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Der Adel in der gotischen Plastik
Die Gesellschaft in der Zeit der Gotik orientierte sich am Leben und an den Gebräuchen der adligen Oberschicht, sowie an den hochgeachteten ritterlichen Idealen des Mittelalters. Das
alltägliche Leben wurde außerdem durch tiefe Religiosität bestimmt. All diese Faktoren wirkten sich auch auf die Kunst jener Zeit, besonders aber auf die Bildhauerei aus.
Die Figuren wurden auf Säulen in besonderer Weise angeordnet, in 'Gotischer Reihung'. Hierbei band man die Statuen direkt in die Architektur der Gebäude ein (vertikale Ausrichtung an den Wänden von Kathedralen oder Kirchen). Man sah es sogar als selbstverständlich an, den Adligen bei ihrer Darstellung Schwert und Schild als Standeszeichen beizugeben. Ein weiteres Merkmal der Skulpturen war der 'gotische S-
Schwung , der in Körperhaltung und Faltenwurf verwirklicht wurde. Er bewirkte eine Balance zwischen weltlichem Leben und Entsagung, dem Diesseits und Jenseits, zwischen Individuum und Typus. Durch diesen Kunstgriff nahm man den Figuren ihre Strenge und machte einen individuellen Charakter sichtbar.
Reiterfigur (1237)
Detailrealismus der Spätgotik
Als Spätgotik wird die Periode um 1500 bezeichnet, in der es zu einem Umbruch zur Renaissance kam. Die Gesellschaft jener Zeit war geprägt von einer Gratwanderung zwischen Religiosität und Wissensdrang, einer kirchlich bestimmten Zurückhaltung und dem Drang, Neues zu entdecken.
Ein Vorreiter dieses Denkens war Tilman Riemenschneider. Er begründete eine vollkommen neuen Stil, indem er farblose Figuren auf farblosen Hintergrund stellte, um alleine seine Holzschnitzerkunst wirken zu lassen. Details wie Augen, Lippen und Falten kolorierte er auf sanfte Art und Weise, anstatt sie wie bis dahin in kräftigen Farben auszuarbeiten. Als entscheidenden Schritt trug er am Ende eine farblose Lasur auf, die Unterschiede im Holz kaschierte und es konservierte. Man nennt den dadurch erreichten Effekt 'monochrome Fassung'. Durch den reflektierten Lichtschein (unbehandeltes Holz
schluckt das Licht) strahlten die Figuren wie aus dem Inneren und wirkten überirdisch.
Im Gegensatz zur Gotik, die jeder Figur einen festen Platz im kirchlichen Weltbild zuwies, wurden in der Spätgotik auch weltliche, unwürdige Dinge dargestellt.
Garstige Alte, um 1500
Der Akt in der Renaissance
Renaissance hieß diese Zeit deshalb, weil man sich auf die antike Kunst der Griechen und Römer zurückbesann und Figuren aus der Mythologie darstellte. (Renaissance = Wiedergeburt). Neues Interesse am menschlichen Körper wurde wieder geweckt, nachdem dieser bis dahin durch die Kirche verpönt worden war. Die Künstler wurden immer mehr zu Wissenschaftlern und verfassten Studien und Lehrbücher zur Anatomie.
Michelangelo: David (1504)
Berühmt wurden vor allem die beiden vollkommen unterschiedlichen Darstellungen des jungen Königs David, der über den Riesen Goliath gesiegt hatte.
Michelangelo schuf seine 'David'-Skulptur aus einem von allen anderen als 'verdorben' angesehenen Marmorblock und unterstützte damit die Vorstellung von Künstler als Genie. Sie wurde zum Sinnbild für Asthetik und stand am Ende einer langen Entwicklung der Darstellung des menschlichen Körpers.
Donatello hingegen stellte David als einen Jüngling mit schmaler Brust dar. Er entspricht damit in keinem Fall dem altgriechischen athletischen Ideal, und besitzt dennoch eine bis dahin nie erreichte Ausdruckskraft.
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