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Sozialdemokratie in sterreich
Mit dem Zusammenbruch der Revolution von 9 8 scheiterten auch dir Bemühungen des Wiener "Allgemeinen Arbeitervereins , die Lebensverhältnisse der Arbeiter zu verbessern. Die verstärkte Industrialisierung der sechziger Jahre führte zu einer immer größer werdenden Proletarisierung
in den Ballungsgebieten. Erst die liberalen Gesetze der sechziger Jahre, wie z.B.
das Vereins- und Versammlungsgesetz, ermöglichten eine erste politische Betätigung der Arbeiter. Im Dezember 7 entstand der Erste Allgemeine Wiener Arbeiterbildungsverein , die Keimzelle der Sozialdemokratischen Partei Österreichs.
Durch Schaffung von Selbsthilfevereinen, Konsumgenossenschaften und anderen Unterstützungsvereinen milderte die Arbeiterschaft die ärgste Not in ihren Reihen. Es entwickelten sich zwei soziale Richtungen zur Lösung der sozialen Frage:
Staatshilfler" unter Ferdinand Lassalle
forderten Eingreifen des Staates zum Schutze der Arbeiterschaft;
waren für eine Gesamtreform der Gesellschaft;
forderten allgemeines, gleiches, geheimes, direktes Wahlrecht;
Selbsthilfler" unter Hermann Schulze-Delitsch
Arbeiter können auch ohne Staatshilfe Spar- und Konsumvereine sowie Produktionsgenossenschaften gründen;
Lösung der sozialen Frage durch genossenschaftliche Selbsthilfe
lehnten parteipolitische Tätigkeit ab
Die Anhänger Lassalles setzten sich durch und entschieden sich für eine österreichische Arbeiterbewegung internationalen Charakters. Sie verfassten das Manifest an das arbeitende Volk , das zwei Hauptforderungen stellte: das demokratische Prinzip und das allgemeine Wahlrecht. Der damalige Innenminister Karl Giskra lehnte jedoch ab, mit den Delegierten darüber zu verhandeln.
Einige Wochen später wurde ein Arbeiterverbrüderungsfest in Wien verboten.
Im Juli 0 wurden die Arbeiterbildungsvereine mit schon 4 0 Mitgliedern verboten. Arbeiterführer und Mitglieder wurden des Hochverrats angeklagt.
Mit dem großen Bankenkrach von 3 begann eine schwere Wirtschaftskrise
mit 35 00 Arbeitslosen allein in Wien. Am Tiefpunkt angelangt, wurde der Ruf der Arbeiter nach einem Einigungskongress immer stärker. Er fand schließlich
in Neudörfl statt, das damals zu Ungarn gehörte.
An diesem Gründungskongress der österreichischen Sozialdemokratie am und 6. April 1 74 nahmen 4 Delegierte als Vertreter von 0 Arbeitern teil. Ein Parteiprogramm wurde ausgearbeitet und durch die Wiener Neustädter Zeitung "Gleichheit" veröffentlicht.
Diese Zeitung erschien zum ersten Mal am . April 4 mit dem Untertitel
Organ der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Österreich". Ein Auszug aus dem Parteiprogramm:
"Die österreichische Arbeiterpartei erstrebt in Anschluss an die Arbeiterbewegung aller Länder die Befreiung des arbeitenden Volkes von der Lohnarbeit und der Klassenherrschaft durch Abschaffung der modernen privatkapitalistischen Produktionsweise. Sie erstrebt an deren Stelle die gemeinschaftliche, staatlich organisierte Produktion der Güter."
GRUNDSATZE:
Selbstbestimmungsrecht der Völker
gemeinsames Streben nach materieller Befreiung brüderliches Zusammenwirken
FORDERUNGEN:
allgemeines, gleiches, direktes Wahlrecht ab dem 20. Lebensjahr Presse-, Vereins-, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit Trennung der Kirche vom Staat und der Schule von der Kirche Obligatorischer Unterricht in den Volksschulen
Unentgeltlicher Unterricht in öffentlichen Lehranstalten Errichtung der Volkswehr statt der stehenden Heere Unabhängigkeit der Richter, unentgeltliche Gerichtsverfahren Einführung des Normalarbeitstages, Abschaffung der Kinderarbeit Abschaffung indirekter Steuern
Einführung einer einzigen, direkten Einkommenssteuer
Staatliche Förderung des freien Genossenschaftswesens
Nach dem Neudörfler Parteitag erfolgten Verhaftungen der Arbeiterführer und die Auflösung der Arbeiterbildungsvereine, was den erst begonnenen Parteiaufbau stark hemmte. Erst Mitte der achtziger Jahre trat VIKTOR ADLER mit der österreichischen Sozialdemokratie in Verbindung.
