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Referat Der Wolf - Ökologie Verhalten Schutz - Systematik und Verbreitung, Morphologie

projekt referate

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Der Wolf


Ökologie Verhalten  Schutz

Spezialgebiet

Biologie und Umweltkunde

Systematik und Verbreitung

Systematik

Geographische Verbreitung

Morphologie

Außeres Erscheinungsbild

Maße und Körpergröße

Das Haarkleid

Körperbau

Unterschiede zwischen Wolf und Hund

Biologie und Ökologie: Individuum

Lebensweise

Lebensraum

Sinne

Lokomotion, Verhalten und Fährte

Aktivitätsverhalten

Biologie und Ökologie: Population

Räumliche Organisation

Sozialstruktur

soziale Verhaltensweisen

Das Jagdverhalten des Wolfes

Der Wolf im Bewusstsein des Menschen

Der Wolf als Schaffensmotiv

Der Wolf in Literatur und Kunst

Mythen und Legenden

Zu Angriffen gegenüber Menschen

Der Wolf in Gefangenschaft und Schutz des Wolfes

Der Wolf in Gefangenschaft

Der Schutz des Wolfes (am Beispiel Werner Freunds)

Quellenverzeichnis

Der Wolf ist namentlich allen bekannt, doch für viele ein unbekanntes Tier. Die Kinder erfahren von ihm schon in den ersten Märchen, alle sind an seiner Biologie und Jagd interessiert und haben über ihn eine Grundvorstellung; und fast jeder Jäger, der irgendwie mit dem Wolf in Berührung gekommen ist, hat zu ihm ein persönliches, emotionales Verhältnis. Allgemeine Meinungen und Urteile über den Wolf entsprechen häufig nicht der Wahrheit. Nach wie vor wird er, wie seit Jahrhunderten, häufig als umherziehende Bestie mit ungebremsten Instinkt zum Töten betrachtet.

1. Systematik und Verbreitung

Systematik

Der Wolf (Canis lupus Linnaeus) gehört zur Ordnung der Raubtiere (Carnivora). Sie werden durch bestimmte, gemeinsame Eigenschaften charakterisiert, die ein Ergebnis von ähnlichen Nahrungsgewohnheiten sind.

Das  sind vor allem die langen ,Eckzähne mit spitzen Enden, einfaches Verdauungssystem, üblicherweise scharfe Krallen sowie ein hochentwickeltes Gehirn.

Die Ordnung der Raubtiere besteht aus den ,Unterordnungen Landraubtiere (Fissipedia) und Wasserraubtieren (Pinnipedia), drei Überfamilien und mehreren Familien. Den Wolf zählt man nach GRZIMEK, 1988, zur Unterordnung ,Landraubtiere, Überfamilie Hundeartige (Cynoidea), Familie der Hunde (Canidea), Gattung Hunde (Canis) und mit dem Haushund zur Art Canis Lupus.

Körpermaße und Färbung der Wölfe sind so variabel, dass man in Nordamerika 24 Unterarten unterscheidet (NOWAK, 1985), in Europa werden neun Unterarten unterschieden (BIBIKOW, 1985). DAVID MECH hat 1970 bereits 24 Unterarten für Amerika und 8 Unterarten für Eurasien genauestens beschrieben.

Geographische Verbreitung

Die Verbreitung des Wolfes war einst sehr groß und umfasste Nordamerika, Europa, Asien (einschließlich der Arabischen Halbinsel) sowie Japan. Der Wolf besiedelte auch Hochgebirgsregionen, ausgedehnte Wüsten und den tropischen Dschungel. Von den Säugetieren wird die Größe des ursprünglichen geographischen Verbreitungsgebietes des Wolfes im Pleistozän nur vom Löwen (Panthera leo) und offensichtlich vom Menschen übertroffen (NOWAK, 1983).

Gegenwärtig tritt der Wolf in einem bedeutend kleineren Gebiet auf. In Nordamerika lebt er verhältnismäßig zahlreich nur in Alaska und Kanada, und in den Vereinigten Staaten überlebte die einzig größere Population nur im Staate Minnesota. Kleine, isolierte Populationen des Wolfes existieren noch in einigen anderen Regionen der Vereinigten Staaten und in Mexiko (NOWAK, 1983).

In Europa verkleinert sich das Areal der Wölfe im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte gewaltig. Zur Zeit gibt es Wölfe noch recht zahlreich in Südeuropa (ehemaliges Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien, Griechenland und Albanien) sowie in Mitteleuropa (Polen, Slowakei). Sie bewohnen auch einige Bergregionen in Italien, Spanien, Portugal sowie in sehr kleiner Zahl Schweden, Norwegen und Finnland.

Nur in Asien werden Wölfe allgemein angetroffen. Sie besiedeln Russland, die Mongolei, China, Indien, Korea, Afghanistan, Irak, Iran, Türkei, Saudi-Arabien, Syrien und Israel. Leider sind die Daten aus diesen Ländern (mit Ausnahme der ehemaligen UdSSR) fragmentarisch und wenig glaubwürdig.

