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1. Biographie
eigentl. Netty Reiling
geboren am 19.11.1900 als Tochter eines jüdischen Antiquitätenhändlers
1919-1924: Kunst-, Geschichts-, Philologie- und Sinologiestudium
1925: Hochzeit mit Laszlo Radvany + 2 Kinder
1928: Beitritt zur KPD
1929: Beitritt zum Bund proletaisch-revolutionärer Schriftsteller
1933: Flucht vor Nazis nach Frankreich
1935,37,38: Teilnahme an Internationalen Schriftstellerkongressen
1941: Flucht nach Mexiko
1947: Rückkehr nach Ostberlin
1950: Mitglied des Weltfriedensrates
1952: Vorsitzende des Deutschen Schriftstellerverbandes (später: Schriftstellerverband der DDR)
1978: Rücktritt vom Vorsitz + Wahl zur Ehrenpräsidentin
gestorben am 1.6.1983 in Ostberlin
2. wichtige Auszeichnungen
1928: Kleist-Preis
1947: Büchner-Preis
1959: Ehrendoktor in Jena
1975: Kulturpreis des Weltfriedensrates
1981: Ehrenbürgerschaft in Mainz
mehrere DDR-Auszeichnungen, wie z.B. Nationalpreis
Entstanden im Exil in Mexiko (1942)
Teil des Deutschlandzykluses der Autorin
Sieben Häftlinge fliehen aus KZ Westhofen
Sechs davon werden schnell wieder eingefangen, oder stellen sich freiwillig
Georg Heisler gelingt Flucht in die Niederlande, trotz der größten Anstrengungen der Gestapo und des Lagerkommandanten Fahrenberg
Heisler erhält dabei Hilfe z.B. von dem jüdischen Arzt Löwenstein, der ihm ohne Fragen zu stellen eine verletzte Hand verbindet, oder dem Gärtnerlehrling, der durch eine Lüge Heislers Verfolger aufhält
Er erhält die meiste Hilfe von seinem alten Jugendfreund Röder, der für ihn sein Leben riskiert und ihm die Flucht dadurch, dass er die nötigen Kontakte knüpft erst ermöglicht
Er erhält ebenfalls Hilfe seines alten Freunds Franz Marnet, obwohl dieser eigentlich nicht weiß, ob Heisler wirklich unter den Flüchtlingen ist, fühlt er sich sofort mit ihm verbunden und hilft ihm bedingungslos
Flucht Heislers als Anlaß politische und soziale Situation in Deutschland darzustellen
Verwendung simultaner, miteinander verknüpfte Erzählstränge
Beständigkeit der Natur (dargestellt durch Ernst den Schäfer) + gelungene Flucht Heislers
T Hinfälligkeit des Allmachtsanspruchs der Nationalsozialisten
Begrenzung des Ortes auf eine kleine Gegen innerhalb Deutschlands, ebenso die Zeit (sieben Tage)
Georg Heisler ist der dominierende Held, sein direkter Gegenspieler ist Lagerkommandant Fahrenberg
Darstellung der Gesellschaftsschichten zur Zeit des Nationalsozialismus
Veränderung der Situation ist möglich, allerdings nur, wenn alle antifaschistischen Kräfte zusammenarbeiten
Bekenntnis Anna Seghers zum "anderen Deutschland", das im Gegensatz zur Heimatvorstellung der Nationalsozialisten steht
Primärliteratur: Anna Seghers, "Das siebte Kreuz", suhrkamp-Verlag
Sekundärliteratur: Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur
Ich möchte euch heute das Buch "Das siebte Kreuz" von Anna Seghers vorstellen.
Zunächst ein paar Hinweise zu der Autorin:
Anna Seghers wurde unter dem bürgerlichen Namen Netty Reiling am 19.11.1900 als einzige Tochter eines jüdischen Kunst- und Antiquitätenhändlers in Mainz geboren, wo sie dann auch die Grund- und Hauptschule besuchte. Von 1919 bis 1924 studiert sie Kunst, Geschichte, Philologie und Sinologie an den Universitäten Heidelberg und Köln. 1925 heiratete sie den Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler Laszlo Radvany, aus der Ehe gehen zwei Kinder hervor. Ab 1928 ist sie Mitglied der KPD und ab 1929 auch des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller. 1933 flieht sie nachdem sie von der Gestapo verhaftet und vernommen worden ist, über die Schweiz nach Frankreich. 1935, 37 und 38 nimmt sie an Internationalen Schrifstellerkongressen teil. Da die Deutsche Wehrmacht 1939 ganz Frankreich erobert hat, muss sie 1941 nach Mexiko fliehen, wo sie an der Exilzeitschrift "Freies Deutschland" mitarbeitet. 1947 kehrt sie nach Ostberlin zurück. 1950 wird sie Mitglied des Weltfriedensrates, 1952 Vorsitzende des Deutschen Schriftstellerverbandes, der dann später in "Schriftstellerverband der DDR" umbenannt wird, von diesem Vorsitz tritt sie 1978 zurück und wird zur Ehrenpräsidentin gewählt. Anna Seghers stirbt am 1.6.1983 in Ostberlin.
