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Am Ende des 2. Weltkrieges befand sich die Schweiz innenpolitisch in einer weitaus besseren Verfassung als nach dem 1. Weltkrieg. Das Schweizer Volk war geeinigt durch die gemeinsame Bedrohung der liberalen und föderalistischen Staatsidee durch den Faschismus und Nationalsozialismus. Die Alliierten waren aber nicht gut auf die Schweiz zu sprechen, denn die Neutralität war den Alliierten ein Dorn im Auge, konnten sie doch ihre Wirtschaftsblockade wegen der immer noch bestehenden wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und Nazideutschland nicht durchsetzen. Die Weltmächte stellten die ganze Aussenpolitik der Schweiz in Frage.
1945 liess Bundesrat Max Petitpierre einen allfälligen UNO-Beitritt überprüfen, um eventuell die schweizerische Aussenpolitik neu auszurichten. Das Ergebnis stellte folgende Problemzonen fest: die Sicherheitsfrage, die Souveränität und die Neutralität.
Deutschland, Österreich und Italien waren in der neu entstehenden Weltordnung unterprivilegierte Länder, da sie die Kriegsschuld trugen. Die Schweiz müsste also im Falle einer militärischen Aktion einen Durchmarsch der Truppen gewähren, was die Sicherheit des Landes nicht gewährleisten könnte.
Kritisiert wurde auch die Macht der Mitglieder des Sicherheitsrats der UNO und dem damit verbundenen grossen Souveränitätsverlust der übrigen UNO-Mitgliedstaaten.
Die Neutralität bot insofern eine Problem, als dass sie in der aktuellen Situation keinesfalls mit dem Prinzip der kollektiven Sicherheit der UNO zu vereinbaren war.
Sie wurde von allen Seiten verurteilt, was Alfred Zehnder, ab 1945 Chef der Politischen Abteilung, so beschrieb:
"Unser Verhalten im Kriege wurde [] als mangelndes Interesse an der gerechten Sache betrachtet und als verwerflicher Versuch gewertet, den anderen den Kampf um die Befreiung der Schweiz aus der Umklammerung durch die Nationalsozialisten und Faschisten zu überlassen. Wir galten als Blockadebrecher, Waffenlieferanten und Goldhamsterer, kurz als Kriegsgewinnler. Unsere Neutralität wurde als Interessenlosigkeit ausgelegt, die zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Deutschland und zu unserer Bereicherung führte."
Gerade die Verschonung vom Krieg, welche die Schweiz mit ihrer Neutralität begründete, wurde vom Ausland als Folge der alliierten Kriegsführung betrachtet. Die Neutralität hätte ausgedient und hätte jede Rechtfertigung und Funktion verloren. Die Regierung und alle wichtigen Parteien sprachen sich trotzdem für eine Beibehaltung der Neutralität aus und wiesen auf die unsicheren Erfolgschancen der noch jungen UNO hin. Der Bundesrat startete eine wahre Neutralitätsoffensive, um den Alliierten entgegenzutreten und die Position der Schweiz in den bevorstehenden Beitrittsverhandlungen zu stärken.
Er verknüpfte den Begriff der Neutralität eng mit dem der Solidarität. Die Neutralität wurde in der Schweiz allgemein ideologisiert, so dass sich ein Umdenken entwickelte: Sie wurde vom Instrument der Aussenpolitik zur Wahrung von Souveränität und Unabhängigkeit zum eigentlichen Ziel. Der entstandene Mythos engte aber den Handlungsspielraum der Aussenpolitik noch mehr ein. Diese vor allem durch Bundesrat Petitpierre geführte Politik war eine entscheidende Weichenstellung für die Schweiz.
