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Russlands Haltung zum Krieg im Kosovo
Mit dem Strafbombardement gegen Jugoslawien, das Belgrad zu einem Arrangement mit den Albanern im Kosovo zwingen soll, riskiert die Nato eine gefährliche Eskalation: Der Konflikt droht nun auch die Nachbarländer zu erfassen.
Das Ultimatum an Belgrad war auf 48 Stunden befristet. Verlangt wurde von Serbien die Hinnahme einer 'praktischen Kontrolle' durch fremde Truppen. Das sei 'unvereinbar' mit der Würde eines unabhängigen Staates, schäumte Serbiens Herrscher. Er rief Rußland um Hilfe an.
Moskau leitete die Generalmobilmachung ein und sicherte dem südslawischen Brudervolk seinen Beistand zu. Ein Automatismus wechselseitiger Bündnisverpflichtungen kam in Gang, und binnen zwei Wochen setzte der Funke vom Balkan ganz Europa in Brand.
'Die USA sind ein Scheißhaus, der Sieg wird unser sein', solche derben Parolen riefen vor der amerikanischen Botschaft am Moskauer Gartenring Hunderte vorwiegend junger Russen. Das motorisierte Volk solidarisierte sich im Vorbeifahren mit grellen Hupkonzerten.
Die Nato nahm bei ihren Luftangriffen auf Jugoslawien die dramatische Verschlechterung der Beziehungen des Westens zu Rußland in Kauf. Mit den Worten 'Wir verhökern nicht unsere politischen Prinzipien' ließ Moskaus Ministerpräsident Jewgenij Primakow, unterwegs zu Gesprächen in die USA, in der Nacht zum Mittwoch seine Maschine über dem Atlantik umdrehen und nach Rußland zurückfliegen: US-Vizepräsident Al Gore hatte ihm gerade den Countdown zum Militärschlag mitgeteilt.
Nach den ersten Bombenangriffen machte Präsident Boris Jelzin der 'tiefen Empörung' seines Landes über die Nato- Auf dem Amselfeld. Militäraktion Luft. Dabei kann der politisch zunehmend in Bedrängnis geratene Staatschef ausnahmsweise auf breiten Konsens seiner Landsleute rechnen.
Die Angste vieler Russen vor einer aggressiven Nato, die mit der Aufnahme von Polen, Tschechien und Ungarn jetzt näher an Rußlands Grenze steht, brechen sich unter dem Eindruck der ersten Kriegsbilder aus Jugoslawien stärker Bahn als je zuvor willkommene Wahlkampfmunition für Kommunisten und Nationalpatrioten.
Der clowneske Scharfmacher Wladimir Schirinowski, aber auch KP-Chef Gennadij Sjuganow rufen zur bewaffneten Unterstützung der Serben auf. Nationalpatriotische Organisationen wie der 'Bund der Offiziere' lassen in provisorischen Rekrutierungsbüros bereits Freiwillige für den Kampfeinsatz auf dem Balkan registrieren. Parole: 'Wir und die Serben sind 200 Millionen.'
Für Solidarität mit den 'einsamen Serben' trommelt auch das nationalkommunistische Kampfblatt 'Sawtra', welches Sjuganow häufig als Plattform nutzt, der jetzt ebenfalls zur Gründung proserbischer Solidaritätskomitees aufruft.
Doch das Empfinden, die USA wollten 'die ganze Welt mit Hilfe von Flügelraketen, Disneyland und Einflußagenten' ('Sawtra') beherrschen und zu ihrem Hinterhof machen, ist in Rußland nicht auf Kreise kommunistischer Kader beschränkt. Umfragen Moskauer Tageszeitungen und Rundfunksender brachten nach der zweiten Nato-Angriffswelle kaum eine Handvoll Stimmen zusammen, die das militärische Vorgehen gegen Belgrad billigten.
Die Hoffnung der Allianz, Rußland auch durch militärische Annäherung allmählich zum umgänglichen Kooperationspartner im Osten wandeln zu können, dürfte mit den Bomben auf Serbien für geraume Zeit bedeutungslos werden. Die Russische Föderation hat ihren militärischen Vertreter aus Brüssel abberufen und fürs erste ihre Teilnahme am Nato-Programm 'Partnerschaft für den Frieden' beendet. Die Gespräche über die Errichtung einer Nato-Militärmission in Moskau sind storniert, die Nato-Vertreter wurden nach Hause geschickt.
