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Referat Jakob Wassermann: Der Fall Maurizius - Klappentext, Handlungsablauf

literatur referate

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Jakob Wassermann: Der Fall Maurizius

Klappentext

Leonhart Maurizius sitzt seit neunzehn Jahren im Gefängnis. Aufgrund von Indizien und Zeugenaussagen ist er in einem Sensationsprozess für schuldig befunden worden, seine fünfzehn Jahre ältere Frau - mit deren Schwester er eine Affäre hatte -ermordet zu haben. Oberstaatsanwalt von Andergast, der das Verfahren geleitet hat, sieht keine Veranlassung, an der Rechtmässigkeit des damaligen Urteils zu zweifeln. Nicht so sein Sohn. Der junge Etzel, aufgewachsen in der lieblosen Atmosphäre eines allein auf Recht und Ordnung gegründeten Familienlebens, ist wie besessen von dem Gedanken, die Unschuld von Maurizius zu beweisen. Heimlich reist er nach Berlin, um dort Nachforschungen anzustellen.

Dieser auf einer wahren Begebenheit basierende Erfolgsroman Jakob Wassermanns leuchtet schonungslos hinter die Fassaden des Wilhelminischen Zeitalters und legt den Substanzverlust an Wahrheit, Ehrlichkeit und Gerechtigkeit einer ganzen Epoche bloss.

Über den Autor

Jakob Wassermann wurde am 10. März 1873 in Fürth als Sohn eines Gemischtwarenhändlers geboren und starb am 1. Januar 1934 in Altaussee in der Steiermark. Der gelernte Kaufmann wurde später freier Schriftsteller und arbeitete auch als Redakteur beim "Simplicissimus". Mit seinen spannenden, psychologisch-realistischen Romanen und Novellen hatte er eine breite internationale Wirkung. Werke u. a.: "Caspar Hauser oder Die Trägheit des Herzens" (1908), "Laudin und die Seinen" (1925), "Der Fall Maurizius" (1928), "Etzel Andergast" (1931), "Joseph Kerkhovens dritte Existenz" (1934).

Handlungsablauf


1. Kapitel       Einführung der Personen Etzel Andergast, Rie, Thielemann (radikaler Kollege), Ellmer (Streber), Herr Andergast, P.P. Maurizius (Mann mit Kapitänsmütze). Verfolgung durch Maurizius (Andergast jun./sen.)

2. Kapitel       Anonyme Beziehung Vater-Sohn, Etzels "Taunus-Abenteuer", er möchte seine Mutter kennen lernen.

3. Kapitel       Dr. Camill Raff spricht mit Thielemann über Etzel (wegen Leistungsabfall, Veränderung). Etzel durchsucht Akten des Vaters à findet Begnadigungsgesuch des alten Maurizius

Etzel besucht unangemeldet Thielemann und fragt ihn um Rat.

Etzel geht zum alten Maurizius und redet mit ihm über den Sohn Nach mehreren Unterredungen erfährt er immer mehr: M. jun. war verheiratet mit Elli Jahn und hatte eine Affäre mit deren Schwester Anna. Er hat eine Tochter von früher (in England) für die nun Anna verantwortlich ist. Er bricht Kontakt mit Vater ab, kommt jedoch nach 3.5 Jahren wieder weil er Geld braucht.

Situation des Mordes: Maurizius kommt von Reise nach Hause und soll in Dunkelheit aus mehreren Metern Distanz Elli erschossen haben.

5. Kapitel       Etzel reisst aus (mit Geld [300 DM] von Grossmutter). Die Polizei fahndet erfolglos nach ihm. Er schreibt dem Vater einen Brief. Der Vater findet das alles zunächst lächerlich und peinlich, beginnt dann aber doch sich damit zu beschäftigen (Studium der Akten Maurizius).

6. Kapitel       Die Vorgeschichte wird sehr detailliert beschrieben: Die Ehe von Maurizius und Elli, die Beziehung zu Anna, Waremme als sehr rätselhafter Mensch. Alles ist nur eine Rückblende während sich Andergast mit den Akten beschäftigt. Durch Etzels Verschwinden ist er gezwungen, sich mit dem Fall und mit Etzel und dessen Kindheit zu beschäftigen.

7. Kapitel       weitere Überlegungen Andergasts. Er verlässt seine Freundin Violet, welche wiederholt als "Nichts" beschrieben wird. Er spricht mit P.P. Maurizius, findet aber nur heraus, dass Etzel zu Waremme zu gehen beabsichtigte.

8. Kapitel       Beschreibung Etzels Situation und Aktionen. Er lernt im Zug Frau Schneevogt kennen und mietet sich bei ihr ein. Er isst täglich bei Frau Bobike zu Mittag (wie Waremme auch), nimmt bei Waremme unter dem Namen Edgar Mohl Englischunterricht und lernt Waremme recht gut kennen. Waremme wird aus Etzel nicht schlau und bezweifelt auch dessen Namen, v.a. als er den Namen Maurizius zur Sprache bringt.