Gleichzeitig entstand der Vorschlag, die Schweiz solle eine Sonderposition bei der UNO erhalten. Die UNO sah nun die Nützlichkeit eines neutralen Staates als Vermittler und als Sitz des IKRK (Internationales Komitee des Roten Kreuzes). Trotz der Ablehnung verschiedener Gremien fand eine Annäherung der Schweiz an die UNO statt, als die Schweiz den alten Völkerbund - Sitz der UNO wieder zur Verfügung stellte, zwar bekam sie keine offizielle Neutralitätsanerkennung. Sie unterstützte dennoch die Zielsetzung der Friedensorganisation und nahm deshalb den Status eines in der Schweiz nicht unbekannten zugewandten Ortes.
Der Bundesrat strebte nun eine schrittweise Annäherung an, die einen Vollbeitritt erst in noch unbestimmter, ferner Zukunft vorsah.
1946 erhielt die Schweiz den Beobachterstatus der UNO und 1948 trat sie zum IGH (internationaler Gerichtshof) und anderen Sonder- und Unterorganisationen der UNO bei.
Man kann zu den ersten Nachkriegsjahren folgendes festhalten:
Die Schweiz ist kein Vollmitglied der UNO, so dass sie keine Mitsprache- und Gestaltungsrechte besitzt
Die Position der Schweiz ist geschwächt, weil die Neutralität offiziell nicht anerkannt ist (v.a. von der USA und der Sowjetunion)
Bestehenbleiben des international anerkannten Gegensatzes Neutralität/Solidarität
Die Schweiz hatte beim Koreakrieg (ab 1950) erstmals die Chance, das von ihr propagierte Konzept "Neutralität und Solidarität" auf internationaler Ebene anzuwenden. Sie wurde Mitglied einer neutralen Überwachungskommission (NNSC, Neutral Nations Supervisory Commission), dessen neutrale Mitglieder je einen Delegierten in das Krisengebiet sandten. Jede Partei konnte zwei neutrale Staaten als Mitglieder bestimmen: die UNO wählte die Schweiz und Schweden, Nordkorea wählte Polen und die Tschechoslowakei. Eine zweite Kommission, die NNRC (Neutral Nations Repatriation Commission), sollte sich um die Zurückfürung der Kriegsgefangenen kümmern.
Die Schweiz hatte Zweifel, was die dadurch entstandene Möglichkeit der Parteilichkeit betraf, und beharrte auf ihrem Neutralitätsverständnis, welches die UNO bestätigte.
Der Bundesrat erklärte die grundsätzliche Bereitschaft zur Teilnahme an weiteren solchen Missionen. Die Annahme von Mandaten wurde aber an mehrere Bedingungen geknüpft, die wichtigsten davon:
Einigung aller Parteien über Inhalt und Ausmass des Mandates
Neutralitätspolitische Unbedenklichkeit des Mandates
Handlungsfreiheit der Schweiz
Zeitliche Begrenzung der Mission
Solche Mandate wurden als neue Elemente der Guten Dienste betrachtet. Die Schweiz konnte so ihre Solidarität zeigen, ohne das Neutralitätskonzept zu verletzen.
In der Folge übernahm die Schweiz einige Mandate der UNO, so zum Beispiel in der Suez-Krise 1956, als die Swissair UNO-Truppen nach Agypten beförderte, oder in der Kongo-Krise (1960 - 1964), wo die Schweiz auch eine Arzteequipe hinschickte. Die Schweiz leistete auch mehrere finanzielle Beiträge an die UNO und ihre Unterorganisationen. Grund dazu war die Einsicht, die UNO verfolge ähnliche Ziele wie die Schweiz: Kriegsverhinderung, Friedensförderung, usw.
Verweigert wurde lediglich die finanzielle Unterstützung von militärischen Aktionen. Dies war auf den immer noch geltenden Gegensatz der Neutralität und der kollektiven Sicherheit zurückzuführen. Dieser verbot die Teilnahme an kollektiven militärischen Aktionen.
Mitte der 60er Jahre erkannte man, dass sich das internationale System veränderte: Einerseits durch die allgemeine Dekolonialisierung, dem fortschreitenden europäischen Integrationsprozess der Schweizer Nachbarländer und den sich seit der Kubakrise langsam verbessernden Beziehungen der Supermächte.
