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Referat Die Bedeutung der Konferenz von Samos im Hinblick auf die Entstehung des Attischen Seebundes

geschichte referate

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Universität  Hannover

Historisches Seminar

Hausarbeit

Die Bedeutung der Konferenz von Samos im Hinblick auf die Entstehung des Attischen Seebundes

Inhaltsverzeichnis

1.      Einleitung

2.      Die Schlacht bei Mykale und das Verhalten der Ioner

3.      Herodots Bericht über die Konferenz von Samos

1 Verhandlungsgang und Ergebnis

2 Haltung und Motive Athens

3 Haltung und Motive Spartas bzw. der Peloponnesier

4.      Fortgang der Operationen bis zur Belagerung von Sestos

Bedeutung der Konferenz von Samos

6.      Quellenverzeichnis

7.      Literaturverzeichnis

Einleitung

Das Jahr 4 9 v.Chr. brachte den im Hellenenbund von 81 zusammengeschlossenen Griechen außergehnliche und entscheidende militärische Erfolge (Plataiai und Mykale) bei ihrem Kampf gegen den persischen Aggressor, es stellte sie  jedoch gleichfalls vor einige schwer in allseitigem Einvernehmen zu lösende Probleme. Einer dieser Hauptstreitpunkte war der in der Konferenz von Samos nach der Schlacht beim Mykalegebirge diskutierte Verbleib und die Behandlung der Insel- und Festlandsioner im kleinasiatischen Raum.

Es  ist zu untersuchen, welche Ziele und Erwartungen die beiden Pole Athen und Sparta in der Konferenz verfolgten, ob und wie weit sie das Ergebnis der Besprechung und die darauf folgenden Aktionen voneinander entfernten und welchen Einfluß die Konferenz auf die Gründung eines seperaten Bundes unter Athens Hegemonie, des Delisch-Attischen Seebundes, hatte.

Der Forschung steht zu diesem Problem  im Grunde genommen nur eine brauchbare Quelle, die Historien von

Herodot, zur Verfügung. Der u a. Herodot und Atthidographen benutzende Diodor ist zu ungenau und in Bezug auf die Konferenz von Samos recht wertlos. Auch Thukydides bietet in seiner kurzen Skizzierung der Pentakontaetie keine zusätzlichen Informationen über Grund, Verlauf oder Ergebnis der Konferenz, lediglich die Belagerung von Sestos als eine der ersten Aktionen nach Samos wird knapp geschildert. Somit beschr nkt sich die Behandlung der Flottenkonferenz von Samos auf eine Analyse des Berichtes von Herodot, was sich einerseits als schwierig erweist, da keine Kontroll berlieferungen zur Verfügung stehen, andererseits aber der Bericht an dieser Stelle einen logischen Bruch aufzuweisen scheint

Bei der Behandlung dieses Themas ist vor allem zu beachten, daß in der wissenschaftlichen Diskussion u.a. zwei divergierende Gedankengänge bezüglich des sich verändernden Verhältnisses zwischen Athen und Sparta während der Perserkriege zu beobachten sind. Der Ansicht einer bewu t expandierenden, manchmal sogar als imperialistisch bezeichneten Haltung Athens, das zunehmend die Fäden in Richtung eines eigenen Machtb ndnisses unter seiner Hegemonie zieht , steht die Meinung einer unkonzeptionellen, auf äußere Umstände reagierenden Politik dieser bedeutenden griechischen Polis gegen ber. Die Konferenz von Samos und das damit einhergehende Ionerproblem spielen bei der Beurteilung dieser Entwicklung eine wichtige Rolle.

Diese Arbeit soll versuchen, die historischen Ereignisse genauer zu analysieren und die einzelnen Standpunkte Athens und  Spartas auf und nach der Konferenz von Samos unter Berücksichtigung der verschiedenen Forschungsansätze darzustellen, sowie sie im Hinblick auf die Gründung des Delisch-Attischen Seebundes zu überprüfen. Weitergehend werden die der Konferenz bis zur Belagerung von Sestos folgenden Operationen mit Blick auf die nun beteiligten Ioner und deren Bedeutung bei diesen Aktionen untersucht.

