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1. Seminar für
Lehramtskandidaten
Das Spinweb-Theorem
(engl. Cobweb-Theorem)
INHALT
Einleitung
Volkswirtschaftliche Grundbegriffe
Wirtschaftsmathematische Funktionen
Annahmen
Drei mögliche Fälle
Der Schweinezyklus
Das Spinweb-Theorem - Einführung
Das Spinweb-Theorem - Beispiel
Das Spinweb-Theorem - Allgemein
Bilden der Gesamtfolge
Bilden von Teilfolgen
Länge des Anpassungsprozesses
Anwendungsbeispiel
ANHANG
Quellen
Folien
INHALT
Einleitung
Das so genannte Spinnweb- bzw. Cobweb-Theorem ist eines der bedeutendsten volkswirtschaftlichen Modelle zur Darstellung der Dynamik, mit der das Marktgleichgewicht erreicht werden kann.
Am Beispiel dieses wirtschafttheoretischen Modells kann man ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge zwischen einem mathematischen Instrumentarium und dessen Gebrauch in einer außermathematischen Wissenschaft fördern.
Bevor aber auf das Cobweb- bzw. auf deutsch das Spinnweb-Theorem eingegangen werden kann, müssen einige volkwirtschaftliche Grundbegriffe erklärt werden.
Volkwirtschaftliche Grundbegriffe
Angebot
Je höher der Stückpreis ist, den ein
Käufer für eine Ware bezahlt, desto mehr wird ein Anbieter davon produzieren
und zum Kauf anbieten, um einen möglichst hohen Verdienst zu erzielen.
Umgekehrt wird ein Anbieter umso weniger erzeugen, je geringer der Stückpreis
ist, den er für seine Ware erzielen kann. Die Abhängigkeit der Stückpreise von
den angebotenen Gütermengen lässt sich mit der Angebotsfunktion darstellen,
deren Schaubild als Angebotskurve bezeichnet wird.
Nachfrage
Wenn der Stückpreis fällt, vergrößert
sich in der Regel der Käuferkreis für eine Ware. Bei steigenden Stückpreisen
hingegen wird es umgekehrt immer weniger Käufer dieser Ware geben. Dieses
leicht erklärbare "normale" Käuferverhalten ist mit der Nachfragefunktion
darstellbar die die Abhängigkeit der Stückpreise von den nachgefragten Gütermengen
angibt. Ihr Graph wird als Nachfragekurve bezeichnet.
Marktpreis
Hat eine Ware einen Stückpreis, bei
dem die zugehörigen angebotenen und nachgefragten Gütermengen übereinstimmen,
so wird dieser als Marktpreis bezeichnet. Ein Stückpreis, der höher wäre als
der Marktpreis, würde bewirken, dass die Angebotsmenge die Nachfragemenge
überstiege, und hätte damit Angebotsüberhänge zur Folge. Umgekehrt würde ein
den Marktpreis unterschreitender Stückpreis dazu führen. Dass die nachgefragte
Menge größer wäre als die angebotene, so dass in diesem Fall Nachfrageüberhänge
entstünden.
Wirtschaftsmathematische Funktionen
Angebotsfunktion
Eine Funktion A, die jeder
angebotenen Menge x den zugehörigen Angebots-Stückpreis A(x) zuordnet, heißt
Angebotsfunktion
Nachfragefunktion
Eine Funktion N, die jeder
nachgefragten Menge x den zugehörigen Nachfrage-Stückpreis N(x) zuordnet heißt
Nachfragefunktion
Eigenschaften
Angebots- und Nachfragefunktion
sollen sich auf denselben Markt beziehen und für die nachfolgenden Untersuchungen
als linear vorausgesetzt werden. Von einigen Ausnahmefällen abgesehen, ist auf
den meisten Märkten der Graph der Angebotsfunktion streng monoton steigend, der
Graph der Nachfragefunktion streng monoton fallend. Diese Eigenschaften sollen
auch die hier betrachteten Angebots- und Nachfragefunktionen haben.
Marktgleichgewicht
Der Schnittpunkt von Angebots- und
Nachfragekurve wird als Marktgleichgewicht bezeichnet. Er kennzeichnet die
"ideale" Marktsituation, in der die gesamte angebotene Menge m auch vollständig
nachgefragt wird, ohne dass irgendwelche Angebots- oder Nachfrageüberschüsse
bestehen, und zwar zu dem so genannten Gleichgewichts- oder Marktpreis.
Annahmen
Das Cobweb-Theorem geht von folgenden Annahmen aus:
Die Erzeuger handeln als Mengenanpasser und richten ihre Pläne für die zukünftige Erzeugung an dem für die Zukunft erwarteten Preis aus. Während der laufenden Peiode ist die Angebotsmenge fix bzw. unelastisch.