2. Morphologie


2.1 Außeres Erscheinungsbild

Der Wolf ist ein "Raubtier", heute meist Beutegreifer genannt, der auch Tiere tötet und frisst, die bedeutend größer sind als er. Das wird sowohl in seinem Außeren als auch in seinem Körperbau widergespiegelt. Der Wolf ähnelt einem großen Hund. Er hat jedoch einen längeren Rumpf, einen höheren, aber verhältnismäßigen schmalen Brustkasten, und die Vordergliedmaßen scheinen in ihn hineingewachsen zu sein.

Lange Beine ermöglichen dem Wolf einen schnellen Ortswechsel sowohl im offenen Gelände, als auch im tiefen Schnee, der im Winter den größten Teil des geographischen Verbreitungsgebietes des Wolfes bedeckt. Die Ellenbogen der Gliedmaße sind nach innen gerichtet und die Füße nach außen. Vorder- und Hinterbein derselben Körperseite bewegen sich in einer Linie (Paargang). Den hinteren Fuß setzt der Wolf in die vorderen Spuren. Das ist eine Eigenschaft, die ihn vom Haushund unterscheidet. Denn dieser hinterlässt Spuren der vorderen und der hinteren Pfoten.

Der Kopf des Wolfes ist groß, hat eine breite Stirn, schräg sitzende Augen und eher kurze Ohren.

2.2 Maße und Körpergewicht

Der Wolf ist der größte Vertreter der Familie der Hunde (Caniden). In der Mehrzahl der Wolfspopulationen wiegen ausgewachsene Männchen 43 bis 46 kg und Weibchen 36 bis 39 kg (BIBIKOW, 1985). Obwohl vereinzelte Individuen erheblich schwerer sein können, übersteigt nur selten die Körpermasse der Männchen 55 kg und die der Weibchen 45 kg. (MECH, 1970). Bis 80 kg schwere Rüden und55 kg schwere Fähen konnten in Minnesota angetroffen werden. Der größte auf Alaska  getötete Rüde wog 79 kg. HEPTNER u.a stellten fest, dass ausnahmslos große Rüden auf dem Territorium der ehemaligen UdSSR bis 80 kg erreichen konnten. Als Bestätigung der Bergmannschen Regel sind Wölfe umso größer und schwerer, je weiter im Norden sie vorkommen. Zum Beispiel erreichen Rüden in Israel im Gegensatz zu den großen nordischen Wölfen nicht einmal 30 kg und Fähen nicht einmal 25 kg. (MENDELSSOHN, 1982)

2.3 Das Haarkleid

Die Färbung von Wölfen ist sehr unterschiedlich. Diesbezüglich stellen die Wölfe einer der Säugetierarten mit den meisten Varianten dar. Im geographischen Verbreitungsgebiet des Wolfes trifft man weiße, cremefarbene, dunkle, gelbliche, rötliche, graue und schwarze Individuen. Im Norden zeichnet sich die Farbe der Wölfe durch größere Veränderlichkeit aus. Oft trifft man schwarze und weiße Individuen. In der gemäßigten Klimazone, also auch in Mitteleuropa, überwiegt die graue Farbe.

Das Fell der Wölfe besteht aus verschieden gefärbten Haaren: weißen, schwarzen, grauen und braunen. Dunklere Haare überwiegen längs der Rückenmitte und des Schwanzes. Dagegen sind Bauch, Beine, Ohren und die Schnauze gewöhnlich nur dunkel getönt. Alte Wölfe sind oft grauer gefärbt als jüngere.

Das Fell des Wolfes setzt sich aus drei Arten von Haaren zusammen: Leithaar (Deckhaar), Grannenhaar und Daunenhaar (Unterwolle). Die Dicke der Haarbedeckung im Winter erreicht 6,6 cm. Sie schützt den Körper vortrefflich vor Wärmeverlust, auch bei sehr tiefen Temperaturen. Die Haare wachsen in Büscheln, die sich aus vielen Daunenhaaren und einem Leithaar zusammensetzen. Sie wachsen aus einem Haarschaft heraus. Drei Büschel verbinden sich zu einer Gruppe, und die Gruppen bilden unregelmäßige Reihen. Bei den Vertretern der Hundeartigen sind die Haarreihen in "Strähnen", die sich nach verschiedene Seiten neigen, angeordnet. Auf dem Rücken des Tieres bilden sich diese Reihen in der Regel vom Kopf in Schwanzrichtung und von der Rückenmittellinie zu den Seiten. Dagegen sind sie auf der Bauchseite sehr unregelmäßig angeordnet. (HILDEBRAND, 1952)

Die spezielle Anordnung der Haare auf dem Rücken und an den Körperseiten schützt den Wolf vor Regen und Schnee. Drei Schichten langer Haare (bis 13 cm) liegen dachziegelartig übereinander: die erste auf dem Nacken, die nächste über den Schultern, und die letzte reicht bis zum Schwanzansatz. Aufgrund dieser Anordnung fließt das Wasser wie von einem steilen Schrägdach ab. Die Reihe der langen Haare entlang der Rückenmitte (bis zu 17 cm), vom Nacken bis zum Ende der Schulter, bilden die sogenannte Mähne. Der Wolf sträubt sie in Situationen der Aggression und der Drohung.