Außenminister Igor Iwanow drohte sogar, Rußland könne sich demnächst über das Embargo gegen Jugoslawien hinwegsetzen und den Serben Waffen liefern. Alte Feindbilder melden sich prompt zurück: Moskaus Verteidigungsminister Igor Sergejew sieht die Nato auf dem Balkan schon in einem 'Vietnam in Europa' versinken.
Bislang spielt sich der Konflikt auf der Wortebene ab. Eine grundlegende Beschädigung der Beziehungen zum Westen kann sich Rußland nicht leisten. Finanziell ist es schwer angeschlagen, verschuldet und kreditbedürftig und bittet um weitere Unterstüzung beim Internationalen Währungsfonds. Die russische Regierung hofft auf ein baldiges Ende der Kämpfe und eine Wiederaufnahme von Verhandlungen; ihr Premier Primakow sieht aber auch die Gefahr, daß jene seit Gorbatschow geschaffene fragile Ost-West-Partnerschaft aus der Balance kippen kann: 'Wenn die Nato ihren momentanen Kurs beibehält, wird die Welt bald nicht mehr dieselbe sein.'
Ganz gleich, wie schlecht gerüstet Rußland dem selbstbewußten Westen derzeit erscheinen mag: Moskau verfügt über ein immenses Störpotential, das die Operation Allied Forceder Nato erheblich gefährden kann. Heute könnten die Amerikaner den Fehler Österreichs von 1908 wiederholen, ein schwaches Rußland zu übergehen. Die russische Regierung drängt auf ein Treffen der G-8-Staaten, sie fordert ein Ende der Luftangriffe und erhöht den Druck auf Milocevic, die Flüchtlinge zurückkehren zu lassen. Die Deutschen können über den G-8-Vorsitz und die EU-Präsidentschaft diesen Vorschlägen Resonanz geben. Der Westen sollte Rußland als europäische Macht ernst nehmen.
Informationen können besonders in der heutigen Zeit und in einer Kriegssituation eine gefährliche Waffe sein: Spionagesatelliten, russische Abhörposten in Europa, Asien und auf Kuba, auch das Aufklärungsschiff Liman im Mittelmeer begleiten die Nato auf ihren Balkanabenteuern, registrieren Abflüge von Kampfflugzeugen aus Amerika wie aus europäischen Nato-Ländern, hören Gespräche ab und schießen ausgefallene Fotos. Um diese Erkenntnisse an die Serben weiterzufunken, braucht es kaum mehr als einer diskreten Entscheidung des Präsidenten. Für gelegentliche Tips an Belgrad reicht es jedoch schon, wenn Aufklärungsoffiziere auf eigene Faust handeln.
Auch für Boris Jelzin sind Motiv und Wunsch klar: Er muß balancieren zwischen dem Bestreben, die Beziehungen zum Westen keinesfalls abreißen zu lassen, und der Notwendigkeit, den wachsenden Antiamerikanismus der Nationalisten und Kommunisten - denen er bald bei den Wahlen zur Duma gegenübersteht - zu besänftigen. Immer lauter wird die Forderung, den serbischen Brüdern Waffen zu liefern, selbst die beiden Präsidentschaftsanwärter Lebed und Lushkow setzen sich dafür ein.
Mit Blick auf den Westen hat Jelzin erklärt, er werde sich nicht in den Kosovo-Krieg verwickeln lassen, und er hat, was zuvor niemand für möglich gehalten hätte, seinen Ministerpräsidenten Jewgenij Primakow und die beiden wichtigsten Minister nach Belgrad entsandt, um Milocevic auf den Zahn zu fühlen. Mit Blick auf den Osten hat er Kriegsschiffe vom Schwarzen Meer in die Adria verlegt und die Beziehungen zur Nato abgebrochen.
Die Reaktion des Bündnisses auf den Besuch von Primakow ist ganz unverständlich.
