zaun) und Schatten spenden.

Durch die geringe Höhe der Beete kann das Wasser der

angelegten Kanäle im Wurzelbereich diffundieren -

die ständige Feuchtigkeit bewirkt eine Zersetzung der

organischen Massen im Boden, wodurch die Versorgung der

Pflanzen mit Nährstoffen und Wasser gewährleistet ist.

Die große Anzahl von Früchten im Fruchtwechsel und die

regelmäßige Auflage von Schlamm, Wasserpflanzen und

natürlichem Dünger führen dem System neue Umsatzstoffe zu.

Viermal im Jahr kann bei hohen Erträgen geerntet werden;

die Haupterzeugnisse sind Mais und Bohnen, dicht gefolgt von

verschiedenen Gemüsesorten, Blumen und Früchten kleinerer

Bäume und Sträucher.


Ein besonderer Aspekt dieser Bewirtschaftungsform ist,

daß nicht nur die Inseln selbst, sondern auch die Kanäle genutzt werden.

Dieses viele Kilometer lange, 1 - 3 m breite Geflechte von

Wasserwegen dient nicht nur zur Bewässerung der Beete, sondern

auch für die Haltung von Fischen, Salamandern, Schildkröten

und Geflügel, als Transportweg und zur Verteidigung des

Landes.

Die chinampas sind also ein abgeschlossenes und langlebiges

System - alles, was nicht als Nahrungsmittel oder Werkzeug

verwendet werden kann, wird wieder dem Stoffkreislauf

zugeführt und kann für das System genutzt werden.

Bei wenig Materialeintrag und daher hoher Arbeitsintensität

(z.B. Freihalten der Kanäle und Ausbringung des

Aushubmaterials auf die Beete, Anbau und Ernte v.a. händisch)

kann ein Stück bestes chinampa-Land 15 - 20 Menschen ernähren

- und war damit die wirtschaftliche Grundlage des Reiches

Tenochtitlán-Tlatelolco rund um die Hauptstadt Tenochtitlán.

* Die Situation :

Die Hauptstadt war 1325 auf ehemaligen chinampas am Südende

des Texcoco Sees errichtet worden, die miteinander

verschmolzen und große ebene Flächen bildeten, die durch

Kanäle von einander getrennt waren.

Die starke Bevölkerungszunahme und die zwangsläufig damit

verbundene Vergrößerung der Stadt ging zu Lasten der älteren

landwirtschaftlichen Flächen, die aber an der Peripherie der

Stadt durch neue ersetzt wurden.

Nur durch eine straffe, fast schon als totalitär zu

bezeichnende Organisation war es überhaupt möglich in relativ

kurzer Zeit - circa 200 Jahre - ein System aufzubauen, das

einer rasch wachsenden Bevölkerung sowohl Nahrung als auch

Schutz bot, was bedeutete, daß das Leben der Azteken durch

eine Vielzahl bürokratischer Maßnahmen bestimmt war.

In der Landwirtschaft bedeutete dies z.B. eine genaue

Einteilung der Besitzverhältnisse, der Fruchtfolge und

verschiedene Kontrolleinrichtungen zur Regelung des

Wasserhaushaltes im chinampas-System.

(z.B. : Ein 15 Kilometer langer Erde-Stein-Damm regulierte den

Wasserspiegel und verhinderte den Ausgleich der

Salzkonzentration zwischen Nord- und Südteil des

Texcoco Sees.)

Mit der 'Eroberung' Mittelamerikas durch die Spanier brach

dieser 'Beamtenstaat', der vor allem bei den von den Azteken

unterworfenen Völkern Anlaß fortwährender Unruhen war,

vollständig in sich zusammen.


Bis 1900 gab es noch einen Verbindungskanal, der es den

chinamperos - den Bauern der chinampas - ermöglichte ihre

Erzeugnisse auf direktem Weg zum Zentralmarkt in Mexico City

(dem ehemaligen Tenochtitlán) zu bringen; durch weitere

Trockenlegungen und die Umleitung der unzähligen natürlichen

Quellen für die städtischen Wasserversorgung in gemauerten

Aquädukten versiegte der Kanal.

An seine Stelle trat eine Asphaltstraße, wodurch die

chinamperos gezwungen wurden, ihre Waren Marktmittelsmännern

anzuvertrauen, die sich einen LKW leisten konnten.

