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Marketingforschung im Internet
Als Marketingforschung oder Absatzforschung bezeichnet man die Gewinnung und Analyse von Informationen unternehmensinterner und -externer Herkunft, die zur Lösung von Marketingproblemen beitragen, indem sie die Erarbeitung, Implementierung und Kontrolle von Marketingkonzeptionen ermöglichen
Dieser Absatz behandelt nicht die Anpassungen klassischer Marketingforschungsmethoden an die Erfordernisse des Internet (wie beispielsweise die Besonderheiten einer per E-Mail statt per Post durchgeführten Umfrage), sondern lediglich die neuen Testfelder, die durch die Kommunikationsformen des Internet ermöglicht werden. Dabei sind die Sammlung von Daten, auf deren Basis Marketingstrategien entworfen und implementiert werden, sowie die Wirkungskontrolle internetinterner Werbeformen die bislang wichtigsten Anwendungsfelder der Marketingforschung im Internet.
1 Datensammlung über Nutzer und Käufer
Wie bereits bezüglich der Produktpolitik im Abschnitt 3.5.1.2 angedeutet wurde, kann das Internet effektiv zur Sammlung von Primärdaten über Nutzer und Käufer genutzt werden, welche es Unternehmen ermöglichen, sich auf den Bedarf und die Interessen ihrer Klientel einzustellen. So können allgemeine soziologische, sozioökonomische und psychografische Käufer- oder Nutzermerkmale von Unternehmen mit Hilfe des Internet auf verschiedenen Wegen in Erfahrung gebracht werden. Eine verbreitete Praxis ist das Anbringen von Fragebögen im WWW. 18% der WWW-Sites deutscher Unternehmen nutzen diese Möglichkeit
Die Teilnehmer wählen sich in diesem Fall selbst aus, sie haben durch das Anwählen des WWW-Angebots und durch die Teilnahme an der Befragung ihr Interesse an dem Anbieter bezeugt. Aufgrund dieser Selbstauswahl und der momentanen Zusammensetzung der Internetnutzerschaft aus überdurchschnittlich technisch interessierten, überdurchschnittlich gut verdienenden und gebildeten Personen ist eine Repräsentativität für die Konsumentenallgemeinheit bei dieser Umfrageform nicht gegeben . Dafür können jedoch Stimmungen und Meinungen von Personen erfragt werden, die sich besonders für den jeweiligen Anbieter interessieren. Diese Möglichkeit nutzt beispielsweise der Eishersteller Langnese, der im Internet Meinungsumfragen über die Geschmacksnoten seiner Produkte durchführt[MH1]
Allerdings liefern solche Umfragen keine verläßlichen demografischen Grunddaten, weil diese nicht kontrollierbar sind . Zwar ist es möglich, die Bereitschaft zur Auskunft zu erhöhen, indem der Zugang zu bestimmten Angeboten nur Nutzern erlaubt wird, die Fragebögen ausfüllen, doch der Wahrheitsgehalt dieser Angaben kann nicht nachgeprüft werden. Außerdem bringt diese neue Möglichkeit der Datenerhebung eventuell Konflikte mit dem Datenschutz mit sich, der die Privatsphäre der Bürger gewährleisten soll. So ist es strittig, ob die im Bundesdatenschutzgesetz geforderte Einwilligung der Person, deren Daten erhoben werden, aufgrund des Ausfüllens des Fragebogens vorausgesetzt werden kann
Auch belohnende Werbung wie das bereits erwähnt Cybergold oder in Deutschland MediaTransfer (URL: https://www.mediatransfer.de) dient der Erhebung von Daten über Konsumentenpräferenzen. Cybergold und MediaTransfer arbeiten prinzipiell ähnlich: Sie werben Internetnutzer durch das Versprechen an, sie für das Betrachten und Bewerten von Internetwerbung zu bezahlen. Die Testpersonen müssen daraufhin Angaben zur Person wie Alter, Geschlecht und Beruf angeben. Wenn sie Anzeigen lange genug studiert, Fragen zum Inhalt beantwortet und ihr Urteil abgegeben haben, werden sie durch eine digitale Währung (bei Cybergold) oder einen Gutschein (bei MediaTransfer) bezahlt bzw. belohnt. Es läßt sich leicht ermitteln, welche Personengruppen auf welche Werbemittel wie reagieren. Zusätzlich werden natürlich die Testpersonen effektiv beworben, da ja kontrolliert wird, wie aufmerksam sie die Werbung betrachten.
Des weiteren kann jeder Anbieter einer WWW-Page sich von seinem Provider Zugriffsprotokolle erstellen lassen, aus denen ersichtlich ist, welcher Host wann welche Seite wie lange betrachtet hat. Während die Angabe des Hosts bei Nutzern von Firmen-, Universitäts- oder Internetcafézugängen nichts oder wenig über den Nutzer aussagt , kann sie bei Personen, die ihren privaten Internetzugang nutzen, eventuell die Erstellung von Bewegungsprofilen ermöglichen und somit persönliche Vorlieben verraten. Auch diese technisch mögliche Erfassung und Verwendung der benutzerbezogenen Daten (z.B. darüber, welche WWW-Seiten abgerufen wurden oder welche Käufe getätigt wurden) kann eventuell in Konflikt mit Daten- und Verbraucherschutzregelungen stehen, was bislang jedoch noch nicht endgültig geklärt ist
Auch das Usenet wird zu Marketingforschungszwecken genutzt, was angesichts der Art der Nutzung dieses Dienstes zu Werbezwecken (vergleiche Abschnitt 3.3.2.2) nahe liegt. Dabei können Softbots oder Knowbots genannte Programme dem Unternehmen helfen, Diskussionsgruppen zu für sie interessanten Themen zu finden . Dort können anschließend Befragungen durchgeführt werden. Entgegen den Empfehlungen von Marketingforschern wird den Befragten allerdings häufig der Grund der Befragung verschwiegen ("verdeckte Umfragen"), was einen groben Verstoß gegen die Netiquette darstellt . Ein Joggingschuhhersteller fragte beispielsweise in einschlägigen Newsgruppen verdeckt nach Meinungen über eine Schuhform . Neben dieser Sammlung von Primärdaten ist es auch möglich, archivierte Diskussionsbeiträge als Sekundärquellen zu nutzen oder aus diesen gar E-Mail-Adressen zu sammeln, um deren Inhaber zu Marketingforschungszwecken zu befragen (wobei letzteres ebenfalls einen groben Verstoß gegen die Netiquette darstellt).
