Stefan Zweig - Schachnovelle
Der Autor Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien geboren, lebte
von 1919 bis 1935 in Salzburg,
emigrierte von dort nach England und 1940 nach Brasilien. Er veröffentlichte 1901 seine ersten Gedicht unter dem
Titel >Silberne Saiten<. Er starb
1942 in Brasilien.
Auf einem Passagierdampfer, der von New York nach Buenos Aires unterwegs ist,
fordert ein Millionär gegen Honorar den mit einer Art mechanischer Präzision
spielenden Schachweltmeister Mirko Czentovic zu einer Partie heraus. Der
mitreisende Dr. B., ein österreichischer Emigrant, greift beratend ein und
erreicht so ein Remis für den Millionär. Er hat sich, von der Gestapo, die ihn
verhaftete, in ein Hotelzimmer gesperrt und von der Außenwelt hermetisch
abgeschlossen, monatelang mit dem blinden Spiel von 150 Partien beschäftigt, um
sich so seine intellektuelle Widerstandskraft zu erhalten. Durch diese
einseitige geistige Anstrengung ergriff ihn ein Nervenfieber, dessentwegen man
ihn entließ.
Jetzt spielt Dr. B. zum ersten Mal wieder gegen einen tatsächlichen,
freilich roboterhaft reagierenden Gegner. Es geht ihm bei dieser Partie lediglich
darum, festzustellen, ob sein Tun damals während seiner Haft noch Spiel oder
bereits Wahnsinn gewesen ist. Er schlägt den Weltmeister in der ersten Partie
souverän, läßt sich aber, eigentlich gegen seinen Willen, auf eine Revanche
ein. Während dieser zweiten Partie ergreift ihn wieder das Nervenfieber: er
bricht die Partie ab und wird nie wieder ein Schachbrett berühren.