Die Schweiz hielt bis anhin noch an der Politik Petitpierres fest, welche die bewaffnete Neutralität immer noch als bestes Mittel zur Wahrung von Souveränität und Unabhängigkeit definierte.
1965 liess Bundesrat Friedrich Wahlen diese sicherheitspolitische Ausrichtung überprüfen. Er kam zum Schluss dass eine Neuausrichtung nicht nötig sei, da durch das Versagen der kollektiven Sicherheit die Neutralität eine Aufwertung erfahren habe. Von einem Versagen war deshalb die Rede, weil es neben den Erfolgen der UNO auch viele Misserfolge gab. Der neutralitätstreue Schweizer sah vor allem die negativen Erfolge.
Auch einen UNO-Vollbeitritt lehnte er ab, da einerseits die UNO immer noch nicht die Neutralität der Schweiz anerkennen würde, andererseits die Schweiz in Konflikt mit der Neutralität geraten würde, da die UNO auch Partei sein kann.
Wahlen bezeichnete die wichtigsten Elemente der Aussenpolitik als die Neutralität, Solidarität und die Möglichkeit zur Leistung guter Dienste. Der Bundesrat erkannte aber die Gefahr der Isolierung und gab, um ihr zu entgegnen, die Bereitschaft der Regierung bekannt, die friedenserhaltenden Operationen der UNO (peace-keeping) auch über die Grenzen des bisher Geleisteten hinaus zu unterstützen. Wahlen sprach erstmals von der Entsendung friedenserhaltender Truppen, was damals noch keine grosse Reaktion auslöste.
Im Gegensatz dazu entstand 1966 eine Diskussion um eine Vollmitgliedschaft bei der UNO, ausgelöst durch Bundesrat Spühler. Er stand einem Beitritt positiv gegenüber und versuchte Vor- und Nachteile einer Mitgliedschaft aufzuzählen:
Positive Auswirkungen, stellte er fest, wäre das Mitsprache- und Gestaltungsrecht in der internationalen Gemeinschaft. Er meinte, dass die Schweiz als alte Demokratie die UNO in diesem Punkt sogar stärken könne. Sowieso würden sich die Ziele und Grundsätze decken. Die Isolation würde zugunsten der universellen Staatengemeinschaft verschwinden.
Als negativ zu betrachten, sei der Konflikt der Neutralität mit dem Konzept der kollektiven Sicherheit. In der UNO wäre die Schweiz gezwungen, Stellung zu beziehen, was die Leistung der Guten Dienste nur schmälern würde. Eine mögliche Schutzwirkung schloss er als Argument für einen Beitritt aus. Eine solche sei auch ohne Mitgliedschaft vorhanden.
Bundesrat Spühler umriss die künftige Aussenpolitik folgendermassen:
Sollte sich die UNO noch weiter vom System der Zwangsvollstreckung entfernen und sich ganz dem System der Friedenssicherung verschreiben, so hätte sich ihre Politik so weit verändert, dass ihr Kurs kaum mehr mit dem unsrigen kollidiert. Wenn die UNO in dieser Hinsicht zu einer klaren Konzeption und entsprechenden Beschlüssen kommt, die für die Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit neue verheissungsvolle Perspektiven eröffnen und vor dem Völkerrecht zu bestehen vermögen, dann wäre auch für uns wohl die Stunde gekommen, wo in aller Ruhe und Sachlichkeit der Entscheid über unseren allfälligen Beitritt zur UNO gekommen ist."[2]
Erster Anlauf für UNO-Blauhelme und erste Abstimmung über UNO-Beitritt
Bevor aber über einen UNO-Beitritt abgestimmt werden konnte, stellte sich noch die Frage der Entsendung schweizerischer Blauhelme. Dies wäre im Hinblick auf die Beitrittsverhandlungen ein die Schweiz stärkendes Instrument. Der Bundesrat liess von einer Kommission einen Bericht verfassen, der die Verträglichkeit mit der Neutralität ergründen soll.