Natürlich hat der russische Regierungschef in Belgrad auch in einem sechsstündigen Gespräch nichts Vorzeigbares erreicht, aber immerhin berichtete er danach: 'Wenn die Nato ein Signal erhalten will, dann bekommt sie auch eins - ein positives.' Doch die Nato-Vertreter brauchten nur eine Stunde, um zu erklären, daß sie nur zu ihren festgelegten Bedingungen für Verhandlungen bereit seien. Mit versteinerter Miene verließ der russische Regierungschef, der nach Bonn gekommen war, das Kanzleramt und den ebenfalls versteinerten EU-Ratspräsidenten Gerhard Schröder.
Verhandlungen bereit seien. Mit versteinerter Miene verließ der russische Regierungschef, der nach Bonn gekommen war, das Kanzleramt und den ebenfalls versteinerten EU-Ratspräsidenten Gerhard Schröder.
<!--datum-->Moskau/Bonn/Belgrad/Pristina, 03.
September <!--quelle-->(dpa)
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<!--text-->Das russische Außenministerium hat
am Donnerstag Berichte zurückgewiesen, wonach Moskau möglicherweise im
UNO-Sicherheitsrat einem NATO-Einsatz im Kosovo zustimmen werde.
«Rußland lehnt die gewaltsame Lösung von regionalen Konflikten ab», sagte der
Sprecher des Außenministeriums, Wladimir Rachmanin, am Donnerstag der Deutschen
Presse-Agentur in Moskau.
Dies habe Präsident Boris Jelzin erst am Vortag betont. «Für die gegenwärtigen
Konflikte gibt es keine militärischen Lösungen», sagte Rachmanin. Rußland sei
gegen gewaltsame Konfliktlösungen, «auch im Kosovo».
Scharfe Reaktion aus Rußland: «Nato muß Irrsinn sofort beenden»
Ein Luftangriff der Nato hat nach jugoslawischen Angaben am Freitag die bislang größte Zahl ziviler Opfer seit dem Beginn des Krieges vor sieben Wochen gefordert. Dabei seien mindestens 79 Menschen ums Leben gekommen und 61 verwundet worden. Ein Flüchtlingskonvoi von Kosovo-Albanern sei bei dem Dorf Korisa bei Prizren mit Raketen beschossen worden, meldete die amtliche Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug und andere Medien. Vom Hauptquartier der Allianz in Brüssel war dazu zunächst keine eindeutige Stellungnahme zu erhalten. Nato-Sprecher Jamie Shea sagte, man habe bisher keine Hinweise auf die Beteiligung von Flugzeugen des Bündnisses. Man habe eine Untersuchung eingeleitet.
Zuerst war in den jugoslawischen Angaben von Streubomben die Rede, später meldete das serbische Medienzentrum, der Konvoi sei von lasergesteuerten Raketen getroffen worden. Nach Angaben der örtlichen Polizei gibt es in der Nähe keine militärischen Einrichtungen. Die serbischen Behörden ließen ausländische Journalisten nach Korisa kommen, die dort Dutzende verkohlter Leichen und zerschossener Traktoren sahen.
Das russische Außenministerium verurteilte den Angriff auf Zivilisten scharf. Der Beschuß sei ein weiteres Verbrechen der westlichen Allianz, meldete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf eine Erklärung des Ministeriums in Moskau. «Wir rufen die Strategen der Nato auf, diesen Irrsinn unverzüglich zu beenden», hieß es darin weiter.
Als ein Verbrechen der Nato hat Rußland den nächtlichen Beschuß der Kosovo-Ortschaft Korisa verurteilt. Das Außenministerium in Moskau veröffentlichte eine Erklärung, in der es hieß, Rußland gehe außerdem davon aus, daß von der Nato international geächtete Waffen im Kosovo eingesetzt würden. Damit schloß sich Rußland offensichtlich der jugoslawischen Darstellung an, wonach auf die Ortschaft Streubomben von der Nato abgeworfen worden sein sollen. Die Nato hat eine Prüfung zugesagt, aber zugleich darauf verwiesen, daß in der Nacht auch serbischer Artilleriebeschuß in der Umgebung des Dorfes stattgefunden habe. Die Zahl der Toten bezifferten die serbischen Medien mit mindestens 100.