GOLDMANN (1944) behauptet, dass der Wolf nur einmal im Jahr das Fell wechselt und der Fellwechsel sich über längere Zeit im Sommer hinzieht, wenn neue Haare die verlorenen ersetzen. Im Herbst hat der Wolf einen schon vollkommen veränderten Pelz. NOVIKOV (1956) hingegen gibt an, dass Wölfe das Fell zweimal wechseln, einmal Mitte April und ein zweites Mal von August bis September. Es scheint möglich, dass dieser Prozess in verschiedenen geographischen Breiten unterschiedlich abläuft. Wölfe, die in der gemäßigten Zone leben wechseln ihr Fell stufenweise. Sie verlieren das dichte Winterfell im Laufe von zwei Monaten (April - Mai). Der erneutet Nachwuchs der Winterbedeckung beginnt im August. Und schon im Herbst trägt der Wolf den Winterpelz.

2.4 Körperbau

Die inneren Organe des Wolfes werden wie bei anderen Wirbeltieren durch das Skelett zusammengehalten und geschützt. Die Knochen sind entlang der Wirbelsäulenachse symmetrisch angeordnet.

Die Wirbelsäule des Wolfes setzt sich aus 5 Abschnitten zusammen: 7 Halswirbel, 13 Brustwirbel, 7 Lendenwirbel, 3 Kreuzwirbel, die zu dem Kreuzbein zusammengewachsen sind, und 20 bis 23 Schwanzwirbel. Von den Brustwirbeln ausgehend verlaufen auf jeder Seite je 13 bogenförmig gekrümmte Rippen. 9 Rippenpaare sind mit dem Brustbein verbunden, 3 Paare vermittels des knorpeligen Rippenbogens, und das letzte Paar endet frei in der Muskelwand. Die vorderen Gliedmaßen sind mit der Wirbelsäule über das Schulterblatt verbunden, die hinteren über das Becken.

Der Schädel des Wolfes ist länglich. In seinem hinteren Teil befindet sich die Hinterhauptsöffnung, durch sie verläuft das Rückenmark bis zum Gehirn. Der Gesichtsschädel ist länger als der Teil des Schädels. in dem sich das Gehirn befindet. Das Hirnvolumen des Wolfes beträgt 150 bis 170 Kubikzentimeter, 30 Kubikzentimeter mehr als bei der Mehrzahl der Hunde. (KLATT, 1913).

Ein charakteristisches Merkmal des Schädels ist der äußere Sagittalkamm, der die Ansatzstelle des Unterkiefers bildet. Dieser "Kamm" verlängert sich vom Zwischenscheitelbein nach vorne und gabelt sich in den äußeren Stirnkamm. Die Jochbögen sind relativ weit nach den Seiten ausgewölbt, besonders bei den älteren Individuen. Der Unterkiefer ist sehr kräftig. Er setzt sich aus zwei symmetrischen Unterkieferknochen zusammen, dem rechten und dem linken, die im Laufe der Individualentwicklung sehr spät oder gar nicht zusammenwachsen.

Das Verdauungssystem des Wolfes umfasst die Mundhöhle, die Speiseröhre, den Magen, den Dünndarm und den Dickdarm. Der Magen-Darm-Kanal des Wolfes ist, wie bei anderen fleischfressenden Gattungen, bedeutend kürzer als bei Pflanzen- oder Allesfressern. Fleischnahrung, reich an Nährstoffen, erfordert keine komplizierte Aufbereitung. Die Wände der Speiseröhre sind sehr dehnbar, was dem Wolf das Schlucken großer Nahrungsbissen auch mit Knochenstückchen erleichtert.

Der Magen ist im Verhältnis zur Körpergröße sehr groß. Sein Inhalt kann 9 Liter erreichen und es handelt sich um einen einfachen Einkammer-Magen. Er ist auf der ganzen Innenfläche mit Schleimhaut beschichtet, die mit Drüsen ausgestattet ist. Der Dünndarm ist kurz, und seine Schleimhaut besitzt verhältnismäßig lange, dünne Darmzotten, die die Absorptionsfläche des Darmes vergrößern. Der Dickdarm ist nur unbedeutend dicker als der Dünndarm, glattwändig und relativ kurz.

Ein charakteristisches Merkmal aller Fleischfresser ist das Vorhandensein eines maximal erweiterten großen "Netzes". Das ist ein abgeflachter durchsichtiger Beutel, der ähnlich wie eine Schürze die Gedärme der Bauchhöhle von der Bauchseite und an den Seiten bedeckt. Er reicht vom Magen ist zum Beckeneinlass. Und einzig der Zwölffingerdarm, die Milz und die Blase sind nicht damit bedeckt. Das Innere der Wände des Bauchfells wird von Fettgewebe in Gestalt von streifenförmigen Fettablagerungen, die die Blutgefäße in der typisch maschenähnlichen Anordnung begleiten, durchdrungen.

