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Judenverfolgung
Einleitung: Als
im Laufe des letzten Jahrhunderts die Emanzipation der Juden in Deutschland und
Österreich Realität wurde, bahnte sich zugleich eine der größten und
furchtbarsten Wahrzeichen an, das zwei Völker jemals miteinander verband. Zum
einen war die Identifikation der Mittel- aber zum Teil auch der osteuropäischen
Juden mit der deutschen Kultur beziehungsweise mit der deutschen Nation nicht
zu übersehen. Krönung dieser Anteilnahme jüdischen Lebens am Schicksal der
deutschen und österreichischen Nation waren sicherlich die vielen mit teilweise
hohen Auszeichnungen versehenen jüdischen Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg.
Doch die Verwurzelung beider Völker geht viel tiefer. Man erinnere sich bloß an
den ungeheuer großen und wichtigen, nicht fortzudenkenden Anteil der jüdischen
Deutschen unter den Denkern, Dichtern, Forschern und Künstlern, die
Deutschlands und Österreichs Weltruhm in Kunst und Wissenschaft in den letzten
drei Jahrhunderten entscheidend mit geprägt haben. Wer heute in die Liste der
Nobelpreisträger der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts blickt, erkennt nicht
nur die ungeheure Dominanz deutscher Wissenschaftler, sondern unter diesen
wiederum den großen Anteil solcher jüdischen Glaubens.
Die Entwicklung der
Judenverfolgung
Die Anfänge:
Bereits kurz nach ihrer Machtergreifung am 30. Jänner begannen die
Nationalsozialisten, ihr antisemitisches Programm in die Tat umzusetzen. Mehr
als 50 zwischen April 1933 und September 1935 erlassene Gesetze verbannten die
Juden aus dem öffentlichen Leben Deutschlands. Die akademischen Berufe,
Schulen, Hochschulen sowie einflußreiche Positionen in Staat und Verwaltung
waren ihnen nun verschlossen. Aufbauend auf einer vorher schon unterschwellig
vorhandenen Judenfeindlichkeit kam es jetzt verstärkt zu, zum Teil
organisierten, Übergriffen gegen Juden, so etwa riefen am 1. April bereits die
Nationalsozialisten erfolgreich zum Boykott jüdischer Geschäfte auf.
Die Propaganda der Nationalsozialisten trug von Anfang an gute Früchte, denn
schon 1933 verließen 37.000 Juden das Land. Die Mehrzahl mußte natürlich ihr
Hab und Gut zurücklassen. Die große Mehrheit der Deutschen folgte natürlich dem
Führer bedingungslos, denn er brachte ihnen einen sozialen Mindeststandard,
d.h. Arbeit, Kindergeld, Mutterschutz, Wohnraum und Urlaub. Sozial Bedürftigen
widmete sich die NS-Volkswohlfahrt. Sie organisierte Gratisverteilungen von
Essen. Natürlich wurden diese Maßnahmen gut angenommen und in höherer
Zustimmung für das Regime bemerkbar. Die Kritik, die trotz dieser Maßnahmen
noch aufflammte wurde als "Miesmacherei" abgestempelt. Miesmacher galten als
"Schädlinge der Volksgemeinschaft" und für diese "Straftaten" gab es die
Politische Polizei. Die Polizei, überwachte "den politischen Gesundheitszustand
des deutschen Volkskörpers und beseitigte als Zerstörungskeime erkannte
Faktoren".
Einen ersten Höhepunkt erreichte die nationalsozialistische antisemitische
Politik mit zwei Gesetzen vom September 1935, dem "Reichsbürgergesetz" und dem
"Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre". Diese
Nürnberger Gesetze zielten darauf ab, den staatsbürgerlichen Status der Juden
auf ein Minimum zu reduzieren und sie aus der Gesellschaft auszuschließen.
Gleichzeitig versuchte man, sie aus dem Wirtschaftsleben zu entfernen. In den
folgenden Jahren wurden jüdische Geschäftsleute enteignet bzw. die von
emigrierenden Juden zwangsweise aufgegebenen Geschäfte und
Wirtschaftsunternehmen an sogenannte "Volksdeutsche" übergeben, sprich
"arisiert". Die Nürnberger Gesetze bildeten die rechtliche Grundlage für die
nun folgenden planmäßige Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung.
Vor Ausbruch des 2. Weltkrieges emigrierten noch etwa 315.000 Juden aus
Deutschland. Danach war ein legales Ausreisen nicht mehr möglich. Zudem
erschwerte die Eroberung der westlichen und nördlichen Nachbarländer
(Frankreich, Niederlande, Dänemark) durch das Hitler-Regime spätere Fluchtpläne
zunehmend. Einige Länder (z.B. Schweiz) wehrten sich auch gegen den
anschwellenden Flüchtlingsstrom durch , Einreisebestimmungen, denen viele Juden
zum Opfer fielen.