Während der Diskussion entflammte am 5. Juni 1967 jedoch der Sechs-Tage-Krieg im Nahen Osten zwischen Agypten und Israel, welcher die UNO in ein schlechteres Licht rückte, war sie doch durch den zu frühen Rückzug der Friedenstruppen auf Aufforderung Agyptens mitschuldig am erneuten Aufflammen des Krieges. Diese Ohnmacht der UNO war für viele UNO-Gegner eine Bestätigung ihrer Unfähigkeit.
Der Bericht äusserte sich im Falle einer "peace-keeping"- Mission positiv auf die Verträglichkeitsfrage, da im Gegensatz zu "enforcement"- Missionen sich die Truppen unparteiisch und gewaltlos zu verhalten hätten. Er knüpfte die Befürwortung aber an Bedingungen. Die wichtigsten waren:
Zustimmung aller Konfliktparteien
Unparteiisches Verhalten der UN-Friedenstruppe
Der Bundesrat kann jederzeit mit Blick auf die Neutralität die Truppen zurückziehen
Das Militärdepartement äusserte aber Bedenken auf Grund der aktuellen Lage (Krieg im Nahen Osten) und meldete Probleme im Hinblick auf die Freiwilligenrekrutierung an (man fürchtete, dass sich nur schiesswütige "Desperados" freiwillig melden würden). Das Finanzdepartement wies auf die übermässigen Kosten, die verursacht würden und das Justiz- und Polizeidepartement sprach sich dagegen aus, weil die Bundesverfassung keine Grundlage für ein solches Unterfangen böte. Das politische Departement lenkte nach den drei negativen Ausserungen schliesslich ein.
1972 konnte ein Katastrophenhilfekorps eingerichtet werden. Sein Zweck war eine nicht-militärische Hilfe bei Katastrophen. Es kann unabhängig von der UNO eingesetzt werden.
Die Regierung verfolgte weiter den Kurs zum UNO-Beitritt und legte 1984 die Beitrittsfrage dem Parlament vor. Der Nationalrat stimmte mit 112:78 und der Ständerat mit 26:16 für eine UNO-Vollmitgliedschaft. Dieser Entscheid unterstand dem obligatorischen Referendum. Alle wichtigen Parteien auf nationaler Ebene stimmten dem Parlament zu, ausser der SVP. Auf kantonaler Ebene wurden häufig abweichende Parolen beschlossen.
Am 16. März 1986 lehnte das Schweizer Volk mit einer hohen Stimmbeteiligung von fast 51% den UNO-Beitritt zu ¾ ab. Alle Stände waren dagegen. Hauptargumente der Gegner waren die Bedenken in Bezug auf die Neutralität und die ungenügende Nutzen-Kosten-Relation. Der Souverän verschärfte damit die Gefahr der Isolation und bremste die Integrationspolitik der Regierung entscheidend.
Der Bericht 90
Bis anhin galt in der Sicherheitspolitik der Schweiz das Konzept der Gesamtverteidigung des Landes und wurde seit den 50er Jahren auf den Ost-West-Konflikt ausgerichtet. Die Strategie war Kriegsverhinderung durch permanente Abwehrbereitschaft.
Mit dem Zusammenbruch des Systems im Osten fand aber auch der Kalte Krieg ein Ende, womit eine völlig neue Situation entstand. Die Schweiz befand sich nicht mehr zwischen zwei Fronten, sondern mitten in der sich bildenden Europäischen Union, die sogar eine gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik (GASP) anstrebte. Das sicherheitspolitische Konzept der Schweiz verlor damit seine Grundlage und verlangte nach einer Neuausrichtung.
1990 liess der Bundesrat einen neuen Bericht verfassen, der eine Lageanalyse und die daraus folgenden Zielsetzungen festlegen soll. Die Analyse erkannte neben dem machtpolitischen Wandel auch, dass jetzt neue Gefahren sichtbar werden: die steigende Migration, Umweltverschmutzung, internationale Kriminalität, Epidemien, usw.
