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Kernfusion
Die Entwicklung der Fusionsforschung
Die Fusionsforschung begann gleich nach dem II. Weltkrieg mit viel Optimismus, denn es herrschte vor allem in Amerika der Glaube, daß man die Kernfusion mit einem ähnlich großen materiellen Aufwand wie im Manhattan Projekt entwickeln und zur Serienreife bringen könnte. Die ersten Anstrengungen wurden unabhängig voneinander und unter strenger Geheimhaltung in den USA, der UdSSR und GB betrieben. Da die grundlegenden Probleme unterschätzt wurden kam es zur Aufhebung der Geheimhaltung zugunsten internationaler Zusammenarbeit und Neuorientierung der Strategie: nicht mehr die Konstruktion eines Reaktors, sondern Probleme der Plasmaphysik standen f r die kommenden zehn Jahre mehr im Vordergrund der Forschung.
Die Fusionsforschung ist aus der Forschung an der Wasserstoffbombe hervorgegangen. Die Wasserstoffbombe stellt den Beweis der Möglichkeit der Kernfusion dar, jedoch ist diese Fusionsreaktion unkontrolliert. Direkter Nachfolger, zunächst streng geheimgehalten, war die laserinduzierte Trägheitsfusion. Mit Hilfe der Pellets sollte die Explosion der Wasserstoffbombe im kleinen simuliert werden. Dies und auch die starken Laser, die mit dieser Technik verbunden sind, bilden mögliche Grundlagen für SDI. Die Forschungen an der Laserfusion wurden jedoch schließlich der zivilen Fachwelt geöffnet und dem zivilen Ziel der Energieforschung unterstellt. Jedoch hing diesem Projekt immer der militärische Aspekt an, mit dem sich viele Forscher nicht in Verbindung sehen wollten. So begann man nach anderen Wegen der Energieerzeugung durch Kernfusion zu forschen. Anfang der F nfziger Jahre hatte die Sowjetunion bereits erste Tokamak- Programme gestartet. Schon früh kam es hier zu einem Gedankenaustausch unter den Nationen. Japan und USA wie auch die europäischen Staaten begannen Fusionsprogramme im Bereich des magnetischen Einschlusses. Die Forschungsergebnisse veranlaßten die Beteiligten zu ersten Prognosen über die Realisierung der Kernfusion. So sagte 1 55 der Präsident der Genfer 'Atoms for Peace' Konferenz, daß die Fusionsforschung 0 Jahre zur Lösung der Probleme brauchen würde.
Daß dieser Zeitraum eindeutig zu kurz gewählt war, zeigte sich schon bald. Diverse Experimente in den verschiedenen Bereichen des magnetischen Einschlusses sowie der Laserinduzierten Fusion ergaben neue Probleme und damit eine Revision der Prognosen: 1 78 stellt man fest, daß die in den Experimenten erreichten Plasmaparameter innerhalb von Fünf Jahren um den Faktor zehn gesteigert werden konnten, was bedeuten würde, daß der 'Breakeven', als der Punkt mit ausgeglichener Energiebilanz 1 - 2 zu erreichen sei und daß noch deutlich vor 0 die Fusionsreaktoren einen nennenswerten Anteil an der Energieversorgung nehmen würden.
Am 1 6 9 8 wird die JET-Gruppe gegründet, die die Entwicklung, den Bau und die Forschung für das auf 12 Jahre ausgelegte JET-Projekt übernehmen sollte. Am 5 983 wird das erste Experiment im JET durchgeführt. Ziel des Projektes soll in einer späteren Ausbauversion des JET ein Brennzyklus von 0 s sein. Etwa zur gleichen Zeit wie JET, teilweise einige Jahre später, teilweise fr her laufen Projekte der UdSSR, Amerikaner und Japaner mit Namen T-15, TFTR und JT-60 an, die in der Größenordnung von JET liegen und hnlich nahe dem Lawson Kriterium kommen, jenem Punkt, an dem thermonuleares Brennen einsetzt. Die Zielsetzungen der Projekte sind geringfügig unterschiedlich, gemeinsames Ziel ist es jedoch, zu thermonuklearem Brennen in Zeiten bis zu 100 s zu gelangen. Bei allen Projekten handelt es sich um Tokamaks.
Seltsamerweise erst Ende der 0er Jahre beginnen Forschungen zur Sicherheit der Tokamaks. TESPE, ein Projekt der Kernforschungsanlage Karlsruhe (KfK), stellt ein verkleinertes Modell für einen Fusionsreaktor dar und ist neben Experimenten zu Wandmaterialien auch um die Erforschung von Störfällen bemüht, unter anderem bezüglich der 'Disruption', also dem plötzlichen Zusammenbrechen des Manetfeldes. Die Probleme und Ergebnisse, die die Forscher aus Projekten wie JET ziehen, erzwingen eine erneute Revision der Prognosen bezüglich der ersten Fusionskraftwerke. Erst
0, also Mitte des nächsten Jahrhunderts, wird die Kernfusion beginnen, einen Marktanteil an der Energieerzeugung zu erlangen. Und noch länger wird es dauern, bis ein nennenswerter Anteil der Energie aus Fusionsreaktoren kommen wird. Nichts desto trotz ist bereits die Planung des nächsten Projektes in Angriff genommen. ITER - der Internationale thermonukleare Experimental-Reaktor wird 9 7 ins Leben gerufen. Er soll der letzte Versuchsreaktor vor Erstellung des DEMO-Reaktors sein. Letzterer soll in ca. 0 Jahren als erster funktionsfähiger und stromerzeugender Reaktor die wirtschaftliche Produktion von Strom mittels Kernfusion demonstrieren. ITER selbst soll ab 9 7 gebaut werden, 2 04 fertiggestellt sein und 0 5 in Betrieb gehen. Seine Leistung soll bereits 0 0 MW betragen. Durchgef hrt wird dieses Projekt von den USA, GUS, Japan und der EG. Wissenschaftliche Erkenntnisse von allen Großanlagen der beteiligten Staaten fließen in dieses Projekt.
Internationale Forschungsprogramme
bersicht
Es gibt weltweit vier institutionell geführte Zentren der Kernfusionsforschung. Sie sind in ihrer Grö e etwa gleich und arbeiten parallel an ähnlichen Forschungsprogrammen. Dem bergeordnet sind drei internationale Expertengruppen (USA, Japan, Deutschland - Jülich), welche einen technologischen Austausch verwirklichen sollen.
Die Studiengruppe INTOR, bestehend aus europäischen, japanischen, sowjetischen und amerikanischen Wissenschaftlern erarbeiten im Auftrage der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien (IAEA) ein weltweites Gemeinschaftsprojekt (ITER - Internationaler Thermonuklearer Experimenteller Reaktor). Deutschlands Forschung wird weltweit als führend angesehen und hat gute Chancen für eine führende Beteiligung am ITER Projekt, evtl auch Standort für den ITER-Reaktor zu werden.