2 Wirkungskontrolle internetinterner Werbeformen
Die neuen Techniken des Internet ermöglichen durch spezielle Software auch präzise Auswertungen der Effizienz von Web-Seiten innerhalb der WWW-Sites von Unternehmen. Server können unter anderem registrieren, wie viele Nutzer welche Seiten aufrufen, wie lange ihre Sitzungen dauern, von welchen Sites aus sie das Angebot fanden und welche Kombinationen von Informationen sich als besonders populär erweisen . So ist es innerhalb kurzer Zeit möglich, WWW-Angebote der Nachfrage der Nutzer anzupassen, was allerdings auch bedeutet, daß die Vorlieben der einzelnen Nutzer dem Unternehmen bekannt sind.
Auch die Effizienz der WWW-Werbeformen kann mittels Software erforscht werden. So werden bereits seit langem die Zugriffe auf WWW-Seiten (Hitcount), die Anzahl der verschiedenen Nutzer, die eine Site besuchen (Visit) und die Anzahl der Klicks auf Werbebanner (Ad-Click) gezählt. Dabei stellen sich jedoch zur Zeit noch verschiedene Probleme:
- Bezüglich der Maßeinheiten, die Werbewirkungen im WWW messen, besteht noch keine Standardisierung . So existieren verschiedene Definitionen für die Größen Hit, User, Visit und Page View (Sichtkontakt der Seite) . Das hängt damit zusammen, daß verschiedene Verbände eigene Zählungsstandards setzen. In Deutschland beispielsweise arbeiten mit dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, dem Deutschen Multi-Media Verband und der Nürnberger Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung drei Institutionen an eigenen Werbemessungsmethoden
- Es existieren verschiedene technische Probleme, die die Vergleichbarkeit von Daten erschweren. So besteht das bereits erwähnte Problem, daß hinter einem Host viele verschiedene Nutzer stecken können. Auch kann von einem Page-View, also dem Betrachten einer WWW-Seite, nicht automatisch auf einen Ad-View, also das Betrachten einer Banneranzeige geschlossen werden, weil die Banner sich auf einem Teil der Seite befinden können, die nicht auf dem Bildschirm dargestellt wird oder von Nutzer durch spezielle Programme unsichtbar gemacht werden können
- Die in der Praxis angewandten Methoden orientieren sich an massenmedialer Werbung und lassen damit die interaktive Qualität des WWW außer acht. Die weitaus meisten Anzeigenpreise richten sich nach einem fixen Flächenpreis für einen Banner oder einem Tausend-Kontakte-Preis, also Zahlungsmodellen, die aus den Massenmedien übernommen wurden. Nur wenige Werbeträger nutzen klickorientierte Zahlungssysteme, bei denen der Werbetreibende nur für die Kontakte mit Nutzern zahlt, die sich tatsächlich für sein Angebot interessieren, was durch Anklicken des Banners belegt wird. Dabei liegt hierin eine neue Qualität, ist doch das Internet das erste kommerzielle Medium, das die Messung von Konsumentenreaktion ermöglicht, statt sie lediglich zu prognostizieren . Ein sich von der massenmedialen Werbemessung noch weiter entfernendes System ist das Associates Program, das der Internetbuchhandel Amazon (URL: https://www.amazon.com) mit 300 Werbeträgern praktiziert. Die Werbeträger (Associates) werben mittels Bannern für Bücher, die Amazon verkauft. Erst wenn ein Nutzer, der von ihrer Site aus Amazon besucht, auch tatsächlich ein Buch kauft, erhalten die Werbeträger vom Händler eine Gegenleistung, die jedoch bis zu 8% des Verkaufspreises des Buches beträgt
Hoffman/Novak rechnen damit, daß die interaktiven Werbeformen sich durchsetzen werden und nach Überwindung der oben genannten Probleme sogar noch effektiver werden, weil sie die Erfassung und Verknüpfung vieler verschiedener für den Kauf einer Ware relevanter Daten ermöglichen . Dadurch würden Werbetreibende nicht mehr für das Präsentieren von Werbebotschaften für ein Massenpublikum nach Tausend-Kontakt-Preisen bezahlt, sondern an dem tatsächlichen, meßbaren Erfolg der Werbemaßnahmen, die einige wenige Beworbene zum Kauf führten, am Gewinn beteiligt. Allerdings stellt die Verknüpfung von Nutzerdaten über mehrere Websites hinweg ähnlich wie die in Absatz 1 beschriebene Verwendung von Nutzerdaten eine datenschutzrechtliche Problematik dar, die noch nicht endgültig geklärt ist.
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