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Elfriede Jelinek: Die Klavierspielerin
Elfriede Jelinek wurde 20. Oktober 1946 in Mürzzuschlag in der Steiermark geboren. Sie studierte Kunstgeschichte, Theaterwissenschaft und Musik (Klavier und Komposition am Konservatorium) in Wien. Nach Aufenthalten in Berlin 1972 und Rom 1973 lebt sie heute vorwiegend in Wien, München und Paris. Zu den zahlreichen Literaturpreisen der Autorin gehören das Österreichische Staatsstipendium für Literatur (1972), der Drehbuchpreis des Innenministeriums der BRD (1979), der Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln (1986) und der Literaturpreis des Landes Steiermark (1987).
E. Jelinek ist mit ihren Romanen und Theaterstücken zur Vertreterin einer teils plakativen, teils kritischen feministischen Literatur. Durch den Marxismus beeinflußt stellt sie aber auch den Aspekt ökonomischer Abhängigkeit in den Mittelpunkt.
Der Roman ,Die Klavierspielerin' ist 1983 erschienen und ist ihr fünfter autobiographisch geprägter Roman.
Erika Kohut, Mitte dreißig und von Beruf Klavierlehrerin, lebt seit der Vertreibung des störenden Vaters eingeschlossen in der trauten Zweisamkeit mit ihrer alten Mutter. Das Hauptproblem ihrer Mutter besteht darin, ihr Besitztum - die Tochter - an sich zu binden, damit die Tochter ja nicht davonläuft. Zu diesem Zweck scheut die Mutter auch nicht ihre Tochter mit Prügel und Ausreißen von Haaren zu bestrafen. Erikas Körper ist schon empfindungslos und sie scheut auch nicht, ihr mittels Nadeln und Rasierklingen Wunden zuzufügen. Ehrgeizig und herrschsüchtig versucht die Mutter, Erika zur brillanten Pianistin auszubilden. Aus Erika ist jedoch keine Künstlerin geworden, aber eine Lehrerin, eine Interpretin, weil sie nicht brillant genug ist. Doch die mütterliche Erziehung ist nicht perfekt. Anfangs wird das mütterliche Ordnungssystem nur durch Erikas eitle Gier nach Außerlichkeiten - Keider, Schuhe, Handtaschen - und heimlichen Ausflügen in ,Pornokinos' zum Prater, wo sie aus sicherer Entfernung lustlos das Treiben der Prostituierten betrachtet. Doch dann taucht Walter Klemmer, ein Klavierschüler von ihr, in ihrem Leben auf. Erika, für die Zärtlichkeit nur denkbar ist als Verlangen nach Unterwerfung, straft das Begehren von Walter zuerst mit Mißachtung, später mit Verachtung. Seinen Höhepunkt findet dieser langwierige Unterwerfungsakt in einem Brief Erikas, in dem sie Walter zu sadistischen Handlungen auffordert. Walter interpretiert diesen Brief falsch - er sieht ihn als wörtliche Aufforderung zur Gewalt - und will nichts mehr mit Erika zu tun haben. In seiner sadistischen Lust vollführt er schließlich an Erika all das, was sie ihm in ihrem Brief vorschrieb. Dann geht Walter weg, endgültig befreit von Erika.
"Wohl einerseits persönlicher Leidensdruck durch die Erziehung zur Künstlerin, zur Musik, aber man hat halt immer (ich habe es zumindest) das Gefühl, die eigenen Erfahrungen auf eine allgemeinere Ebene zu bringen. In diesem Fall also der Ruf Österreichs als Musikland, der, was nur wenige realisieren, erkauft ist mit der Frustration von Tausenden von Menschen, die eben nicht genial genug sind, um große Interpreten zu werden, sondern sich als Lehrerinnen und Lehrer durchbringen. Die Genialität der wenigen auf dem Rücken von Tausenden von KlavierlehrerInnen sozusagen." [Zitat]
"Elfriede Jelinek beklagt nichts in diesem Text, weder die mißlungene Kindheit noch das ungelebte Frauenleben, weder die Dummheit des Mannes noch das Unverständnis der Mutter. Keiner kommt zu kurz bei ihr, und alle bleiben auf der Strecke. Ihr Blick ist unerbittlich scharf, nie moralisierend und immer unparteiisch; ein Blick der im Alltäglichen das Abseitige entdeckt und im Abseitigen das Alltägliche. Beides gehört zusammen. Die Bilder dazu stimmen abgründig, verwegen und grob. Ein Zeitbild eben. Weh dem, der die Augen davor verschließt."
(Gabriele Kreis, ,Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt')
"Die Leute kaufen es immer noch, weil es vielleicht, ich weiß es nicht, etwas von der Frustration weiblicher Existenz vermittelt. Frauen sind in der Musik ja fast nur als Interpretinnen überhaupt zugelassen, nicht aber als Schöpferinnen, es gibt so gut wie keine bedeutenden Komponistinnen. Also Schöpfer sind die Männer, Interpretinnen die Frauen." [Zitat]
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