Das Fettgewebe des Bauchfells hat Vorratscharakter. Seine Anwesenheit erleichtert die Darmperistaltik und wirkt thermoregulierend auf die Gedärme.

Das Zwerchfell trennt die Bauchhöhle vom Brustkorb, in dem sich Herz und Lunge befinden. die dunkelrote Lunge ist asymmetrisch. Der rechte Lungenflügel ist größer als der linke.

2.5 Unterschiede zwischen Wolf und Hund

Bekannt sind über 400 Rassen von Haushunden. alle Rassen haben den Wolf zum Stammvater. Jede Rasse ist infolge Selektion durch den Menschen entstanden, nachdem sie in prähistorischer Zeit von Jägern gezähmt wurden. Der Prozess der Domestizierung des Wolfes begann höchstwahrscheinlich vor mindestens 12 000 Jahren (CLUTTON-BROCK, 1987).

Der Wolf zeigt im Gegensatz zu den Hunden relativ wenig Varianten. Im Gegensatz zu den sich äußerlich sehr stark vom Wolf unterscheidenden Rassen wie Pinscher und Bulldogge ähneln Deutscher Schäferhund, Malamute, Husky und Layka dem Wolf. Es kann vorkommen, dass sich Wölfe mit diesen wolfsähnlichen Rassen kreuzen und deren Nachkommenschaft kaum von Wölfen zu unterscheiden ist. Gentechnische Untersuchungen geben heutzutage genauen Aufschluss über verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Hund, Wolf und deren Mischlinge.

Die Mischlingsfrage kann mit diesen Methoden durch Vergleichsuntersuchungen in der Regel entschieden werden.

Im übrigen haben Wolf, Kojote, Goldschakal und alle untersuchten Haushunde den gleichen Chromosomensatz: 38 Autosomen (Chromosomenpaare) und zwei Geschlechtschromosomen: XX = Weibchen, XY Männchen.

Morphologische Unterschiede zwischen Wolf und Hund: Im Allgemeinen trägt der Wolf den Schwanz waagrecht oder etwas gesenkt, Dagegen hält der Hund den Schwanz erhoben, oft auch eingerollt.

Der Wolf hat eine Violdrüse, diese fehlt beim Hund.

die Hinterpfoten setzt der Wolf auf die Spur der Vorderpfoten, während der Hund seine Hinterpfoten zwischen die Spur der Vorderpfoten setzt.

Wölfe haben nur eine Fortpflanzungssaison im Jahr, Hunde hingegen meistens zwei.

Die meisten Hunderassen haben eine kürzere Schnauze als der Wolf. Nur der Schottische Schäferhund, Colli, hat eine dem Wolf ähnlich lange Schnauze.

Außerdem hat der Wolf ein ausdrucksvolles Gesicht aufgrund der breiten Haarbüschel, die nach außen und etwas nach unten gerichtet unterhalb der Ohren wachsen.

Anatomische Unterschiede: Nach den meisten Autoren liegen die Unterschiede zwischen Wolf und Hund vor allem bei den Schädelmerkmalen. Besonders auffällig ist die unterschiedliche Größe des Augenhöhlenwinkels, das heißt des Winkels zwischen der Linie, die durch den oberen und unteren Rand der Augenhöhle führt, und der Linie, die längs der Linie des Scheitels des Schädels, senkrecht zur Längsachse läuft. Beim Wolf beträgt dieser Winkel 40 bis 45 Grad, bei Hunden 53 bis 60 Grad, beim Deutschen Schäferhund jedoch 50 Grad. Er ist dem Wolf am ähnlichsten.

Ein weiterer Unterschied besteht in Form und Größe der Ohrmuscheln, der typischen Knochengebilde des inneren Ohres. Wölfe haben große, gewölbte und fast kugelförmige Ohrmuscheln, während die der Hunde kleiner und etwas abgeflacht sind. Hier treten aber große individuelle Unterschiede auf.

Ein weiterer Unterschied ist, wie bereits erwähnt, das Volumen der Gehirnkapsel, das beim Wolf entschieden größer ist..

SUMIŃSKI (1975) gibt auf der Grundlage seiner Untersuchungen von 145 Wolfsschädeln und 165 Schädeln großer Hunde bedeutend mehr Unterscheidungsmerkmale zwischen Wolf- und Hundeschädel an.