Europa/Deutschland
8 wurde in Europa ein gemeinsames Forschungsprogramm EURATOM gegründet. Ziel ist ein Demonstrationsreaktor DEMO (in etwa vierzig Jahren), der die prinzipielle Machbarkeit der Energiegewinnung durch Kernfusion deutlich machen soll.
Es gibt zwei gemeinsame Forschungseinrichtungen, die Gemeinsame Forschungsstelle (GFS) und der in Culham
aufgestellte Tokamak 'Joint European Torus' (JET, Baukosten etwa eine Mrd. DM). Das Nachfolge Projekt, der 'Next
European Torus' (NET), soll dann letztes Zwischenprojekt zum DEMO sein. Ansonsten sind die Programme auf die einzelnen Mitgliedsstaaten verteilt.
Getragen werden die Forschungen von dem Haushalt der EG und den Haushalten der einzelnen, nationalen Forschungseinrichtungen.
Hauptforschungsgegenstand sind magnetische Einschlußkonzepte, alternative Einschlußkonzepte werden nur mit etwa 0%
unterstützt.
Hauptforschungseinrichtungen in Deutschland sind hauptsächlich das IPP (Institut für Plasma-Physik in Garching mit Tokamak ASDEX, Stellerator Wendelstein), KfK (Kernforschungszentrum Karlsruhe) und das KFA (Kernforschungszentrum in Jülich). Sie sind in dem Europäischen Forschungsprogramm vollständig integriert.
KfK und IPP gründeten 2 eine Entwicklungsgemeinchaft zur Kernfusion.
USA
Die Kernfusionsforschung in den USA ist organisiert und überwacht von Department of Energy. Die Programme verteilen sich auf Großversuchseinrichtungen (Hauptteil), Universitäten und einige privat unterstützte Forschungseinrichtungen.
Es steht weltweit der größte Etat zur Verfügung. Die Programme sind aber in kurze Abschnitte aufgeteilt, so daß der Etat dynamisch, unstetig vergeben wird.
Als Versuchseinrichtungen stehen mehrere kleinere Tokamak-Experimente, ein MIGMA Experiment und ein Tokamak- Reaktor in Princeton (von der Grö e mit JET vergleichbar) und Trägheitseinschluß-Versuche (militärisches Interesse) zur Verfügung.
GUS
Versuchseinrichtungen sind ausschließlich staatlich unterhalten und koordiniert. Schwerpunkt ist hier die Plasmaphysik. Es wird an Programmen zur Tokamaktechnik (favorisiert) und zum MIGMA gearbeitet.
Japan
Die japanischen Versucheinrichtungen werden von mehreren Ministierien getragen und von einem bergeordneten, nationalen Gremium (JAERI) koordiniert. Private Firmen unterstützen die Forschungen beträchtlich durch die Entwicklung von benötigten Spezialtechniken (supraleitende Spulen, Vakuumtechnik, Plasmaheizung) Forschungseinrichtungen sind Großanlagen (Tokamak JT-60), diverse Einrichtungen der Universitäten und private Firmen. Es wird parallel an verschiedenen Einschlußverfahren und der Weitereintwicklung der magnetischen, toroidalen Einschlußtechniken
gearbeitet.
Diskussion möglicher Technischer Ansätze
Übersicht
Der Kernfusion liegt eine Reaktion zwischen zwei Wasserstoffisotopen , z B. Deuterium und Tritium, zu Grunde: 2H+ +
3H+ © 4He2+ + n0. Bei dieser Reaktion wird, nach dem Gesetz für den Massendefekt von A. Einstein, Energie frei. Um die Verschmelzung der Wasserstoffkerne zu Heliumkernen zu starten, muß das Wasserstoffgas auf eine Temperatur von ber 00 Millionen Grad Celcius erhitzt werden (2 0 Mio. Grad wurden schon erreicht). Zum Vergleich: Die Sonne hat auf ihrer Oberfläche eine Temperatur von 5 00 C und in ihrem Innern 5 0 00 C. Es entsteht dabei ein sogenanntes Plasma, ein Gemisch aus freien Wasserstoffionen und freien Elektronen.
Es wird mit Plasmen gearbeitet, die aus nur g Wasserstoffionen besteht. Die Thermische Energie des heißen
Wasserstoffplasmas reicht aus, um 00 kg Stahl zu verdampfen.
Um mit diesen hohen Temperaturen arbeiten zu können werden die Plasmen und ihre thermische Abstrahlung mit
Magnetfeldern, deren Stärke das 00 0 0 fache des Erdmagnetfeldes bersteigen, im Vakkuum eingefangen.
Bei den meisten Techniken treten energiereiche Neutronen auf. Da sie sich nicht durch Magneten auf eine definierte Bahn zwingen lassen, treffen sie auf das das Plasma umgebende Material und sind für dessen Verstrahlung verantwortlich. Sie werden aber dazu benuzt, um mit Lithium das meist benötigte Tritium herzustellen.
Prinzipiell kann man zwischen vier Techniken der Kernfusion unterscheiden: Die Induzierte Trägheitsfusion, die Fusion
mit magnetischem Einschlu , die kalte Kernfusion und die Fusion aus der Teilchenbeschleunigertechnik. Fusion mit magnetischem Einschluß
Die Fusion mit magnetischem Einschluß findet in geschlossenen Vakuumkammern statt. Das Gas, bestehend aus Wasserstoff, Deuterium oder Tritium oder Kombinationen dieser Stoffe, wird in dieser Kammer auf 50 bis 00 Millionen Grad erhitzt und liegt dann als Plasma vor, d.h. das Gas ist vollständig ionisiert. Durch Magnetfelder wird das Plasma auf eine Bahn gezwungen, die verhindert, daß das Plasma die Wand berührt. Unter hohem Druck und Temperatur kommt es schließlich zum thermonuklearen Brennen.
Allgemein ergeben sich beim magnetischen Einschluß folgende Probleme:
Durch die Schwierigkeiten beim Plasmaeinschluß und durch Verunreinigungen kommt es zu Energieverlusten
Durch Neutronenbeschuß wird das Reaktormaterial radioaktiv
Die extremen Bedingungen führen zu hohen Materialermüdung und damit zu hohen Kosten
Große gespeicherte Energiemengen in den Magnetfeldern und radioaktives Inventar stellen ein Gefahrenpotential dar.
Hoher Energiebedarf beim Betrieb durch die ben tigte Heizung und Magnete 0 MW Verbrauch einer mittleren
Großstadt!!).
Beim Magnetischen Einschluß gilt es noch, drei Reaktortypen zu unterscheiden:
Stellaratoren
Hier ist das Reaktorgefäß ähnlich wie beim Tokamak eine ringförmige R hre, also ein Torus. Das Plasma flie t hier im Kreis, wobei es durch geeignete Magnetfelder in sich verwunden wird, um Abstrahlungsverluste zu minimieren. Diese zusätzlichen Magnetfelder verkomplizieren die Technik des Reaktors. Auch erreicht man derzeit nicht den gewünschten Einschlußgrad (Produkt aus Druck mal Zeit).
Der Stellerator ist aber für die Konstruktion eines energieliefernden Reaktors dadurch sehr interessant, da er sich zum
kontinuierlichen Betrieb eignet (vgl. Tokamak).