Viktor Adler wurde 18 2 in Prag in eine gutbürgerliche Familie geboren, die bald nach Wien übersiedelte. Er studierte Medizin und kam als junger Arzt Ende der siebziger Jahre mit der Not vieler Arbeiterfamilien in Berührung. Politisch frühzeitig für liberale Strömungen interessiert, gehörte er dem Deutschnationalen Verein an, schied aber 18 5 aus dieser Bewegung aus, als diese einen antisemitischen Weg einschlug. Nun wandte er sich der Sozialdemokratie zu.
Auf dem Hainfelder Parteitag gelang Viktor Adler die Einigung der sozialistischen Richtungen. Er fand vom 0 8 bis zum 8 9 statt.
110 Delegierte aus allen Kronländern nahmen die von Viktor Adler verfasste
Prinzipienerklärung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs" an.
Diese Erklärung beinhaltete das Streben der Arbeiterpartei, das Volk von rassen-, nations- und geschlechtsbedingten Nachteilen sowie den Fesseln der ökonomischen Abhängigkeit zu befreien. Anstatt des zur damaligen Zeit herrschenden Einzelbesitzes an Produktionsmitteln sei der bergang der Arbeitsmittel in den gemeinschaftlichen Besitz der Gesamtheit anzustreben. Nur dieser Vorgang könne die Arbeiterklasse aus der Sklaverei der
Kapitalistenklasse befreien.
Somit sei das eigentliche Programm der Sozialdemokraten, das Proletariat politisch zu organisieren und es geistig und physisch kampffähig zu machen. Zu den Forderungen gehörten
die Beseitigung aller Fesseln der freien Meinungsäußerung
das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht
ein lückenloses und ehrliches Arbeiterschutzgesetz
unentgeltlicher Unterricht
Trennung von Staat und Kirche
Erklärung der Religion als Privatsache eines jeden
Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei war geboren und nach ersten Wahlerfolgen im Jahre , die der Partei 4 Mandate im Abgeordnetenhaus einbrachten, wurde 8 9 das Brünner Programm veröffentlicht, das die Umbildung der Monarchie in einen demokratischen Bundesstaat autonomer Völker forderte, wie es schon der junge Jurist Karl Renner in seinen verschiedenen Schriften immer wieder vorgeschlagen hatte.
Nach der Einführung des allgemeinen Wahlrechts wurden die Sozialdemokraten
mit 87 Mandaten bereits zweitstärkste Fraktion im Reichsrat.
Das weitere Wachstum wurde jedoch durch harte Nationalitätenkämpfe in den Jahren 7 bis 1 gehemmt, die zur Spaltung der Sozialdemokratie führten. Während des zweiten Weltkriegs gewann die revolutionäre "Linke", die sich um den Verein "Karl Marx" bildete, an Einfluss und setzte sich für das Selbstbestimmungsrecht der Nationen und den sofortigen Friedensschluss ein. Am . Oktober 8 nimmt die Provisorische Nationalversammlung" die
vom Sozialdemokraten Karl Renner ausgearbeitete Provisorische Verfassung"
an; am . November 8 wird die Republik "Deutsch-Österreich" ausgerufen.
In der Zeit zwischen dem . Und . Weltkrieg werden die Sozialdemokraten zur stärksten Partei und schließen eine Koalition mit den Christlich-Sozialen und führen unter anderem den 8 Stunden-Tag ein, was die Situation der Arbeiter verbessert.
Im Jahre 7 schießen in Schattendorf Frontkämpfer auf die Schutzbündler der
Sozialdemokraten. Die Attentäter unter den Frontkämpfern werden jedoch später freigesprochen, was zu einem Aufstand der Arbeiterschaft führt. Der Justizpalast wird in Brand gesteckt; bei Zusammenstößen mit der Polizei werden 5 Menschen getötet und 0 verletzt.