Sie erhielt auch einige bedeutende Auszeichnungen. Die Wichtigsten sind: 1928 der Kleist-Preis, 1947 der Büchner-Preis, 1959 wurde sie von der Universität in Jena zum Ehrendoktor ernannt, 1975 erhielt sie den Kulturpreis des Weltfriedensrates, 1981 bekam sie von der Stadt Mainz die Ehrenbürgerschaft verliehen. Ausserdem erhielt sie mehrere DDR-Auszeichnungen, wie z.B. den Nationalpreis, diesen sogar mehrmals.
Eines der bedeutendsten Werke Anna Seghers, vielleicht sogar das bedeutentste ist weifellos "Das siebte Kreuz" aus dem Jahre 1942, also zur Zeit, als sie in Mexiko im Exil lebte. Es ist ein Teil des Deutschlandzykluses, der aus "Der Kampfklon", "Die Rettung", dann eben "Das siebte Kreuz", "Transit" "Die Toten bleiben jung" und "Die Rettung" besteht. Der gesamte Zyklus entstand in den Jahren von 1937 bis 1949.
"Das siebte Kreuz" spielt in Deutschland im Jahre 1927 und handelt von sieben aus dem KZ Westhofen, in der Nähe von Frankfurt geflohenen Häftlingen. Diese sind Wallau, Beutler, Pelzer, Belloni, Füllgrabe, Aldinger und Georg Heisler. Der Lagerkommandant Fahrenberg setzt alles daran die Flüchtlinge möglichst schnell wieder einzufangen, er setzt sich dafür eine Frist von sieben Tagen. Seine Angst ist, dass ihm die Macht über Leben und Tod entzogen werden könnte und er wieder zurück ins Privatleben müsste, was für ihn das Schlimmste wäre, weil er glaubt, dass er dann gescheitert wäre. Bunsen und Zillich, seine beiden Handlanger in Westhofen folgen ihm mehr oder weniger willenlos und führen auch die brutalsten Befehle ohne zu fragen aus. Es sieht dann auch so aus, als würde es Fahrenberg gelingen seine eigene Frist einzuhalten, denn die sieben Kreuze, die er zur Abschreckung hat errichten lassen füllen sich relativ schnell: Beutler wird bereits nach wenigen Stunden gefasst und ins KZ zurückgeschleppt, wo er unter schwersten Misshandlungen verhört wird. Pelzer kommt auch nicht viel weiter und wird im selben Dorf gefasst, in dem sich zu diesem Zeitpunkt auch Georg Heisler befindet gefasst, Heisler kann allerdings entkommen, da die Verfolger von seiner Anwesenheit nichts wissen. Belloni, ein ehemaliger Zirkusartist schafft es auch nicht zu entkommen, er wird auf einem Haus gestellt und kann sich nur noch mit einem Sprung in den Tod der bevorstehenden Verhaftung entziehen. Wallau, den Heisler im KZ sehr hochgeschätzt hat und den er auf seiner eigenen Flucht gedanklich immer wieder um Hilfe und Rat fragt wird von einem Freund verraten und bei dem Versuch sich neue Kleider und Geld in einem Schuppen zu beschaffen gestellt. Aldinger, von dem alle dachten, dass er aufgrund seines Alters als erster gefasst werden müsste, schafft die Flucht bis kurz vor seinen Heimatort, in dem er früher Bürgermeister gewesen war, bricht allerdings kurz vorher zusammen und wird als toter Mann nach Hause getragen. Füllgrabe hält nach ein paar Tagen dem Druck der Flucht nicht mehr stand und stellt sich freiwillig der Polizei, da er glaubt, dass es sowieso keinen Sinn hat zu fliehen und es für ihm besser wäre sich zu stellen. Er wird allerdings trotzdem ebenso ans Kreuz gestellt und sitrbt dann auch. Ein Kreuz allerdings kann Fahrenberg nicht besetzen, denn dem Kommunisten Georg Heisler gelingt die Flucht ins Ausland. In den ersten paar Stunden nach dem Ausbruch ist er auf sich allein gestellt. Er kriegt genau mit, wie sie Beutler stellen und wieder zurück ins KZ bringen. Er will sich zu seiner früheren Freundin Leni durchschlagen und hofft auf deren Hilfe. Immer wenn ihn der Mut verlassen und er Angst hat, dass er geschnappt werden könnte unterhält er sich in Gedanken mit seinen Freund Wallau. Aus diesen Gesprächen