Tokamak
Tokamak ist eine Abkürzung für die Russische Bezeichnung von Toroidkammer im Magnetfeld. Beim Tokamak handelt es sich um einen Torus, in dem das Plasma im Kreis fließt (vgl. Stellerator). Über ußere Spulen wird hnlich wie bei einem Transformator ein Strom im Plasma induziert. Durch diesen Strom werden die Abstrahlungsverluste minimiert, so daß kein Magnetfeld für die Verwindung des Plasmas notwendig wird. Zusätzlich stellt der Strom im Plasma eine Heizmethode dar. Mit den Tokamaks ist man den Bedingungen für selbsterhaltendes thermonukleares Brennen bisher am nächsten
gekommen, was vielleicht aber auch daran liegt, daß hier die intensivsten Forschungen getätigt werden.
Als Hauptnachteil des Tokamak ist zu nennen, daß er sich nicht für einen kontinuierlichen Betrieb eignet, sondern regelmäßig wieder neu mit Plasma aufgeladen werden muß (vgl. Stellerator), was auch eine extreme Belastung der Anlage ausmacht.
Spiegelmaschinen
Das Reaktorgefäß bildet eine gerade Röhre. An den Enden wird das Plasma durch entsprechende Magnetfelder in seiner
Flußrichtung reflektiert. Bei der Reflexion an den Ende kommt es zu erhöhten Energieverlusten. MIGMA-Konzept
Bei dem MIGMA Verfahren werden aus einem Teilchenbeschleuniger Teilchen (z.B. Deuteronen und Trionen) wiederholt zur Kollision gebracht und verschmelzen. Es ist mit diesem Konzept auch eine Fusion zwischen Protonen und dem Bor-11
Isotops möglich. Es entstehen vier energiereiche Alphateilchen (4He2+).
Das besondere an diesem Ansatz ist, daß kein radioaktives und toxisches Tritium benötigt wird und keine Neutronen enstehen, welche für die unerwünschte Radioaktivität verantwortlich sind.
Hauptproblem bei dieser Technik sind laut KfK die Energieverluste der Teilchen durch die entstehende
Synchrotronstrahlung.
Leider wird diese von einigen Physikern für genial gehaltene Technik weltweit ignoriert. Es werden zur Weiterentwicklung trotz ansehlicher Anfangserfolge in den 70 Jahren nicht genügend Fördermittel zur Verfügung gestellt. Grund hierfür
könnte sein, daß bei dieser Reaktion keine energiereichen Neutronen entstehen, die zu dem sehr interessanten
Nebenprodukt, dem spaltbaren Material, führen. Induzierte Trägheitsfusion
Ein Gemisch aus Deuterium und Tritium wird von einer kleinen kugelförmigen Hülle umgeben. Diese 1mm großen Kügelchen (Pellets) werden im Vakuum mit einem Hochenergielaser oder einem Leicht- oder Schwerionenstrahl beschossen. Bei der so herbeigef hrten Implosion wird das Wasserstoffgemisch auf ein fünfzigstel seines Volumens komprimiert. Die extreme Erhitzung läßt das fusionierende Plasma enstehen.
Durch Simulationen ließ sich ermitteln, daß der thermonuklare Energieausstoß typischerweise das Hundertfache der
Laserenergie beträgt.
Hauptproblem ist die Konstruktion der ben tigten kurzwelligen Hochenergielaser bzw. Beschleuniger. Des weiteren entstehen auch hier hochenergetische Neutronen.
Die Konstruktion eines energiegewinnenden Reaktors, der z B. zehn Pellets pro Sekunde zünden würde, wäre denkbar.
Kalte Kernfusion
Die Reaktion wurde aus theoretischen berlegungen schon in den vierziger Jahren von F. Frank und Andrej D. Sacharov vorhergesagt und 10 Jahre später durch einen Zufall von Luis W. Alvarez experimentell nachgewiesen.
Bei der kalten Kernfusion oder auch Myon -katalysierten kalten Kernfusion kann man die hohen Temperaturen und riesigen Versuchsaufbauten umgehen. Die kalte Kernfusion l uft bei Temperaturen ab 13 bis über 1 00 Kelvin in festen, fl ssigen oder gasförmigen Medien ab.
Die Reaktion kann in einer einfachen mit Tritium und Deuterium gefüllten Kammer durchgeführt werden. Hierzu läßt man
negative Myonen in die Kammer eindringen. Die Myonen stellen durch besondere Stoßprozesse enge Bindungen zwischen den Wasserstoffmolekülen her. Die so myonisch gebundenen Kerne verschmelzen und es wird Energie in Form von
Wärme frei. Die Myonen werden dabei wieder freigesetzt und können unter bestimmten Bedingungen weitere Fusionen
katalysieren.
Myonen kann man künstlich mit Hilfe von Teilchenbeschleunigern erzeugen. Damit ein Myon mehrere Kernfusionen katalysieren kann, sind hohe Energien für dessen Erzeugung notwendig.
Leider wird mehr Energie ben tigt, um die Reaktion ablaufen zu lassen, als später frei gesetzt wird. Die kalte-Fusion ist zur Zeit nur f r die Grundlagenforschung interessant. Es gibt bis heute keine reproduzierbare Versuchsanordnung mit positiver Energiebilanz.
Aspekte der TA Kernfusion
Technologischer Aspekt
Ziel der weltweiten Fusionsprogramme ist die konkrete Konstruktion eines Reaktors. Die prinzipielle Realisierbarkeit eines energieliefernden Reaktors ist nicht geklärt. Es wird gehofft, dies in sechs bis zehn Jahren beantworten zu können. Strategie hierbei ist die der wahrscheinlichsten Widerlegung, d h. man versucht die Unlösbarkeit zu beweisen. Einige Experten schätzen sogar, daß ein wirtschaftlich arbeitender Reaktor, ohne generelle konzeptionelle Anderungen der Fusionstechnik, ausgeschlossen ist. Die früheste Realisierung wird in 0 bis 60 Jahren angenommen.
Es muß dabei das sogenannte thermonukleare Brennen hervorgerufen werden, d.h. ein Plasmagemisch muß in einen Zustand gebracht werden, in dem die Umsetzung von Wasserstoff zu Helium kontrolliert und kontinuierlich vollzogen wird.
Die immanenten Probleme bezüglich der Realisierung oder einer Vorhersage werden durch die nichtlinearen
physikalischen Phänomene des Plasmas hervorgerufen. Hieraus entspringen zwei fundamentale Hindernisse:
Es ist nicht möglich einen kleinen Versuchsreaktor zu bauen und dann auf ein grö eres Modell hochzurechnen. Vorhersagen sind nur an einem der Gr e des Endreaktors entsprechenden Testreaktors zu erproben (immense
Kosten), die derzeitig zur Verfügung stehende Computerleistung reicht bei weitem nicht aus, um eine Simulation mit allen
Parametern zu errechnen (zwingende experimentelle Forschung).
