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12. Februar 1934 - Bürgerkrieg in Österreich
Für die meisten ist der Bürgerkrieg ein Teil der Geschichte, mit dem man wenig anzufangen weiß. Er ist jedoch von großer Bedeutung, da sich auf der ganzen Welt zum erstenmal Arbeiter gegen die drohende Machtergreifung durch Faschisten zur Wehr setzen.
Ursachen: Soldaten der alten k.u.k. Armee liefern nach dem Krieg ihre Waffen nicht ab. Sie hungern und greifen darum Bauernhöfe und Geschäfte an um Nahrung zu bekommen --> Bauern und Gewerbetreibende gründen Feld- und Flurwachen um ihr Eigentum zu verteidigen, später entwickeln sich daraus die Heimwehren. Das Heer das zu Beginn existiert um die Demokratie zu erhalten, steht immer mehr unter dem Einfluss der Christlich-sozialen Partei. Darum gründet die sozialdemokratische Partei eine heeresähnliche Organisation - den Schutzbund.
Die bürgerliche Regierung streicht den Arbeitern die am Anfang der Republik erkämpften Rechte und Leistungen. Mit dem Einsetzen der Weltwirtschaftskrise verlieren Gewerkschaften mehr und mehr an Macht und es gibt für heute unvorstellbare Arbeitslosenraten: bis zu 26%. Die Ereignisse in Schattendorf 1927 und der darauffolgende Freispruch der Schützen tragen nicht gerade zur Verbesserung der Lage bei. Tausende von Arbeitern versammeln sich vor dem Justizpalast, welcher als Protest gegen die Klassenjustiz in Brand gesetzt wird. Die Polizei schießt einfach mit Maschinengewehren in die Massen (89 Tote), was zu einem Generalstreik führt, mit dem jedoch nichts erreicht wird. Das zeigt die Ohnmacht der Sozialdemokraten. 1930 leisten Mitglieder der Heimwehr, aber auch der Christlich-sozialen Partei, den Korneuburger Eid: in spätestens 3 Jahren soll es keine parlamentarische Demokratie mehr geben. Es folgen einige Putschversuche (u.a. von "Fürst" Ernst Rüdiger Starhemberg) bis Fey als Staatssekretär für Sicherheitswesen von Dollfuß aufgenommen wird. Dollfuß grenzt mehr und mehr die (Sozial-)Demokratie ein. Nur in wenigen Bundesländern sitzen noch Sozialdemokraten in der Regierung, wie zum Bsp. in Oberösterreich. Hier war in der Landesregierung auch immer das Kräfteverhältnis zwischen den einzelnen Parteien konstant. Es gab 2 Landeshauptleute: Prälat Johann N. Hauser (1908-27) und Dr. Josef Schlegel (1927-34), welche mit den Sozialdemokraten kooperieren um eine starke Republik zu schaffen und ein Blutvergießen zu vermeiden. Aber auch die SDÁP ist in OÖ. anders: Gewerkschaften haben keinen großen Einfluss, da es wenig Industrie und viel Agrarwirtschaft gibt. Auch in der Politik gibt es einen wesentlichen Unterschied zur Bundespartei: das Sozialismusverständnis ist weniger marxistisch als humanistisch (Lassalle). Ab dem Sommer 1933 ähnelt aber auch die oberösterreichische Politik immer mehr der der Bundesebene. Die Sozialdemokraten lassen sich immer mehr von Dollfuß einengen, was zu Resignation unter den Anhängern führt. 1933 wird der Schutzbund verboten und das Parlament von Dollfuß ausgeschälten (aufgrund des "kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes" aus 1917. So häufen sich Waffensuchaktionen und Landeshauptmann Schlegel steht in der Christlich-sozialen Partei schon beinahe alleine da. Bernaschek - Leiter des Schutzbundes in Oberösterreich - ist fest entschlossen Widerstand zu leisten, weil die Heimwehren auch in O.Ö. anfang Februar 1934 die Landesregierung übernehmen wollen. Vizekanzler Fey sagt am Vorabend des 12. 2. : "Ich kann euch.. wenn auch nur mit kurzen Worten sagen: wir werden morgen an die Arbeit gehen und wir werden ganze Arbeit leisten". Die Lage wird immer brisanter und Bernaschek informiert wichtige Parteimitglieder in Wien, dass er sich vor der drohenden Parteizerschlagung durch die Exekutive und Heimwehren wehren wird und die Arbeiterschaft zum Generalstreik aufrufen wird.
