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Die Rolle der Frau in der Familie
Die Rolle der Frau wurde ganz traditionell gesehen. Die Lebensbestimmung der Frau sah man im Haus und als Mutter. Sie sollte Söhne großziehen und diese der Republik opfern. Man ging grundsätzlich davon aus, daß die Natur die Frau für Aufgaben innerhalb der Familie geschaffen habe, und sie sich deshalb nicht in die Politik einmischen dürfe. Die männlichen Führungsschichten waren prinzipiell nicht bereit, den Frauen auch außerhalb der Familie eine bedeutende Rolle zuzugestehen.
Die Familie aber spielte zu Zeiten der Revolution eine bedeutende Rolle. Die Ehe war eine Institution, die als Pflicht des Staatsbürgers gegenüber seinem Vaterland galt. Dabei war die Liebe als Heiratsgrund zweitrangig, man ging eine Ehe z.B. aus wirtschaftlichen Erwägungen, Geschäftsbeziehungen der Familien oder wegen der politischen Stellung ein.
Die Rolle der Frau im Beruf
Kleinbauern und -pächter, Tagelöhner und Handwerker, kurz die, die man zu den Armen zählte, waren auf die Arbeit aller Familienmitglieder angewiesen. Wer genügend Land besaß, konnte die ganze Familie ernähren. Da dies aber häufig nicht der Fall war, war die Frauen- und Kinderarbeit in diesen Schichten eine unerläßliche Quelle des Familieneinkommens, obwohl das geringe Niveau der gesellschaftlichen Arbeitsteilung Frauenarbeit nicht begünstigte. Während ledige Frauen häufig als Hausangestellte gegen Kost und Logis arbeiteten, verrichteten verheiratete Frauen Heimarbeit. Tätigkeiten im Textil- und Bekleidungsgewerbe galten als typisch weiblich, weil die Frauen für niedrigere Löhne als die Männer arbeiteten.
In den Städten bestand ein hoher Anteil der Arbeitskräfte im Handel und Versorgungsbereich aus Frauen. Sie waren als Marktfrauen, Einkäuferinnen, Zwischenhändlerinnen und Verkäuferinnen tätig und arbeiteten meist gleichwertig mit den Männern zusammen. Ehefrauen von Handwerksmeistern verwalteten die Betriebskasse, führten die Bücher, regelten den Ein- und Verkauf und betreuten die Gesellen. Oftmals führten die Witwen die Geschäfte ihrer verstorbenen Männer erfolgreich fort.
Auf dem Land mußten die Frauen neben der Arbeit im Haus und Küche noch schwere Arbeit in Feld und Stall leisten.
Viele Frauen zogen als Händler durch die Straßen und stellten eine von den Ladeninhabern gar nicht gern gesehene Konkurrenz dar: "Die Straßen werden von unzähligen, ständig weiterziehenden oder einem festen Standplatz besitzenden Händlern verstopft, die weder Steuern bezahlen noch einen Gewerbeschein vorweisen können und ihre Ware oft direkt vor der Ladentür der zugelassenen Einzelhändler verkaufen". Es gab viele Wäscherinnen, die manchmal aber nicht ihrem Beruf nachgehen können, da es an Seife fehlte. Dagegen und auch gegen die Preise der Seife bildete sich ein heftiger Protest.
Mit der Abschaffung der Zünfte im Jahre 1791 fielen die Schranken, die Frauen von den handwerklichen Tätigkeit abgehalten hatten. Dennoch blieben viele Berufe Männern vorbehalten. Tätigkeiten, die schwere körperliche Arbeit voraussetzten, standen auch Frauen offen, wie z.B. in der Papier- und Glasherstellung.
Während der Revolution verschlechterten sich die Lebensbedingungen infolge enormer Preissteigerungen. Armut und Elend nahmen zu. Deshalb nahm die Zahl der Familienmütter zu, die mit ihren Kindern betteln gingen, in vielen Städten weitete sich die Prostitution aus. Manche Frauen versuchten auch, Arbeit zu finden, indem sie sich als Männer verkleideten.
Von Cathérine Vignot, die den Beinamen "die Köhlerin" trägt, ist bekannt, daß sie mit 15 zur Vollwaise wurde und sich ihren Lebensunterhalt mit dem Abladen von Kohle verdiente, wozu sie aus Gründen der Zweckdienlichkeit Männerkleidung anlegte. Der Fall der "Köhlerin" unterstreicht aber auch, wie oben schon erwähnt wurde, das Frauen als Lastenträger arbeiteten.
Mit Beginn des Krieges 1792 änderte sich die Arbeitsmarktsituation für Frauen, denn sie mußten nun die Männer, die an der Front kämpften, ersetzen und die Kriegsproduktion aufrechterhalten.