So entstanden bei der Forschung immer neue unvorhergesehene Probleme, die die zeitlichen Prognosen über die
Verwirklichung der Programme sich nie bewahrheiten ließen.
Um einen Fusionsreaktor zu konstruieren, müssen parallel zur eigentlichen Plasma-Physik eine Vielzahl andere Techniken entwickelt werden, die auch für andere Anwendungsgebiete von Nutzen sein könnten (supraleitende Magneten, Radiosender im Höchstfrequenzbereich, intensive Teilchenstrahler, Vakuumtechnik, etc.). Wobei die Resultate dieser Forschungstätigkeiten wissenschaftlich als eher gering eingestuft werden.
Dadurch, daß die Fusionsprogramme ausschließlich institutionell koordinierte Großprojekte sind, sind die Bau-, Planungs- und Anh rungsphasen so lang, daß die angewanten Techniken, nach Beendigung eines Programmes wieder überholt sind. Ökonomischer Aspekt
Zur Zeit werden in Amerika, Asien und Europa jährlich etwa zwei bis drei Mrd. DM für funktionsfähige Fusionsreaktoren
ausgegeben. Von der Kommission der EG wurde das nächste europäische F nf-Jahres-Programm mit Aufwendungen von insgesamt 5 Mrd. Rechnungseinheiten (das entspricht etwa 4 Mrd. DM) vorgeschlagen.
Nach heutiger Absicht werden nur die Flagschiffe des amerikanischen und des europäischen Forschungsprogramms, nämlich TFTR und JET, bereits Tritium verbrennen und damit Eigenschaften eines echten Fusionsfeuers demonstrieren. Die Radioaktivierung ihrer Bauteile erfordert Abschirmungen und die Anwendung fernbedienter Spezialwerkzeuge für Reperaturen und zur Manipulation von Komponenten. Die INTOR-Studie (INTOR = International Tokamak Reactor), die von Europa, Japan, UdSSR und USA gemeinsam ausgearbeitet wurde, geht ber TFTR und JET noch hinaus und ist Symbol für die ersten Gehversuche auf dem Weg zu einem wirklichen Reaktor. Die letzte Entwicklungsstufe vor der kommerziellen Nutzung wäre die Demonstration eines ökonomischen Systems; diese liegt noch gut 0 Jahre vor uns. Ein nennenswerter energiewirtschaftlicher Beitrag der Kernfusion ist wohl erst in 0 Jahren zu erwarten.
Deutschland finanzierte 1 85 etwa 1 0 Millionen DM pro Jahr in eigene Fusionsprojekte und nocheinmal 00 Millionen
DM pro Jahr über die EG in das internationale Fusionsprogramm.
Der Bau und 20 jährige Forschungsbetrieb von NET wird voraussichtlich fünf Milliarden ECU 1 ECU ¯ 2 23DM, 8 )
kosten. Auf Deutschland fällt ein Anteil von f nf Milliarden DM (innerhalb von 20 Jahren). Vergleich:
Ein Bau eines Leichtwasserreaktors kostet etwa fünf Milliarden DM.
Um sicherzugehen, daß man für die Aufwendungen der Forschung auch den wirtschaftlichen Nutzen ziehen kann, wird vorgeschlagen, die Internationalisierung der Forschung auf einen Wirtschaftsraum zu konzentrieren.
Einer Einschätzung der Wirtschaftlichkeit von Fusionsreaktoren ist nicht sehr einfach. Es existiert noch kein funktionsfähiger Reaktor, der eine fundierte Kosteneinschätzung ermöglichen würde. Dies ist nach derzeitiger Einschätzung nicht vor dem Jahr 0 0 zu erwarten. Ein Vergleich der verschiedenen Kraftwerkstypen müßte sich auf diesen Zeitpunkt beziehen. Wie sich jedoch die Rohstoffpreise, Endlagerkosten und Steuern für die bisherigen Energieträger entwickeln werden, ist nur unsicher abzuschätzen.
Nach derzeit gängigen Schätzungen würden die Anlagenkosten für einen Fusionsreaktor zwei bis dreimal höher sein als bei einem Spaltreaktor und wesentlich höher als bei einem Brutreaktor. Auch liegt die Verfügbarkeit der Fusionsreaktoren
unter der von Spaltreaktoren, da Fusionsreaktoren häufiger gewartet werden müssen (Wandwechsel), wegen ihrer großen
Komplexität störanfälliger sind und die Energieerzeugung in relativ kurzen Zyklen abläuft. Um gegen ber diesen Reaktoren wirtschaftlich konkurrieren zu können, muß ein Fusionsreaktor also niedrigere Brennstoffkosten, h here Zuverlässigkeit, höhere Sicherheit und geringere Endlagerkosten aufweisen. Dies bedeutet, daß u.a. das Problem der geringen Wandlebensdauer gelöst werden muß.
Es ist jedoch nach wie vor nicht sicher, ob die Forschung schließlich einen funktionsfähigen Reaktor erbringen wird. Zwar ist eine Erweiterung des Fusionsprogrammes auf andere Reaktortypen nur mit einer geringen Budget-Steigerung möglich, da sich die Forschungsergebnisse weitgehend transformieren lassen, jedoch stellt sich die Frage, ob die Fusionsforschung
neben ihrem eigentlichen Ziel noch weitere Erkenntnisse von solcher Bedeutung erbringt, daß sie die hohen Forschungsgelder rechtfertigt. Die Fusionsforschung erbringt neue Erfahrungen und Ergebnisse im bereich Mikrowellen-, Vakuum- und Magnetbautechnik, jedoch ist die Bedeutung, die diesen Erkenntnissen beigemessen wird, eher gering. Sie würden bestenfalls den beteiligten Firmen Marktvorteile gegen ber Konkurrenten einräumen, was hinsichtlich der starken japanischen und amerikanischen Industrie bedeutsam sein kann. Nebenprodukte der Forschung, wie sie sich zum Beispiel in der 'Teflonpfanne der Weltraumforschung' finden, sind bei der Kernfusionsforschung nicht zu erwarten. Spin-off- Effekte sind wegen des eng begrenzten Aufgabenfeldes nicht zu erwarten.
In Anbetracht der bekannten Probleme und der langen Bauzeiten, bedingt durch die große Komplexität der Fusionsreaktoren, ist nicht vor 20 0 damit zu rechnen, daß Fusionskraftwerke nennenswert zur Energieversorgung beitragen, und auch danach wird der Anteil nur langsam steigen und nicht ber den, der heute von Spaltreaktoren erbracht wird, hinausgehen. Dies liegt auch darin begründet, daß Fusionsreaktoren wegen der hohen Anlaufzeiten und der geringen Verfügbarkeit nur als Grundlastkraftwerke geeignet sind.