Der Bundesrat liess verlauten, dass der Alleingang der Schweiz aufhören muss, denn "eine ganze Reihe von Sicherheitsproblemen, vor allem im vorbeugenden Bereich, lassen sich nur noch im Zusammenwirken mit anderen Staaten lösen."[3]
Der Bericht bestätigte aber auch die bereits 1973 im sicherheitspolitischen Bericht aufgeführten Ziele wie die Wahrung der Handlungsfreiheit, die Behauptung des Staatsgebietes und die Wahrung des Friedens in Freiheit und Unabhängigkeit, setzte aber auch neue Akzente, wie den zu leistenden "Beitrag zur internationalen Stabilität, vornehmlich in Europa"[4]
Ausserdem sah der Bericht die Notwendigkeit einer Instrumentenanpassung der Sicherheitspolitik vor, hauptsächlich bei Armee und Aussenpolitik. Die Armee sollte weiterhin für die Landesverteidigung zuständig sein wie bisher. Neu dazu kam die Aufgabe der Friedensförderung. Das 1995 erschienene Armeeleitbild präzisierte die praktische Umsetzung, worauf der Autor nicht weiter eingehen wird.
Die Aufgabe der Aussenpolitik lief vorher unter dem Konzept "bewaffnete Neutralität." Neu schrieb der Bericht 90 vor, "aktiv und initiativ am Aufbau einer neuen europäischen Sicherheitsordnung mitzuwirken und bereit sein, neue sicherheitspolitische Funktionen zu übernehmen."
Weil man vom Neutralitätsverständnis immer weiter abkam, nahm im Golfkrieg (1991) doch auch die neutrale Schweiz bei den von der UNO verhängten Sanktionen gegen den Irak teil, wurde im März 1991 eine Kommission aus Vertretern der Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Presse und Verwaltung berufen, um den künftigen Stellenwert der Neutralität zu prüfen.
Die Kommission kam zum Schluss, dass der dauernd bestehende Konflikt der Neutralität und der kollektiven Sicherheit neu gewichtet werden müsse. Sie erkannte die gleichen Zielvorstellungen der Schweiz und der UNO, wie zum Beispiel die Aufrechterhaltung der einzelstaatlichen Integrität oder die Verhütung von Konflikten, unterschied aber die beiden Methoden. Diese seien aber im Hinblick auf die Erreichung des Zieles in Einklang zu bringen, denn der Kleinstaat Schweiz habe auch ein grosses Interesse an einer internationalen Ordnung, die auf der Herrschaft des Rechtes begründet ist. Somit könne die Schweiz im Falle eines Rechtbrechens eines Staates von der Neutralität absehen:
Zwischen einem Staat, der den Frieden bricht und die Völkerordnung schwer missachtet, und der gesamten übrigen Staatengemeinschaft darf es eine neutrale Haltung nicht geben. Neutralität gegenüber einem von der Gemeinschaft der Völker mit Sanktionen belegten Rechtsbrecher liefe auf Begünstigung des Geächteten hinaus. Zudem widerspräche dies der schweizerischen Interessenwahrung und dem Sinn der schweizerischen Neutralität."[6]
1993 veröffentlichte der Bundesrat einen Bericht zur künftigen Stossrichtung der schweizerischen Aussenpolitik. Wichtigstes Ziel ist nicht mehr die Wahrung der Neutralität, sondern die Wahrung der eigenen Interessen; die Neutralität soll nur so lange erhalten bleiben, bis ein besseres Konzept besteht, um die nationalen Interessen zu wahren.
So solle zum Beispiel künftig der Luftraum der Schweiz, im Gegensatz zu vorher, für UNO-Sanktionen offen sein und es soll die Möglichkeit einer Teilnahme bestehen.
