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Die
erste Revolution, die 'Februarrevolution', die mit dem Aufstand vom
8. bis 12. März 1917 (23.-27. Februar nach dem damals in Russland
gebräuchlichen julianischen Kalender) begann, führte zum Sturz der
autokratischen Zarenherrschaft. Die zweite, die 'Oktoberrevolution',
war der bewaffnete Aufstand der Bolschewiki gegen die im März eingesetzte
Provisorische Regierung am 6. und 7. November (2/25. Oktober) und endete mit
dem Sturz der Provisorischen Regierung und der Einsetzung einer Räteregierung.
Die
unmittelbare Ursache der Februarrevolution von 1917 war der Niedergang des
Zarenregimes unter der gewaltigen Belastung des 1. Weltkrieges sowie die
Weigerung des Zaren Nikolaus II., längst überfällige politische,
wirtschaftliche und soziale Reformen durchzuführen. In den Schützengräben
hungerten die Soldaten und hatten oft weder Schuhe noch Munition, manchmal
nicht einmal Waffen. Die Verluste der Russen waren so hoch wie nie zuvor in
irgendeinem Krieg oder irgendeiner Armee. Hinter der Front wurden die Waren
knapp, die Preise stiegen rapide an, und 1917 standen vor allem die großen
Städte vor einer Hungersnot. Die Verbitterung der Zivilbevölkerung wuchs
zusehends, und auch in der Armee litt die Moral unter der katastrophalen
Versorgungslage und zusätzlich noch unter einer Reihe von militärischen
Niederlagen. Anfang 1914 waren in Russland wie fast überall in Europa alle
Parteien außer einer kleinen Gruppe von Sozialdemokraten für den Krieg. Aber
bereits ab 1915 kam es zu empfindlichen Engpässen in der Versorgung, die
besonders die großen Städte zu spüren bekamen, die von Flüchtlingen aus dem
Frontgebiet überschwemmt wurden. Die Protestbereitschaft der Zivilbevölkerung
stieg, und immer häufiger kam es zu Streiks und Demonstrationen.
1915 schloss sich die Mehrheit der Duma zu einem interfraktionellen,
progressiven Block zusammen und forderte angesichts der wachsenden
Unzufriedenheit und der Versorgungslage politische Reformen. Der Zar lehnte ab
und verschärfte seinen innenpolitischen Kurs noch. Seit Jahresbeginn 1917 riss
in der russischen Hauptstadt Petrograd (heute Sankt Petersburg) die Welle der
Hungerdemonstrationen und Streiks nicht mehr ab. Am 3. März (dem 18. Februar
nach dem julianischen Kalender) traten die Arbeiter des Putilow-Werkes in
Petrograd, eines der größten Industriebetriebe in Russland, in den Ausstand.
Fünf Tage später, am 8. März, schlossen sich Zehntausende von Frauen der sich
ausweitenden Protestbewegung an und demonstrierten gegen Hunger, Krieg und Zar,
und am folgenden Tag kam es in Petrograd schließlich zum Generalstreik. Auf
Transparenten und in Sprechchören forderten die Demonstranten und Streikenden
die sofortige Beendigung sowohl des Krieges, als auch der autokratischen Zarenherrschaft.
Auf Befehl des Zaren wurden schließlich zur Niederschlagung der Demonstrationen
die gefürchteten Kosaken mobilisiert; die aber blieben neutral oder
verbrüderten sich sogar offen mit den Aufständischen. Am 11. März erteilte
Nikolaus II. den Truppen der Petrograder Garnison den Befehl, den Aufstand
niederzuschlagen. Einige unbewaffnete Arbeiter fielen zunächst im Kugelhagel;
trotzdem zogen sich die Demonstranten nicht zurück, bis schließlich Teile der
zaristischen Truppen auf die Seite der Arbeiter wechselten und sich weigerten,
weiter auf das Volk zu schießen. Die Revolution war nun nicht mehr aufzuhalten.