In der russischen Erklärung hieß es weiter, Moskau habe die Nato wiederholt darauf hingewiesen, daß die Luftangriffe auf Jugoslawien schwerwiegende Konsequenzen haben würden. 'Wir fordern die Nato-Strategen auf, diesen Wahnsinn unverzüglich zu beenden', hieß es in der Veröffentlichung weiter.
Der russische Vermittler Viktor Tschernomyrdin erklärte am Freitag in Moskau, er wolle in der kommenden Woche mit neuen Vorschlägen für eine Lösung des Konflikts nach Belgrad reisen. Einzelheiten des Plans nannte er nicht.
Angesichts der Nato-Luftangriffe gegen Jugoslawien hat das russische Verteidigungsministerium mit der Überarbeitung der Militärdoktrin begonnen. Das sagte heute Verteidigungsminister Sergejew. Präsident Jelzin habe entsprechende Anweisungen gegeben. In den kommenden Monaten seien die größten See-, Luft- und Landmanöver der russischen Streitkräfte der vergangenen Jahre geplant. Sergejew betonte, daß in Zusammenhang mit der Balkan-Krise noch kein Beschluß zur Erhöhung der Kampfbereitschafft der Truppen getroffen worden sei.
In Rußland hat sich der Machtkampf zwischen dem kommunistisch beherrschten Parlament und Präsident Jelzin zugespitzt. Die Duma begann mit der dreitägigen Debatte über ein Amtsenthebungsverfahren gegen Jelzin. Der Kreml warnte daraufhin die Abgeordneten. Die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens würde von Jelzin als «Kriegserklärung» betrachtet. Die Reaktion des Präsidenten könne äußerst unerwartet sein. Erreichen die Abgeordneten die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit, dann wäre das Verfahren in Gang gesetzt.
Moskau - Rußland wird den USA nach eigenen Angaben am Mittwoch neue Vorschläge zur Lösung der Kosovo-Krise unterbreiten. Bei einem Treffen mit dem stellvertretenden US- Außenminister Strobe Talbott in Moskau werde er sie benennen, sagte der russische Jugoslawien-Sonderbeauftragte Viktor Tschernomyrdin am Dienstag nach seiner Rückkehr von Gesprächen mit der chinesischen Regierung in Peking. Die Nachrichtenagentur Interfax zitierte Tschernomyrdin, China könnte sich zur Beteiligung an einer internationalen Kosovo-Friedenstruppe bereiterklären, wenn diese von Belgrad akzeptiert und der UNO organisiert werde.
Zum erstenmal seit Beginn der Nato-Intervention zeichnet sich ein neuer Verhandlungsversuch ab. Der russische Premierminister will am Dienstag in das Kriegsgebiet reisen. In der vergangenen Nacht hat die Nato die bisher massivste Angriffswelle geflogen, Ziele waren auch serbische Bodentruppen.
Der russische Ministerpräsident Jewgenij Primakow wird an diesem Dienstag zu Vermittlungsgesprächen nach Belgrad reisen. Ziel der Reise sei es, das sofortige Ende der Luftangriffe auf Jugoslawien zu erreichen und Wege für eine Lösung der Krise zu suchen, sagte am Montag Regierungssprecher Igor Schtschogolew.
Die Nato begrüßte die Reise Primakows. Nato-Sprecher Harald Bungarten sagte: 'Wir freuen uns, daß Rußland in der Kosovo-Krise wieder eine diplomatische Initiative ergreift.'
Präsident Boris Jelzin habe Primakow einen entsprechenden Auftrag erteilt. Aus Paris war bekannt geworden, daß Staatspräsident Jacques Chirac den russischen Ministerpräsidenten um die Vermittlung gebeten hat.