fasst er immer wieder den Mut und die Kraft die Strapazen durchzustehen. Die Flucht bringt allerdings einige Schwierigkeiten mit so, so verletzt er sich gleich am ersten Tag die Hand an einer Mauer, auf der Scherben liegen, als er in einem Schuppen eine Jacke zur Tarnung mitgehen lässt. Die erste Nacht seiner Flucht verbringt Heisler in einer Kirche, in der er sich vom Küster einschließen lässt. Dort vergisst er allerdings einen blutverschmierten Lappen, der ihm zum Verhängnis werden könnte. Der Pfarrer lässt diesen allerdings vom Küster verbrennen und ist Heisler somit ohne sein wissen bei der Flucht behilflich. Auch der jüdische Arzt Dr. Löwenstein, von dem sich Heisler am nächsten Morgen die Hand behandeln lässt, obwohl dieser eigentlich für Inneres zuständig ist, hilft ihm auf seiner Flucht, da er auch dann, als er verhört wird nichts von dem Dlüchtigen erzählt. Heisler will sich am Rhein entlang weiter in Richtung Leni durchschlagen. An einer Anlegestelle tauscht er die gestohlene Jacke mit einem Schiffer gegen einen Wollpullover. Der Gärtnerlehrling Fritz Helwig, der seine von Heisler gestohlene Jacke bei der Gestapo wiedererkennen soll fühlt sich plötzlich mit dem ihm unbekannten Flüchtling verbunden und behauptet felsenfest gegenüber der Gestapo, dass dies nicht seine Jacke sei. Dies führt die Verfolger Heislers auf eine falsche Spur und verschafft ihm etwas Zeit auf seiner Flucht. Er schafft es schließlich zu Leni zu gelangen, die ihn allerdings aus Angst um ihr eigenes Leben zurückweist und ihm jegliche Hilfe verweigert. Heisler versucht nun wieder auf sich allein gestellt jemanden aus seiner Vergangenheit zu finden, der ihm helfen könnte zu entkommen. Er ist sich allerdings bewußt, dass alle, mit denen er nur im entferntesten in Verbindung gestanden hatte unter Bewachung der Gestapo stehen und er sofort geschnappt werden würde, wenn er sie um Hilfe bitten wollte. Schließlich kommt er dann auf seinen Jugendfreund Paul Röder, mit dem er schon so lange nichts mehr zu tun hatte, dass er nicht unter Bewachung stehen müsste. Röder nimmt ihn dann auch auf und will ihm helfen, obwohl er sich nicht für Politik interessiert und normalerweise versucht sich aus politischen Konflikten herauszuhalten. Er vertraut sich dann seinem Arbeitskollegen Fiedler an, der für Heisler den Kontakt zu einem Dr. Kreß knüpft, der Heisler bei sich aufnimmt und dann schließlich zur Flucht mit einer Fähre über den Rhein in die Niederlande verhilft. Fahrenberg wird als Konsequenz aus der Flucht das Kommando über Westhofen entzogen und er schießt sich in einem Hotel eine Kugel in den Kopf. Parallel zu der Schilderung der Flucht Heislers beschreibt Anna Seghers, wie sich Heislers Freund und ehemaliger Weggefährte Franz Marnet, der jetzt in den Höchster Werken in Frankfurt arbeitet verhält, als er von der Flucht erfährt und er sich klar wird, dass sein Freund Heisler unter den Flüchtlingen sein könnte. Er fühlt sich mit dem Flüchtling verbunden und glaubt ihm helfen zu müssen, obwohl er sich nicht sicher sein kann, dass sein Freund Heisler wirklich unter den Flüchtlingen ist, sondern sich das immer nur einredet. Er knüpft Kontakte zu Angehörigen des Widerstands, mit denen er früher schon einmal zu tun gehabt hatte und lässt für Heisler gefälschte Papiere machen, er forscht bei Heislers Frau nach, an wen sich Heisler gewendet haben könnte und lässt schließlich Heisler die gefälschten Papiere zukommen. Somit hat auch er einen wesentlichen Teil zu Heislers Flucht beigetragen, und dass obwohl ihm Heisler vor seiner Verhaftung seine Freundin ausgespannt hat und er somit allen Grund hätte auf Heisler sauer zu sein.