Am 12. März setzte sich die Revolution in der Hauptstadt durch. Regiment um
Regiment der Petrograder Garnison ging auf die Seite des Volkes über. Innerhalb
von 24 Stunden hatte sich die gesamte Garnison bis auf einige hundert Soldaten
den Aufständischen angeschlossen. Die Regierung erkannte ihre Machtlosigkeit
und trat geschlossen zurück. Etwa gleichzeitig mit dem Provisorischen Komitee
konstituierte sich auf Initiative der Menschewiki ein 'Provisorisches
Exekutivkomitee des Arbeiterdeputiertenrates', und bereits am 13. März
wurde in Petrograd ein Arbeiter- und Soldatenrat (Sowjet) gewählt.
Die Macht lag jetzt in den Händen zweier neuer Organe, des Petrograder Sowjets
der Arbeiter- und Soldatendeputierten und des Provisorischen Komitees der Duma,
eines revolutionären und eines bürgerlichen Organs.
Am
1 März erließ der Sowjet den berühmten Befehl Nr. 1. Dieser Befehl wies die
Soldaten und Matrosen an, sich in allen politischen Angelegenheiten dem Sowjet
und seinen Ausschüssen unterzuordnen, nur die Befehle zu befolgen, die den
Weisungen des Sowjets nicht widersprachen, und Ausschüsse zu wählen, die die
ausschließliche Verfügungsgewalt über die Waffen hatten. Vorerst waren die
Bolschewiki im Petrograder Sowjet aber noch eine unbedeutende Minderheit; die
Mehrheit hatten die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre. Im Gegensatz zu
den Bolschewiki definierten die Menschewiki die Februarrevolution als
bürgerliche Revolution, in deren Folge sich die kapitalistische Gesellschaft
und ihre demokratische Verfassung erst voll entwickeln mussten, bevor, laut
Karl Marx, die wesentliche Voraussetzung für eine sozialistische Revolution
gegeben war. Vor allem aber waren Menschewiki und Sozialrevolutionäre auch für
die Fortsetzung des Krieges, damit sich Russland nicht etwa einem Diktatfrieden
unterwerfen musste. Unter Führung der gemäßigten menschewistisch-sozialrevolutionären
Mehrheit erklärte sich der Petrograder Sowjet dann auch zur Zusammenarbeit mit
der Provisorischen Regierung bereit, was von den Bolschewiki als Verrat an der
Revolution strikt abgelehnt wurde.
Die Bolschewiki sahen aber das kapitalistische System in Russland soweit
fortgeschritten, dass die Periode der bürgerlichen Demokratie übersprungen
werden und der Sozialismus gleich aufgebaut werden konnte.
Am
12. März 1917 verkündete das Provisorische Komitee der Duma, es übernehme die
Verantwortung für die Wiederherstellung der Ordnung. Am 13. März übernahm es
kommissarisch die Leitung der Ministerien. Das Provisorische Komitee bildete in
Absprache mit dem Sowjet eine 'Provisorische Regierung' und forderte
die Abdankung des Zaren, was auch geschah.
In Bezug auf die wesentlichen sozialen Problemen erklärte die Provisorische
Regierung, dass sie, eben weil sie ein Provisorium sei, grundsätzlich keine
einschneidenden Veränderungen wie die Enteignung des adeligen Grundbesitzes
zugunsten der Bauern durchführen könne. Alle grundlegenden Reformen mussten bis
zur Entscheidung durch eine konstituierende Versammlung verschoben werden, aber
die Wahlvorbereitungen zogen sich in die Länge, der Wahltermin wurde immer
wieder verschoben. Denn für die liberale Mehrheit in der Provisorischen
Regierung stand zu befürchten, dass nicht sie, sondern die verschiedenen
sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien die Mehrheit in der
konstituierenden Versammlung erhalten würden. Die einzige Chance der
Provisorischen Regierung zum Machterhalt bestand in einem Sieg an der Seite der
Alliierten im 1. Weltkrieg.
