Die
Stadt im Mittelalter Der Marktplatz Das Rathaus war das Zentrum der weltlichen Organisation einer Stadt
und Tagungsort sowohl des Rates als auch des städtischen Gerichts. In kleinen
Städten war der Korn- und Salzspeicher auch im Rathaus untergebracht.
Auf den Straßen und Plätzen spielte sich das mittelalterliche Leben
hauptsächlich ab. Der öffentliche Brunnen war Mittelpunkt des alltäglichen
Geschehens. Hier besorgte man sich nicht nur Wasser, sondern tauschte auch
Informationen aus. Man leitete aber auch das Wasser aus Wasserläufen um und es
entstanden Stadtbäche zur Entnahme von Wirtschaftswasser und zur Entsorgung.
Die Trinkstuben mit dem Laubkranz über dem Eingang waren weitere
Anziehungspunkte - nicht nur für Bürger, sondern auch für Bettler und anderes
Gesindel.
Die Behörden aber auch die Bevölkerung mussten die Bedürftigen unterstützen.
Gestank, Lärm, Rauch und Umweltverschmutzung waren Probleme mit denen sich die
Menschen einer mittelalterlichen Stadt täglich herumschlagen mussten.
Aufbau einer
mittelalterlichen Stadt Im 12. und 13. Jahrhundert wurden in Mitteleuropa sehr viele neue
Städte gegründet. Esslingen dürfte z. B. gegen Ende des 12. Jahrhunderts das
Stadtrecht bekommen haben.
Die Geschichte der Stadt Esslingen beginnt jedoch früher bei der
Dionysiuskirche. Es
lassen sich Spuren bis in das Jahr 777 zurückverfolgen. Damals entstand die
Cella, ein frühes Kloster.
Es entstanden sehr unterschiedliche Städte. Größere Städte wie z. B. Paris oder
Köln und kleinere Städte mit ländlichem Charakter wie z. B. Esslingen. Wichtig
bei der Gründung einer Stadt war die günstige geographische Lage. Esslingen lag
an einer wichtigen Handelsstraße vom Rheinland nach Ulm, die nur rechts des
Neckars verlief. Man konnte den Neckar nur über eine Furt überqueren. Im 13.
Jahrhundert wurde die Innere Brücke und die Pliensaubrücke gebaut.
Die Verkehrsführungen verliefen beide über den Marktplatz. Erst 1960 wurde
diese grundlegend verändert.
Die Städte waren Ausdruck einer architektonischen und gesellschaftlichen
Ordnung. Zu dieser geordneten Struktur gehörten auch die bewirtschafteten und
genutzten Flächen wie z. B. Acker und Viehweiden, die Steinbrüche und Lehmgruben
außerhalb der Stadtmauer. Auch die Siechenhäuser der Leprakranken waren
außerhalb der Stadt.
Die Stadtmauer war ein Gemeinschaftswerk der Behörden, Bürgern und Geistlichen
.
In Esslingen hatte die Stadtmauer 30 Türme und Tore. Die erste Mauer war um die
Kernstadt und Pliensauvorstadt. Im 14. Jahrhundert wurde die Obertorstadt und
Beautau mit einer neuen Mauer befestigt. Sie markierte die Grenze zwischen
Landschaft und dem geregelten Leben in der Stadt. Die Mauer diente eigentlich
zum Schutz vor Angriffen um die Stadtbewohner und die gelagerten Verkaufsgüter
zu schützen. Nachts wurden die Stadttore geschlossen und die Brücken hochgezogen.
Die städtischen Siedlungen lagen entlang den Flüssen. Die Flüsse verbanden
Ortschaften und Regionen, aber waren auch schützende Grenzen. Wenn möglich
wickelten die Leute den Handel auf den Flüssen ab, weil der Wasserweg billiger,
schneller und weniger Gefahren barg als auf der Straße. Sie benutzen dafür
kleine Boote, Flöße oder große Kähne. In den Hafenanlagen wurden die Waren
umgeschlagen. Die Flussläufe spielten auch deshalb eine wichtige Rolle, weil an
ihren Ufern Mühlen und andere mit Wasserkraft betriebene Gewerbe lagen. Die
Fischerei war ein großer Bestandteil der Nahrungsmittelversorgung.