Noch 1930 berichtete die deutsche Geographin Elisabeth

Schilling, daß von den chinampas :

Kraut, Spinat, Salat, Gurken, Zeller, Jitomates, Bohnen, Mais,

Zwiebel, Lilien, Mohn, Tulpen, Vergißmeinnicht, Nelken,

alcatraces, Chrysanthemen, Gänseblümchen, nardos und pansies

frisch auf den Markt geliefert wurden.

Heute sind 2/3 der damaligen Beete für den Haus-und Straßenbau

trockengelegt, das 'überflüssige' Wasser wird in den Pazifik geleitet.  Das restliche Drittel wird mit wenig-belastetem

Abwasser gedüngt; die Kanäle stagnieren und sind Lagerplatz

für alle Arten von Müll - die Fauna ist verschwunden und die Ahuejote sterben langsam ab.

Trotzdem waren und sind die 'Gärten' weiterhin die

Hauptlieferanten für Gemüse und Blumen; und das - obwohl sie

im Sinne der Politik der Grünen Revolution, die mit großer

Akribie in Mittel- und Südamerika verfolgt wurde (mehr

Maschinen, weniger Handarbeit !) - wohl kaum als rationell

bezeichnet werden können.

* 'Eine alte Antwort für die Zukunft' *

Um die Versorgung mit Nahrungsmitteln zu verbessern, beschloß

der INI (Instituto Nacional Indigenista = offizielle Stelle

der Indianerhilfe) im Jahre 1978 sich auf die Suche nach

Alternativen zu machen.

Eine der Grundideen war es dabei 'eine alte Antwort für die

Zukunft'  zu finden und so die Tradition, daß heißt,

das Selbstbewußtsein, v.a. der Indianer, wiederherzustellen.

Projekt 1 / CHONTAL - Tabasco (SO-Küste)

Nach einigen fehlgeschlagenen Trockenlegungsprojekten in den

Sümpfen rund um die Ortschaften Tucta, La Cruz und Olcuatitán

fanden Archäologen in Tabasco prä-hispanische Beete.

Man kam überein - im Sinne der Idee der INI - in diesem

Sumpfgebiet mit modernen Methoden solche Beete (=chinampas)

zu errichten.


Unter der Leitung der INIREB (Instituto Nacional de

Investigacionenes sobre los Recursos Bióticos) und mit

der hohen finanziellen Unterstützung der Regierung und

der Weltbank begann man mit der Planung.

* Zielsetzung :

1) permanent Arbeit für landlose Chontales

2) Nahrungsmittelversorgung für das Gebiet

3) Sicherstellung einer konstanten Produktion

für den Markt in Villahermosa

4) Stärkung der kulturellen Indentität

5) Schaffung einer wirklichen Alternative für die Umwandlung

von Sumpfgebiet in produktive Nutzflächen

* Ausführung :

Zur Arbeitsbeschleunigung wurden große aquatische Bagger

eingesetzt, um Sumpfboden auszuheben und 65 circa 30 m breite

und 100 - 300 m lange Haufen aufzuschütten.

Diese hatten zwar das Aussehen von chinampas,

waren aber nicht so fruchtbar und wasserdurchlässig :

Der Schlamm war nicht nach seiner natürlichen Schichtenfolge

gelagert worden; der nährstoffreichere Anteil war in der

untersten Schichte, die oberste Lage war unfruchtbar und durch

den Einfluß der Luft hart wie Zement, und man hatte keine

organische Masse eingebracht.

Im Bett der Kanäle waren 1 - 5 m tiefe Rillen, die durch das

wiederholte Rangieren der Bagger entstanden waren und es den

Chontales unmöglich machten, die ihnen vertraute Form des

Fischfanges mit Schleppnetzen zu betreiben.

* weitere Probleme :

Den Chontales war das Arbeiten in kollektiven Gruppen

vollkommen fremd, wodurch es zu wiederholten Verzögerungen

und Unstimmigkeiten kam.

Die ursprüngliche Erwerbsquelle der Dorfbewohner war die

Jagd und der Handel - vor dem Projektbeginn waren nur 10 %

der Dorfbewohner aktive Landwirte gewesen, mit Feldgrößen

zwischen 51 und 1/2 Hektar - es fehlte an Erfahrung und oft

auch an Begeisterungsfähigkeit einen nicht traditionellen

'Beruf' zu ergreifen.

Die Berater - chinamperos aus dem Tal von Mexico -

waren weder mit der Menge und dem Artenreichtum der Insekten

des Gebietes noch mit seinen Wachstumsperioden vertraut.