Der gegenwärtige
Gleichgewichtspreis wird auch für die Zukunft erwartet.
Diese Hypothese ist nicht sonderlich plausibel, dass mit ihr impliziert wird,
dass die Anbieter nicht aus vergangenen Fehlplanungen lernen.
Zur Herstellung der Güter wird eine Periode benötigt.
Der Markt wird in
jeder Periode geräumt bzw. die Güter sind nicht lagerfähig.
Eine Lockerung dieser Annahme kann zu einer beschleunigten Annäherung an das
neue Gleichgewicht führen, da in Zeiten der Überproduktion Güter gelagert und
in Zeiten der Unterproduktion wieder verkauft werden können. Die kurzfristige
Angebotsmenge ist somit nicht mehr preisunelastisch.
Im Verlauf des Zyklus bleiben Angebots- und Nachfragekurve unverändert.
Drei Fälle
(konvergierend, divergierend, zyklisch)
Es kann nun zwischen drei Fällen unterschieden werden:
i) Ist die Steigung der Angebotskurve dem Betrag nach größer als die der Nachfragekurve, so kommt es zum konvergierenden Fall. Die bedeutet gleichzeitig, dass im Gleichgewichtspunkt die Angebotselastizität kleiner als die Nachfrageelastizität ist.
ii) Bei umgekehrtem Verhältnis (wenn also der Betrag der Steigung der Nachfragekurve größer ist als der der Angebotskurve) entsteht der divergierende Fall.
iii) Bei Gleichheit des Betrages der Steigungen liegt der Fall gleichbleibender Schwingungen vor.
Die drei möglichen Ergebnisse des Cobweb-Theorems (konvergierend, divergierend, zyklisch) sollen nun in Hinblick auf ihre empirische Bedeutung untersucht werden.
Dies ist beim divergierenden Fall nur innerhalb gewisser Grenzen möglich, da man sich nur schwer negative Preise und erst recht negative Mengen vorstellen kann. Dementsprechend wird der divergierende Fall in der Wirtshaftwirklichkeit nicht beobachtet, bzw. nur dadurch, dass z.B. der Markt (durch eine Aufsichtsbehörde) geschlossen wird oder der Handel mit diesen Gütern ausgesetzt wird.
Im Allgemeinen häufiger beobachtet werden jedoch die beiden anderen Fälle. Dies haben empirische Untersuchungen, beispielsweise auf den Märkten für Weizen, Schiffe, Wohnungen, Eier und insbesondere auf dem Markt für Mastschweine ergeben.
Der Schweinezyklus
So stellte man 1932 fest, dass der Verlauf des Schweinepreises regelmäßige, drei- bis vierjährige Zyklen aufweist. Dieser Schweinezyklus ist das klassische Beispiel für das zyklische Cobweb-Theorem.
Während die Nachfrage im Zeitverlauf jeweils etwa konstant blieb, änderte sich die Angebotmenge und damit auch der Preis zyklisch. Eine für die Landwirte günstige Relation zwischen Schweine- und Futterpreisen regte zu gestiegener Aufzucht von Schweinen an. Das vergrößerte Angebot erscheint aber erst nach einem timelag von ca. 15 Monaten (Zeit zwischen Ferkelzeugung und Schlachtreife) und kann dann nur zu einem geringeren Preis abgesetzt werden. Weitere 15 Monate später ergibt sich das umgekehrte Bild: niedriges Angebot zu hohen Preisen.
Grund dafür, dass die optimale Allokation verhindert wurde, ist vor allem die "naive" Erwartungsbildung. Statt aus den zyklischen Bewegungen der Vergangenheit zu lernen, richten die Produzenten wie im Coweb-Modell ihre Produktionsentscheidung am Preis der aktuellen Periode aus. Hierbei vergessen die Produzenten aber, dass, bereits erwähnt, die Schweine erst nach einer Zeitverzögerung von ca. 15 Monaten auf den Markt komen. Die Produzenten wollen somit auf eine aktuelle Situation reagieren, die Wirkung ihrer Maßnahme tritt aber erst später auf und bedingt ein Überangebot an Schweinen zum späteren Zeitpunkt.
Innerhalb einer Periode ist die Angebotsmenge mehr oder weniger konstant (es braucht Zeit, bis neue Schweine heranwachsen), so dass der Produzent seine Fehlplanung nicht korrigieren kann (preisunelastischer Verlauf der kurzfristigen Angebotskurve). Demzufolge kommt es zu den beschriebenen Schwankungen.