9. Kapitel       Sophia (Andergast's Ex-Frau/Etzels Mutter) will Andergast sprechen. Briefwechsel mit Generalin (Andergast's Mutter).

A. geht zur Anstalt Kressa und spricht dort mit Häftling Maurizius.


10. Kapitel     Etzel und Waremme diskutieren. Etzel will von W. unbedingt wissen, ob Maurizius schuldig ist oder nicht (obwohl W. das beschworen hat).

11. Kapitel     Diskussion zwischen Etzel und W. W. erzählt aus seinem Leben. Schlussendlich gerät Etzel in Rage und W. wirft ihn raus. Etzel wird krank, besucht aber trotzdem Melchior Ghisels (sein Lieblingsautor) und fragt ihn um Rat. Er kann ihm jedoch nicht helfen.

12. Kapitel     Andergasts 2. Tag in Kressa. Sehr lange, ausführliche Erzählung Maurizius'.

13. Kapitel     Dialog zwischen Andergast und Sophia. A. muss immer an M. denken. A. fährt abermals nach Kressa und M. erzählt noch mehr (z.B. von seiner freundschaftlichen Beziehung zu Wärter Klakusch).

A. lässt M. mittels Depesche an Justizminister begnadigen.

14. Kapitel     Etzel spricht lange mit Waremme alias Warschauer. W. gesteht, dass Anna Elli erschossen hat. W. will ins polnische Schlesien zu seiner Tochter gehen. Etzel tritt die Rückreise an.

15. Kapitel     M. wird entlassen. Er geht zum Vater, welcher gleich darauf stirbt. Dann sucht er vergebens seine Tochter, trifft Anna, die jedoch ihren Reiz verloren hat; sie macht einen ziemlich dummen Eindruck. M. reist viel herum, aber es reizt ihn nichts mehr, er verspürt keine Regungen mehr (wie z.B. Neugier). Er lernt im Zug eine Dame kennen, mit der er eine Nacht verbringt. Er verlässt sie und springt aus dem Zug von einem Viadukt herunter.

16. Kapitel     Etzel kehrt zurück und es kommt zur dramatischen Auseinandersetzung zwischen ihm und Andergast. Etzel fordert eine Wiederaufnahme des Verfahrens (gibt sich nicht mit Begnadigung zufrieden), aber A. weigert sich. Die Situation eskaliert, A. muss zum Arzt, Etzel dreht durch.

Aus Kindlers neues Literaturlexikon, von www.amazon.de:


Roman von Jakob Wassermann, erschienen 1928. - Im Jahre 1924 wurde der Rechtsanwalt Karl Hau, der 1906 in einem aufsehenerregenden Indizienprozeß wegen Mordes zum Tode verurteilt und zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt worden war, nach achtzehnjähriger Haft entlassen. Bald danach beging er Selbstmord. Seine Schuld, die er stets geleugnet hatte, blieb umstritten. Diese Ereignisse wurden zum unmittelbaren äußeren Anlaß für die Entstehung von Wassermanns erfolgreichstem Roman, dem Fall Maurizius. Zusammen mit den beiden späteren Werken Etzel Andergast (1930) und Joseph Kerkhovens dritte Existenz (1934) bildet er einen dreiteiligen Zyklus, dessen innerer Zusammenhang durch die Lebensgeschichte Etzel Andergasts, einer Hauptfigur auch des ersten Romans, gegeben ist. Im Fall Maurizius erzählt Wassermann, wie Etzel, der sechzehnjährige Sohn des Oberstaatsanwalts Freiherr von Andergast, besessen von unerbittlichem Gerechtigkeitswillen, die Unschuld des seit achtzehn Jahren wegen Mordes im Zuchthaus sitzenden Leonhart Maurizius beweisen will, indem er den Kronzeugen des Prozesses, Gregor Waremme, in Berlin aufspürt, um ihn zum Geständnis eines Meineids zu bewegen. Maurizius, Privatdozent für Kunstgeschichte, war in einem Sensationsprozeß für schuldig befunden worden, wegen einer ehebrecherischen Beziehung zu seiner Schwägerin Anna Jahn seine um fünfzehn Jahre ältere Frau Elli erschossen zu haben.


Waremme, intimer Freund des Angeklagten wie Anna Jahns, hatte behauptet, Augenzeuge des Mordes gewesen zu sein. Etzels Vater hatte in dem Prozeß die Anklage vertreten und mit diesem Fall seine Karriere begründet - das Urteil war hauptsächlich aufgrund seiner überlegenen Beweisführung ergangen. - Der selbstsichere, despotische Andergast läßt nach gescheiterter Ehe - er hat neun Jahre zuvor den Liebhaber seiner Frau zum Meineid gezwungen und dadurch in den Selbstmord getrieben - seinen Sohn, dem jeder Kontakt mit der Mutter verwehrt wird, in der lieblosen Atmosphäre eines minuziös geregelten, jede Spontaneität ausschließenden Familienlebens aufwachsen. Andergast ist von der heimlichen Abreise Etzels nach Berlin und der brieflichen Ankündigung seines Plans zutiefst irritiert; er muß erkennen, daß ihm in seinem Sohn ein selbständiger, verschlossener und willensstarker Gegner erwachsen ist. Nun, da der Vater um Etzels Absicht weiß, beginnt auch er, zunächst fast widerwillig, sich mit dem vergessenen Verfahren zu beschäftigen.