Der 2. Anlauf für UNO-Blauhelme
Der zweite Anlauf zu schweizerischen Blauhelmen wurde im Parlament befürwortet, worauf von den rechts stehenden Parteien ein Referendum ergriffen wurde. Das Volk sagte am 12. Juni 1994 nein und bremste einmal mehr die Politik der Regierung. Dazu ist zu sagen, dass die Schweiz schon vor der Abstimmung international tätig war, sie nahm in mehreren waffenlosen UNO-Aktionen teil, mit Sanitätseinheiten, Militärbeobachter, usw. teil.
Zukunft
Die Regierung hat erkannt, dass sie alleine nicht weiter bestehen kann. Der Bundesrat hat am 26. August 1996 der Kommission Brunner den Auftrag gegeben in Form eines Berichtes u.a. folgende Fragen zu beantworten:
Welche Entwicklungen des sicherheitspolitischen Verhältnisses der Schweiz zu Europa sind in den nächsten 20-25 Jahren mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit denkbar?
Welches sind die vitalen Interessen der Schweiz im Inneren und gegenüber Europa?
Von welchen zu erwartenden strategisch relevanten Gewaltakten und existentiellen Risiken ist auszugehen? Erarbeitung von konkreten Grundlagen zur Erteilung von strategischen Zielvorgaben im Bereich der Existenzsicherung durch den Bundesrat.
Mit welchen Massnahmen und Instrumenten soll diesen Gewaltakten und Risiken begegnet werden?
Welches sind die Grenzen des Milizsystems zur Bewältigung dieser Gewaltakte und Risiken? Beurteilung des zukünftigen Stellenwertes und der Funktion der militärischen Komponente der Gesamtverteidigung unter Einbezug der Problematik von Milizsystem und allgemeiner Wehrpflicht.
Am 26.Februar 1998 legte die Kommission Brunner den Bericht vor. Die Kommission kam zum Schluss, dass die Zukunft in der Kooperation mit anderen Ländern liegt. Die Grenzen der klassischen Nationalstaaten entsprechen heute nicht mehr den sicherheitspolitisch relevanten Grenzen. Der Bericht stellt ein klares Defizit in puncto internationale Zusammenarbeit fest,
Der Bericht Brunner, der die Leitlinien für den sicherheitspolitischen Bericht 2000 verkörpert, kam zu folgenden Überzeugungen, was in Zukunft für den Staat Schweiz wichtig sein wird:
Engagement in den gemeinsamen Bemühungen zugunsten des Friedens, als Ausdruck unserer sicht- und erkennbaren Solidarität vor Ort;
Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn und den Bündnissen, die dem Frieden dienen, da wir uns gegen manche Gefahren und Bedrohungen nicht allein vorsehen können;
stetige Abstimmung unserer Sicherheitsvorkehrungen auf die Entwicklung der Bedrohungen.[8]
Das EMD wird auf das Jahr 2000 hin einen Sicherheitspolitischen Bericht verfassen, der die neue sicherheitspolitische Ausrichtung in das neue Jahrtausend festlegt.
Zusammenfassung
Abschliessend lässt sich sagen, dass seit dem Ende des 2. Weltkrieges sich die sicherheitspolitische Ausrichtung enorm verändert hat. Vor allem die Neutralität verliert in einer sich bildenden Völkergemeinschaft immer mehr ihre Rechtfertigung. Es ist Zusammenarbeit. Der Bundesrat hat dies erkannt und seine Politik danach ausgerichtet. Ob das Schweizer Volk dies erkannt hat, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass es bis jetzt eher Bremse als Gaspedal war.
Quellenangaben
Robert Diethelm, Die Schweiz und Friedenserhaltende Operationen 1920 - 1995, Haupt 1997
Kurt R. Spillmann, Von der bewaffneten Neutralität zur kooperativen Sicherheit,
Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik 1995, (https://www.fsk.ethz.ch/publ/bulletin/bulle_95/b95_ks.htm)
Bericht der Studienkommission für strategische Fragen, Kommission Brunner,1998
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