. Die Schlacht bei Mykale und das Verhalten der Ioner

Die militärischen Siege der Hellenen in der entscheidenden Phase der Perserkriege 480/79 (Salamis, Plataiai/Mykale) besaßenr spätere innen- und außenpolitische Entwicklungen Griechenlands  eine Tragweite, wie sie erst die weiteren militärischen Erfolge der kimonischen Ara hervortreten lassen haben. Besonders das 'Entscheidungsjahr' (Heinrichs,

a.a.O., 2) 9 stellt u.a. einen wichtigen Punkt in der politischen Zugehörigkeit der transägäischen Griechengebiete und

in der Beziehung zwischen Athen und Sparta dar.

Nach der verlorenen Seeschlacht in der Meerenge von Salamis am . September 480 flüchtete sich Herodots Bericht zufolge der verbleibende Rest der persischen Reichsflotte in die sch tzende Deckung der asiatischen Küste und überwinterte, nachdem sie den König und sein Heer von der Chersonesos nach Abydos übergesetzt hatte, in Kyme und Samos. Mit Einsetzen des Frühlings 479 sammelten sich die verschiedenen Schiffskontingente der persischen Flotte unter dem Befehl von Mardontes, Artayntes und Ithamitres in Samos. Diese beschlossen nach der Feststellung, daß die schwer angeschlagene persische Flotte zusammen mit dem ionischen Schiffsanteil gerade noch ca. 00 Schiffe aufbieten konnte und die Bundesflotte der Hellenen ihrer Meinung nach nicht nach Ionien aufbrechen würde, lediglich einem möglichen ionischen Abfall vom Perserreich entgegenzuwirken und nicht weiter Richtung Westen zu fahren, wo sicherlich ein Zusammentreffen mit der siegreichen Bundesflotte provoziert werden würde. Somit verweilte die Reichsflotte auf Samos und setzte große Hoffnungen auf Mardonios´ Landunternehmungen.

Die Bundesflotte sammelte sich jedoch zu dieser Zeit mit 1 0 Schiffen unter dem Oberbefehl des spartanischen nigs Leutychides und des Atheners Xanthippos bei Aigina. Kurze Zeit darauf traf eine Gesandschaft aus Chios, die vorher schon in Sparta um Hilfe für die Befreiung Ioniens ersucht hatte, bei der Flotte ein und bat um Unterstützung bei ihrer Verschwörung gegen Strattis, den von den Persern ca. 49 2 eingesetzten Tyrannen von Chios. Die Bundesflotte setzte sich daraufhin Richtung Ionien in Bewegung, kam  jedoch nur bis Delos, wo sie mit der Begründung, alles weiter Hinausliegende sei den Hellenen nicht geheuer, vom Platz her nicht vertraut (besonders Samos) und wahrscheinlich voller feindlicher Truppen, nahezu ein halbes Jahr vor Anker ging.

Im September des Jahres 4 9 kamen Gesandte der Insel Samos zur Bundesflotte, die hinter dem Rücken der Perser und des von ihnen eingesetzten samischen Tyrannen Theomestor mit der Bitte an die Oberbefehlshaber herantraten, nach Samos aufzubrechen, sie von der Herrschaft der Perser zu befreien und möglicherweise sogar einen Abfall der ionischen Truppenkontingente zu erreichen. Leutychides vergewisserte sich der Integrität der Gesandten und, nachdem er sich des Argwohns entledigt hatte, nahm ihnen den Treueeid ab, daß 'die Samier gewißlich unsere kampfeswilligen Bundesgenossen sein würden' (Hdt. , 1)

Als das Opfer für die Hellenen schließlich günstig ausfiel, liefen sie von Delos mit Kurs auf Samos  aus, und nachdem sie auf der Höhe von Kalamoi auf Samos angelangt waren, trafen sie Vorbereitungen zur Seeschlacht mit den Persern. Diese aber hatten sich auf die Nachricht vom Auslaufen der Bundesflotte zum Festland zurückgezogen, wobei

lagernden, insgesamt wohl

an die sechzigtausend Mann starken Schutzarme zur Bewachung Ioniens . Den Plan verfolgend, die gesamte Flotte an Land zu ziehen und zusammen mit den persischen Stellungen mit einem Wall zu umgeben und somit einer Belagerung wie auch einer Feldschlacht gewachsen zu sein, trafen sie das Landheer in der Nähe von Skolopoeis und des Gaisonbaches auf der Mykalehalbinsel, wo sie das geplante Vorhaben in die Tat umsetzten und die Griechen erwarteten.