3. Biologie und Ökologie: Individuum

3.1 Lebensweise

3.1.1 Lebensraum

ursprünglich war die geographische Verbreitung der Wölfe sehr groß. Das zeigt, dass sie hinsichtlich des Umwelttyps sehr anpassungsfähig sind. Die Besiedlung eines Gebietes durch Wölfe hängt vor allem davon ab, ob dort Wasser vorhanden ist und auch Tierarten leben, von denen sich die Wölfe ernähren können. Das Vorhandensein entsprechender Plätze für das Anlegen von höhlen ist zweitrangig. In Nordamerika lebten die Wölfe in großen Gebieten, vom offenen, mit Bäumen bewachsenen inneren Mexiko, in der Prärie und in den Bergen im Herzen des Kontinents, bis zu den nördlichen Wäldern und Tundren.

In Asien treten die Wölfe in der Tundra, in der Waldtundra des nördlichen Sibiriens, in der Taiga, in den Waldsteppen, in den Steppen, in den Halbwüsten und in den hochgelegene Regionen (bis 5500m über NN) des Kaukasus, Altaigebirges und Pamirs auf. Es ist bekannt, dass einige Wölfe auch im südlichen Teil des Kontinents (China, Indien, Afghanistan) vorkommen.

Als Europa vor Jahrhunderten mit Wald bedeckt war, war der Wolf in diesem Lebensraum integriert. Deshalb ist er in unserer Vorstellung ein Waldtier. Überdies konnte der Wolf auch nur in diesem Lebensraum überleben. Denn mit der wachsenden Bevölkerungsdichte, sowie der Expansion von Ackerbau und Viehzucht wurde er verfolgt.

Für die Höhlen wählen die Wölfe entlegene und unzugängliche Plätze aus. Die Plätze liegen jedoch immer in der Nähe von Wasser, an Flüssen, Bächen, Quellen, Seen, Mooren und sogar an tiefen, nicht ausgetrockneten Pfützen, nicht beunruhigt durch den Menschen, benutzen Wölfe oft denselben Bau oder die Höhlen über viele Jahre. CARBYN (1975) stellte in Kanada fest, dass dieselbe Höhle ununterbrochen 15 Jahre lang benutzt wurde.

Es scheint, dass Wölfe ähnlich wie andere Tiere, die dem Besiedlungsdruck des Menschen unterliegen, in hohen Maße seine Gewohnheiten und Umweltpräferenzen ändert. In Italien sind Wölfe ständige Stammgäste auf Müllkippen der Dörfer. Sie finden dort immer Nahrungsreste, und sehr häufig paaren sie sich dort mit Hunden. So ist die zahlreiche Nachkommenschaft von Hybriden (Mischlingen, Bastarden) entstanden. Es besteht die sehr große Gefahr, dass der Wolf dort als reine Art verschwindet.

3.1.2 Sinne


Entscheidend für den Jagderfolg des Wolfes ist sein überaus empfindlicher Geruchssinn. Seine Wechselbeziehung mit der Umwelt werden vor allem über Geruchssignale aktiviert. Der Empfindlichkeitsbereich auf Geruchsreize, die sich im Inneren der Nasenhöhle befindet, ist flächenmäßig 14mal größer als die des Menschen. Die Fähigkeit zur Geruchswahrnehmung des Wolfes ist nach MECH (1970) über 100malgrößer und nach CURTIS (1979) sogar millionenmal größer als die des Menschen.

Wölfe können die Beute bei günstigem Wind aus einer Entfernung  von über 250m aufspüren. Jedoch bei sehr ungünstigem Wind oder Seitenwind werden die Opfer nicht wahrgenommen oder zumindest nicht genau geortet. MECH beobachtete, dass Wölfe ihre Opfer sogar, als der Wind in Richtung der Wölfe wehte, auf eine Entfernung von 2.5 km wahrnahmen.

Nicht durchgeführt sind ausführliche Untersuchungen über das Gehör des Wolfes. Es gibt jedoch sichere Daten über Hunde. Und Wölfe haben sicherlich kein schlechteres Gehör als Hunde.

Die Fähigkeit zur Wahrnehmung von tiefen Lauten unter 250 Hz ist bei Mensch und Caniden ungefähr gleich. Je höher jedoch die Töne, desto besser hören die Hunde und desto schlechter die Menschen. Hunde hören Töne bis zu 26 000 Hz. Sie können auch auf der Tonleiter nebeneinander liegende Töne unterscheiden.

JOSLIN (1966) behauptet, dass Wölfe auf seine Heulprobe, die unumstritten schwächer als das echte Wolfsgeheul war, aus 6 km Entfernung antworteten.

Dank der großen Beweglichkeit der Ohren und ihrer Einstellungsmöglichkeit unter verschiedenen Winkeln können sie sehr gut den Standort der Schallquelle bestimmen. Der Gesichtssinn des Wolfes reicht entgegen früher geäußerten Ansichten nicht an die Fähigkeit des Geruchssinns und Gehörs heran, obwohl er auch hoch entwickelt und besonders empfindlich bei der Fortbewegung ist.

Es ist nicht leicht, die Intelligenz des Wolfes zu bestimmen und mit andern Tierarten zu vergleichen. Auf jeden Fall besitzt der Wolf die große Fähigkeit, sich veränderten Bedingungen anzupassen. Er lernt leicht und kann sich an das Gelernte lange Zeit erinnern. Vergleichende Untersuchungen an jungen Wölfen und Hunden ergaben, dass Wölfe entschlossener und besser Aufgaben lösen, die kombinatorisches "Denken" erfordern, als Hunde.