Die Straßen führten oft durch unwegsames Gelände und waren im Sommer staubig
und wenn es regnete verwandelten sie sich in Morast. Erst im Spätmittelalter
wurden einige Straßen und Plätze gepflastert.
Typisch für die Kernstadt war die dichte Bebauung mit engen und verwinkelten
Gassen. Der Marktplatz , wo nie der Brunnen fehlen durfte war das Zentrum.
Entscheidend prägten die Kirchen und Klöster mit ihren Höfen das Stadtbild.
Die öffentlichen Gebäude der Bürger erfüllten wichtige Funktionen, dazu zählten
das Rathaus am Marktplatz, die Korn- und Salzspeicher, die Kaufhäuser. Unter
anderem gab es Trinkstuben für Bürger und Edelleute und öffentliche Badestuben.
Das Bauhandwerk
Für die verschiedenen Bauwerke brauchte man verschiedenes Material wie z. B.
Kalksteinquader, die man aus den Steinbrüchen brach. Es wurden aber auch für
den Mauerbau Steine der alten Stadtmauer benutzt. Der Lehm wurde aus der
stadtnahen Lehmgrube geholt. Ihn brauchte man unter anderem für die
Fachwerkbauten. Im Winter wurden die Bäume für das Bauholz geschlagen. Für den
Bau einer Kirche oder Klosters errichtete man Schutzhütten für die Arbeiter und
Mannschaftsbaracken, sowie Wohn- und Schlafräume für die Geistlichen.
Zuallererst wurde bei einer Kirche die Choranlage gebaut und der Altar mit
Reliquien gesetzt. Die Kirchen waren die prächtigsten und stabilsten Bauwerke,
sie dienten nicht nur zu kirchlichen Handlungen, sondern auch als Archiv,
Schatzkammer und Ort der Gerichtsbarkeit.
In der Vorstadt entstanden laufend neue Wohnhäuser.
Zur Gewinnung von Bindemitteln von Mörtel errichtete man Kalkbrennöfen. Es
waren gemauerte runde Öfen, in welchen Kalk auf 1000 Grad Celsius erhitzt
wurde. Mit Wasser vermischt entstand aus dem "gebrannten Kalk" "gelöschter
Kalk" der als Bindemittel für den Mörtel beim Mauerbau benötigt wurde. Das
Bauhandwerk kannte eine Vielzahl von spezialisierten Berufen: von Baumeistern
über Steinmetze, Maurer, Zimmerleute und Dachdecker, bis hin zu den Arbeitern
wie Träger und Mörtelmischer.
Der Markttag Der Marktplatz war Mittelpunkt des Handels innerhalb der Stadtmauern.
Die Geldwährung im 14. Jahrhundert war die Reichsmark.
Die Märkte dienten nicht nur dem Kauf und Verkauf, man traf auch Bekannte und
tauschte Nachrichten aus. Es gab auch Musikanten, die auf den Märkten
auftraten. Oft wurden am Markttag auch Recht gesprochen und ein Urteil öffentlich
vollstreckt.
Am Marktplatz war der Pranger, aber Hinrichtungen fanden jenseits der
Stadtmauer statt. Auf dem Markt waren die begehrtesten Produkte die die
Fernhändler mitbrachten. Stoffe, Bänder, Felle, Gewürze und Farbpulver. Der
Schreiber war auf den Märkten ein vielbesuchter Mann , bei ihm ließ man
Verträge, Briefe usw. schreiben. Als Werkzeuge dienten ihm das Tintenhorn,
Feder, Messerchen zum Radieren. Man schrieb auf Pergamentblätter.
Die Handwerker
Die Handwerker in einer Stadt, von denen viele hart am Existenzminimum lebten ,
waren in den größeren Städten in Zünfte zusammengeschlossen. Die Handwerker
wohnten je nach Beruf an verschiedenen Orten der Stadt, z. B. die Färber, die
Bleicher und die Müller am Wasser. Die Kaufleute in der Nähe des Marktplatzes.
Die Schmiede waren am Rand der bewohnten Gebiete untergebracht, wegen der hohen
Brandgefahr.
Zur Herstellung von Leder wurde die Tierhaut zuerst in einer Mischung aus Kalk
und Wasser eingeweicht, damit sich die Haare lösten. Dann schabte der Gerber
auf einem Holzblock die Haut sauber und legte sie in einer übelriechenden Lohe
aus Eichenrindenextrakt und Tierdung ein. Am Schluss wurden die Häute gewalkt
und zum Trocknen aufgehängt.
