Die Schaubühne als moralische Anstalt betrachtet
1. Hintergründe
- Vorgelesen bei einer
öffentlichen Sitzung der kurfürstlichen deutschen Gesellschaft zu Mannheim
im Jahr 1784
- In den Jahren 1783-1785 bemühte
sich Schiller vergeblich, die Mannheimer Bühne zu einem Nationaltheater zu
machen und eine Mannheimer Dramaturgie herauszugeben
- Deshalb brachte er das Stück
"Die Schaubühne als moralische Anstalt betrachtet heraus"
- Dabei hoffte er auf die
Mitwirkung des deutschen Volkes, was ihm aber dennoch nicht geling.
- Mit dem Text wendet sich
Schiller gegen die herrschende Geringschätzung der Schauspielkunst und
beschreibt dann die Probleme, welche gelöst werden sollten.
2. Was
kann nach Auffassung Schillers die Bühne?
- Die niederdrückenden Geschäfte
des Berufs und der tägliche Stress der Arbeit stehen im Widerspruch mit
der menschlichen Natur
- Deshalb muss eine Harmonie
zwischen beiden Enden gefunden werden
- Und das kann nach Schillers
Auffassung der ästhetische Sinn oder das Gefühl für das Schöne, also die
Bühne
- Diesen Umstand sollte seiner
Meinung nach ein weiser Gesetzgeber nutzen
- Er kann die Schaubühne als
Stütze seiner Politik nutzen um höhere Ziele zu erreichen, denn die Bühne
übernimmt einen Teil der Bildung des Verstandes und des Herzens und vereinigt
das mit guter Unterhaltung.
- Sie kann die Meinung über die
Nation und Regierung zurechtweisen und spricht somit symbolisch stellvertretend
für die Regierung zu den Untertanen
- Einer andere Stütze des Staates
ist die Religion, welche den sittlichen Einfluss auf die Bühne nimmt und
somit die Gesetze und Forderungen des Staates unterstützt
- Die Religion selber hat eine
sehr große Bedeutung und übt eine große Gewalt auf das menschliche Herz
aus.
- Und doch ist sie nach Schillers
Auffassung ein Gemälde der Phantasie, welches mit Hilfe der Schaubühne den
Menschen anschaulich rübergebracht werden kann und somit die christlichen
Lehren anschaulich an den Menschen vorübergehen können
- Die Gerichtsbarkeit der Bühne
fängt da an, wo das Gebiet der weltlichen Gerichte endet
- Denn die weltliche
Gerichtsbarkeit wird von Geld und dem Arm der Obrigkeit beeinflusst, doch
die Schaubühne kann selbst nach Jahren noch über Übeltäter richten und den
Menschen ein anschauliches Bild geben, was diejenigen verbrochen haben und
somit wird den Zuschauern eine Lehre erteilt.
- Die Schaubühne kann viel besser
die Regeln des sittlichen Lebens weiterverbreiten, als es Gesetze und
Moral tun, denn sie kann die Probleme sichtbar darstellen
- Die Bühne unterstützt die
weltliche Gerechtigkeit indem sie die Laster straft und die Tugenden
hervorhebt.
- Diese schwere Aufgabe kleidet
die Bühne in ein reizendes, lockendes Gewand.
- Das Theater kann die Probleme
des Menschen an den Wurzeln bekämpfen denn oftmals hängen die größten
menschlichen Sorgen von kleinen Dingen ab und müssen dort bekämpft werden.
- Die Schaubühne kann den Menschen
den Spiegel vorhalten, damit sie sich wieder so sehen wie sie wirklich
sind und sich nicht als was Besseres ansehen als es in Wahrheit ist.
- Dabei benutzt sie Mittel wie
Scherz und Satire
- Bei den Lehren, die die
Schaubühne verbreitet greift sie die Menschen nicht direkt an, sondern
gibt sanfte Ermahnungen die eigenen Schwächen abzustellen.
- Die Schaubühne besitzt einen
sehr großen Wirkungskreis und ist mehr als jede öffentliche
Bildungseinrichtung im Staat.