In den armen Schichten nahmen die Frauen innerhalb der Familie eine soziale Vormachtstellung ein, weil sie sowohl einen Beitrag zum Familieneinkommen beisteuerten, wie auch die Versorgung der Familie gewährleisteten. Starb eine Familienmutter, so bedeutete das, daß die Armutsgrenze überschritten wurde. Besonders in Hungerzeiten war die Familie auf die Ausdauer und den Erfindungsreichtum der Frau angewiesen, denn sie unternahm alle Schritte, um Lebensmittel zu organisieren. So waren die Brotaufstände, auch während der Revolution, in erster Linie Frauensache.
An der Wende zur Neuzeit hatte es eine Debatte über die Ebenbürtigkeit der Frau gegeben, die von Christine des Pizan (1365-1430) entfacht worden war. Sie war die Tochter eines Arztes und Astrologen aus Venedig. Als ihr Vater an den Königshof berufen wurde, erhielt Christine dort eine wissenschaftliche Ausbildung. Sie war von der Ebenbürtigkeit der Frau überzeugt: "Wenn es üblich wäre, die kleinen Mädchen eine Schule besuchen und sie im Anschluß daran, genau wie ihre Söhne, die Wissenschaften erlernen zu lassen, (würden sie) die letzten Feinheiten aller Künste und Wissenschaften ebenso mühelos begreifen wie jene." Wissenschaftlich und künstlerisch gebildete Frauen blieben die große Ausnahme.
Auch Montesquieu sah den Grund der Ungleichheit in der Erziehung: "Die Fähigkeiten der Frau wären die gleichen, wenn ihre Erziehung die gleiche wäre." Forderungen nach Frauenbildung wurden von den Frauen selbst erhoben, doch die Forderungen nach "gleicher Erziehung" ernteten fast nur Spott. Von Lateinschulen und Universitäten blieben die Frauen bis Ende des 18. Jahrhunderts ausgeschlossen. Jegliche Bildung beruhte auf privater Erziehung bzw. Selbststudium, der ersten Etappe der Revolution.
Haben Frauen also keine Rolle im öffentlichen Bereich gespielt? Zumindest konnten sie zu keinem Zeitpunkt das Wahlrecht ausüben. Alle politischen Gruppen der Revolutionszeit wandten sich vehement gegen politische Aktivität von Frauen. Doch die Frauen waren mit der ihnen zugeteilten Rolle nicht einverstanden und wurden politisch aktiv. So bildeten sich Frauenclubs, in denen man über Tagespolitik debattierte. Allein der Entschluß, ohne Mitwirkung von Männern eine selbständige Versammlung zu veranstalten, ist ein erster Hinweis für eine feministische Bewegung.
Später wurde den Frauen erlaubt an politischen Versammlungen der Männer teilzunehmen, ohne sich jedoch einzumischen. Die gebildeten Frauen, d.h. diejenigen, die lesen und schreiben konnten, gaben eigene Zeitungen heraus und trugen ihre Forderungen vor dem Parlament vor. Es entstanden zwei Gruppen: Die eine Gruppe war hauptsächlich an der Verbesserung ihrer sozialen Lage interessiert, eine Minderheit kämpfte für die Zivilrechte und politische Gleichberechtigung der Frau.
In Zeiten der Hungersnöte waren Aufstände Frauensache gewesen, so erhielt die Einmischung der Frauen während der Revolution eine politisch-revolutionäre Note. Der Marsch der Pariserinnen nach Versailles am 5. Oktober 1789 zum Beispiel erfüllte nicht nur das Ziel, von Ludwig XVI. Brot zu fordern. Durch ihren Protest zwangen sie den König gleichzeitig, die Menschenrechtserklärung zu unterschreiben.
Im Jahre 1789 erhob zum ersten Mal eine Frau die Stimme in den Beschwerdeschriften.
Mit Beginn des Krieges im April 1792 forderten einige Frauen das Recht, sich zu bewaffnen und weibliche Nationalgarden bilden zu dürfen. Doch die Versammlung lehnte eine direkte Teilnahme der Frau am Krieg ab. Deswegen verkleideten sie sich als Männer und kämpften in der Armee.
Im Oktober des Jahres 1793 verbot man alle Frauenclubs.
Als Robespierre im Frühjahr 1794 seine Opposition vernichtete, wurde auch die Teilnahme von Frauen an Zusammenkünften der Volksgemeinschaft verboten. Die Frau sollte ihre Bedeutung wieder ausschließlich im familiären Zusammenhang erlangen.
Nach 1804 erhielten die Männer wieder die Verfügungsgewalt über ihre Frauen. Bestehen blieben die Gesetze zum Schutz der Familie und die Erinnerung an die kollektive Erfahrung der Frauen in den großen Tagen der Französischen Revolution
Quellenangaben:
Ploetz: Alltagsleben während der Französischen Revolution (Jean-Paul Bertaud)
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