Die Küfer stellten die für die Vorratshaltung unentbehrlichen Fässer her.
Die Waschfrauen trafen sich am Wasser. Waschen war eine öffentliche
Angelegenheit.
Die Klosteranlagen
Die Mönche und Nonnen in den Klöstern lebten außerhalb der Stadt. Das Zentrum
eines Klosters war die Abteikirche. Um sie herum waren die Wohn- und
Arbeitstrakte, die Wirtschaftsgebäude und Gemüse- und Kräutergärten. Das
Glockenläuten der Abteikirche zeigte, abhängig vom Sonnenaufgang und -untergang
die Stunde an, zu denen sich die Gottesleute zum Gebet versammelten.
Die Hinrichtung und die
Pest Die Richtstätte befand sich außerhalb der Stadtmauern. Die Urteile
wurden öffentlich vollstreckt. Die Strafen waren Rädern, Hängen, Enthaupten,
Verbrennen, Ertränken, Sieden und lebendig Begraben. Todeswürdige Vergehen
waren zum Beispiel Betrug, Ehebruch, Diebstahl, Mord, Raub und Kindstötung.
In Esslingen fanden die Hinrichtungen jenseits der Pliensaubrücke statt.
Die Pest wurde von Seeleuten 1347 - 1350 nach Europa gebracht , wo sie so
schrecklich wütete, daß ganze Landstriche entvölkert wurden.
Die Häuser im Mittelalter
Das Bürgerhaus war ein prägender Bestandteil der städtischen Architektur. Die
ältesten Häuser waren noch aus Holz gebaut. Erst im 13. Jahrhundert kamen die
Fachwerk- und Steinhäuser auf. Die Steinhäuser hatten aber nur die wohlhabenden
Leute. Im 14. Jahrhundert waren die meisten Dächer noch mit Holz- oder
Brettschindeln gedeckt und mit Steinen beschwert. Die Ziegel hatten nur die
repräsentativsten Gebäude einer Stadt.
Mittelpunkt eines jeden Hauses war die offene, mit Lehm ummantelte Feuerstelle
in der Küche. Im Winter war für viele Menschen die Küche der einzige
Lebensraum, weil man durch den Ofen heizen konnte. Nur wohlhabende Leute
konnten sich einen Kachelofen leisten. Seit dem 14. Jahrhundert boten sich die
Ofenkacheln als Träger von Bildern an.
Aus Angst vor Eindringlingen wohnt man im Obergeschoß das nur durch eine
hölzerne Außentreppe zu erreichen war. Die Schlafräume waren darüber. In
manchen Häusern lebten mehrere Familien nebeneinander und jeder war dem Lärmen
des Anderen ausgesetzt. Moos und Gras dienten als Isolationsmaterial.
Möbel gab es kaum. Als Tisch dienten auf Böcke gelegte Holzplanken.
Die Unterteilung der
Gesellschaft Die Gesellschaft war in verschiedene Stände aufgeteilt, denen man durch
Geburt angehörte. Zu den städtischen Oberschichten zählten der Stadtadel, die
Großkaufleute, die reichen Gewerbetreibenden sowie Grund- und Hausbesitzer. Die
Mittelstufe stellte sich aus den übrigen Gewerbetreibenden, den Handwerkern und
städtischen Beamten zusammen. Die Unterschicht bestand aus Angestellten,
Dienstboten, Henker, Totengräber, Gefangenenwärter.
In Esslingen gab es viele vornehme und reiche Familien, die von Bankgeschäften
und vom Fernhandel lebten. Mittelschichten bildeten die Handwerker. In
Esslingen gab es 13 Zünfte. Die größte Zunft bildete die Weingärtnerzunft. Wein
war Volksgetränk und natürlich Ware zum Handeln, z. B. Salz gegen Wein. Es gab
keine Kühlmöglichkeiten, darum legte man verschiedene Lebensmittel in Salz, zur
Konservierung.
In Esslingen gehörte über die Hälfte der Bevölkerung zu den Armen, die auf
Unterstützung der Bürger, des Spitals und auf den Bettel angewiesen waren.