Die antijüdischen Aktionen gipfelten zunächst in der Nacht vom 9. zum 10.
November 1938. Im Verlauf der verharmlosend als Reichskristallnacht
bezeichneten Ausschreitungen wurden jüdische Synagogen, Wohnungen, Geschäfte
und andere Einrichtungen zerstört. 97 Juden kamen ums Leben. Im Anschluß wurden
erstmals etwa 30.000 Juden in Konzentrationslager gebracht.
Die
Massenvernichtung im 2. Weltkrieg (1939-1945) Mit
der Besetzung einiger osteuropäischer Staaten zu Beginn des 2. Weltkrieges
gelangte auch dort eine große Zahl von Juden in den Machtbereich der
Nationalsozialisten. Die Juden per Druck zur Emigration zu veranlassen, schien
den nationalsozialistischen Machthabern kein geeignetes Mittel mehr, um die
angestrebte "Judenfreiheit" zu erreichen. Statt dessen war die Ausrottung aller
Juden Genozid bereits beschlossen.
Die polnischen Juden wurden daher in abgeriegelten Stadtvierteln, den Ghettos,
in Warschau, Krakau, Tarnow und Lublin unter unmenschlichen Verhältnissen auf
engstem Raum festgehalten. Allein im Winter 1940/41 starben im Warschauer
Ghetto 20% der Juden, infolge von Hunger, Durst und Seuchen.
Mit dem Überfall auf die Sowjetunion vom 22. Juni 1941 nahm die systematische
Ausrottung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten ihren Anfang.
Die neu eingerichteten und dem Reichsicherheitshauptmann unterstellten
Einsatzgruppen folgten dem deutschen Heer in den Osten und ermordeten dort
annähernd eine Million Juden durch Erschießungen. Im Januar 1942 schließlich
plante man auf der Wannseekonferenz die Tötung von geschätzten 6.000.000 Juden
mittels Gas in Vernichtungslagern und begann augenblicklich mit der Umsetzung
dieses Planes.
In Deutschland und den neu eroberten Gebieten wurde die Errichtung von vielen
neuen Konzentrationslagern befohlen. Viele Juden wurden ohne jeden Grund
dorthin gebracht.
Nürnberger Gesetze
Der
Deutsche Reichstag verabschiedete auf dem Nürnberger Reichsparteitag der NSdAP
am 15. September 1935 das "Reichsbürgergesetz" und das "Gesetz zum Schutze des
deutschen Blutes und der deutschen Ehre". Die Gesetze unterschieden zwischen
Deutschblütigen, Juden und Mischlingen 1. und 2. Grades. Vor dem Gesetz galten
Deutschblütige und Mischlinge als Reichsbürger, Juden aber nicht. Beide Gesetze
bedeuten, daß die seit 1933 legale Festschreibung von den Nationalsozialisten,
der öffentlichen Diskriminierung und Verschärfung der Verfolgung der Juden im
Deutschen Reich, darstellen soll. Das bestimmt die deutschen Juden zu
Staatsbürgern zweiter Klasse und zu Menschen mit weniger Rechten. Es gibt nur
noch Reichsbürger die "deutschen oder artverwandten Blutes" sind. Die Juden
durften nicht mehr mit abstimmen und auch kein öffentliches Amt mehr bekleiden.
Sie durften auch keinen reinen Deutschen heiraten und keine Beziehung zu einem
haben, denn darauf drohte Strafe. Sie waren also keine Reichsbürger mehr,
sondern nur einfache Staatsangehörige. Dieses bedeutete auch die
Diskriminierung der Behinderten und Geisteskranken. Sie wurden, genauso wie die
Zigeuner, streng bewacht. Einige von ihnen wurden 1939 unter dem Vorwand
rassenhygienischer Überlegungen als Versuchsobjekte benutzt.
Natürlich kamen scharfe Proteste vom In- und Ausland. Sie reagierten mit
scharfen Zeitungsartikeln, Flugblättern und Briefen an Hitler und das Ausland
protestierte heftig. Doch unbeeindruckt davon machten die NS-Offiziere mit
ihrer Propaganda und ihren Aktionen gegen Juden weiter. Mit geschickt gemalten
Plakaten und Anzeigen in Zeitungen wollten sie die Menge aufhetzen.