Eine Möglichkeit, die Wirtschaftlichkeit der Fusionskraftwerke enorm zu steigern, ergibt sich aus der Brutfähigkeit der Reaktoren. Pro Energieeinheit erzeugen Fusionsreaktoren zehnmal mehr Neutronen als Spaltreaktoren, die zudem noch energiereicher sind. Einbringen von uran- oder thoriumhaltigen Materialien in die Reaktionskammer würde eine Erbrütung spaltbaren Materials ermöglichen. Mit dem so erbrüteten spaltbaren Materialien ließen sich zehn Spaltreaktoren gleicher Leistung betreiben, bei hochkonvertierenden Reaktoren (Brutreaktoren) sogar 0 - 0. Man geht sogar soweit, daß sich die Fusionsreaktion zum Erbrüten von Material lohnen würde, selbst wenn der Fusionsreaktor nicht zur Energieproduktion direkt benutzt werden würde, ja selbst, wenn der Reaktor nicht selbsterhaltend thermonuklear brennen würde, also getrieben werden müßte.
Einen ökonomischen Faktor stellt die Förderung der Forschung dar. Die bereitgestellten Mittel fließen ber die Forschungszentren an die Industrie, welche die Teile für Reaktoren, Versuchsanordnungen etc. produziert. Dies stellt einen wirtschaftlichen Faktor dar, der sogar zu Überlegungen führt, Länder, in denen die Reaktoren gebaut werden, verstärkt zur Finanzierung des gemeinsamen Forschungsprojektes heranzuziehen.
In den USA wird ein erheblich grö erer Teil der Forschungsunterstützungen von der Industrie aufgebracht. Insgesamt fördern die USA die Fusionsforschung mit ber 00 Mio. US-$ jährlich. Japan hat ein sehr ehrgeiziges Fusionsforschungsprogramm und fördert dies jährlich mit einem Etat, der dem gesamteuropäischen gleichkommt. Hier werden ebenfalls nennenswerte Beiträge von der Industrie geleistet. Dies liegt jedoch auch an der zum Teil engen Verknüpfung von Industrie und Universitäten. Den zeitlichen Verlauf der Förderprogramme kann man der Abbildung 1 entnehmen.
Ökologischer Aspekt
Ein Beweggrund für die Suche nach neuen Energiequellen ist die Reduzierung des CO2-Ausstoßes, da dieses Gas erheblich zum Treibhauseffekt beiträgt. Hier jedoch liegen die Chancen für einen Fusionsreaktor, zu dieser Problematik positiv beizutragen, nicht sehr gut. Zum einen liegt der Anteil der gesamten Energieproduktion am CO2-Ausstoß bei ca. 0%, zum anderen wird der Fusionsreaktor nicht als Ersatz f r Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen angesehen, sondern als weitere nukleare Option. Dies liegt in der technischen Natur des Fusionsreaktors begr ndet, in seiner niedrigen Verfügbarkeitszeit und langen Anlaufzeit. Nicht zuletzt ist mit Fusionsreaktoren derzeit nicht vor 0 0 zu rechnen, so daß bereits vorher Wege zur Verminderung des Treibhauseffektes gefunden werden müssen. Auch für einen Einsatz in Entwicklungsländern, wo der Bedarf an Energieversorgung in n chster Zeit stark steigen wird, ist der Fusionsreaktor wegen der Komplexität, der späten Verfügbarkeit und den hohen Kosten eher ungeeignet. Studien, welche den Vorteil der Fusionsreaktoren gegenüber den Spaltreaktoren hinsichtlich des CO2-Ausstoßes bei Förderung und Produktion der Brennstoffe und Materialien
untersuchen, liegen leider nicht vor.
Fusionsreaktoren benötigen zum Erreichen der Fusionsparameter bei derzeitiger Technik giftiges Beryllium. Die Handhabung und Verarbeitung ist durchführbar, wie JET beweist. Inwieweit jedoch das Beryllium wärend des Reaktorbetriebes nach außen gelangt, ist nicht bekannt.
An radioaktiven Materialien sind Tritium und durch Neutronenbeschuß aktivierte Reaktormaterialien zu beachten. Die Eigenschaften des Tritiums sind weitgehend erforscht. So liegen für das Tritiuminventar umfangreiche Gefahrenstudien vor. Problematisch ist die Handhabung des Tritiums dadurch, daß dieses Gas durch nahezu alle Materialien diffundiert, ganz besonders aber durch die stark erwärmten Reaktorwände. Technische Lösungen hinsichtlich der Gebäudeabdichtung sind teilweise vorhanden. Ein wichtiger und kaum beherrschbarer Austrittspunkt für Tritium ist jedoch das Kühlsystem, da sich einmal in das Kühlmittel gelangtes Tritium nicht wieder entfernen läßt. Hinsichtlich der Strukturmaterialien des Reaktors sind Vorhersagen und Risikoabschätzungen wesentlich schwerer aufzustellen, da noch kein endgültiges Reaktorkonzept vorliegt. Die Reaktorwand wird durch Neutronenbeschuß aktiviert und muß regelmäßig ausgewechselt werden, da der Neutronenbeschuß auch zur Materialermüdung führt, unterstützt durch die extremen Bedingungen, denen das Material ausgesetzt ist. So wurde zum Beispiel bei der ersten erfolgreichen Fusionsreaktin im JET 9 2 bei einem Tritiumanteil von 4% und 2 Sekunden Brennintervall die Reaktorwand so stark aktiviert, daß ein Betreten erst nach
mehreren Wochen wieder möglich war. Die Reaktorwand muß als radioaktiver Müll gelagert werden, so daß sich auch hier ein Entsorgungsproblem ergibt. Nach derzeitigen Einschätzungen wird die während des Reaktorbetriebes anfallende Abfallmenge sehr groß sein, grö er als die eines Spaltreaktors. Jedoch ist der Abfall anders geartet als bei Spaltreaktoren.
Je nachdem, welche Materialien schließlich gewählt werden, kann die Halbwertszeit des Mülls verhältnismäßig gering sein. Bei Verwendung von Titan und Vanadium ließe sie sich so reduzieren, daß nach 0 - 0 Jahren eine Wiederverwendung
der Materialien oder gar des Mantels möglich wäre. Dieser Vorteil wird jedoch deutlich geschwächt, wenn man beachtet, daß nach derzeitigem Kenntnisstand ein Wandwechsel wohl alle zwei Jahre erforderlich wäre, so daß trotz allem erhebliche
Lagerkapazitäten erforderlich wären und die Menge des radioaktiven Materials groß wäre. Hinsichtlich des
Gefahrenpotentials des Abfalles existieren noch keine detaillierten Studien.
Auch St rfallstudien gestalten sich noch schwierig, da noch keine endgültigen Daten für einen Reaktor vorliegen. Gefahrenpotential bergen die starken Magnetfelder und die in ihnen gespeicherte Energie. Ein plötzliches Zusammenbrechen der Magnetfelder würde zu einer mechanischen Zerstörung des Reaktors führen. Bei der derzeit geplanten Bauweise des Reaktorgebäudes (Containment) mit mindestens 2 5 m dicken Wänden (auch zur Strahlungsabschirmung) würde dies jedoch nicht zu einer Beschädigung desselben führen und somit wäre ein Austritt des Radioaktiven Inventares unwahrscheinlich. Ein Durchgehen der Fusionsreaktion (Leistungsexkursion), wie sie bei Spaltreaktoren möglich ist, wäre bei Fusionsreaktoren ausgeschlossen, da bereits geringe Verunreinigungen des Plasmas zum Erliegen der Reaktion führen. Kleinere Störfälle, wie z.B. ein Leck im Reaktorgefäß, hätten vergleichbare Folgen wie bei einem Spaltreaktor. Das Austreten radioaktiven Materials innerhalb des Containments wäre durchaus möglich. Ein Austritt radioaktiven oder toxischen Materials außerhalb des Reaktorgeb udes und damit eine Gefährdung der Umwelt durch innere Einfl sse ist also nahezu ausgeschlossen, nicht jedoch bei äußeren Einflüssen, die zur Zerstörung des Containments führen würden. Des weiteren ist anzunehmen, daß im normalen Betrieb die radiologischen Belastungen nicht niedriger als die eines Spaltreaktors ausfallen werden.