Heutzutage besteht aber die Möglichkeit, die Folgen des Schweinezyklus' zu mindern, da Lagerhaltung (Tiefkühlung) existiert. Überproduktion kann somit gelagert und in Zeiten der Knappheit wieder abgesetzt werden (wenn auch zu unterschiedlichen Preisen). Darüber hinaus kann exportiert und importiert werden.
Das Spinnweb-Theorem kann aber nicht nur auf Marktsituationen von Produkten angewandt werden. Auch der Arbeitsmarkt verhält sich nach ähnlichen Regeln:
In den 60iger Jahren wurden aufgrund akuten Lehrermangels die Gehälter dieses Berufsstandes drastisch heraufgesetzt. Eine Dekade später blickte die Nation auf eine Lehrerschwemme.
Spinnweb-Theorem (Einführung)
Wir werden im weiteren Verlauf nur die konvergierende Möglichkeit betrachten, bei der es durch einen Marktmechanismus zu einer Annäherung an das Marktgleichgewicht kommt. Dieser Prozess wird in der volkwirtschaftlichen Literatur wegen der optischen Wirkung als "Spinnweb-Theorem" (engl. "Cobweb-Theorem") bezeichnet. Er vollzieht sich in vier verschiedenen Phasen, die sich theoretisch unendlich oft wiederholen, bis das Marktgleichgewicht exakt erreicht ist. In der Praxis gibt man sic in der Regel mit einer Annäherung zufrieden.
Phase d1:
Der Stückpreis, zu dem die Menge a angeboten wird, ist niedriger als der Stückpreis, den der Nachfrager bei der Menge a zu zahlen bereit ist.
Phase d2:
Zu dem höheren Nachfrage-Stückpreis kann nun eine größere Menge angeboten werden. Es entsteht ein so genannter Angebotsüberhang bzw. Angebotüberschuss.
Phase d3:
Die größere Menge wird nun aber nur zu einem geringeren Stückpreis nachgefragt.
Phase d4:
Zu diesem geringeren Nachfrage-Stückpreis wiederum kann nunmehr nur eine geringere Menge angeboten werden. Es entsteht eine so genannter Nachfrageüberhang bzw. Nachfrageüberschuss.
Beispiel:
Angebotsfunktion:
Nachfragefunktion:
A und
Durch Auflösen nach m und Einsetzen in A(m) oder N(m) erhält man die Gleichgewichtsmenge und den Gleichgewichtspreis, also stellt der Punkt das Marktgleichgewicht dar.
Der Stückpreis, zu dem z.B. die Menge 1 angeboten wird, ist um 1,5 niedriger als derjenige Stückpreis, zu dem der Nachfrager bei der Menge nachzufragen bereit ist. Es gilt nämlich
Zu dem höheren Nachfrage-Stückpreis von 4,5 kann nun die größere Menge 1,5 angeboten werden, denn führt zu also entsteht der Angebotsüberhang
Die größere Menge wird nun aber zu dem geringeren Stückpreis 3,75 nachgefragt. Es gilt
Zu diesem geringeren Nachfrage-Stückpreis 3,75 kann nunmehr nur die geringere Menge 1,25 angeboten werden. führt zu , also entsteht der Nachfrageüberhang
Allgemein
Jetzt stellt sich die Frage ob die unendliche Summe aller Teilstreckenlängen des "Spinnweb-Polygons" einen endlichen Wert hat. Dieser Wert kann somit als Maß für den zeitlichen Umfang des Gesamtprozesses angesehen werden, also die Dauer bis zum Erreichen des Marktgleichgewichtes.
In Abhängigkeit von der gegenseitigen Lage von Angebots- und Nachfragekurve sind damit unterschiedliche Anpassungsprozesse bezüglich ihrer zeitlichen Dauer miteinander vergleichbar.
Um diese Aufgaben bewältigen zu können benötigt man Kenntnisse über die Themengebiete Folgen und Reihen, insbesondere geometrische, sowie Grenzwertbetrachtungen.
Wie bereits erwähnt werden die Angebots- und Nachfragefunktionen als linear vorausgesetzt und haben demnach Funktionsgleichungen der Form und mit und .
Somit ist das Anfangsglied der Folge , die die Längen der Einzelphasen des Anpassungsprozesses darstellt.