Mit den bisher offenbar heftigsten Luftangriffen, die erst im Morgengrauen, nach Nato-Angaben ohne eigene Verluste endeten, ging die Allianz voll zur sogenannten Phase 2 des Nato-Plans über. Im Einsatz waren auch wieder vier Tornados der deutschen Luftwaffe. Die zweite Phase sieht vor, mit massiven Schlägen gegen bewegliche Bodenziele weitere Vergeltungsmaßnahmen serbischer Armee- und Polizeieinheiten im Kosovo zu unterbinden.
Mehr als 70 Kampfflugzeuge der Nato bombardierten unter anderem Stützpunkte der militarisierten serbischen Sonderpolizei im Kosovo. Wie in Brüssel verlautete, wurden die Hauptquartiere dieser Einheiten in der Hauptstadt Pristina und weiter südlich in Prizren zerstört. Auch Flughäfen in Zentraljugoslawien wurden attackiert.
Als Reaktion auf die Luftangriffe hat die russische Regierung die Nato aufgefordert, ihr Verbindungsbüro in Moskau zu schließen. Außenminister Iwanow hat dem Militärbündnis Aggression und Völkermord vorgeworfen. Rußland leistet Jugoslawien ab sofort humanitäre Hilfe.
'In Jugoslawien wird gegenwärtig ein doppeltes Vebrechen begangen - die Aggression der Nato gegen einen souveränen Staat und der unverhüllte Genozid an den Völkern Jugoslawiens', wurde Igor Iwanow von den russischen Nachrichtenagenturen zitiert.
Zugleich warf Iwanow der Nato 'offene Unterstützung für die albanischen Separatisten und Terroristen' vor. Damit übernahm Iwanow nach Meinung von Beobachtern den propagandistisch eingefärbten Sprachgebrauch der jugoslawischen und serbischen Führung in Belgrad.
Kurz zuvor war die Nato zum Schließen ihres Verbindungsbüros in Moskau aufgefordert worden. Die entsprechende Aufforderung sei bereits an den Leiter des Nato-Kontaktbüros in der russischen Hauptstadt ergangen, sagte Außenminister Igor Iwanow am Nachmittag. Den Nato-Offizieren wurde nahegelegt, Moskau zu verlassen. Iwanow betonte, daß Rußland gegenwärtig keine Kontakte zur Nato-Führung, auch nicht zum Nato-Generalsekretär Javier Solana, unterhalten werde.
Rußland leistet Jugoslawien auch ab sofort humanitäre Hilfe. Ein entsprechender Beschluß wurde am Freitag in Moskau bei einem Treffen des russischen Präsidenten Boris Jelzin mit mehreren Ministern der russischen Regierung getroffen, teilte Außenminister Igor Iwanow mit. 'Die Regierung hat bereits entsprechende Anweisungen erhalten', sagte er.
Nähere Angaben über die geplanten Lieferungen machte er nicht. Schon am Mittag hatte das russische Rote Kreuz beschlossen, in Jugoslawien humanitäre Hilfe zu leisten.
Zum erstenmal seit Beginn der Nato-Intervention zeichnet sich ein neuer Vermittlungsversuch ab. Der russische Präsident Jelzin schickt seinen Ministerpräsidenten nach Belgrad. Inzwischen sind wieder Kampfjets Richtung Jugoslawien unterwegs, darunter auch Maschinen, die tiefer fliegen und gezielter gegen Bodentruppen vorgehen sollen.
Der russische Ministerpräsident Jewgenij Primakow wird an diesem Dienstag zu Vermittlungsgesprächen nach Belgrad reisen. Ziel der Reise sei es, das sofortige Ende der Luftangriffe auf Jugoslawien zu erreichen und Wege für eine Lösung der Krise zu suchen, sagte am Montag Regierungssprecher Igor Schtschogolew.
Die Nato begrüßte die Reise Primakows. Nato-Sprecher Harald Bungarten sagte: 'Wir freuen uns, daß Rußland in der Kosovo-Krise wieder eine diplomatische Initiative ergreift.'
Präsident Boris Jelzin habe Primakow einen entsprechenden Auftrag erteilt. Aus Paris war bekannt geworden, daß Staatspräsident Jacques Chirac den russischen Ministerpräsidenten um die Vermittlung gebeten hat.
