Stefan Zweig - Schachnovelle
Einleitung
Liebe Mitschülerinnen und Mitschüler, sehr geehrter Herr Professor, mein
heutiges Referat behandelt die 'Schachnovelle' von Stefan Zweig.
Die Schachnovelle erschien 1941, noch vor Zweigs Selbstmord im Exil, als letzte
abgeschlossene Prosadichtung, die vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges,
die Brutalität des Faschismus anprangert und die nationalsozialistischen
Terrormethoden entlarvt.
Ich möchte gleich mit dem Inhalt der Novelle beginnen.
Inhaltsangabe
Der Erzähler, dessen Name im Werk nie genannt wird, befindet sich auf einem Passagierdampfer,
welcher von New York nach Buenos Aires unterwegs ist. Von einem Freund erfährt
er, dass der Schachweltmeister Mirko Czentovic ebenfalls an Bord ist. In einem
Rückblick wird Czentovics Weg zum Erfolg geschildert.
Mirko ist der Sohn eines armen, südslawischen Donauschiffers, welcher bei einem
Schiffsunglück ums Leben gekommen ist. Der Ortspfarrer nimmt den damals
Zwölfjährigen aus Mitleid auf und bemüht sich sehr um seine Bildung. Mirko kann
jedoch keinen Sinn in Buchstaben und Wörtern erkennen.
Abends, wenn der Pfarrer mit dem Polizisten Schach spielt, sitzt Mirko
scheinbar schläfrig daneben. Eines Tages aber wird der Geistliche zur letzten
Ölung einer alten Frau gerufen. Der Junge setzt sich an den Platz des Pfarrers
und spielt die Schachpartie weiter. Nach vierzehn Zügen gewinnt er. Weitere
Partien fallen nicht anders auf. Später stellt er sein Können im Schachclub in
der Nachbarstadt unter Beweis. Die Mitglieder des Clubs sind von Mirkos Talent
begeistert und fördern seine Karriere. Aus dem geistig zurückgebliebenen
Schiffersohn wird schließlich der Schachweltmeister.
Der Erzähler möchte nun mit diesem sonderbaren Genie Kontakt aufnehmen, um
etwas über die Person zu erfahren. Er versucht, durch ein Schach mit seiner
Frau im Smoking Room des Schiffes, Czentovics Interesse zu wecken, um ihn
anschließend in ein Gespräch verwickeln zu können. Doch als erster
Interessierter gesellt sich nicht Czentovic zu ihnen, sondern ein reicher,
schottischer Tiefbauingenieur namens McConnor. Dieser fordert den Erzähler zu
einem Match auf. Mitten in dem sich anschließendem Spiel betritt Czentovic den
Raum, als McConnor einen besonders ungeschickten Zug macht. Der Weltmeister
würdigt den Schachlaien keines weiteren Blickes und verlässt den Smoking Room
wieder. Als McConnor klar wird, dass niemand anders als der amtierende
Schachweltmeister, ihre Partie, wenn auch nur kurz, verfolgt hat, eilt er
hinter Czentovic her und fordert ihn zu einer so genannten Simultanpartie
heraus. Dieser sagt zu, allerdings nur unter der Bedingung, dass er ein Honorar
von $ 250,- pro Spiel bekommt. Der Millionär willigt ein. Die erste Runde
erweist sich als äußerst kurz und Czentovic geht - wie nicht anders zu erwarten
- als triumphaler Sieger hervor. Bei der zweiten Partie jedoch greift ein
fremder Herr, der österreichische Emigrant Dr. B, beratend in das schon fast
verlorene Spiel ein. Durch dessen geschickte Taktik und meisterhafte
Vorausberechnung kann er ein Remis gegen den Weltmeister retten.
In einem weiteren Rückblick erzählt der unbekannte Helfer von seiner
Vergangenheit: Dr. B wurde zur Nazi-Zeit als Verwalter großer Klöster von der
Gestapo festgenommen und in ein Hotelzimmer gesperrt, welches lediglich ein
Bett, einen Sessel, eine Waschschüssel und ein vergittertes Fenster aufwies.
Die Absicht der Nationalsozialisten war, ihn so zu isolieren, dass irgendwann
die Geheimnisse der Reichsgegner verraten würde, nur um wieder unter Menschen
zu kommen. Er konnte sich nur vor nervlicher Zerrüttung und geistiger
Aushöhlung bewahren, in dem er monatelang eine Sammlung von 150 Meisterpartien
auswendig lernte, welche er aus dem Mantel eines Militäroffiziers hatte stehlen
können.
Dieses Buch bot ihm eine geeignete Beschäftigung gegen die Monotonie der Haft.
