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Politischer Widerstand im Dritten Reich
Übersicht:
1. Allgemeines
1.1 Hauptgruppen des politischen Widerstands
1.2 Splittergruppen der linken Parteien
1.3 Allgemeine Probleme des politischen Widerstands
2. Kommunistischer Widerstand
2.1 Ziele
2.2 Methoden
2.3 Probleme
3. Sozialdemokratischer Widerstand
3.1 Ziele
3.2 Methoden
3.3 Probleme
4. Fazit
1. Allgemeines
1.1 Hauptgruppen des politischen Widerstands:
Kommunistische Partei
Deutschlands (KPD)
verboten am 27. Februar 1933 (Begründung: Reichtagsbrand)
Sozialdemokratische Partei
Deutschlands (SPD)
verboten am 22. Juni 1933 (Begründung: Kritik an der NSDAP)
Zentrum, BVP u.a. (Bürgerlich-Konservative)
verboten am 14. Juli 1933 (Begründung: Gleichschaltungsgesetze)
(Der bürgerlich-konservative
Widerstand wird hier nicht behandelt.)
1.2 Splittergruppen der linken Parteien:
Kommunistische Partei
Deutschlands - Opposition (KPO)
rechter Flügel der KPD, 1928 aus der KPD ausgeschlossen
Neu Beginnen
Vereinigung junger Kommunisten und Sozialdemokraten, gegründet 1929
Sozialistische
Arbeiterpartei (SAP)
Vereinigung von Sozialdemokraten und ehemaligen Kommunisten, gegründet 1931
Roter Stoßtrupp
Organisation von kommunistischen und sozialdemokratischen Studenten, Arbeitern
und Arbeitslosen, gegründet 1932
Sozialistische Front
Organisation junger Sozialdemokraten, gegründet Mitte der 30er Jahre
Volksfront
Einheitsorganisation von Sozialdemokraten und Gewerkschaftsfunktionären,
gegründet 1935 (zum Teil auch nicht-linke Mitglieder, daher Volksfront)
Nationalkomitee Freies
Deutschland (NKFD)
sowjetische Organisation zur Unterstützung der deutschen Kommunisten, gegründet
1943
Freies Deutschland
Name mehrerer deutscher Kommunistengruppen, die mit der NKFD sympathisierten
Internationaler
Sozialistischer Kampfbund (ISK)
internationale linke Organisation, drängte auf Vereinigung der Arbeiterbewegung
Rote Kapelle
zunächst von Brüssel, später von Paris aus gelenkte kommunistische Organisation
1.3 Allgemeine Probleme des politischen Widerstands:
die Gefahr durch den
Nationalsozialismus wurde lange Zeit (bis etwa zu den Gleichschaltungsgesetzen
vom 14. Juli 1933) weit unterschätzt; Hauptfehler:
Hitlers 'Mein Kampf' wurde nicht ernstgenommen und als ideologische Theorie abgetan
Nazi-Herrschaft wurde als 'kurzes Zwischenspiel in der Geschichte' eingeschätzt
in der entscheidenden Phase (Januar bis März 1933) bereiteten sich die Parteien auf die Reichtagswahlen am 5. März 1933 vor, anstatt direkt gegen die Nazis zu kämpfen
Gleichschaltungsgesetze = politische Opposition nicht möglich
kein einheitlicher Widerstand, Arbeiterbewegung gespalten
professionelle NS-Propaganda = Bevölkerung hatte kaum Sympathien für den Widerstand
hohe finanzielle Kosten für Propaganda, Verbindungen usw. = Erhöhung der Beiträge = Verlust von Mitgliedern
hohe Gefahr durch Spitzel = extremes Mißtrauen untereinander
Widerstand (auch kritische Außerungen) waren 'Volksverrat', 'Landesverrat', 'Hochverrat', in den Kriegsjahren zum Teil auch 'Wehrmachtzersetzung' = 'Schutzhaft' (KZ), Todesstrafe = Angst, hohe menschliche Verluste
2. Kommunistischer Widerstand
2.1 Ziele:
Kurzfristig: Ende der nationalsozialistischen Herrschaft
Langfristig: Abschaffung der Weimarer Republik durch eine kommunistische Revolution
2.2 Methoden:
Grundsatz: 'Propaganda als Waffe'; keine physische Gewalt, keine Attentate, sondern Appelle an die Vernunft, Aufklärung über den Nationalsozialismus und Widerlegung der NS-Propaganda
Aufteilung in kleine Gruppen ('Drei-Mann-Zellen'), die von der KPD-Führung zentral gesteuert wurden
Massendemonstrationen
Generalstreiks
Vorbereitung auf die Reichtagswahlen am 5. März 1933, um die Nazis auf demokratischem Wege zu bekämpfen (verhindert durch das Parteiverbot)
Aufbau von Kontakten zu Kommunisten im Ausland
Aufteilung des Politbüros in 'Inlandsleitung' (Berlin) und 'Auslandsleitung' (Paris), um den Widerstand auch im Falle einer Zerschlagung der KPD-Zentrale in Deutschland von Paris aus weitersteuern zu können
'Grenzstützpunkte' zum Austausch von Nachrichten und Propaganda mit dem Ausland
spektakuläre Aktionen: rote Fahnen an Schornsteinen, Sprechchöre auf Berliner Hinterhöfen, Straßenumbenennungen, Durchtrennen des Hauptstromkabels bei der Hitler-Rede in Stuttgart
Maifeiern zum Tag der Arbeit (1. Mai), um die Arbeiterschaft zu mobilisieren
überregionale Zeitungen: Aufklärung über NS-Praktiken und Konzentrationslager, praktische Anleitungen zum Widerstand, Tips für das Verhalten vor Gericht usw.
lokale Zeitungen: Karikaturen von Bürgermeistern, Aufrufe zur Teilnahme an KPD-Veranstaltungen, Berichte über den Nationalsozialismus in der jeweiligen Stadt usw.