Bildet man jeweils die Quotienten zweier aufeinanderfolgender Glieder, so ergeben sich mittels der Steigungen mA und mN die nachfolgenden Beziehungen:
Die Glieder dieser Gesamtfolge lassen sich nun folgendermaßen in vier verschiedene Gruppen aufteilen.
i) Angebots-Überhänge: d2, d6, d10,
ii) Nachfrage-Überhänge: d4, d8, d12,
iii) Nachfragestückpreis-Überhänge: d1, d5, d9,
iv) Angebotsstückpreis-Überhänge: d3, d7, d11,
Aus den oben beschriebenen vier Gruppen der Gesamtfolge lassen sich nun nach lückenloser Nummerierung vier Einzelfolgen bilden:
Folge
der Angebots-Überhänge:
Folge
der Nachfrage-Überhänge:
Folge
der Nachfragestückpreis-Überhänge:
Folge
der Angebotsstückpreis-Überhänge:
Die Folgen (un), (vn), (pn), (rn) sind geometrische Folgen mit . Wegen und konvergieren sie genau dann, wenn gilt. In diesem Fall wird der Anpassungsprozess als kontrahierend bezeichnet. Der statische () und der explodierende () Fall werden im Folgenden nicht betrachtet.
Für den kontrahierenden Fall, der zum Marktgleichgewicht führt, gilt:
Länge des Anpassungsprozesses
Die zu den obigen vier Folgen gehörenden geometrischen Reihen haben Grenzwerte, die sich mit den bekannten Formeln bestimmen lassen.
Analog gilt:
Die Gesamtlänge s des aus unendlich vielen Einzelphasen bestehenden Anpassungsprozesses ergibt sich folgendermaßen:
sges > 0 wegen su, sv, sp, sr > 0
Anwendungsbeispiele
Die folgenden Beispiele sollen abschließend als Anregung dienen, wie unterschiedliche Anpassungsprozesse nach dem Spinnweb-Theorem mit Hilfe der Maßzahl s miteinander verglichen werden können.
Im Unterricht können diese in Themenbereichen wie Geradengleichungen, Schnittpunktberechnungen und Diskussionen gebrochen-rationaler Funktionen (mit den Funktionsvariablen mA bzw. mN) angewendet werden.
Gegeben sind vier Paare von Angebots- A und Nachfragefunktionen N mit folgenden Gleichungen [Folie]. Der Anpassungsprozess an das Marktgleichgewicht soll jeweils mit der Gütermenge a=1 beginnen.
i) Bestimme für jedes der vier Funktionenpaare die Gesamtlänge s des Anpassungsprozesses an das Marktgleichgewicht.
ii)
Spezialisiere
jeweils die allgemein gegebenen Steigungsmaße:
in (1): mN = -0,5
in (2) und (4): mA = 2
in (3): mA = 3
Berechne für diese Spezialfälle jeweils die Werte für s.
iii)
Jetzt können die
s Werte verglichen werden.
so verläuft der Anpassungsprozess zu (1) mit s = 18 doppelt so schnell wie der
zu (2) mit s = 9.
Wobei man mit diesem Ergebnis vorsichtig umgehen sollte. Es stimmt nur wenn man
sich auf das gleiche Produkt (ev. In einem
A N H A N G
Quellen
Mathematik Lehren / Heft 62
Angebot und Nachfrage - der Marktpreis als Grenzwert einer Folge (Wolfgang Göbels)
Volkwirtschaftliche Grundbegriffe:
Angebot
Nachfrage
Marktpreis
Wirtschaftsmathematische Funktionen
Angebotsfunktion
Nachfragefunktion
Marktgleichgewicht
Cobweb-Theorem geht von folgenden Annahmen aus:
a) Erzeuger handeln als Mengenanpasser
b) Der gegenwärtige Gleichgewichtspreis wird auch für die Zukunft erwartet.
c) Zur Herstellung der Güter wird eine Periode benötigt.
d) Der Markt wird in jeder Periode geräumt bzw. die Güter sind nicht lagerfähig.
e) Angebots- und Nachfragekurve bleiben unverändert
f) Es gibt keine Spekulation.
4 Phasen des Anpassungsprozesses
Phase d1:
Der Stückpreis, zu dem die Menge a angeboten wird, ist niedriger als der Stückpreis, den der Nachfrager bei der Menge a zu zahlen bereit ist.
Phase d2:
Zu dem höheren Nachfrage-Stückpreis kann nun eine größere Menge angeboten werden. Es entsteht ein sogenannter Angebotsüberhang bzw. Angebotüberschuss.
Phase d3:
Die größere Menge wird nun aber nur zu einem geringeren Stückpreis nachgefragt.
Phase d4:
Zu diesem geringeren Nachfrage-Stückpreis wiederum kann nunmehr nur eine geringere Menge angeboten werden. Es entsteht eine so genannter Nachfrageüberhang bzw. Nachfrageüberschuss.
Bilden der Gesamtfolge
Bilden von Teilfolgen
Gesamtlänge s
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