Und nun zur Interpretation des Werkes:
Anna Seghers benutzt die Darstellung der Flucht Georg Heislers, um die damals herrschende politische und soziale Situation in Deutschland insgesamt darzustellen. Sie verwendet dazu verschieden Techniken, wie z.B. mehrere miteinander verknüpfte, simultan, das heißt gleichzeitig ablaufende Erzählstränge, nämlich zum einen die Schilderung der Flucht und zum anderen die Darstellung des Verhaltens Franz Marnets, als er von der Flucht erfährt und glaubt, dass sein Freund daran beteiligt ist. Diese Erzählstränge sind durch die Konzentration auf die Flucht Heislers miteinander verbunden. Ein für die Interpretation wichtiger Erzählstrang ist die Beschreibung des Schäfers Ernst, der auf den Wiesen der Marnets und deren Nachbarhöfen seine Schafe unbehelligt von der damaligen politischen Situation in Deutschland weidet. Der Schäfer Ernst steht hier für die Natur als Ganzes, auf die die Nationalsozialisten keinen Einfluß haben, die eben unbehelligt weiter existiert. Diese Tatsache und die Tatsache, dass es Heisler trotz größter Bemühungen der Nationalsozialisten gelingt zu entkommen lässt den Allmachtsanspruch, den die Nationalsozialisten erheben hinfällig werden, sie haben eben nicht auf alles Einfluß und nicht über alles Macht. Der Ort der Handlung ist auf einen sehr engen Raum begrenzt, nämlich auf einige Orte in der Nähe von Wiesbaden und Frankfurt. Ein KZ Westhofen hat es zwar nie real gegeben, der Zusammenhang mit dem KZ Osthofen, das real in der Gegend, in der die Handlung spielt existiert hat, ist allerdings offensichtlich. Die Zeit in der der Roman spielt ist ebenfalls nur sehr kurz bemessen, nämlich sieben Tage von der Flucht der sieben Flüchtlinge, bis Heisler in den Niederlanden in Sicherheit ist und der Plan Fahrenbergs ihn wieder einzufangen gescheitert sind. Zur Figurenkonstellation ist zu sagen, dass Georg Heisler eben der dominierende Held des Romans ist und sich die Handlung des Buches auf seine Flucht konzentriert. Andere Figuren werden nicht genauer charakterisiert und Ereignisse, die mit der Flucht Heilers nicht direkt im Zusammenhang stehen gerafft dargestellt. So beschreibt Anna Sghers den Selbstmord Fahrenbergs nur in einem kurzen Satz zum Ende des Buches, während die Beschreibung der Kirche, in der Heisler seine erste Nacht verbringt ausführlich beschrieben wird. Der direkte Gegenspieler Heislers ist der Lagerkommandant Fahrenberg, das heißt der Sieg Heislers, also dessen endgültiges Entkommen in die Niederlande kommt der Niederlage Fahrenbergs gleich, nämlich, dass er die Macht über Leben und Tod entzogen bekommt und sie als Konsequenz daraus erschießt. Durch die verschiedenen Anlaufstationen Heislers auf seiner Flucht werden die verschiedenen Gesellschaftsschichten der damaligen Zeit dargestellt. Heisler trifft dabei auf Zurückweisung und Angst vor den Machthabern, aber auch auf Menschen die bereit sind ihm zu helfen und Widerstand gegen das faschistische Regime zu leisten auch auf die Gefahr hin selbst verhaftet und interniert zu werden. Die Grundaussage des Buches ist eben, dass man zuversichtlich und nicht verzweifelt der Zukunft entgegen sehen soll, auch angesichts der schweren Zeiten und eines anscheinend übermächtigen und allmächtigen Gegners. Allerdings wird auch klar, dass Hoffnung auf eine Veränderung und einer Verbesserung der Situation nur durch ein bedingungsloses Zusammenarbeiten aller antifaschistischen Kräfte möglich wurde. "Das siebte Kreuz" ist das Bekenntnis Anna Seghers zum "anderen Deutschland", das eben im krassen Gegensatz zu der von den Nationalsozialisten verbreiteten Heimatvorstellung steht.
Das Buch hat mir persönlich sehr gut gefallen und ist meiner Meinung nach unbedingt lesenswert, auch wenn keine Spannung aufkommt, da einem das Ende vorweggenommen wird und man bereits auf den ersten paar Seiten weiß, dass nur Georg Heisler die Flucht aus der Hölle gelingt.
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