Die Nachricht vom Abzug der Perser enttäuschte die Hellenen nach Herodot schwer und machte sie bezüglich weiterer Aktionen unschlüssig. Sie entschieden sich jedochr eine Verfolgung der Perser und brachen, sich erneut zu einer Seeschlacht rüstend, gegen Ende September 479 zum Festland auf. Nahe beim feindlichen Lager auf Mykale bemerkten sie jedoch die persische Strategie, denn anstelle des erwarteten Flottenangriffs sahen sie neben den starken Befestigungen ein kampfbereites, formiertes Heer der Perser. Daraufhin li Leutychides sein Schiff dicht an das Ufer steuern und den ionischen Kontingenten   im Perserheer zurufen, daß sie bei einem Zusammentreffen der Heere 'zuallererst der Freiheit, sodann der Losung: ´Hebe´ gedenken sollten' (Hdt , 8). Dieser Aufruf zum Abfall der Ioner verfolgte anscheinend eine hnliche Taktik wie der des Themistokles am Kap Artemision 4 0, denn die Worte des Leutychides sollten entweder, falls die Barbaren sie nicht verstehenrden, die Ioner für die Griechen gewinnen oder, wenn man den Persern die Nachricht mitteilte,  diese mißtrauisch gegen die Hellenen in ihren Reihen machen. Kurze Zeit nach dem Aufruf ihres Oberbefehlhabers an die Ioner hielten die Griechen auf die Küste zu, gingen an Land und formierten sich zum Kampf.

Die Perser begannen zwischenzeitlich mit der Entwaffnung und Internierung der Samier alsr sie des Verrats verdächtigster Truppenteil im Lager und wiesen die Milesier an, die wichtigen Durchgangswege zur Mykalehöhe zu bewachen und dem persischen Heer die Fluchtwege offenzuhalten. Damit wollten sie nach Herodot die Truppenteile, denen sie am meisten mißtrauten, unschädlich machen oder vom Kampfgeschehen entfernen.

ihren Schilden aus Flechtwerk eine leichte Schutzwehr errichtet hatten. Die Moral und der Kampfeswille der griechischen Hopliten wurden unterdessen durch das plötzlich die Reihen durchziehende Gerücht verstärkt, ihre Kampfgenossen auf dem griechischen Festland hätten die Schlacht bei Plataiai (26. September) gegen das gre Perserheer unter Mardonios erfolgreich geschlagen und die Persergefahr von der Heimat abgewendet, so daß sich diesbezüglich niemand mehr um Hellas sorgen machen müsse. Als weiteres gutes Omen für die bevorstehende Schlacht wurde die Anwesenheit eines Demeterheiligtums gewertet, denn auch bei Plataiai soll sich ein solches Heiligtum der Demeter neben dem Schlachtfeld befunden haben. Durch diese Ereignisse ermutigt, nahmen die Hellenen bei Mykale den Kampf mit den Persern um die Inseln und den Hellespont noch entschlossener auf und drängten in die Schlacht.

Das griechische Heer teilte sich in zwei Gruppen auf, zum einen hatten die Athener mit der Hälfte des Heeres die Perser an derste anzugreifen, während zum anderen die Lakedaimonier mit den ihnen unterstellten Truppen das feindliche Heer ber die Berge umgehen und einkesseln wollten. Die Truppen der Athener standen aufgrund des von ihnen zu überwinden  Terrains jedoch viel eher im Gefecht mit den Barbaren und drangen auf den Schildwall ein, von dem aus man sie aber vorerst abwehrte. Erst als sie sich gegenseitig anfeuerten, 'daß der Erfolg ihnen gehören möge und nicht den Lakedaimoniern' (Hdt. 9, 1 2), rissen sie den Wall vom linken Flügel her ein und bestürmten die feindlichen Truppen. Diese flüchteten nach anfänglichen Widerstand in ihr errichtetes Bollwerk, gerieten aber mit der Erkenntnis, daß die Griechen ihnen dicht gefolgt waren und der Schutz der Verschanzung genommen war, vollends in Verwirrung und suchten ihr Heil in der Flucht. Lediglich die Perser selbsthrten den Kampf teilweise in kleinen, geschlossenen Gruppen fort, wobei Mardontes und Tigranes fielen (Ithamitres und Artayntes flohen ebenfalls . Letztendlich besiegelte das Eintreffen der Lakedaimonier und der anderen Einheiten von diesem Flügel das Schicksal der persischen Truppen.

Als die entwaffneten Samier, die sich inmitten des medischen Lagers befanden, sahen, daß sich zunehmend ein Sieg der Hellenen abzeichnete, fielen sie von den Persern ab und kämpften nach besten Möglichkeiten an der Seite der Griechen, wobei ihnen die anderen ionischen Truppenkontingente nachfolgten. Die zur Sicherung der Fluchtwege eingeteilten  Milesier wiesen den fliehenden Barbaren schließlich  Wege, die sie direkt in die Hand ihrer Feindehrte und fielen dann selbst den Medern in den R cken.