Der Bürgerkrieg: in Linz: Bernaschek bereitet sich auf die Waffendurchsuchung im Hotel Schiff vor. Um 7 Uhr dringt die Polizei ein und verhaftet Bernaschek und andere Mitglieder der Schutzbundführung. Die Polizei wird dann wieder von einem MG-Schützen aus dem Haus vertrieben. Um 13 Uhr jedoch ergeben sich die Schutzbündler wegen Mangel an Munition und Moral, da der erhoffte Generalstreik nicht eintritt. Auch an anderen Schauplätzen wie zum Bsp. dem Wirtschaftshof, der Dienstwegschule, dem Polygonplatz (heute Bulgariplatz), dem Gasthaus Jägermayer und der Eisenbahnbrücke kann der Schutzbund die Stellung nicht lange halten. Es scheitert an der Desorganisation (viele Führer erschienen nicht beim vereinbarten Treffpunkt) und an der mangelhaften Bewaffnung. Einige Gruppen greifen gar nicht erst ein und der Generalstreik bricht zusammen. Außerdem sind die eigentlichen Feinde Angehörige der Heimwehren und nicht das Militär und Polizei. Es resultieren 13 Opfer (davon eine Hinrichtung: Anton Bulgari), 2 Selbstmorde und hunderte Verhaftungen. Viele fliehen in die CSR.
in Steyr: die Steyr-Werke werden schon beinahe im Sog der Weltwirtschaftskrise stillgelegt. Anfang 1934 stehen 1000 Beschäftigten in den S-Werken 3000 Arbeitslose gegenüber. Viele Sozialdemokraten resignieren und die Freien Gewerkschaften haben beinahe gar keinen Einfluss mehr. Am 12. Februar um 11 Uhr erfahren die Arbeiter vom Generalstreik und begeben sich auf die Ennsleiten - das Arbeiterviertel und Zentrum der Arbeiterbewegung. Der Schutzbund hält das Militär ab Mittag in Schach, obwohl viele hungerten (Arbeitslosigkeit!) und schlecht mit schlechten Waffen schossen. Gegen das gut ausgebildete Militär und die Polizei, die zur Verstärkung die Heimwehren im Rücken hatten, war die Chance lange durchzuhalten jedoch gering. Der Schutzbund hält dennoch die Stellung bis die Dunkelheit einbricht - Zeit zum Überlegen und Versorgen auf beiden Seiten. Aber am Nachmittag des darauffolgenden Tages geht die Munition für die Schutzbündler zuende und wer kann flieht, oder wird abgeführt. Bei Hausdurchsuchungen der "Roten Festung" werden ca. 1000 Männer von den Heimatwehren verhaftet. Zehn Tote waren auf Seite des Schutzbundes zu beklagen (davon eine Hinrichtung). Viele flüchten in die CSR, in die Sowjetunion, oder kämpfen im spanischen Bürgerkrieg auf Seite der Republik. Andere organisieren den Widerstand gegen Ständestaat und Nazis.
auf dem Land: hier hat man es sehr schwer Sozialdemokrat zu sein: als Arbeiter lebt man auf einer roten Insel im schwarzen Umland. In den Zeiten der hohen Arbeitslosigkeit muss man der Heimwehr beitreten, oder sich mit dem wenigen Arbeitslosengehalt zufrieden geben. Am 12. Februar in Attnang-Puchheim bereitet man im Sinne des Generalstreiks die Stillegung des Schienenverkehrs vor. Doch als der 11-Uhr-Zug eintrifft beschließt man keinen Widerstand zu leisten, da in den anderen Orten (z.B. Wien, Linz, Wels) der Streik schon niedergelegt worden ist. In diesen Tagen wird der fahrende Zug zum Symbol der Niederlage. In Stadl-Paura verlief der 12. Februar jedoch anders: 4500 ArbeiterInnen aus der Flachsspinnerei beginnen zu streiken. Schutzbund besetzt Schule und Postamt und am nächsten Tag die Salzkammergutstraße (Transporte der Exekutive). Truppen aus Wels drängen die Schutzbündler zurück in den Ort, wo diese Barrikaden errichten. In der Nacht zum 15. Februar beenden aber auch sie den Widerstand. Auch in Steyrermühl bricht der Generalstreik aus und der Schutzbund blockiert Telefonleitung und Züge. Am 13. Feb. können sie Gendarmerie in Schach halten. Aber genau wie in Stadl-Paura löst sich auch hier der Widerstand auf und viele gehen am 15. Feb. nach Hause. In WELS kommt es zu gar keinen Kampfhandlungen. Partei- und Schutzbundführer verhalten sich nicht der Situation entsprechend