Während er abermals die alten Prozeßakten studiert, kommen ihm unversehens Zweifel an der Rechtmäßigkeit des damaligen Urteils. Schließlich besucht er den Strafgefangenen Maurizius im Zuchthaus. Mehrere ausführliche Gespräche mit ihm bringen allmählich das ganze Gebäude der Anklage ins Wanken. In den Erzählungen des Häftlings treten nach und nach jene bis zur Undurchschaubarkeit verflochtenen Beziehungen der Prozeßbeteiligten an den Tag, ein Chaos von Konvention, Leidenschaft, Verlogenheit und Promiskuität. Andergast erkennt, daß die Grundlagen allen juristischen Urteilens, Kategorien wie Verantwortung, Gerechtigkeit, Schuld und Bestrafung, die auch die Basis seiner eigenen Existenz sind, in diesem Labyrinth ihre Geltung einbüßen, daß die Grenze zwischen Recht und Unrecht verwischt, ja ganz aufgehoben zu werden droht. Im Verlauf seiner Nachforschungen immer unsicherer geworden, sieht er sich innerlich dazu gezwungen, eine Begnadigung zu befürworten; von einer Revision des Urteils allerdings kann nach seiner Überzeugung nicht die Rede sein. Maurizius wird in der Tat auf dem Gnadenwege aus dem Zuchthaus entlassen. Fast gleichzeitig kehrt Etzel, den Beweis für dessen Unschuld in Händen, nach Haus zurück. Waremme hat ihm den Meineid gestanden: Nicht Maurizius, sondern Anna Jahn hat den Mord begangen. Etzel fordert nun von seinem Vater die Wiederaufnahme des Prozesses. Andergast weigert sich. Im Verlauf einer dramatischen Auseinandersetzung sagt sich Etzel von seinem Vater los. Andergast, durch die Vorgänge um den Fall Maurizius, die Konfrontation mit dem Leben und der Schuld eines anderen, die ihn das eigene Leben und die eigene Schuld erkennen lassen, schon zutiefst erschüttert, bricht nun vollständig zusammen. - Dem begnadigten Maurizius gelingt es nicht, eine erträgliche Beziehung zur Umwelt herzustellen. Er begeht kurz nach seiner Entlassung Selbstmord. Etzel kehrt nach dem Zusammenbruch des Vaters zu seiner Mutter zurück. Wassermann hat diesen äußeren Handlungsverlauf benutzt, um, wie er sagt, »viel Größeres« darzustellen: »Es ist die Idee der Gerechtigkeit, die den Herzpunkt im >Fall Maurizius< bildet.« Indem der Autor jenen weit zurückliegenden Prozeß aus der Erinnerung der Hauptbeteiligten wiedererstehen läßt, wird sichtbar, wie das Leben beider - des Angeklagten und seines Anklägers - unter dem Einfluß der damaligen verhängnisvollen Ereignisse steht und schließlich daran scheitern muß. Während der unschuldig-schuldige Maurizius im Zuchthaus der unaufhaltsamen Zerstörung seiner Persönlichkeit ausgeliefert ist, vollzieht sich in der Existenz des Staatsanwalts ein Prozeß innerer Depravation, so daß es nur noch eines Anstoßes bedarf, um diese scheinbar so sehr in der Sicherheit einer moralischen Wertordnung ruhende Persönlichkeit in sich zusammenstürzen zu lassen. Der fanatische Wille zur Gerechtigkeit, den Etzel verkörpert, muß vor der unseligen Verquickung menschlicher Leidenschaft und Schuld versagen - einer Konstellation, die in der vieldeutig schillernden Gestalt des meineidigen Zeugen Waremme am deutlichsten wird. Dieser polnische Jude, dessen eigentlicher Name Georg Warschauer ist, wandert, seine Herkunft verleugnend, wie ein moderner Ahasver ruhelos von Europa nach Amerika, bis ihn der Osten, aus dem er gekommen ist, wieder aufnimmt. Gleichzeitig werden an dieser Gestalt die unzähligen Verzweigungen und Verästelungen deutlich, in die sich der einfache juristische Tatbestand des Falls Maurizius, je tiefer man in ihn eindringt, immer mehr auflöst und verliert. Waremmes thematisch und formal zerfließende Monologe, die auf weite Strecken den äußeren Gegenstand des Romans verdecken, sind symptomatisch für das ganze Buch, von dem Wassermann sagt, er habe es »bisweilen mit einem in die Erde gebauten Trichter verglichen, dessen schmalste Öffnung oben, dessen weiteste unten liegt«: Je weiter sich der Roman von der eigentlichen Geschichte des Justizfalles Maurizius entfernt, um so mehr verliert er an Konzentration, und die zu Anfang überraschende Stringenz von Gedanke und Sprache verschwindet immer mehr in den Wucherungen einer ungehemmten erzählerischen Phantasie.




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