Nach  dem sieg- und verlustreichen Kampf plünderten die Griechen die persischen Schiffe und steckten sie mitsamt dem Bollwerk in Brand. Kurz darauf fuhren sie in Richtung Samos ab, um auf der zweiten samischen Flottenkonferenz über das Schicksal der Ioner zu beratschlagen.

Der  opportunistisch scheinende Schritt des Abfalls der ionischen Truppen bei Mykale wird von Herodot vermutlich zu kritisch dargestellt. Wie wir aus seinem Bericht erfahren, sind am Kampfgeschehen in der entscheidenden Phase grö tenteils die Perser beteiligt, so daß die ionischen Verb ndeten lediglich Einsatzreserven in der Nähe des

Lagers bildeten. Nach Meinung des Historikers Heinrichs war aufgrund der undurchdringbaren persischen Schlachtreihe und des ungeordneten Rückzuges ein Überlaufen oder eine Beteiligung am Kampf nicht möglich bis zu dem Zeitpunkt, da sich die Schlacht in viele Kleingruppen aufgeteilt hatte. Als dies gegeben war, handelten die Ioner zu dem für sie fr hstmöglichen Zeitpunkt und  dachten nicht an Flucht, vielmehr traten sie, wenn auch nicht aus nationalem Denken, sondern aus reinen Sachzwängen heraus, zu den Hellenen über.

. Herodots Bericht über die Konferenz von Samos

Die Quellenpassage Hdt. , 1 6 ist für uns die einzige annehmbare Schilderung der Flottenkonferenz von Samos, von deren Verlauf und Ergebnis Dennoch ist sie lückenhaft und weist Widersprüche auf, die im folgenden dargelegt und diskutiert werden.

Verhandlungsgang und Ergebnis

Nach dem Sieg bei Mykale kehrte die hellenische Bundesflotte nach Samos zurück, um dar ber zu beratschlagen, was mit den u.a. auf die Aufforderung von Leutychides vom Großkönig abgefallenen Ionern geschehen sollte. Eine dauerhafte Wache vor der ionischen Küste als Schutz vor dem erwarteten Gegenschlag der Perser schien notwendig, aber nicht realisierbar. Die Amtsbevollmächtigten der Peloponnesier schlugen daraufhin vor, eine Umsiedlung der Ioner vorzunehmen  und die kleinasiatische Küste den Persern preiszugeben. Als Siedlungsplätze erwägten sie die Seehandelsplätze mutterländischer Kollaborateure, gegen die die B ndner sich 4 1 eidlich zur Bestrafung verpflichtet hatten. Die Athener erhoben jedoch entschiedenen Widerspruch auf diese Überlegung hin und verwahrten sich dagegen, 'daß die Lakedaimonen ber Kolonisten von ihnen Entscheidungen treffen wollten.'

Diese  ließen infolgedessen ihren Plan fallen  und gaben dem athenischen Veto nach. Nun wurden die Samier, Chier, Lesbier und die übrigen Nesioten, welche an der Seite der Eidgenossen gekämpft hatten, förmlich in den Hellenenbund aufgenommen und zu eidlicher Treue verpflichtet.

Der Bericht in dieser Form wirft mehrere Fragen auf. Auf den ersten Blick scheint die Haltung der Athener widersprüchlich, und Herodots Gebrauch des Begriffs ´Ione ist problematisch, da er sich auf die Insel-, aber auch auf die Festlandsioner beziehen kann. Weiterhin ist merkwürdig, daß die Athener ihr Veto erst in dieser Phase der

Verhandlung einlegten, obwohl eine Umsiedlung der Ioner schon am Anfang der Konferenz als Diskussionsgrundlage vorgelegen haben mußte. Sonderbar ist auch, daß die Peloponnesier dem Veto so bereitwillig nachgaben, obwohl sie im Flottenrat mindestens eine vergleichbar große Verantwortung den Ionern gegen ber besaßen wie die Athener.