und werden bald verhaftet. Außerdem wurden seit 1933 einige Waffenlager ausgehoben. Ein Kurier möchte Schutzbündler dazu bewegen sich vor dem Wirt am Berg zu treffen, statt wie vereinbart in Gmunden. Doch zu diesem Zeitpunkt hat die Exekutive bereits die Kontrolle übernommen. Im Innviertel ist der Widerstand minimal, da sich der Schutzbund in einem 2-Fronten-Krieg befindet. Auf der einen Seite sind die Nazis, die durch die Grenznähe großen Einfluss haben, auf der anderen die Christlich-sozialen. Im Mühlviertel verläuft ebenfalls fast alles ruhig. Nur im traditionell sozialdemokrat. Mauthausen versammeln sich ca. 300 Schutzbündler. Doch als ihnen ihr Kurier die falsche Nachricht überbringt, dass in Steyr die Kämpfe bereits vorbei seien zerstreuen sie sich, bevor das Bundesheer eintrifft. Später jedoch helfen sie vielen politisch Verfolgten über die Grenze in die CSU. Auch in Gmunden ist der Schutzbund, wie im übrigen Salzkammergut, eine große Bewegung. Doch am 12. Feb. erhält man das Zeichen - die stehende Eisenbahn - nicht und so gehen alle wieder an die Arbeit. So ähnlich verläuft dieser Tag im übrigen Salzkammergut: Schutzbündler versammeln sich und gehen wieder auseinander. In der Folge wird Besitz sozialdemokratischer Vereine beschlagnahmt, der dann später wieder bei bürgerlichen Vereinen erscheint. Nur in Ebensee verläuft es anders. Die 9005-Einwohner Gemeinde wurde von der Weltwirtsch.-krise schwer getroffen (1934: 23,5% Arbeitslose). Um 12 Uhr mittags rufen die Sirenen zum Streik, und alle Arbeiter schließen sich an. Man riegelt den Ort durch Barrikaden ab, sonst bleibt aber am 12. alles ruhig, und so schickt man fast alle Arbeiter wieder nach Hause. Doch am nächsten Tag werden 2 unbedeutende Arbeiterführer von der Gendarmerie verhaftet, was am Mittwoch zu einer neuerlichen Demonstration der Arbeiterschaft führt. Nun übernimmt der Schutzbund total die Kontrolle des Ortes. Das Bundesheer hat großen Respekt vor dem Schutzbund. Doch als sie am Donnerstag einfallen ist alles schon vorbei, da die Schutzbündler die Aussichtslosigkeit der Lage erkannt haben und wieder einmal in sämtliche Richtungen flüchten. Die nachrückende Heimwehr läßt nach Hausdurchsuchungen einige Schutzbündler verhaften, die jedoch am Freitag vom Befehlshaber freigelassen werden - das macht Eindruck. Das Hausruck-Kohlenrevier ist die "rote Bergarbeiterrepublik". Auch hier ist die Arbeitslosigkeit extrem und so möchten sich alle Orte dem Generalstreik anschließen, was jedoch gar nicht so leicht ist, da die einzelnen Orte weit auseinander liegen. Holzleithen ist Treffpunkt für den Schutzbund, von wo aus sie den Hausrucktunnel lahmlegen und das Militär vorerst zurückdrängen. Am nächsten Tag zieht das Militär auf Holzleithen - der Schutzbund zieht ihnen entgegen. In einer Bergwerkskolonie kurz vor dem Ziel kommt es zum Schusswechsel. Dann zieht das Militär weiter zum Arbeiterheim in Holzleithen, wo sich nur noch einige Sanitäter des Schutzbundes und Zivilpersonen verstecken. Das Heim wird von Militär und Schutzbund gestürmt und einige Sanitäter exekutiert (S. 79). Es resultieren 15 Tote auf beiden Seiten + eine tote Zivilperson. Am 15. gehen die Kumpel wieder an die Arbeit, doch die Feindschaft bleibt - Nazis präsentieren sich als Rächer, was ihnen viele Freunde bringt.
Folgen: die Sozialdemokratische Partei wird sowie die Freien Gewerkschaften verboten. Straßen und Plätze werden umbenannt. Sozialdemokrat. Arbeiter werden z.T. entlassen und anstelle Mitglieder der Heimatwehren angestellt. Vereine werden geplündert und ganze Bibliotheken zensuriert. Die Presse kommt in die Macht der Exekutive. Etliche Verhaftete kommen vor Gericht und werden zu Haftstrafe oder gar Todesstrafe verurteilt. Was bleibt ist die zerstörte 1. Republik.
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