Als er aber alle Spiele auswendig konnte, ging der Reiz verloren, Partien
lediglich im Geist nachzuspielen. So verfiel er der Schizophrenie und
versuchte, gegen sich selbst zu spielen, also sein Bewusstsein in ein
'Ich-Weiß' und ein 'Ich-Schwarz' aufzuteilen. Diese künstliche
Bewusstseinsspaltung brachte Nebenwirkungen mit sich: Dr. B wurde nervös und
ging ständig in seinem Zimmer auf und ab. Außerdem litt er unter ständigem
Durst, wie viel er auch trank. Schließlich verlor er fast seinen Verstand, von
ihm selbst als 'Schachvergiftung' bezeichnet. Dabei zog er sich eine
Schnittwunde an der rechten Hand zu, die dauerhaft als Narbe sichtbar blieb.
Der Verletzte wurde in ein Hospital verlegt, dessen Leiter bald darauf seine
Entlassung erwirkte.
Czentovic fordert den Österreicher zu einer Partie ohne andere Mitspieler auf.
Dr. B sagt nach einigem Zögern zu, will jedoch nur eine einzige Runde spielen,
um zu erfahren, ob er der psychischen Belastung standhalten kann. Er trifft
sich mit Czentovic und spielt zum ersten Mal seit seiner Haft nun wieder gegen
einen menschlichen Gegner Schach. In der ersten Partie schlägt er den
Weltmeister, zeigt aber schon klare Symptome der wiederkehrenden
'Schachvergiftung'.
Czentovic bemerkt, dass die Ursache für Dr. B's Nervosität in den langen Pausen
zwischen den Zügen liegt, die sich der Weltmeister gestattet. Im folgenden
Spiel hemmt der kühle und berechnende Czentovic den Spielfluss durch
absichtliche Verzögerungen. Für Dr. B ist das ständige Wartenmüssen so
belastend, dass er beginnt, sich mit imaginären Partien zu beschäftigen. Sein
Zustand wird immer schlechter, und er muss kurz vor seinem endgültigen Delirium
vom Schachbrett entfernt werden.
Soviel zum Inhalt.
Zur Veranschaulichung möchte ich euch nun eine kurze Leseprobe geben.
Leseprobe
Und zwar ist das jene Stelle, an der es Dr. B gelingt, das Buch mit den 150
Meisterpartien zu stehlen.
Seite 67, 'Ich tastete den Stoff an und fühlte etwas
Rechteckiges' bis Seite 68 ' Es war möglich, das Buch im
Gehen festzuhalten, wenn ich nur die Hand fest an den Gürtel presste.'
An dieser Stelle muss ich die Leseprobe abbrechen. Die Szene setzt sich noch
sehr spannend fort, aber die Zeit ist leider sehr begrenzt.
Bevor ich abschließend den Autor etwas näher beschreiben werde, möchte ich noch
kurz über die Aussage des Textes sprechen.
Aussage des Textes / Interpretation
Ich denke, der Autor wollte mit diesem Werk in erster Linie den
Nationalsozialismus scharf kritisieren, und zwar aus Sicht der Opfer. Die
'Schachnovelle' soll zeigen, dass psychische Folter mindestens
genauso grausam wie physische sein kann.
Es werden zwei sehr unterschiedliche Genies dargestellt. Dr. B wird verwirrt,
da ihm jede andere Beschäftigung verwährt ist, und Czentovic sieht nichts
anderes, kann durch seinen beschränkten Geist nichts anderes sehen.
Nun möchte ich noch näher auf den Autor eingehen.
Autor
Stefan Zweig wurde 1881 in Wien geboren und wuchs in einem wohlhabenden,
jüdischen Bürgertum auf. An der Universität in Wien studierte er Philosophie,
Romanistik und Germanistik. Er litt an der so genannten 'Schwarzen
Leber', eine Art immer wiederkehrende Depression, die ihn selbst bei
bester Laune immer wieder traurig stimmte.
Stefan Zweig war immer pazifistisch und weltpolitisch eingestellt und sein
Leben war durch ständiges Reisen innerhalb Europas geprägt. 1919 zog er nach
Salzburg um, da diese Stadt zentraler gelegen und somit geeigneter für seine
Auslandsreisen war als Wien.
Durch eine böse Vorahnung, die er für Österreichs politische Entwicklung hegte,
entschloss er sich, 1935 nach London zu reisen. Doch auch in England fühlte er
sich nicht wohl, in überfiel eine Art innere Unruhe, der er sich nicht
entziehen konnte, seine Idee vom vereinigten Kultureuropa war zerstört. So
emigrierte er 1940 über die USA nach Brasilien und ließ sich in Petrópolis
(eine Stadt nahe Rio de Janeiro) nieder.
Mit dem Eintritt Japans in den Zweiten Weltkrieg, den schlimmen Nachrichten aus
Europa und der Hoffnungslosigkeit seiner eigenen Lage, beging Stefan Zweig im
Februar 1942 Selbstmord.
Abschluss
Ich bedanke mich für eure Aufmerksamkeit und hoffe, euch das Thema etwas näher
gebracht zu haben und sich der eine oder andere nun sogar dazu entscheidet, die
'Schachnovelle' zu lesen.
Falls ihr noch Fragen habt, so bitte ich euch, diese jetzt zu stellen.