Joseph
Goebbels oder "Canaille Mensch"
Sein
Leben
Joseph Goebbels wird im Oktober 1897 in Rheydt im
Rheinland als Sohn von Friedrich, einem Buchhalter, und Maria Goebbels geboren.
Nach einer Erkrankung in der frühen Kindheit behält er lebenslang einen
verkrüppelten Fuß, welcher ihm von früh an ein Gefühl des Außenseiters gibt.Er
wird streng katholisch erzogen und gilt als äußerst intelligent und hochbegabt.
Nach seinem Studium in mehreren deutschen Städten arbeitet er u.a. kurzzeitig
im Bankfach, als Ausrufer an der Börse und als Sekretär eines deutschvölkischen
Politikers. Letzterer bringt ihn erstmals in Kontakt mit der NSDAP, in welche
er 1924 eintritt. Anfangs gehört er dem sozialrevolutionären norddeutschen
Flügel der Partei an (welcher betont vom faschistischen süddeutschen Flügel
welchem Hitler angehört Abstand nimmt), wechselt jedoch 1926 die Seite, nachdem
er sieht, welch imponierender, mächtiger und vielversprechender Mann und
Politiker Adolf Hitler sei. Er unterwirft sich ihm völlig, obwohl er seine
Meinungen in Hinsicht auf Bolschewismus, Privateigentum und Judenverfolgung
ganz und gar nicht teilt. Hitlers dumpfe, komlexbedingte Visionen werden durch
Goebbels werbewirksamen Techniken, seine Rationalisierungen und durch die von
ihm erfundenen Schlagwörter und Mythen perfekt ergänzt. Im Oktober '26 wird
Goebbels von Hitler als Gauleiter von Berlin-Brandenburg ernannt, wo er
innerhalb weniger Monate zum gefürchtesten Demagogen der Stadt emporsteigt;
diese Zeit wird auch als "Blutiger Aufstieg" bezeichnet. 1930 wird er zum
Reichspropagandaminister ernannt, dessen Hauptaufgabe die propagandistische
Vorbereitung der Reichstagswahlen 1930 und 1932 ist. "Nebenbei" sorgt er durch
seine fast fanatische Begeisterung für Hitler und durch den Gebrauch religiöser
Alliterationen und Tonfällen im Zusammenhang mit Hitler in seinen Reden und
Schriften indirekt für den Führerkult in Deutschland. Im Dezember 1931 heiratet
er Magda Quandt, mit der er insgesamt 6 Kinder haben wird. Hitler dient bei der
Hochzeit als Trauzeuge. Kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten
1933 wird Goebbels Leiter des "Reichsministeriums für Volksaufklärung und
Propaganda"; seine Macht über die "total lenkbare Menschheit" übt er vor allem
mit Hilfe der Medien aus, nämlich durch sein Blatt "Der Angriff" und seine
Wochenzeitung "Das Reich" und durch Sondermeldungen und Wochenschau-Programmen
im Rundfunk. Seine Bedeutungskurve fällt jedoch stetig, bis sie 1938 in der
Antisemitismuswelle in Deutschland wieder ihren Aufschwung findet; hierdurch
verwandelt sich Goebbels von einem, der den Antisemitismus als "primitiv"
abschrieb, in einen der hartnäckigsten Judenverfolgern. Er bleibt Hitler bis
ans Ende treu, weshalb er auch Ende April 1945 nach Görings Verhaftung
testamentarisch von Hitler als sein Nachfolger im Reichskanzleramt bestimmt wird.
Zwei Tage später, am 1. Mai, betäuben und vergiften Joseph und Magda Goebbles
zuerst ihre sechs Kinder, bevor sie schließlich im Führerhauptquartier in
Berlin Selbstmord begehen.
Joseph Goebbels fühlte sich als Intellektueller und als
Gehbehinderter stets als Außenseiter. Man könnte sagen, sein lebenslanger Trieb
war es, der Welt zu beweisen, dass die intelligente Missgestalt dem
kerngesunden Stumpfsinn überlegen sei. Da ihn seine Intellektualität und sein
Krüppeltum leicht verwundbar machten, war er ein hemmungsloser Opportunist, der
sich stets rechtzeitig auf die Seite der Majorität zu schlagen wusste. Er hatte
ein sehr ausgeprägtes Bedürfnis nach Auszeichnung sowie eine gewisse
Renommiersucht und einen Geltungshunger, welche u.a. zur Aufrechterhaltung
seines Selbstwertes dienten. Jedoch bestand eine seiner wirklichen Schwächen
darin, dass er nie an das glaubte, was er selber sagte; er hatte gewissermaßen
nie eine eigene Meinung, da diese ihn von anderen weiterhin distanzieren und
differenzieren könnte ("Es ist nicht so sehr von Belang, woran wir glauben, nur
dass wir glauben."). Insofern verstand er es lediglich, die Überzeugungen
anderer dekorativ und wirksam zu verwirklichen. Dementsprechend hat er Hitler
blinde Anhänglichkeit als Kompensation für sein Mangel an "arischem Gut"
angeboten und nach dem Motto "Je größer und ragender ich Gott mache, desto
größer und ragender bin ich selbst" gearbeitet. Ein Beispiel dazu, wie seine
Geltungsgier stets seine eigene Meinung beeinflusste, ist sein extremer Judenhass,
der sich erst mit der Antisemitismuswelle 1938 formte; zuvor hatte er von der
Rassentheorie Hitlers nicht viel gehalten und davon Abstand genommen. Als
jedoch die Bedeutungskurve seiner Karriere stetig abnahm nach der
Machtübernahme, fand er im wachsenden Judenhass wieder seinen Platz, denn hier
waren seine propagandistischen Künste wieder gefragt, um das Volk von den
antisemitischen Einstellungen Hitlers zu überzeugen. Außerdem nutze Goebbels es
aus, dass Juden als noch "un-arischer" galten, als er es mit seinem Aussehen
und seiner Gehbehinderung war.
Er sah sich gerne als starker Mann, war aber in
Wirklichkeit ein empfindsamer Dichter, was in seiner Literatur und in seinen
Tagebüchern zum Vorschein kommt. Letztendlich glaubte er an die völlige Lenkbarkeit
des Menschen, verwirklichte diese Theorie jedoch, ob bewusst oder unbewusst,
vor allem an sich selber.