Sehr bemerkenswert ist, daß Risikostudien nahezu überhaupt nicht durchgeführt werden. Lediglich für Tritium wurden umfangreiche Studien angefertigt, wobei dies auch von großem Interesse hinsichtlich der Tritiumhandhabung im militärischen Bereich und in Spaltreaktoren ist. Selbst für JET wurden keine umfangreichen Studien angefertigt, welche sich mit den Möglichen Auswirkungen eines Störfalles beschäftigen. Erst Ende der 0er Jahre wurde an einem verkleinerten Modell eines Fusionsreaktors Störfallforschung betrieben. Die an diesem Testreaktor TESPE gesammelten Erkenntnisse ergaben eine weitgehende Beherrschbarkeit der möglichen Störfälle, jedoch ist wie bei den meißten Ergebnissen der Fusionsforschung eine Übertragung (Skalierung) auf größere Reaktoren nur begrenzt oder mit Faustregeln möglich. Der Nutzen dieser Studien ist also begrenzt. Allgemein wird darauf verwiesen, daß sich in großem Umfange den Risikostudien erst zugewandt wird, wenn die plasmaphysikalischen Probleme als lösbar gelten.
TESPE:
Der Kompakttorus TESPE steht in Karlsruhe, seine Aufgabe ist es Störfälle zu simulieren und mögliche Schwachpunkte in der Konstruktion des Torus aufzudecken. Er ist der erste seiner Art. TESPE ist ein verkleinertes Modell der Magnetkonfiguration künftiger Großanlagen. Die bisher untersuchten Störungen waren sowohl in ihren elektrischen wie in den thermischen und mechanischen Konsequenzen sicher beherrschbar. Das Experimentierprogramm an TESPE soll 9 8 abgeschlossen werden Spektrum der Wissenschaft Juni 1 8 )
Sozialer Aspekt
Aus den Gesprächen mit zahlreichen Experten aus den Deutschen Plasmainstituten gab es folgende Aussagen zu dem
Sozialen Aspekt.
Auf der Seite der Wissenschaftler
In Fachkreisen wird diskutiert, ob die Öffentlickeit berhaupt legitimiert ist informiert zu werden. Die Argumentation hierbei ist, daß die Öffentlichkeit aufgrund ihres mangelnden Wissens nicht in der Lage ist (wie auch das Parlament), die Problematik, die den Entscheidungen zugrunde liegt, zu durchschauen. Es wird bezweifelt, daß die in Erscheinung tretende Minderheit repräsentativ f r die ffentlichkeit ist. Die Inhalte der Außerungen dieser Minderheit seien von anderen Prozessen gesteuert, die mit der tatsächliche Meinung der Gesellschaft wenig zu tun haben. 'Meiner Meinung nach muß die Bevölkerung die wesentlichen Entscheidungen der Wissenschaft selbst berlassen ' (Wissenschaftlicher Direktor de IPP) . Als limitierender Faktor ist hier das fehlende Vertrauen der Bevölkerung zur Wissenschaft zu sehen.
Nach Meinung der Experten gibt es im Moment genügend Techniker und Wissenschaftler auf den relevanten Gebieten für
die Kernfusionsforschung. Man sieht aber eine große Gefahr falls die Geldmittel gekürzt werden, weil dann der Anreiz, in die Plasmaphysik einzusteigen, immer geringer wird, was einen Basisverlust bedeuten kann. Ebenso f hrt eine in ihrer Intensität abnehmende Forschung insbesondere im Bereich der Hochschulen zu einer sinkenden Zahl von Quereinsteigern. Da aber auch in n herer Zukunft kein erh hter Personalbedarf von Nöten sein wird, da eine Verkürzung der Entwicklungszeit durch eine grö ere Mitarbeiterzahl f r unwarscheinlich gehalten wird, gibt es kein Interesse an einer Aufstockung des Budgets. In einer denkbaren Auflösung der Arbeitsgruppen in den Großforschungseinrichtungen und
deren vollständigen Einbindung in europäische bzw. internationale Großprojekte wird eine große Gefahr für die Kontinuität der Forschung erkannt: Die Projektanbindung kann zu einem fast vollständigen Informationsverlust insbesondere bei einem Generationswechsel führen.
Ein weiteres Problem, das von den Experten genannt wurde, ist das es zu wenig Anreizmechanismen in den
Forschungseinrichtungen gibt. Außerdem die starre Besoldungsstruktur nach den Beamtentarifen wird als veraltet betrachtet. Außerdem ist die unentschlossene Haltung der Bundesregierung bemängelt worden. Aus Sicht der Experten hat man noch nicht die Notwendigkeit der kontrollierten Fusion verstanden. Führende Mitarbeiter in den Forschungseinrichtungen fühlen sich immer mehr als 'Kürzungsverwalter'. Anderungen der Rahmenbedingungen scheinen dringend erforderlich: Neben einer flexibleren Handhabung des Beamtentarifs wird auch eine Angleichung des wirtschaftlichen Vorsprungs ausländischer Gastwissentschaftler bei einer länderübergreifenden Kooperation gefordert, um sozialen Frieden zu bewahren. Wichtiger erscheint jedoch eine stärkere Motivation der Mitarbeiter durch politische Willensbildung und eine Verbesserung von Organisationsstruktur und Management.
Ein Dilemma für die Fusionsforscher besteht vor allem darin, daß sie nur ungern auf mögliche Vorteile von Fusionsreaktoren z.B. gegenüber Spaltreaktoren hinsichtlich Sicherheits- bzw. Umweltfragen hinweisen. Nach der Ansicht der Experten verschlechtert dies nur das (ohnehin geringe) Ansehen konventioneller Kerntechnik.