Die größten Differenzen der Provisorischen Regierung und des Petrograder Sowjet war die Entscheidung über den weiteren Verlauf des Krieges.
Während sich die Provisorische Regierung dazu verpflichtete, den Krieg fortzuführen und den Sieg davonzutragen, sprach sich der Sowjet für eine Beendigung des Krieges und für Friedensverhandlungen aus.
Es kam schließlich zu einem Kompromiss zwischen den beiden: Der Krieg wurde fortgesetzt, die geheimen Annexionspläne jedoch gestrichen.
Trotz allem wurden die Konflikte zwischen der Regierung und dem Sowjet immer größer. Ein Grund war, dass der Sowjet nicht nur mehr eine Institution zur Bildung einer Demokratie war, sondern immer mehr Instrument des Sozialismus wurde.
Die Regierung beschäftigte sich mehr mit der Fortführung und Planung des Krieges als mit den im Land herrschenden Problemen wie das Wirtschaftliche Chaos und die Katastrophale Versorgungslage. Dadurch gelangten die Bauern und Arbeiter zu der Überzeugung, dass eher die Sowjets ihre Ansichten vertraten.
Vor Lenins Rückkehr aus dem Exil am 16. April war die bolschewistische Politik von Männern wie Lew Borissowitsch Kamenew und Josif Wissarionowitsch Stalin formuliert worden. Sie nur bedingt für eine Unterstützung der Provisorischen Regierung und für die Bildung eines Blocks mit den Menschewiki und den Sozialrevolutionären. Nach seiner Rückkehr legte Lenin seine Aprilthesen vor:
Sofortige Beendigung des Krieges nach dem Sturz des Kapitals
Keine Zusammenarbeit mit der Provisorischen Regierung und den diese unterstützenden Parteien
Enteignung des adeligen Grundbesitzes
Übernahme der Kontrolle über Produktionsmittel durch die Arbeiter.
Lenin erkannte, dass die Bolschewiki vorläufig nur eine kleine Minderheit waren. Durch Propaganda und geduldige Aufklärung überzeugten sie die Arbeiter von ihrer Politik und waren bald nicht mehr nur eine kleine Minderheit.
Die Aprilthesen bestimmten von nun an die Politik der Bolschewiki . Sie wurden verkürzt in den Parolen "Alle Macht den Sowjets" oder "Friede, Land, Brot!" ausgerufen. Mitte Mai kehrte Lew Trotzkij aus den USA zurück und schloss sich nach kurzem Zögern Lenin und den Bolschewiki an.
Am 1. Mai übersandte der Präsident der Provisorischen Regierung Miljukow eine Note an die Alliierten, in der die alten Annexionspläne und die Bündnistreue der Russen bestätigte. Dies stand im totalen Gegensatz zu früheren Erklärungen des Sowjets, die Friede ohne jegliche Annexionen und Reparationen vorschlug. Darauf folgten Proteste und Demonstrationen bewaffneter Arbeiter und Soldaten, die den Rücktritt der Regierung forderten. Daraufhin wurde die Note durch den Druck der Bevölkerung von der Regierung zusammen mit dem Sowjet Richtiggestellt, wodurch sich die Lage beruhigte. Trotzdem trat der Präsident der Regierung Miljukow zurück, und bei der Regierungsumbildung am 18. Mai erhielten die Menschewiken und de Sozialrevolutionäre 6 der 15 Ministerien. Kerenskij wurde neuer Kriegsminister.
Die
Arbeiter vollzogen Streiks mit der Aufforderung an die Regierung, Maßnahmen zur
Beilegung der Krise zu treffen. Für die neue Regierung hatte jedoch genau wie
für ihre Vorgängerin die Fortführung des Krieges Vorrang vor allen anderen
Problemen. Am 29. Juni befahl Kerenskij eine Offensive gegen die Mittelmächte,
die so genannte Brussilow-Offensive, die in einem Misserfolg und praktisch der
Auflösung der Armee endete: Die Disziplin in der Armee brach völlig zusammen,
und Hunderttausende Soldaten strömten von der Front nach Hause.