3.1.3 Lokomotion, Verhalten und Fährten

Der Wolf tritt, ähnlich wie alle Vertreter der Hundeartigen mit den Zehen und nicht mit der ganzen Fläche des Fußes auf. Die "Ferse" der hinteren Gliedmaße befindet sich hoch oben. Die vorderen Gliedmaßen sind mit 5 Zehen ausgestattet, von denen aber eine davon den Boden nicht berührt. Die hinteren Gliedmaßen haben 4 Zehen. Jede Zehe ist mit einer großen kissenförmigen Kuppe versehen, weich und federnd, einer hornigen Fläche. Abgeschlossen ist sie mit einer dicken, stumpfen und nicht einziehbaren Kralle. Jeder Fuß hat einen ausgedehnten 5teiligen Ballen. Die Bauweise des Wolfsfußes lässt eine Schnelligkeit, die der von Hirschen entspricht, zu. Gleichzeitig ist sie erforderlich um sich geschickt über Gestein, Baumstümpfe und andere Unebenheiten fortbewegen zu können. Wolfsfährten sind auf den ersten Blick nicht leicht von denen großer Hunde zu unterscheiden, besonders im lockeren, flockigen Schnee. Der Abdruck der Pfote eines erwachsenen Wolfes ist bedeutend größer als der eines durchschnittlich großen Hundes. Dennoch sind große Hundespuren von Spuren kleiner Wölfe nicht zu unterscheiden. HARRIS und REAM (1983) verarbeiteten zuverlässige Größenparameter der Wolfsspuren (Verhältnis zwischen Größe und Verteilung einzelner Elemente der Pfotenabdrücke), die charakteristisch für Wölfe aus verschiedenen geographischen Regionen sind und zur Identifizierung von Wolfsspuren genutzt werden können.

Es ist jedoch für Jäger und Biologen schwer, diese Methode im Gelände einzusetzen.

Die Wolfsfährte ist etwas länger als die des Hundes, besonders sind ihre einzelnen Elemente stärker abgedrückt (insbesondere 2 vordere Krallen, die stärker und länger sind als die Krallen des Hundes sind). Die Abdrücke der Mittelzehenkuppen sind beim Wolf im Verhältnis zu den äußeren Zehenkuppen höher gelegen als beim Hund., die Fersen des Hundes sind oval, ebenfalls die Ferse der Hinterpfote des Wolfes. Dagegen ist die Ferse der Vorderpfoten des Wolfes herzförmig. Das Trittsiegel der Vorderpfote ist breiter als das der Hinterpfote.

Die Größe der Abdrücke der Wolfspfoten ist abhängig von Alter, Geschlecht sowie individueller Eigenschaften. Bei erwachsenen Wölfen beträgt sie10 bis 13,7 cm in der Länge und 8 bis 9 cm in der Breite. Die Länge der Pfotenabdrücke junger Wölfe (im 1. Lebenswinter) beträgt ungefähr 8 cm und die Breite 6 bis 7 cm. Zum Vergleich beträgt die Fährte eines erwachsenen Bernhardiners im Durchschnitt 11,8 cm bis 12,9 cm in der Länge.

Diese Daten sind subjektiv und betreffen individuelle Eigenschaften der Spuren von Wölfen und Hunden. Denn sie wurden unter Beachtung folgender Faktoren gewonnen: Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Wolfes in einem bestimmten Territorium, Nähe menschlicher Ansiedlungen, Anzahl der Individuen im Rudel und Größe der vorgefundenen Exkremente. Sicherheit ob es sich um eine Wolfs- oder Hundefährte handelt, kann man erst erlangen, wenn alle eben genannten Informationen beachtet wurden.

Ein sich frei bewegender Wolf "schnürt" im Trab ("Wolfsgang", "Wolfstrollen"). Die Fährte ist in diesem Falle in der Struktur ähnlich der Fährte des Fuchses. Sie unterscheidet sich jedoch in der Größe und durch unregelmäßige Abstände zwischen den Spuren einzelner Gliedmaßen sowie in den größeren Abweichungen der Spuren von der gedachten Mittellinie.

Ein im Trab laufendes Wolfsrudel hinterlässt in der Regel nur eine Spur. Denn die einzelnen Individuen treten in die Spur des Vorgängers. Nur ein geübter Spurenleser kann entscheiden, ob das die Spur eines Wolfes oder mehrerer Wölfe ist. Um die Anzahl der Wölfe in einer Gruppe zu bestimmen, muss man der Fährte in  entgegengesetzter Richtung zu den Wölfen abgehen. Auseinander geht die Spur eines Rudels am häufigsten an Ufern von Gräben, neben Abgrenzungspfosten, einsamen Bäumen und Sträuchern wo die Wölfe in der Regel ihr Territorium kennzeichnen. Ahnliches tritt bei erlegter Beute oder an Kadavern zutage. Man kann dann die Anzahl der Individuen im Rudel auszählen.