Über die Bewilligung von Forschungsgeldern haben die Forschungsministerien der Nationen zu entscheiden. Da hier jedoch selten in der jeweiligen Fachsparte kompetente Leute arbeiten, benötigen diese den Rat von Experten. Diese rekrutieren sich jedoch wegen des enormen Umfanges und hohen Anteils am Gesamtprogramm aus den geförderten Bereichen des Fusionsprogrammes, dem magnetischen Einschluß. Diese Forscher stehen unter einem gewissen Erfolgsdruck. In ihr Projekt, dem sie die Durchführbarkeit vorhersagten, sind gewaltige Gelder geflossen. Einzugestehen, daß Fehler gemacht wurden oder man sich gar auf einem toten Gleis der Forschung befindet, ist mit der Gefahr des Zusammenstreichens des Etats seitens der Ministerien verbunden und auch mit einem gewissen psychologischen Druck. Die Wissenschaftler, die die Projekte im Auftrage des BMFT begutachten, werden aus Loyalit tsgründen eher für ihre Kollegen urteilen. Insofern werden die Experten anderen Projekten, mögen sie auch ebenfalls Hoffnungen in sich bergen, keine Chancen geben indem sie zur Förderung raten, würde dies doch bedeuten, daß an ihrem Etat Abstriche fällig wären, da die Forschungsprogramme in ihrem Gesamtumfang begrenzt sind.
Ahnliche Mechanismen erschweren es den Forschern der nicht geförderten Projekte, in namhaften Zeitschriften Artikel zu
veröffentlichen. Die Redaktionen bedienen sich kompetenter Experten, um zu verhindern, daß unseriöse oder für den Fachmann offensichtlich lächerliche Artikel zur Veröffentlichung gelangen. Auch hier stammen die Experten meißtens aus den geförderten Projekten, und auch hier haben sie kein Interesse daran, eine Stimmung gegen ihre Projekte entstehen zu lassen.
Auf der Seite der Bevölkerung
Die ' ffentlichkeit' hat Einfluß auf die Forschung ber die Institutionen des Staates und den damit verbundenen Haushaltsmitteln. Das das große Mißtrauen der Bevölkerung gegenüber den Kerntechnologien wirkt sich auf die politische Förderung und eindeutige Stellungsnahme hemmenden aus.
In den siebziger Jahren wurde vor dem Hintergrund der Ölkrise die Kernfusion als DIE Lösung der Energieprobleme in der
Zukunft präsentiert.
Militärische Interessen und Forschungen werden als zivile Energieprojekte vorgestellt.
Der Standpunkt der Gesellschaft bezüglich der Akzeptanz der Fusionstechnologie ist nicht eindeutig bekannt und wird als Unsicherheit bei der Entwicklung des Reaktors angesehen. Dies läßt sich auf den geringen Informationsstand der Bevölkerung und das prinzipielle Mißtrauen gegen Kernenergieanlagen zurückführen.
Ein deutliches Akzeptanzproblem wird von allen Beteiligten erwartet. Das Problem der radioaktiven Freisetzung im Normalbetrieb und den Fragen der Endlagerung der radioaktiven Abfälle führt ohne Zweifel zu den selben Akzeptanzproblemen wie bei der Kernspaltung, auch wenn die Halbwertszeiten deutlich geringer sind und ein geringeres Gefährdungspotential der Reaktoren zu Grunde liegt. Man scheut aber gerade den Vergleich mit Kernspaltungsreaktoren, denn man wird Kernkraftgegner generell nicht von Kernenergie überzeugen können, da es immer ein Restrisiko geben wird. Dadurch werden auch wieder langwierige Genehmigungsverfahren von Nöten sein und können u. a. auch einen deutschen Standort für ITER gefährden. Wären Fusionsreaktoren heute verfügbar, wäre ihr Einsatz ähnlich dem von Brutreaktoren nachhaltig gefährdet.
Für die Zukunft wird eine deutlich Verstärkung der Kritik an der Kernfusion erwartet. Deswegen sollte man gezielte
Maßnahmen zur Verbesserung der Akzeptanz durchführen.
Grö tenteils wird die Auffassung vertreten, daß Akzeptanz keine Konstante der Geschichte ist. Zu diesem Thema gibt es einen interessanten Artikel von Cesare Marchetti 'Die Lebenskurve von Energiequellen lä t sich berechnen' Cesare Marchetti vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) behauptet, daß die Kernenergie sich noch ein Jahrhundert weiterentwickeln wird und dann erst von neuen Energieträgern abgel t wird. Er vergleicht die Skepsis gegenüber der Kernfusion mit der gegen ber der Einführung der Eisenbahn, des Autos oder der Elektrizität. Er sagt weiter: 'Sie gleichen oft bis in Details den Reaktionen auf die Kernenergie, so daß ein grundlegender Verhaltens-Mechanismus erkennbar wird. Als Ergebnis seiner Untersuchungen kommt er zu dem Schluß: Die Kernenergie wird erst nach dem Jahre
21 0 allmählich einer neuen Primäreenrgieart weichen. Als Grundlage für seine exakten Aussagen benutzt er die Volterra- Lotka-Gleichungen mit denen man die Marktanteile der einzelnen Energieträger berechnen kann. Die Gleichungen wurden
0 für die Biologie aufgestellt. Die tatsächlichen Kurven weichen nie mehr als 2 % Von den theoretischen Kurven ab. Diese Aussagen bedeuten, daß man die Lebenskurve einer Energie-Technologie errechnen kann, wenn man den Zeitpunkt ihrer ersten wirtschaftlichen Nutzung und die Daten bis zu einem Marktanteil von 2 bis 3 % kennt. Daraus ergibt sich der Zeitraum bis zum maximalen Marktanteil (Sättigung) dieser Technologie, dessen Höhe im Verhältnis zum Gesamtenergieverbrauch und der Zeitpunkt, wann diese Technologie wieder belanglos werden wird. Nach den Berechnungen für Energiequellen erwartet man um das Jahr 2 25 eine neue Energiequelle und das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kernfusion sein. Philosophen mögen den Schluß ziehen, daß technologische Innovationen immer den gleichen Entwicklungsgang nehmen, weil sich Befürworter und Gegner mit ihren Argumenten die Waage halten: Aus den n chternen Daten lassen sich derartige nachgeschobene Begründungen f r das vorsichtige Verhalten des sozioökonomischen Systems nicht belegen.'
Politischer Aspekt
Motiviert wird die immense Forschung an der Fusionstechnik hauptsächlich durch den benötigten, zukünftigen Energiebedarf und dem riesigen Energiepotential, das durch die Fusion erhofft wird. Ziel der Forschung ist hier die Konstruktion einer Energiequelle. Die Grundlagenforschung der Plasmaphysik ist ein Nebenprodunkt, und wäre als alleinstehendes Projekt mit den entstehenden Kosten nicht zu rechtfertigen.
Durch diese hohen Forschungskosten steht das Projekt unter extremen Erfolgsdruck. Sollte sich eine wirtschaftliche
Energiegewinnung durch den Fusionsreaktor als nicht möglich herausstellen, st nden Wissenschaftler und Forschung unter heftiger, öffentlicher Kritik. Es wird ein Einbruch in dem Vertrauensverhältnis zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit befürchtet. Daraus resultiert eine recht starre Politik bezüglich der Fusionskonzepte, an denen gearbeitet wird.
Die öffentliche Politik bezieht keine klare Stellung zwischen Für und Gegen der Kernfusion. Auch dies wirkt sich auf den Erfolgsdruck aus, da es die Perspektive der Forschung für die Zukunft im Dunkeln lässt. Von den Wissenschaftlern wird deshalb eine klarere Stellungsnahme der Politiker und Ma nahmen zur Verbesserung der Akzeptanz der Kern- und Fusionstechnik in der Öffentlichkeit gewünscht.