Während der verhängnisvollen Brussilow-Offensive organisierte der Sowjet eine
riesige Arbeiterdemonstration in Petrograd. Am 16. Juli rief ein Petrograder
Regiment, möglicherweise unter dem Einfluss der Bolschewiki, zu einer
bewaffneten Demonstration gegen die Regierung auf. Zehntausende strömten
schließlich am 17. Juli am Taurischen Palais, dem Sitz des Sowjets, zusammen
und forderten den Petrograder Sowjet und den Allrussischen Sowjetkongress auf,
endlich die Macht zu übernehmen.
Nach anfänglichem Zögern übernahmen die Bolschewiki die Führung in dem
Aufstand. Der Aufstand scheiterte. Die Regierung machte die Bolschewiki und vor
allem Lenin für den Aufstand verantwortlich und sah in dem Aufstand einen
Putschversuch Lenins, einen Versuch Lenins also, über einen bewaffneten
Aufstand die Forderung 'Alle Macht den Räten' selbst in die Tat
umzusetzen. Die Bolschewiki und ihre Publikationen wurden verboten, ihre
Führer, u. a. Trotzki, verhaftet; Lenin konnte nach Finnland fliehen.
Die Julirevolution machte das Leid der Bevölkerung bzw. Deren Nöte noch einmal deutlich sichtbar und zwangen die Regierung zum Handeln. Die Regierung sagte Reformen zu, unter anderem auch die Agrarreform. Kerenskij wurde neuer Ministerpräsident.
Am 10. August wurde eine zweite Koalitionsregierung gebildet, die hauptsächlich aus Menschewiken und Sozialrevolutionären bestand. An der Politik änderte sich jedoch nicht sehr viel, auch der Krieg wurde weitergeführt. Die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich weiter und die Bolschewiki bekamen immer mehr Anhänger.
Kerenskij ersuchte den Oberbefehlshaber der Armee, Kornilow, loyale Truppen in die Hauptstadt zu bringen. Dieser wollte allerdings selbst die Macht übernehmen und die Regierung umbilden. Kerenskij wandte sich an den Petrograder Sowjet und bat um dessen Hilfe.
Während des Vormarsches der Truppen Kornilows bereiteten ie Arbeiter- und Soldatenmilizen die Verteidigung vor. Die Bolschewiki erkannten ihre Chance und übernahmen die Führung der Verteidigung. DA die Eisenbahngewerkschaft sich weigerte die Truppen Kornilows zu transportierten, mussten diese zu Fuß vorrücken. Schon vor der Stadt trafen sie auf die Truppen der bewaffneten Arbeiter und die Armee löste sich auf. Kornilow wurde am 1 September verhaftet. Im Gegensatz zu früher waren die Arbeiter diesmal bewaffnet und organisiert. Die Bolschewiki bekamen zum ersten mal die Mehrheit im Sowjet. Trotzkij wurde aus dem Gefängnis entlassen und wurde Präsident der Sowjets.
Dursch den Putschversuch verlor die Bevölkerung immer mehr das Vertrauen zur Regierung. Die Minister traten der Reihe nach zurück und es wurde eine neue Regierung unter Kerenskij gebildet. Am 29. Oktober entstand das Revolutionäre Militärkomitee, in dem die Bolschewiki unter Trotzkij dominierten. Einige Tage später mussten sich alle militärischen Befehlshaber dem Komitee unterwerfen. Dieser Schritt trug wesentlich zum Sturz der Regierung bei.
Bereits
seit Ende September beschwor Lenin aus seinem finnischen Versteck und dann aus
dem Petrograder Untergrund, unterstützt von Trotzki in Petrograd, die
Notwendigkeit des Aufstands und des Sturzes der Regierung. Bereits Anfang
Oktober war auf Initiative Trotzkis für den 2. November ein All-russischer
Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte nach Petrograd einberufen, dann auf den
7. November verschoben worden. Es war keineswegs sicher, dass der Kongress, in
dem die Bolschewiki keine Mehrheit hatten, der Forderung der Bolschewiki nach
Übernahme der Regierungsgewalt durch die Räte folgen würde, geschweige denn,
dass die Bolschewiki über den Kongress selbst an die Macht kämen. Am 6.