Über die Festlandsioner wurde nach einhelliger Meinung auf der Konferenz von Samos kein Beschl gefaßt,

vielmehr wurden sie dem Schutz der Athener überlassen, die für sich allein die Sorge über Ionien als ihr Recht beanspruchten und erst im Nachhinein engere Kontakte zu den Ionern auf dem kleinasiatischen Festland knüpften

Der Widerspruch in Athens Haltung erklärt sich aus einem Mißverständnis bezüglich des zu diskutierenden Umsiedlungsplanes. Sparta bezog in den Plan die ionischen Inseln mit ein und, unter Betrachtung der damaligen Transportkapazitäten und der nur beschr nkten Aufnahmekapazität der genannten  Zielplätze, gedachte  wohl auch nur einen Teil der Ioner, wahrscheinlich Einzelpersonen umzusiedeln. Als das deutlich wurde, legten die Athener, die ihrerseits nur mit einer von ihrem Standpunkt aus akzeptablen Umsiedlung der Festlandsioner auf die vorgelagerten Inseln gerechnet hatten, ihr Veto ein und bewirkten als Konsequenz darauf die Aufnahme der Inseln in den

Hellenenbund. Herodot mißverstand also die Evakuierung der Gef hrdeten als Umsiedlungsprojekt ganz Ioniens.

Das Einsetzen Athens als Schutzmacht der Ioner und  der Beitritt der Inselioner zur Hellenensymmachie zog weitere, daraus resultierende Konferenzergebnisse nach sich, die sicherlich in die athenische Argumentation mit einflossen. Sie sind anscheinend wärend der Verhandlung nichtnger besprochen worden, müssen aber unter heutiger Betrachtung als unmittelbare Folgen der Konferenz beachtet werden. Zunächst wurden die enormen technischen, militärischen und ethnischen Schwierigkeiten einer Umsiedlung abgewendet. Darüberhinaus traten dem Bund militärisch und wirtschaftliche starke Inseln bei, die neben hohen Zahlungsbeiträgen an den Bund auch zeitweise eine Sicherung der Ostgrenze ohne mutterländische Truppen übernehmen konnten. Ebenso wichtig war  die Machtausdehnung der Symmachie bis an die kleinasiatische Küste für die Sicherung der für Griechenland lebenswichtigen Getreideimporte vom Schwarzen Meer durch den Hellespont. Dieser erhielt somit ein bedeutendes strategisches Gewicht in vorgeschobener Position. Nicht zuletzt war damit die Möglichkeit gegeben, die philaidischen Besitzungen auf der thrakischen Chersonesos zurückzuerobern und die festndischen Häfen kontrollieren zu können.


Haltung und Motive Athens

D. Lotze stellt treffend fest, daß die Athener Ambitionen des Jahres 4 9 und während der samischen Konferenz nicht anhand der Kenntnis des weiteren Geschichtsverlaufes beurteilt werden sollten.

Auf der Konferenz von Samos vertraten die Athener eine konsequente Haltung gegen ber der Einbindung der Inselioner in die hellenische Symmachie. Ihre Opposition zu den spartanischen Vorschlägen machte ein starkes Interesse gegen ber den Ionern deutlich. Die athenische Metropolis-Argumentation war aber wahrscheinlich nur ein vorgeschobener Grund, obwohl man nicht abstreiten kann, daß die Athener bei den Ionern aufgrund der Ereignisse beim

ersten ionischen Aufstand 5 0-4 4 unter der Führung  von Aristagoras von Milet zumindest moralisch in der Schuld standen. Gleichfalls war die - obschon nur mythologisch bekundete - ethnische Stammesverbundenheit zwischen Athenern und Ionern ein für die Athener durchaus greifbares und glaubwürdiges Argument. Als entscheidendr das athenische Interesse an den Ionern kann meiner Meinung nach jedoch der Grund angesehen werden,  daß Athen sich durch eine Erweiterung des Bundes neue, seinen Ambitionennstige Mehrheitsverhältnisse im Flottenrat erhoffte, der derzeitig von den Peloponnesiern dominiert war. Die weiteren, großen Vorteile, die sich aus der Vereidigung der Inselioner für Athen ergaben, ließen dieses deshalb auch die Initiative auf der Konferenz und im Anschluß daran ergreifen.

Es ist jedoch unglaubwürdig, daß Sparta allein durch das Veto der Athener von seinen Vorschgen abstand nahm, zumal, wie gerade angedeutet, die Peloponnesier im Flottenrat eine deutlich Mehrheit besaßen. Das läßt vermuten, daß Athen Sparta mit sachlichen Argumenten überzeugen konnte. Genauer betrachtet bot die athenische Lösung im Endeffekt ein sinnvolleres Verfahren mit den Ionern an als die spartanische, so daß das Einlenken der Peloponnesier nicht weiter verwundert und mitnichten impliziert, daß die Peloponnesier die Verantwortung über die Ioner bereitwillig an Athen abgaben, um sich aus dem Konflikt mit den Persern zur ckzuziehen.