Der Wolf bewegt sich im Galopp, wenn er aufgescheucht ist, oder Beute jagt. Infolge der breiten Anordnung der Zehen ist die Spur dann tiefer eingedrückt und größer als im Trab. Bei ruhigen Galopp beträgt der Abstand zwischen den einzelnen Schritten 65 bis 85 cm, aber im vollen Galopp kann er von 1,5 m bis sogar in Ausnahmefällen 6m betragen. Auf kurzen Abschnitten bei Verfolgung oder auf der Flucht erreicht der Wolf eine Geschwindigkeit von 55 bis 70 km/h. Im Trab beim Vorrücken auf weite Entfernungen kann er über längere Zeit ein Tempo von 8 km/h einhalten. Wölfe finden sich auch im Wasser sehr gut zurecht. Sogar im Winter hat man beobachtet, dass Wölfe nach Beute schwammen, wenn diese im Wasser Schutz suchte.

3.1.4 Aktivitätsverhalten

Jahresrhythmik und Aktivitäten sind eng mit der Fortpflanzung der Wölfe verbunden. Jungenaufzucht und Jugenpflege bedingen jahreszeitlich unterschiedliche lokomotorische Aktivitäten und Territoriumsnutzung.

MECH (1970) unterscheidet eine sesshafte und eine Wanderphase.

Die sesshafte Phase beginnt kurz vor der Geburt der Jungen. Die Wölfe halten sich dann in der Regel nahe der Höhle auf, und ihre Jagdausflüge sind verhältnismäßig kurz. Bei Gefahr (meist Störung durch Menschen) tragen die Eltern die Jungtiere zu anderen, sicheren Plätzen. Die jungen Wölfe fangen etwa nach drei Wochen an, die Umgebung der Höhle zu erforschen und verlassen die Geburtsregion im Alter von 8 bis 10 Wochen.

Anfangs werden die Jungen getragen, erst nicht allzu oft und nur auf kurze Entfernungen, dann immer öfter und weiter. Später werden sie zu den sogenannten "Rendevouz-Plätzen" geführt. Im Mai, Juni und Juli halten sich die Jungen etwa 20 Tage lang an demselben Platz auf. Ihre aufeinanderfolgenden Aufenthaltsplätze sind durchschnittlich 1,5 km voneinander entfernt. Dagegen halten sie sich im August und September nur noch etwa 7 Tage lang an ein und demselben Ort auf. die dann aufeinanderfolgenden Aufenthaltsplätze befinden sich etwa 3 km voneinander entfernt.

Die Wanderphase beginnt im Spätherbst, wenn die Jungen bereits mit dem Rudel auf die Jagd gehen. Dann ist die Bewegung des ganzen Rudels als einheitlich organisatorisch Ganzes eine Notwendigkeit. Zu Beginn werden dann öfter Ruhepausen zur Erholung der Jungen eingelegt.

Im Sommer zeigen die Wölfe innerhalb des 24-stunden Tages eine zyklische Aktivität. Vermutlich infolge der hohen Tagestemperaturen gehen sie am frühen Abend zur Jagd und kehren in der Nacht oder am frühen Morgen zum Lager zurück. Es kann aber auch vorkommen, dass manche am Tage wandern. Es zeigt sich, dass die hohen Temperaturen im Sommer Aktivitäten in der Nacht und der Dämmerung zur Folge haben. Hohe Temperaturen bewirken, dass die Wölfe nicht imstande sind, die während intensiver Anstrengung übermäßig gebildete Hitze an die Umgebung abzugeben. Es droht ihnen eine Überhitzung des Körpers.

Im Winter hingegen können Wölfe rund um die Uhr aktiv sein und ruhen sich in Abhängigkeit von der Situation aus. Nach erfolglosem Beutezug, vor erneuter Jagdaufnahme, können sie sich 10 bis 15 Minuten ausruhen. Nach Überwinden eines längeren Streckenabschnittes ruhen sie sogar einige Stunden. Am längsten ruhen sie nach dem Fressen gleich an der Beute. Auf langen Wanderungen und bei tiefem Schnee benutzen sich oft ausgetretene Pfade anderer Tiere, Waldwege, Bahngleise, zugefrorene Seen, Flüsse und Bäche.

Es scheint, dass Wölfe in einem in Frage kommenden Gebiet entlang von sicheren Haupttrassen wandern und die Kenntnis von diesen Trassen von Generation zu Generation weitergegeben wird. Diese Routen sind gewöhnliche Rundwege, die sich mit anderen Wolfstrassen kreuzen und verbinden. Wolfsrudel, die auf derartig ausgetretenen Routen wandern, werden im Winter oft an demselben Punkt beobachtet.

Die häufigste Art der Fortbewegung von Wölfen ist ein unaufhörlicher, rastloser Trab. Die Entfernungen, die Wölfe im Lauf von 24 Stunden im Winter auf diese Weise zurücklegen könne sind erstaunlich.