November (dem 2 Oktober nach dem julianischen Kalender) gab Trotzki das Signal
zum Aufstand; der letzte Auslöser war die Besetzung der Redaktionsräume der
Prawda, des Organs der Bolschewiki, durch die Polizei. Die Führung des
Aufstands übernahm Trotzki. Die Rotgardisten besetzten innerhalb kurzer Zeit
die strategisch wichtigsten Positionen in der Hauptstadt, und schon am
Nachmittag des 7. November verkündete Trotzki das Ende der Provisorischen
Regierung.
Am Abend des 7. November, als der Aufstand noch in vollem Gange war, begann der
All-russische Sowjetkongress mit seinen Beratungen. Von seinen 670 Delegierten
waren 300 Bolschewiki. Die Menschewiki und die rechten Sozialrevolutionäre
verließen den Kongress. Der Kongress, immerhin ein demokratisch gewähltes
Organ, bestand jetzt praktisch nur noch aus Bolschewiki, die Macht lag nahezu
ausschließlich bei den Bolschewiki. Nur der linke Flügel der
Sozialrevolutionäre beteiligte sich weiterhin an dem Kongress und bildete eine
kurzlebige Koalitionsregierung mit den Bolschewiki.
Während der Kongress noch tagte, stürmten bewaffnete Arbeiter, Soldaten und
Matrosen in der Nacht vom 7. auf den 8. November den Winterpalais, den Sitz der
Provisorischen Regierung und verhafteten die Minister. Kerenskij konnte jedoch
konnte fliehen und ging ins Exil.
Am frühen Morgen des 8. November
bildete der Kongress bis zum Zusammentreten einer konstituierenden Versammlung
eine provisorische Arbeiter- und Bauernregierung, den 'Rat der
Volkskommissare'. Bei seinem ersten Auftritt vor dem Sowjetkongress setzte
Lenin mit seiner Eröffnungserklärung den Tenor für die weiteren Beratungen:
'Wir gehen jetzt zum Aufbau der sozialistischen Ordnung über.' Der
Kongress griff dann die drei dringlichsten Themen - Frieden, Grund und Boden sowie
Bildung einer neuen Regierung - auf.
In dem neuen Regierungssystem sollte der Sowjetkongress vorläufig die Rolle
einer gesetzgebenden Versammlung übernehmen. Die Ausführung der Beschlüsse des
Kongresses wurde dem Rat der Volkskommissare übertragen, der dem Sowjetkongress
und dessen Zentralem Exekutivkomitee verantwortlich war. Die Volkskommissare
entsprachen Ministern und standen jeweils einem Commissariat (Kommission) vor.
Lenin wurde zum Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare, also zum
Regierungschef, gewählt. Trotzki wurde Volkskommissar für Außeres und Stalin
Volkskommissar für Nationalitätenfragen. Nach der Einsetzung der neuen
Regierung vertagte sich der Sowjetkongress.