- Schiller bezeichnet die
Schaubühne als einen Wegweiser durch das bürgerliche Leben und sie ist ein
unfehlbarer Schlüssel zu den geheimsten Zugängen der menschlichen Seele
- Natürlich ist sie auch nicht das
Allheilmittel, denn es gibt noch genug Menschen, die trotz der guten
Lehren der Schaubühne trotzdem sich falsch verhalten und sich kaum
beeinflussen lassen.
- Trotzdem zeigt sie den Menschen
zumindest auf, was richtig und was falsch ist, aber ob man den Lehren
folgt, dass ist immer noch die Sache jedes Einzelnen
- Das Theater verrät den Menschen
anderes Übel unschädlich zu machen und auf die schlechten Taten anderer zu
reagieren
- Die Bühne macht die Menschen auf
Schicksale aufmerksam und lehrt uns sie zu ertragen. à Sie führt Szenen menschlicher Leiden
vor und beschenkt den Zuschauern mit Gefühlen wie Trauer und Freude
- Außerdem lehrt die Bühne
gerechter gegenüber Unterdrückten zu sein und lehrt nachsichtvoller über
sie zu richten. Denn nur wenn man wirklich die Umstände kennt, darf man
wenn überhaupt über jemanden richten.
- Sie deckt die Handlungsweisen
des Menschen auf und lehrt was ein Mensch überhaupt ist
- Außerdem ist sie für die
sittliche Bildung und die Aufklärung des Verstandes verantwortlich
- Sie ist der gemeinschaftliche
Kanal, von dem aus das Wissen der gebildeten Teile des Volkes sich auf die
anderen Teile des Volkes verbreitet
- Toleranz gegenüber anderen
Religionen und ethnischen Gruppen lehrt den Menschen die Bühne und somit
kann sie die falsche Erziehung der Menschen berichtigen.
- Die Schaubühne kann eine
Übereinstimmung der Meinungen und Neigungen eines Volkes erringen, denn
sie durchwandert das ganze Gebiet des menschlichen Wissens.
- Die Bühne bezieht sich auf das
ganze Volk und sie vereinigt alle Stände und Klassen in sich und hat
direkten Einfluss auf den Geist und Verstand
- Wenn auch bei der
Schauspielkunst alle Dichter sich vereinigen würden um eine Nationalbühne
zu errichten, dann würde sich auch eine Nation bilden
- Er begründet seine Aussagen
indem er sich auf die Schauspielkunst der alten Griechen bezieht, denn die
Bühne zu der Zeit beinhaltete vaterländische Inhalte und was somit das
Volk zusammenkettete
- Die Bühne hat einen viel höheren
Standpunkt als wie sie allgemeine Meinung im Volk, dass sie nur zur
Ergötzung diene
- Die Schaubühne sei die Stiftung,
wo sich Vergnügen mit Unterricht, Ruhe mit Anstrengung, wo kein Vergnügen
zu Unkosten des anderen genossen wird und wo die Lasten des Lebens die
Menschen erdrücken, da empfängt die Menschen die Bühne.
- Sie regt die verborgenen
Leidenschaften und Empfindungen an und ist in der Lage einen Menschen zu
verändern, damit er wieder ein Mensch wird
3.
Vergleich zu Shakespeares Ansichten, die er in Hamlet äußern lässt
- Shakespeare lässt Hamlet äußern,
dass das Theater immer noch ein Theater bleiben soll.
- Er sagt zum Beispiel, dass der
Narr einem zum lachen bringen soll, der Launige seine Rolle in Frieden
endigen und der Liebhaber solle nicht unendgeldlich seufzen
- Daran wird deutlich, dass das
Theater der Unterhaltung dient und seinen Zweck erfüllen soll
- Shakespeare ist es egal, ob die
Einheit des Ortes stimmt oder nicht
- Eine Tragödie kann nicht zu
traurig und eine Komödie nicht zu lustig sein
- Es wird Wert auf die Darbietung
eines Theaterstückes gelegt.
- "Du wirst doch hoffentlich nicht
in den Bart murmeln?" (II/2)
- "Gebe Gott, dass Eure Stimme
nicht wie ein abgenutztes Goldstück den hellen Klang verloren haben mag" (II/2)
- Seiner Meinung nach sind sehr
gute und mit Verstand geschriebene Stücke meist nicht für das Volk zu
gebrauchen.