Letztendlich bleibt die Frage nach den oben erhnten Ambitionen, die Athen mit seinem Verhalten verfolgte. Zusätzlich zu einer stärkeren Position im Flottenrat blieb der Wunsch Athens nach der F hrung der Flotte stets präsent, was diverse Diskussionen mit Sparta im Verlauf der Ereignisse seit 81 teilweise bezeugen. Die Konferenz von Samos bot Athen nun erstmals die Möglichkeit, auf dieses Ziel aktiv und dynamisch hinzuarbeiten und das seinige zum Erreichen des Flottenoberbefehls mit Hilfe der dem Bund neu vereidigten, aufgrund seiner Haltung Athen wohlgeneigten Ioner zu tun. Daß Athen, wie Steinbrecher schreibt, kontinuierlich eine auf Expansion ausgerichtete Außenpolitik betrieb halte ich jedoch für überzogen, obwohl ich nicht das Einwirken entsprechender Kräfte auf die athenische Politik abstreiten möchte (z.B. Themistokles). Steinbrechers Ansicht entspringt zu sehr einem Rückschluß des späteren, tyrannischen Verhaltens der Athener im 7 7 gegndeten Delisch-Attischen Seebund unter Athens Hegemonie auf die Ereignisse des Jahres 7

Vielmehr  ergriff Athen die Initiative aufgrund der ihm gebotenen, günstigen Gelegenheit und besonders der daraus erwachsenden Vorteile. Nach meiner Interpretation von Busolt resultiert die Haltung Athens auf der samischen Konferenz eventuell auch aus dem Bedürfnis heraus, eine Selbstst ndigkeit gegenüber Sparta zu sichern, welches Athen hrend des Krieges zunehmend den eigenen Interessen dienstbar zu machen gesucht hatte Diese  Überlegung unterstützend ist zu bedenken, daß eine   Umsiedlung der Ioner in das Mutterland zwangsläufig zu ständigen

innergriechischen Konflikten und Auseinandersetzungenhren mußte, von denen dann hauptsächlich Athen betroffen gewesenre.

Haltung und Motive Spartas bzw. der Peloponnesier

Die Preisgabe Ioniens sollte nach Ansicht der Peloponnesier auch die ionischen Inseln einschließen und einen Rückzug auf das um die Kykladen erweiterte Mutterland beinhalten. Nach  Einspruch der Athener gegen diesen Vorschlag fügten sich die Spartaner dem athenischen Veto, Athen wurde Schutzmacht der Ioner. Sparta hegte zwar wohlbegründete Bedenken gegen daraus resultierende, weitere Beteiligungen in Übersee und einem Machtzuwachs Athens, es war sich jedoch über die neu gewachsene Bedeutung des Seekrieges im klaren und hatte kein Interesse, sich möglichst schnell aus dem Konflikt zurückzuziehen. Die Bereitschaft der Peloponnesier, mit zum Hellespont zu segeln, obwohl die Aktionen bei Samos und Mykale die auf Delos gefaßten Beschlüsse erfüllten, kann als Beleg dafür verwendet werden. Im bereitwilligen Nachgeben der Peloponnesier auf die auf Samos vorgebrachten Argumente (s. Kap. 3 1; 3 2) der Athener lag somit keine Abwälzung des Ionerproblems auf die Athener, sondern die Übernahme von Verantwortung in großem Umfang auch für Sparta Es  ist deswegen unhaltbar zu glauben, daß Sparta in seiner Haltung auf der Konferenz von Samos einen schnellen Rückzug aus dem persischen Konflikt verfolgte.

R ckschlüsse diesbezüglichnnte man sehr wohl anführen. Die Spartaner waren aufgrund der ständigen Gefahr eines Helotenaufstandes gezwungen, auf die Verh ltnisse im Mutterland R cksicht zu nehmen und die Hegemonie im Peloponnesischen Bund aufrecht zu halten, so daß man Verwicklungen fern der Peloponnes grundsätzlich eher abgeneigt gegenüberstand Weiterhin war Sparta innenpolitisch gespalten zwischen den Vertretern einer dynamischen, expansiven Außenpolitik in Übersee u.a. mit dem Exponenten Pausanias und einer gemäßigten Partei der Wahrung des peloponnesischen Besitzstandes unter Führung des Ephorats. Es herrschte also keine klare außenpolitische Linie vor. Dieser ständige Streit wurde erst in den 60er Jahren des 5. Jhd. beigelegt, wobei die Einstellung des Ephorats dominierte.