"Reichskristallnacht"
In
der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 entsteht eine Verfolgung der Juden,
durch den deutschen Reichsminister Joseph Goebbels und der NSdAP. Diese
Verfolgung ist besser bekannt als "Reichskristallnacht". SA-Trupps und
Mitglieder der NSdAP lassen Synagogen niederbrennen, plündern jüdische
Geschäfte, Gemeindehäuser und Privatwohnungen, töten Juden. Während dieser
Verfolgung werden 97 Juden ermordet und über 25.000 in Konzentrationslager
verschleppt. Die NSdAP erklärt dies als Reaktion auf das Attentat des deutschen
Gesandtschaftsrat, das ein junger Jude verübt hat. Am nächsten Tag wurde
außerdem allen jüdischen Staatsangehörigen eine Sondersteuer von 1 Milliarde
Reichsmark auferlegt. Immer wieder neue Verordnungen sollten die Juden ganz und
gar vom öffentlichen Leben ausschließen.
Wannseekonferenz
Am
20. Jänner 1942 wurde in Berlin-Wannsee eine Geheimbesprechung von Nationalsozialisten
abgehalten. Das Thema war der Massenmord an den Juden, bezeichnet als
"Endlösung der europäischen Judenfrage". Sie entwickelten einen Plan, der die
Rationalisierung der Judenverfolgung bezweckte. Die unter deutschem Zugriff
stehenden Gebiete sollten von rund 11 Millionen Juden gesäubert werden. Sie
sollten in Ghettos und Konzentrationslager nach Polen deportiert und vernichtet
werden. Mit der Wannseekonferenz begann eine Mordmaschinerie, woran insgesamt
Hunderttausende von Menschen beteiligt waren. Dabei fielen etwa 6 Millionen
Menschen dem Verbrechen zum Opfer.
Polizeiverordnung über die
Kennzeichnung der Juden
Juden, die das 6. Lebensjahr vollendet haben, müssen in der Öffentlichkeit einen Judenstern tragen.
Der Judenstern besteht aus einem handgroßen, schwarz ausgezogenen Sechsstern aus gelbem Stoff mit der schwarzen Aufschrift "Jude". Er muß fest aufgenäht auf der linken Brustseite des Kleidungsstückes getragen werden.
Juden dürfen den Bereich ihrer Wohngemeinde nicht ohne einer schriftlichen Erlaubnis der Ortspolizei verlassen.
Sie dürfen auch keinen Orden, Ehrenzeichen oder
sonstige Abzeichen tragen.
Diese Polizeiverordnung ist am 15. September 1941 in Kraft getreten.
Diskriminierung und
Boykottierung der Juden
Am
1. April 1933 führte die NSdAP einen landesweiten Boykott gegen die Juden. Vor
jüdischen Geschäften wurden Schilder mit der Aufschrift: "Deutsche! Wehrt Euch!
Kauft nicht bei Juden!" angebracht. Doch nicht nur die Geschäfte wurden
boykottiert, auch Arzte, Künstler und Journalisten. Juden durften keinen
Schulen mehr besuchen, sie wurden von Ehrenämtern, Steuerermäßigungen, vielen
Sozialleistungen, vom Wehrdienst und aus Vereinen aller Art ausgeschlossen.
Jüdische Werke wurden aus Galerien, Bibliotheken, Konzerten, Theatern und Kinos
entfernt. Nach Juden benannte Straßen wurden umgetauft und Namen jüdischer
Gefallener von Ehrenmälern genommen. Juden konnte der Zutritt zu Wirtshäusern
verboten und die Benutzung von Bädern und Parkplätzen untersagt werden. Vor
einigen Ortseingängen wurden Schilder angebracht, daß Juden unerwünscht seien.
Im September 1935 beschloß der Reichstag einstimmig das "Gesetz zum Schutze des
deutschen Blutes und der deutschen Ehre". Nach diesen Gesetz durften Juden
keine Ehe mit "Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes" haben.
Ab 1941 müssen die Juden nach der "Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der
Juden" ab dem 7. Lebensjahr einen Judenstern tragen. Das machte sie für alle
anderen Menschen erkennbar und isolierte sie.
Auch anderen war es nicht gestattet, mit Juden Kontakt zu haben. Wer bei ihnen
kaufte oder mit ihnen Kontakt hatte, wurde oft öffentlich bekanntgemacht und
dann genauso diskriminiert wie die Juden. Die Juden durften durch immer mehr
Gesetze und Verordnungen viel weniger als Christen. Hitlers Ideen wurden
konsequent gegenüber den "Volksfeinden" verwirklicht.
Alle Juden im Dritten Reich mußten nach der "Polizeiverordnung zur
Kennzeichnung der Juden" mit einem Judenstern gekennzeichnet sein. Unter der
Herrschaft der Nationalsozialisten wurden die Juden auch wirtschaftlich
boykottiert.
QUELLEN:
Illustrierte Deutsche Geschichte, Hans Joachim Friedrichs
Das neue große farbige Lexikon, Bassermann 1989
Der Krieg gegen die Juden, Lucy D. Dawidowicz
Vordenker der Vernichtung, Götz Aly / Susanne Heim
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