- Hamlet nannte es ein
"vortreffliches Stück, in seinen Szenen wohl geordnet und mit ebenso viel
Mäßigung als Verstand abgefasst" (II/2)
- Dann sagte er aber, dass es
"Kaviar für das Volk wäre" (II/2)
- Schauspieler und somit auch die
Schaubühne ist der Spiegel des Zeitalters. à Das ist ähnlich wie bei Schiller, denn
die Schaubühne hält auch historische Ereignisse fest und kann auch nach
Jahren noch über sie richten
- Schauspieler haben einen sehr
hohen Stellenwert und verdienen besonders viel Hochachtung
- An einer anderen wichtigen
Textstelle Hamlets verdeutlicht Shakespeare, welchen Einfluss die Bühne
auf den Menschen haben kann.
- Zu finden Seite 47 ab Zeile 1600
- Dort heißt es: "Die schuldigen
Geschöpfe wurden durch die Bühne so getroffen, dass sie sich sogleich zu
ihren Missetaten bekannten"
- Die Bühne wirkt als moralische
Anstalt indem sie den Zuschauer auf sein Fehlverhalten aufmerksam macht
und zum besseren Handeln anregt.
- Die Bühne ist in der Lage über
das Verhalten zu richten
- Das wendet Shakespeare in Hamlet
an, denn er lässt den Mord seines Vaters im Theater nachspielen um den
neuen König ins Gewissen zu reden
- Mit Hilfe der Bühne kann sich
Hamlet versichern, dass Claudius der richtige Mörder deines Vaters ist -
wie bei Schiller
- Das wird an einem anderen Zitat
(ganz unten S.47 deutlich: "Das Schauspiel sei die Schlinge in die den König
sein Gewissen bringe"
- Hamlet gibt den Schauspielern
eine Rede vor und gibt Hinweise, wie das Schauspiel vorzutragen sei.
- Seite 53
- Unter anderen gibt er ihnen vor,
dass Sie nicht übertreiben sollen in Mimik und Gestik bei der Vorstellung
der Rede.
- Das wird deutlich indem er
folgendes äußert: "Sägt auch nicht zu viel mit den Händen durch die Luft,
sondern behandelt alles gelinde" oder "Oh, es ärgert mich in der Seele
wenn solch ein handfester Geselle eine Leidenschaft in Fetzen zerreist"
- Die Schauspieler sollen aus dem
Herz heraus vortragen und nicht die Bescheidenheit der Natur
überschreiten, denn so gehen die Lehren an den Zuschauern nicht
beeinflussbar vorbei.
- An der Textstelle (S.54 oben)
reflektiert er aus seinen Erfahrungen über Schauspieler, die seiner
Meinung nach so stolzierten und blökten, dass er glaubte, irgendein
Handlanger der Natur hätte Menschen gemacht"
- So gibt er den Schauspielern
Hinweise, wie sie sich nicht verhalten sollen
- An einer anderen Textstelle wird
erwähnt, dass man der Natur den Spiegel vorhalten solle.
- Damit meint er, dass man die
Tugenden und den Schmach als ein anschauliches Bild vorführen soll, denn
wenn man die Lehren übertreibt, dann bricht der Zuschauer in Gelächter
oder Trauer aus und nimmt die eigentlichen Lehren der Bühne nicht mehr
richtig wahr.
- Da lassen sich wieder
Gemeinsamkeiten zu Schillers Aufsatz feststellen, denn die Schaubühne soll
nach Schillers Auffassung den gleichen Zweck erfüllen.
- Die Bühne ist auch ein Spiegel
der Geschichte um den Menschen die Geschehnisse der Zeit vorzuzeigen.
- Allgemein lässt sich sagen, dass
Schiller mit Shakespeare zum Großteil übereinstimmt, den er wendet in
Hamlet das Vermögen der Schaubühne an und erteilt der Königin und dem
König eine Lehre.
Quellen:
William
Shakespeare: Hamlet - Hamburger Lesehefte
Schillers
gesammelte Werke Band 8