Die angeführten Gründe reichen jedoch meiner Meinung nach nicht aus, Sparta ein gewolltes, rasches Ausscheiden aus dem Perserkonflikt zu unterstellen sie lassen aber vermuten, daß Sparta bestrebt war, sich nicht auf eine militärische Bindung auf unbestimmte Zeit einzulassen und den Krieg in absehbarer Zeit zu beenden. Deshalb auch der Vorschlag einer Umsiedlung der Ioner, der  dieses Ziel n herrücken lassen h tte. Die Durchhrung einer Umsiedlung nach dem spartanischen Plan würde schließlich auch den Lakedaimoniern beachtenswerte Vorteile bringen nnen, so K -E. Petzold, indem sie als Kolonisationsunternehmen unter spartanischer Aufsicht Sparta zur neuen Metropolis der Ioner hätte werden lassen Der daraus folgende Machtzuwachs Spartas auf dem europäischen Festland wäre beachtlich gewesen. Daß die Spartaner diesen Plan nicht entschiedener verteidigt haben, beweist die


Überzeugungskraft der athenischen Argumentation.

Fortgang der Operationen bis zur Belagerung von Sestos

Nach der samischen Flottenkonferenz segelten die Hellenen über Lekton nach Abydos am Hellespont, um dort die vermuteten Brücken der Perser abzureißen. Entgegen ihren Erwartungen waren diese jedoch schon abgebrochen, woraufhin die Peloponnesier unter Leutychides beschlossen, nach Hellas zurückzufahren Die dem Kommando des Xanthippos unterstehenden Athener und die dem Bund gerade beigetretenen Nesioten faßten im Gegensatz dazu den

Beschluß, einen Angriff auf die Chersonesos zu wagen und begannen mit der Belagerung von Sestos.

Die Einnahme der von den Aiolern, Persern und anderen Bundesgenossen gehaltenen Stadt erwies sich trotz mangelnder Vorbereitungen der Belagerten als schwierig, und die athenischen Truppen wurden mit fortschreitender Jahreszeit (nach Herodots Information Spätherbst) unruhig. Es drängte sie zurück in ihre Heimat, und sie sprachen mit ihrem Anliegen beglich eines Abzuges bei den Feldherren vor. Die Antwort der Befehlshaber war daraufhin, 'nicht fr her als bis entweder sie die Stadt genommen hätten oder die Gemeinde der Athener sie heimriefe' zurückzukehren.

In der Stadt war der Hunger und die Not zu dieser Zeit anscheinend jedoch schon so gr, daß sich die persischen Einheiten während der Nacht über die Rückseite der Stadtmauer von den Hellenen zunächst unbemerkt davonmachten. Mit Anbruch des Tages ergaben sich die verbleibenden Truppen und öffneten den Athenern die Tore, die anschließend die Stadt besetzten und die Verfolgung der Perser aufnahmen, von denen sie vieler habhaft wurden. Nach der Hinrichtung des persischen Statthalters und Befehlshabers Artayktes plünderten die Hellenen die Stadt und fuhren zum griechischen Mutterland zurück.

Über mögliche weitere Aktionen des peloponnesischen Flottenkontingents können nur Spekulationen angehrt werden. Nach Vermutungen von Bayer und Heideking ist mit der bei Plut. Them. 20 erhnten Flotte vor Pagasai die heimkehrende Hellenenbundflotte ohne die bei Sestos verbliebene Streitmacht gemeint. Somit ist nicht auszuschließen, daß das spartanische Kontingent auf dem Weg zur Peloponnes den Angriff auf Thessalien bereits 79hrte.