Als erstes
Dekret verabschiedete der Kongress einstimmig ein Manifest, das allen Krieg
führenden Staaten den sofortigen Frieden ohne Annexionen und Kontributionen
anbot. Außerdem schlug es einen sofortigen Waffenstillstand für die Dauer von
mindestens drei Monaten vor. Die Beschlüsse über Grund und Boden wurden in Form
eines Dekrets getroffen: 'Das Recht auf privaten Grundbesitz wird für
immer aufgehoben Das Recht der Grundeigentümer auf ihren Besitz wird sofort
und entschädigungslos aufgehoben ' Der gesamte Grundbesitz der
Gutsherren, der Zarenfamilie, der Klöster und Kirchen wurde Staatseigentum und
in die Verfügung von örtlichen Grund- und Bodenkomitees und Bauernsowjets
überstellt. Das Land der Kleinbauern und der einfachen Kosaken war jedoch ausdrücklich
von der Beschlagnahmung ausgenommen. Die Beschäftigung von Lohnarbeitern auf
dem Land war verboten, das Land sollte dem 'gehören', der es mit
eigener Hände Arbeit bestellte. Der Sowjetkongress legte den Grundsatz der
gleichberechtigten Nutzung des Grund und Bodens fest, d. h. das Land sollte je
nach den lokalen Gegebenheiten unter den Landarbeitern aufgeteilt werden, wobei
entweder die Arbeit oder der Verbrauch als Bemessungsgrundlage dienen sollte.
Die Beschlüsse des Sowjetkongresses zur Friedens- und Agrarpolitik verschafften
der neuen Regierung große Zustimmung und gaben den Ausschlag für den Sieg der
Bolschewiki in den anderen Städten und in den Provinzen. Am 15. November
verkündete der Rat der Volkskommissare außerdem das Recht auf nationale Selbstbestimmung
und Gleichberechtigung: Nationalitäten, die sich das Zarenreich gewaltsam
angegliedert hatte, sollten sich von Russland trennen dürfen. Gleichzeitig
machte der Rat jedoch deutlich, dass er mit einer Entscheidung der
Arbeitermassen dieser Nationalitäten für den Verbleib bei Russland rechnete.
Des Weiteren verstaatlichte der Rat alle Banken und sukzessive auch die
Industriebetriebe und überstellte die Produktionsmittel der Verfügungsgewalt
der Arbeiter.
Am 8. Dezember 1917 wurde die verfassunggebende Versammlung gewählt, in der die
Bolschewiki, wie Lenin richtig vorhergesehen hatte, mit etwa einem Viertel der
Sitze nur eine Minderheit bildeten; die Mehrheit hatten die
Sozialrevolutionäre. Im Januar 1918 lösten die Bolschewiki die Versammlung bei
ihrem ersten Zusammentreten, mit der Begründung, dass sich die Situation nach
der Revolution verändert habe, auf. Die Macht sollten von nun an die Sowjets
haben. In den ländlichen Räten, wo die Bolschewiki die Macht nicht hatten,
wurden die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre herausgedrängt. Im März 1918
übersiedelte die Regierung in den Moskauer Kreml, und am 10. Juli 1918
verabschiedete der 3. All-russische Sowjetkongress die Verfassung der
Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR). Damit war die
erste Phase der Revolution abgeschlossen.
Entsprechend
ihrem ersten Dekret vom 8. November 1917 schloss die bolschewistische Regierung
noch im Dezember 1917 einen Waffenstillstand mit den Mittelmächten und am 3.
März 1918 den Frieden von Brest-Litowsk, in dem Sowjetrussland die
Unabhängigkeit Finnlands, Polens, der baltischen Staaten und der Ukraine
anerkannte. Der eigene Machtverlust schürte die Opposition von Monarchisten,
bürgerlichen Demokraten, Nationalisten, gegen die Bolschewiki und führten
schließlich zum Bürgerkrieg, der bis 1922 andauerte. Am Ende siegten die
Bolschewiki mit ihrer Roten Armee gegen die von den Entente-Mächten
unterstützten antibolschewistischen 'Weißen'.
Im Zuge des Bürgerkrieges wurde beim 10 Parteitag der KPDSU 1921 ein
Fraktionsverbot verhängt. Als Begründung nannte Lenin die französische
Revolution, wo sich nach der erfolgreichen Revolution einzelne
Revolutionsfraktionen gegenseitig bekämpften. Am 30. Dezember 1922
konstituierte sich aus der Russischen Sozialistischen Föderativen
Sowjetrepublik, der Ukrainischen, der Weißrussischen und der Transkaukasischen
Sozialistischen Sowjetrepublik die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
(UdSSR).
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