Außerdem hatte man Pflanzgut aus Gebieten mit anderen

räumlichen und zum Teil auch klimatischen Bedingungen

geholt; die Folge waren Mißernten und immer stärker werdende

Zweifel an der Funktionstüchtigkeit der chinampas in der

Gegenwart.


Die Beete waren vom Dorf aus nur schwer zu erreichen;

vom Dorf in Richtung Villahermosa und in den Rest des

Gebietes fehlte es an Transportmöglichkeiten, so daß ein

Teil der Ware schon vor Erreichen des Bestimmungsortes

verdarb.

Als das Transportproblem teilweise gelöst war, zeigte sich,

daß man vergessen hatte, vor dem Projektbeginn ausreichende

Marktforschung zu betreiben und man Mengen und Waren

produziert hatte, für die nur eingeschränkt Bedarf bestand.

* Lösungsversuche :

Es kam zur Aufteilung der Beete auf einzelne Familien -

wie es sowohl im Tal von Mexico als auch hier im Gebiet

der Chontales Tradition war - und ging dazu über traditionelle

Sorten und Arten (Mais, Bohnen, Bananen) anzubauen, die eine

größere Resistenz gegen Krankheiten und Insekten haben.

Da die chinampas in dieser Form weder besonders arbeits-

noch kapitalintensiv sind, werden sie im Nebenerwerb

bewirtschaftet.

Projekt 2 / CHONTALES - El Castillo

Auf Betreiben der INIREB und eines privaten Grundbesitzers

wurde 1979 ein neues Projekt gestartet - um eine Verbindung

zwischen moderner und prä-hispanischer Technologie zu

schaffen.

Man plante die Zucht von Schweinen, Hühnern und Fischen,

die Errichtung einer Biogasanlage und die Anlage von vier

chinampas.

Die chinampas sollten in der Ausführung den prä-hispanischen

Beeten im Tal von Mexico entsprechen, ja man hatte sogar aus

den Problemen mit den kollektiven Arbeitsgruppen aus dem

ersten Projekt gelernt und ortsansäßige Arbeiter angestellt,

die von Studenten der technischen Landwirtschaftsschule in

Veracruz und einem chinampero aus dem Tal von Mexico

unterstützt wurden.

Trotzdem scheiterte auch dieses Projekt :

Man hatte wieder die Insekten und die unterschiedlichen

Wachstumsperioden der Gebiete unterschätzt.

Der See war für die Anlage von chinampas - mit Ausnahme

eines schmalen Sumpfstreifens - zu tief, wodurch die

Vergrößerung der Anlage in der Zukunft unmöglich gemacht

wurde.


Das Gemüse konnte nicht als 'cash-crop' mit den

Kaffeepflanzungen konkurrenzieren und war daher vom

Finanziellen her unattraktiv.

Die Interessen der Projektmanager und die Bauern ließen sich

nicht miteinander verknüpfen.

Die technischen Berater waren vor allem an der

Verwirklichung der modersten technischen Ideen

interesssiert, ohne auf die lokalen Gegebenheiten,

daß heißt, auf den sozialen, ökonomischen und politischen

Context in dem die Bauern lebten, besondere Rücksicht

zu nehmen.

Nachdem der Grundbesitzer plötzlich verstarb und sein Bruder

wenig Interesse an den Pläne zeigte, wurde das Projekt

fallengelassen.

Warum aber hatte das System im Tal von Mexico circa 200 Jahre

lang funktioniert und scheiterte im hochtechnisierten

20.Jahrhundert bereits nach wenigen Monaten ?

Die Idee der chinampas im Tal von Mexico waren nicht von

irgendwoher importiert worden, sondern ein genau auf die

naturräumlichen und sozialen Bedingungen abgestimmtes Modell.

Die Azteken hatten, wahrscheinlich durch genaue Beobachtung

und die Weitergabe von Information über Generationen

(sowohl mündlich als auch schriftlich), ein erstaunliches

Wissen über den Nährstoffbedarf der Pflanzen, den Wasserbau,

die Bevölkerungsentwicklung, die Bedeutung einer guten

Organisation - und die Fähigkeit die Natur als Ganzes zu sehen und Zusammenhänge zu erkennen.

Die Projekte 1 und 2 scheiterten daran, daß in der Planung

immer wieder gewisse Details übersehen wurden;

sei es die Erforschung der Marktlage, die richtige Schichtung

des Schlammes in den Inselbeeten, die Tradition der

Gebietsbevölkerung oder die komplexen ökologischen und

sozioökologischen Zusammenhänge - daß heißt, die teilweise

Unfähigkeit Dinge in ihrer ganzen Komplexität zu erfassen.



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