Am 18. Mai 9 0 werden die Heimwehren gezwungen, sich im "Korneuburger Eid" zum Faschismus zu bekennen. Danach, im Jahre , schaltet Kanzler Dollfuß das Parlament aus und proklamiert die autoritäre Führung der Staatsgeschäfte.
Am 12. Februar 4 dringen Polizeibeamte in das Linzer Parteiheim der
Schutzbündler ein, die sich zu Wehr setzen. Ein neuerlicher Aufstand gegen den Faschismus bricht los. In Wien wird der Karl-Marx-Hof vom Bundesheer beschossen. Nachdem der Aufstand brutal niedergeschlagen worden war, wird die Sozialdemokratie verboten und ihre Führung großteils verhaftet.
Am 12. März 8 marschiert Hitler in Österreich ein und verkündet den
Anschluss.
Beginn des Zweiten Weltkriegs am . September 9 9.
Nach dem . Weltkrieg beginnt eine Ara des Wiederaufbaus und Wirtschaftswunders, in der Politiker ber Parteigrenzen hinweg gemeinsam für Wohlstand und Österreichs Souveränität arbeiten.
Am 27.April wird die Provisorische österreichische Staatsregierung" durch Karl Renner und Leopold Kunschak ausgerufen. Die Republik ist wiederhergestellt.
Auch die SPÖ wird im April 1 45 neu gegründet. Neuer Bundespräsident wird
Karl Renner und neuer Parteivorsitzender Adolf Schärf.
Nach dem Tod Karl Renners im Dezember 9 0 wird Theodor Körner neuer
Bundespräsident.
Am 15. Mai 9 5 erhält Österreich mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages seine volle Souveränität wieder.
Am 1.Jänner 6 tritt das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz in Kraft, ein
großes Ereignis zugunsten der Arbeiterschaft.
Im Mai 7 wird Bruno Pittermann neuer Parteivorsitzender. Im Mai 5 wird Franz Jonas zum Bundespräsidenten gewählt. Ein Jahr danach, im April 1 66 scheidet die SPÖ nach 1 Jahren der
Zusammenarbeit mit der ÖVP aus der Regierung aus, was sie aber keinesfalls schwächt. Mit dem neuen Parteivorsitzenden Bruno Kreisky (ab ) gelingt der SPÖ im Jahre 0 der Wahlsieg mit einer relativen Mehrheit.
Bruno Kreisky wird in der Aufbruchsphase der siebziger Jahre für eine ganze
Generation zum Symbol der Modernisierung und Weltoffenheit.
Eine international schlechte wirtschaftliche Lage führt in Österreich zu
Modernisierungen und wirtschaftlichen Reformen.
Im Juni 4 wird Rudolf Kirchschläger Bundespräsident. Ab 5 tritt die 0-Stunden-Woche in Kraft.
Nach weiteren Wahlsiegen und Ausbau der absoluten Mehrheit bildet der neue Bundeskanzler Alfred Sinowatz im April 3 eine Koalitionsregierung mit der FPÖ. Im selben Jahr wird Sinowatz noch zum Parteivorsitzenden.
Am 1 . Juni 1 86 wird Franz Vranitzky Bundeskanzler.
Nach der Wahl von Jörg Haider zum FPÖ-Obmann löst Vranitzky die "Kleine
Koalition" zwischen SPÖ und FPÖ auf.
Im Jänner 7 kommt es wieder zur "Großen Koalition" zwischen SPÖ und
ÖVP.
Am 1 . Mai 9 8 wird Vranitzky zum neuen Parteivorsitzenden.
1990 stirbt Bruno Kreisky.
Ab 1991 heißt die SPÖ Sozialdemokratische Partei Österreichs" statt
"Sozialistische Partei Österreichs".
Im Juni 994 stimmen 6 Prozent der Bevölkerung für den von der SPÖ
befürworteten Beitritt zur EU, der 5 verwirklicht wird.
Im Jänner 7 tritt Franz Vranitzky als Bundeskanzler zurück, dessen
Nachfolger in beiden Amtern Finanzminister Viktor Klima wird.
99 Bertold Wöss
Quellen:
SPÖ-Archiv @ https://www.spoe.at/archiv/
Lehrbuch "NEUZEIT", Verlag Ferdinand Hirt, ISBN 3 7019 205 8
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