Der  Aufbruch zum Hellespont und die Sestosfahrt dienten offensichtlich der Realisierung des samischen Beschlusses. Propersische Regime mußten beseitigt, einzelne Inseln und Inselpoleis in den Schutzbund aufgenommen und  Beitrittskonditionen ausgehandelt werden. Darüberhinaus konnten die die Hauptlast dieses Vorgehens tragenden

Athener ihre Glaubwürdigkeit beweisen, den Schutz der ionischen Griechen übernehmen zu können. Xanthippos kann dabei noch die Überlegung unterstellt werden, seine durch den Ostrakismos geschwächte politische Situation wieder zu festigen, indem er dem Sieg bei Mykale noch die Sicherung derr Attika wichtigen Getreidestraße vom Schwarzen Meer in die Agäis anschloß. Das  läßt erkennen, daß der von Herodot angegebene Grund, lediglich die Brücken abzubrechen, den Zusammenh ngen der Konferenz samt darauf folgenden Aktionen nicht gerecht wird und der Kritik rdig ist. Nach Aufnahme der Inseln sahen sich die Verb ndeten unter Athens Führung unvermeidlich dem Problem des Schutzes der Festlandsioner gegen ber. Der athenischen Überlegung, eine kleinionische Lösung anzustreben und den Persern das ionische Festland im Gegenzug zu den Inseln zu überlassen, konnten die Nesioten keinesfalls zustimmen. Zu wichtig waren die den Inseln vorgelagerten, ionischen Gebiete auf dem Festland für deren Versorgung und Sicherheit, als daß man sie preisgeben konnte.

Damit war eine Situationr die Aufnahme auch kleinasiatischer Kontinentalpoleis  geschaffen, die die Lage nach der Mykaleschlacht und die Vereidigung der Inselioner und somit eine Erweiterung des europäischen Engagements in den kleinasiatischen Raum hinein als Möglichkeit zum Abfall von den Persern nutzen konnten. Ob dieser Schritt bei den festndischen Ionerpoleis die gleichermaßen in den Quellen und der Forschung beschriebene prohellenische Euphorie auslöste, mag bezweifelt werden. Als Handelsstädte waren sie stark auf einen freien Zugang zu den ihnen vorgelagerten Häfen der Hellenen angewiesen, und so bleibt erwägenswert, ob ihnen nach der Aufnahme der steninseln und der daraus resultierenden Übernahme der Kontrolle über die Agäis und die Meerengen seitens des Hellenenbundes eine andere Wahl als der Beitritt zum Bund blieb. Weiterhin standen wahrscheinlich zahlreiche festlandsionische Städte in enger Verbindung mit dem persischen Hinterland und bevorzugten eine derartige Koexistenz unter persischer Herrschaft vor dem risikoreichen Abfall zum Hellenenbund.

Die Vereidigung der Inselioner in den Hellenenbund und  die direkt anschließende Belagerung von Sestos als erste Aktion im Sinne des samischen Beschlusses bedeutete demzufolge nur einen ersten Schritt, der unmittelbar weitere Konsequenzenr die Hellenen des griechischen Mutterlandes nach sich ziehen mußte. Dieser Verantwortung konnten und wollten sich die Europäer auf Dauer nicht entziehen. Durch das Verhalten der Athener gegenüber den an Bedeutung gewinnenden Ionern war der Wechsel im Oberbefehl nur noch eine Zeitfrage.

Bedeutung der Konferenz von Samos

Abschließend ist festzustellen, daß die anfänglich als Schlag gegen die das Mutterland bedrohende persische Reichsflotte geplante Ionienfahrt durch die samische Flottenkonferenz eine neue Bedeutung erhielt. Während sich für Athen eine Entwicklung zur Flottenhegemonie abzuzeichnen begann und sich die Machtverhältnisse aufgrund der Aufnahme der Inselioner in die hellenische Symmachie deutlich zugunsten Athens verschoben, ist bezüglich Sparta zu

erkennen, daß diesem zumindest die Hegemonie über die Flotte langsam zu entgleiten begann. Die Gründe hierfür sind vielschichtig und im Kapitel 3 erutert.

Im Hinblick auf die Gründung des Delisch-Attischen Seebundes 47 7 vertrete ich die Ansicht, daß die Keimzelle dieser Symmachie unter Athens Führung in der Konferenz von Samos und den darauf folgenden Aktionen begründet liegt, insbesondere der Belagerung von Sestos und der damit einhergehenden Annäherung von Athenern und

Ionern. Die Perserkriege lancierten Athen zur Großmacht und machten es schließlich zur Rivalin Spartas. Der

Rückhalt der ionischen Kontingente, die wahrscheinlich auch den Ausschlag zum Hegemoniewechsel 4 7 77 gegeben haben, ebnete Athen entscheidend den Weg zum Seebund.

Somit hatte die Konferenz eine Entwicklung in den Machtverhältnissen Griechenlands initiiert, welche die Innen- und Außenpolitik der Griechen für mehr als ein Jahrhundert nachhaltig beeinflussen sollte.

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Herodot und das perikleische Athen. In: Historia 4, 1 5 , 5.



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