Europäisches Parlament, eine der grundlegenden
Institutionen der Europäischen Union (EU) und die einzige Körperschaft der EU,
die direkt durch die Bürger der Mitgliedsstaaten gewählt wird. Das Europäische
Parlament entstand 1952 als Gemeinsame Versammlung, um der Europäischen
Gemeinschaft für Kohle und Stahl (auch Montanunion) ein demokratisches Element
zu verleihen.
Als 1957 mit den Römischen Verträgen die
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft
(EURATOM) gebildet wurden, konstituierte sich die erweiterte Versammlung 1958
als gemeinsames Parlament dieser drei Gemeinschaften Montanunion, EWG und
EURATOM bzw. seit ihrer Fusion 1967 der Europäischen Gemeinschaften (EG). Den
Namen Europäisches Parlament gab sich die Versammlung 1962 selbst.
Die Plenarsitzungen des Parlaments finden
normalerweise in Straßburg statt, die meisten Ausschüsse tagen in Brüssel. Der
größte Teil der Sekretariate, also der Verwaltungsstab, hat seinen Sitz in
Luxemburg. Seit der letzten Erweiterung der EU 1995 setzt sich das Parlament
aus 626 Abgeordneten zusammen; seit 1979 werden die Abgeordneten durch
allgemeine Wahlen alle fünf Jahre direkt von der Bevölkerung der
EG-Mitgliedsstaaten gewählt. Die Sitze werden unter den Mitgliedsstaaten der EU
im Verhältnis zu ihrer jeweiligen Einwohnerzahl verteilt. Die
Europaabgeordneten sitzen nicht in Länderblöcken zusammen, sondern sind in
länderübergreifenden politischen Blöcken zusammengefasst. Oft werden
kurzfristig Koalitionen zu Einzelfragen gebildet, die ideologische und
nationale Grenzen überschreiten.
Im Vergleich zum Rat der EU und zur
Europäischen Kommission, der gesetzgebenden und der vollstreckenden Gewalt
(Legislative und Exekutive) der EU, sind die Machtbefugnisse des Europäischen
Parlaments begrenzt. Die gesetzgebenden Befugnisse des Parlaments waren
zunächst auf beratende Funktionen beschränkt; erst durch die Einheitliche
Europäische Akte (1987), den Vertrag von Maastricht (1992) und schließlich den
Vertrag von Amsterdam (1997) erhielt das Parlament deutlich mehr Rechte: Durch
das neu eingeführte Mitentscheidungsverfahren wurde die Gesetzgebungskompetenz
des Parlaments erheblich ausgeweitet und das Parlament in einigen Bereichen der
Gesetzgebung dem Ministerrat gleichgestellt; in bestimmten Bereichen muss der
Ministerrat die Zustimmung des Parlaments einholen; das Parlament kontrolliert
die Verwendung der Haushaltsmittel, erteilt der Kommission Entlastung für den
Haushalt, überwacht die Tätigkeiten der EU-Organe und kann gegebenenfalls der
Kommission das Misstrauen aussprechen. Das Parlament kann die Kommission
auffordern, Vorschläge für Gesetzesvorlagen zu unterbreiten; außerdem darf das
Parlament Missstände im Bereich des EU-Rechtes untersuchen. Das Parlament kann
theoretisch die gesamte Kommission entlassen, hat von diesem Recht aber noch
nicht Gebrauch gemacht. Der Kommissionspräsident und gesondert die gesamte
Kommission bedürfen nach ihrer Ernennung der Bestätigung durch das Parlament.