Mit den bisher offenbar heftigsten Luftangriffen, die erst im Morgengrauen, nach Nato-Angaben ohne eigene Verluste endeten, ging die Allianz voll zur sogenannten Phase 2 des Nato-Plans über. Im Einsatz waren auch wieder vier Tornados der deutschen Luftwaffe. Die zweite Phase sieht vor, mit massiven Schlägen gegen bewegliche Bodenziele weitere Vergeltungsmaßnahmen serbischer Armee- und Polizeieinheiten im Kosovo zu unterbinden.
Mehr als 70 Kampfflugzeuge der Nato bombardierten unter anderem Stützpunkte der militarisierten serbischen Sonderpolizei im Kosovo. Wie in Brüssel verlautete, wurden die Hauptquartiere dieser Einheiten in der Hauptstadt Pristina und weiter südlich in Prizren zerstört. Auch Flughäfen in Zentraljugoslawien wurden attackiert.
Die Nato hat am Montag bei ihren Angriffen auf serbische Ziele Antipanzerflugzeuge eingesetzt und damit ein höheres Risiko eigener Verluste in Kauf genommen. Vom Luftwaffenstützpunkt Aviano startete eine Maschine, die tiefer und langsamer fliegt als andere Kampfflugzeuge und direkt gegen Bodentruppen vorgehen kann. Außerdem hoben mehrere Kampfjets in Richtung Jugoslawien ab.
Nach sechs Tagen des Bombardements erhält die Diplomatie wieder eine Chance. Rußlands Regierungschef Primakow versucht zur Stunde, die jugoslawische Führung für eine friedliche Lösung zu gewinnen.
Der russische Ministerpräsident Jewgenij Primakow hat am Dienstag in Belgrad die ersten Vermittlungsgespräche mit Jugoslawiens Präsident Slobodan Milosevic seit Beginn der Nato-Luftangriffe vor einer Woche geführt.
Die Verhandlungen waren am frühen Nachmittag (Ortszeit) noch 'in vollem Gange', berichteten die russischen Agenturen aus Belgrad unter Berufung auf den russischen Regierungssprecher Igor Schtschogolew.
Über den Verlauf der Gespräche in Belgrad lagen keine offiziellen Angaben vor. Wegen der Dauer der Verhandlungen schlossen die russischen Agenturen auf 'schwierige Bedingungen' bei der Suche nach einer Lösung für die Kosovo-Krise.
Primakow war im Auftrag von Präsident Boris Jelzin zu dem Vermittlungsversuch nach Belgrad geflogen. Er wird begleitet von Verteidigungsminister Igor Sergejew und Außenminister Igor Iwanow sowie Geheimdienstchefs. Im Anschluß an die Gespräche in Belgrad wollte Primakow nach Bonn weiterfliegen. Die Nato wußte nichts darüber, daß Primakow eventuell auch nach Brüssel kommen werde.
Indessen wurden der Mission Primakows nur geringe Aussichten auf Erfolg eingeräumt. Es war unbekannt, welches Ziel die russische Delegation verfolgen werde.
Der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, James Rubin, sagte in Washington, er hoffe, die Russen könnten Milosevic dazu bewegen, die Angriffe auf die Kosovo-Albaner einzustellen und das Friedensabkommen von Paris zu unterzeichnen. Die Taktik Milosevics komme 'Verbrechen gegen die Menschlichkeit' gleich. Die jugoslawische Regierung ordnete am Montag abend an, daß Männer im wehrfähigen Alter das Land nicht mehr verlassen dürfen. In der vergangenen Nacht setzte die Nato ihre Angriffe fort und setzte erstmals Kampfflugzeuge ein, die gezielt Bodentruppen und Panzer bekämpfen können.
Jugoslawische Medien meldeten in der Nacht Einschläge von Raketen. Der Belgrader Militärflughafen Batajnica sei von fünf Raketen getroffen worden. Der Flughafen von Podgorica, der Hauptstadt Montenegros, wurde von viermal getroffen. Aus Pancevo, zehn Kilometer nördlich von Belgrad, wurden zwei Explosionen gemeldet. In Pristina schlugen zwei Raketen in Militärkasernen ein. Die Stadt ist seit Montag abend ohne Strom.
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