Die gemeinsame europäische Forschung und die großen Erfolge am JET-Projekt haben einen technologischen Vorsprung gegenüber den Programmen in der restlichen Welt entstehen lassen. Die Zusammenarbeit und Forschungskoordination in Europa wird als positiv bezeichnet.
Hingegen ist die Meinung bezüglich einer weltweiten Zusammenarbeit (ITER) nicht so einheitlich. Als Probleme werden
angesehen die soziale Unruhe aufgrund unterschiedlicher Entwicklungsniveaus weltweit, Einfluß der allgemeinen politischen Gegebenheiten zwischen den Ländern/Entwicklungsgemeinschaften. Es wird befürchtet, daß die untechnische Politik sich zu sehr auf die technologische (z.B. Standortbestimmung des ITER-Reaktors) auswirkt. Standortdiskussionen führten schon beim JET zu zweijähriger Verzögerung des Baues. Beim ITER-Projekt bemüht man sich aus diplomatischen Gründen wichtige Positionen international ausgeglichen zu besetzen. Dies war schon innerhalb von neun Monaten möglich. Was die Entschlossenheit der beteiligten Kartoffelbauern entschieden demonstriert.
ITER wäre das erste weltweite, technische Geimeinschaftsprojekt. Es wird deshalb auch ein Experiment der Koordination
und Diplomatie sein.
Die Fusionstechnik wurde erstmals vom Militär zur Entwicklung der Wasserstoffbombe intensiver untersucht. Ein kontinuierliches Interesse und Unterstützung des Militärs ist damit verbunden geblieben. Besonders deutlich wird dies in der Induzierten Kernfusion, bei der eine Nutzung für zivile Energiegewinnung als sehr unwahrscheinlich gilt. Ein h herer Pentagonbeamter habe sogar behauptet, daß die Laser-Induzierte Kernfusion der Öffentlichkeit nur als ziviles Projekt
vorgestellt wurde, um die finanziellen Ausgaben und Vorschungen zu legitimieren, es sich dabei aber ausschlißelich um ein
Militärisches Projekt handelt . Für das Miltär sind hauptsächlich die Abfallprodukte der Forschung (z.B. Hochenergielaser), Prestigegewinn (h heres Ansehen bei Wissenschaftlern durch uneigenn tzige Unterst tzung) und die Abfallprodukte der Energiegewinnung (spaltbares Material, Tritium f r die Waffenproduktion) interessant. Ein Tokamak-Experiment wird als eher uninteressant betrachtet. Daher ist ein weltweites Forschungsprogramm überhaupt möglich.
Aktuelle Fragestellungen der TA
Auf allgemeine Kritik unter den Wissenschaftlern stößt der fehlende öffentliche und politische Rückhalt der Forschungsarbeiten. Verantwortlich daf r sind Akzeptanzprobleme mit der Kernenergiekonzepten. Es wird eine Willensbildung gefordert, die eine klare Perspektive in förderpolitischen Fragestellungen aufzeigt.
Als empfohlene TA-relevante Fragestellungen zur Förderung der politischen Willensbildung gelten :
Abschätzung der Entwicklung der Stromerzeugungskosten aller Energieträger bei Berücksichtigung von Umweltkosten wie CO2-Steuer, Endlagerkosten etc , umfassende Bestimmung der radiologischen Belastung für Lebewesen aus einem Enbdlager heraus (Berücksichtigung des Unterschiedes von Spalt- und Fusionreaktoren), Vergleich des Gef hrdungspotentials einschließlich aller Apekte (von der Rohstoffgewinnung bis zur Stromerzeugung) für alle Energieträger Analyse der toxischen Belastungen durch die Bearbeitung un debn Einsatz von bestimmten Materialien, z.B. Beryllium, im Fusionsreaktor, Einfluß der Komplexität auf die Anlagenzuverlässigkeit (wichtig auch für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung), zukünftige Entwicklung der Stromnetze, Bedarfsanteile von zentraler und dezentraler Stromversorgung und zukünftiger Anteil von Brut- und Spaltreaktoren an der Energieerzeugung.
Weitere Punkte könnten sein:
Prüfung der derzeitigen institutionellen Förderung der Großforschungsprojekte, bensonders in Hinblick auf das zu erwartende weltweite Forschungsprogramm (ITER).
Analyse der öffentlichen Meinung zur sozialen und ökologischen Verträglichkeit des Fusionsforschung/-Reaktors.
Abschluß Kernfusion
'Die Fusionsforschung ist in mancher Hinsicht einmalig: Noch nie setzte sich die Grundlagenforschung ein so konkretes
Ziel wie einen Reaktor.
Noch nie erforderte ein technisches Produkt so intensive Grundlagenforschung wie der Fusionsreaktor.
Noch nie allerdings sollte ein technisches Produkt auch so fernab von allen alltäglichen, ja irdischen Maßstäben arbeiten.' (bild der wissenschaft 9 5, Seite 0 letzte Absätze)
Fachbegriffe zur Kernfusion
Blanket das den Reaktor auskleidende Brutmaterial
Brüten Umwandlung von nicht spaltbaren in spaltbares Material z.B : Uran-2 8 in Plutonium-2 9
Brutmaterial Radioaktives Material, das durch Neutronenbeschuß zu spaltbarem Material 'gebrütet' werden soll. Deuterium Wasserstoffisotop
Deuteron Deuteriumkern
Einschluß Unter dem Einschluß versteht man die Technik, mit der das aufgeheizte Gas (Plasma aus Wasserstoff - Isotopen) im Vakuum festgehalten wird, ohne mit den Reaktormantelmaterialien in Kontakt zu kommen.
IPP Institut für Plasma Physik in Garching (Unterabteilung des Max planck Instituts) Isotope Isotope sind
Atome gleicher Stoffklasse, aber unterschiedlicher Kernmasse. ITER International Tokamak Experimental
JET Joint European Torus (Europaisches Tokamak Projekt)
KFA Kernforschungsanlage Jülich
KfK Kernforschungszentrum Karlsruhe
Kontamination Unerwünschte Verunreinigung von Gegenständen durchradioaktive Stoffe Lawson-Kriterium Ist die
Beschreibung der Funktion aller idealisierten Parameter zur Kernfusion
Myon Myonen sind kurzlebige (Mtl. Lebensdauer 2ms) Elementarteilchen. Sie können positiv oder negativ geladen sein, haben ähnliche Eigenschaften wie Elektronen, aber eine 07 mal größere Masse. Sie kommen in der oberen Atmosphäre vor.
NET Next European Torus
Pellet Hohlkugel die Fusionspartner beinhaltet Plasma
Stellerator Ringförmige Anordnung von magnetischen Feldern für plasmaphysikalische Experimente
Tokamak Abkürzung für die russische Bezeichnung von Toroid - Kammer im Magnetfeld (Reaktor-Konzept) Tritium Wasserstoffisotop
Triton Tritiumkern
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