Flugblätter: Appelle an die Arbeiterschaft, Aufrufe zur Teilnahme an Streiks und Demonstrationen, Bewußtseinsbildung für soziale Ungerechtigkeiten, Auszüge aus dem 'Kommunistischen Manifest', Zitate von Marx, Engels, Lenin usw.
Propaganda in Betrieben, Beeinflussung der Betriebsratswahlen
Verbreitung von Hitler-Witzen, um Hitler lächerlich zu machen
Wiederaufbau von illegalen 'Roten Gewerkschaften'
(Krieg:) Aufbau eines Verbindungsnetzes zwischen Berlin, Rheinland, Moskau und mehreren nord- und westeuropäischen Städten durch Funk, Schiffsverkehr und weibliche Kuriere; 1942 von der Gestapo zerschlagen
(Krieg:) Unterstützung durch das sowjetische 'Nationalkomitee Freies Deutschland'
(Krieg:) Vor-Ort-Unterstützung durch per Fallschirm abgesetzte sowjetische Spezialagenten, nachdem die Rote Armee die deutsche Ostfront überschritten hatte
2.3 Probleme
extrem zentralistische Parteistruktur der KPD = hohes Zerschlagungsrisiko
Autoritätsgehabe der Parteiführung (Ausreiseverbot für KPD-Mitglieder, Ablehnung von Einzelaktionen)
Radikalismus und fehlende Kooperationsbereitschaft mit anderen Widerstandsgruppen ('Sozialfaschismus-These' - sie bezeichnet u.a. die Sozialdemokratie als 'kleinen Bruder des Faschismus')
zu großes Vertrauen in sowjetische Unterstützung = Verwirrung und Enttäuschung über den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt zwischen Hitler und Stalin
Parteiverbot bereits vor den Reichtagswahlen (5. März 1933) = keine Möglichkeit zum parlamentarischen Widerstand gegen Ermächtigungs- und Gleichschaltungsgesetze
3. Sozialdemokratischer Widerstand
3.1 Ziele:
Kurzfristig: Ende der nationalsozialistischen Herrschaft
Langfristig: Wiederherstellung der alten Weimarer Republik
3.2 Methoden:
Gründung einer Sabotage-Organisation in Magdeburg (Straßensperren, Bahnblockaden, Durchtrennen von Telefonleitungen)
Bildung von Fünfergruppen
Funknetz für den Kontakt zwischen SPD-Zentrale und Fünfergruppen bei Telefonausfall
Massendemonstrationen
parlamentarischer Widerstand gegen die Ermächtigungsgesetze
öffentliche Bloßstellung der NSDAP durch eine Reichtagsrede von SPD-Fraktionschef Otto Wels (= Parteiverbot)
Protestdemonstrationen gegen den Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933
Flugblätter und lokale Zeitungen: ausführliche Analysen des Nationalsozialismus, Aufrufe zur Teilnahme an Demonstrationen, Appelle an die Arbeiterschaft
Propaganda in Betrieben, Beeinflussung der Betriebsratswahlen
Bildung von kleineren lokalen Gruppen (getarnt als Sport-, Kegel- oder Musikvereine), die jedoch oft wegen ihrer Naivität und Leichsinnigkeit sehr schnell entdeckt und zerschlagen wurden
'Grenzsekretariate' zum Austausch von Nachrichten und Propaganda mit dem Ausland
Nachrichtendienst mit Kontakt zur ausländischen Presse
Finanzierung durch Spenden von ausländischen sozialdemokratischen Parteien
3.3 Probleme
SPD-Führung verhielt sich die ganze Zeit über passiv, der Widerstand ging ausschließlich von Einzelgruppen aus und wurde nie zentral gesteuert
naives Vertrauen in Weimarer Verfassung und Demokratie
geringe Kooperationsbereitschaft mit der KPD
Zerfall der organisierten SPD praktisch schon Ende 1934 = sozialdemokratischer Widerstand wurden von Splittergruppen weitergeführt
4. Fazit
Leider muß man eindeutig sagen, daß der antifaschistische Widerstand im Dritten
Reich kläglich gescheitert ist. Obwohl die politischen Parteien aufgrund ihrer
organisierten Struktur das höchste Widerstandspotential hatten - ein weitaus
höheres als die zahlreichen privaten Gruppen -, scheiterten sie an ihrer
eigenen Sturheit und Kompromißlosigkeit. Hätten Kommunisten, Sozialdemokraten
und andere Parteien gemeinsam gegen die Nationalsozialisten gearbeitet, anstatt
sich aus Konkurrenz und aufgrund ideologischer Differenzen gegenseitig zu
bekämpfen, so hätte der politische Widerstand im Dritten Reich vermutlich eine
Chance gehabt.
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