Die Entfernung, die Wölfe im Sommer am Tag bewältigen, hängt von der Art des Lebensraumes, der Notwenigkeit der Jungenfütterung und anderen Faktoren ab. einsame Individuen sowie kleinere Rudel ohne Nachkommen legen größere Entfernungen zurück, wahrscheinlich im Sommer genauso groß wie im Winter. Die Beweglichkeit von Rudeln, in denen die Wölfin Welpen hat, ist auf die Umgebung um die höhle beschränkt.

Art und Menge der Beutetiere bestimmen die Wanderdistanz der Wölfe. Wölfe in der Tundra können sich über 30 km von der höhle entfernen, um Nahrung zu erlangen, falls ihre Opfer dort räumlich konzentriert auftreten. Auf einigen hundert Quadratkilometern könne sich möglicherweise kein einziges Karibu (Rangifer tarandus) aufhalten, in anderen Bereichen dagegen Tausende. Mehr nach Süden sind Mannigfaltigkeit und Häufigkeit der Beutetiere groß und gleichmäßig, folglich sind die Jagdausflüge der Wölfe kurz.

GOSZCYŃSKI (1986) bestimmte die mittlere Tageslänge der Wolfswanderung aus acht Untersuchungen, die in Nordamerika und Eurasien durchgeführt wurden. Sie betrug 25,7 km.

3.2 Fortpflanzung, Verhalten und Entwicklung

Die Mehrheit von Wolfshöhlen in Nordamerika sind Erdlöcher ab sandigen Plätzen oder trockenen Bodenerhebungen. Es können mehrere Löcher sein, die von tragenden Weibchen gegraben werde, bisweilen mit Hilfe der anderen Rudelmitglieder, Die Wölfin bleibt etwa 3 Wochen vor der Geburt der Jungen in dr Nähe der Höhle. Die durch Wölfe gegrabenen Höhlen haben einen ziemlich einfachen Bau mit einem oder zwei Eingängen, die über einen Korridor, oftmals bis 9 Meter lang, zu einer geräumigen Kammer führen. Wölfe können sehr komplizierte Baue anderer Tiere nutzen, z.B. von Füchsen oder Dachsen, die sie entsprechend vergrößern.

In einem Wolfsrudel vermehrt sich in der Regel nur ein Paar (Alpha-Paar) obwohl die übrigen Individuen physiologisch auch zur Fortpflanzung fähig sein können. Wölfe sind nicht gänzlich monogam. Das bedeutet, im Laufe einer Fortpflanzungsaison dominiert ein Männchen (Alpha Rüde), deckt oft nur ein Weibchen (Alpha Fähre), aber in der nächsten Saison kann das schon ein anderes Weibchen sein.

Wölfe können schon mit zehn Monaten geschlechtsreif sein und im Alter von einem Jahr Nachkommen zur Welt bringen, aber die Mehrheit pflanzt sich nicht vor dem 22. Lebensmonat fort. aufgrund ihrer niedrigen sozialen Stellung in der Gruppe kommt die Mehrheit der Wölfe unter natürlichen Bedingungen erst später zur Fortpflanzung.

Im allgemeinen erreichen Wölfe erst im alter von fünf Jahren die volle physische Reife. Das Reprodutkionsalter dauert sehr lange.

Als Tragzeit gibt BUCHALCZIK (1ß84) 62 bis 75 Tage an. MECH (1974) behauptet, dass die Tragzeit 62 bis 64 Tage dauert, aber die Geburt kann 3 bis 4 Tage früher oder später einsetzen. In unserer Klimazone erfolgen die Geburten im Zeitraum von Ende März bis Mai. Die durchschnittliche Wurfgröße beträgt 4 bis 6 Jungen, aber man kann auch 1 bis 11 oder 12 antreffen Die Jungen werden in unregelmäßigen Zeitabständen geboren.

Der Welpe wird sofort nach der Geburt durch die Mutter aus den Fruchthüllen befreit. Die Wölfin durchbeißt anschließend die Nabelschnur und frisst sie zusammen mit den Fruchthüllen auf.

In der physischen und Verhaltensentwicklung der Welpen unterscheidet man vier Entwicklungsabschnitte.

Erster Zeitabschnitt - Neonatal (bis zum Öffnen der Augen am 11. bis 15. Lebenstag)

Die Jungen reagieren sehr schwach auf Außenreize, sind blind und taub und können nur unzureichend ihre Körpertemperatur regeln. Sie besitzen guten Gleichgewichts-, Geschmacks- und Tastsinn. die Bewegungsaktivität beschränkt sich nur auf unbeholfenes Kriechen sowie das Saugen und Lecken der Muttermilch. Die Wolfsmilch hat hohen Nährwert, sie enthält 6 bis 9 % Fett und 9 bis 12 % Eiweiß, das heißt z.T dreimal mehr als Kuhmilch. die Welpen saugen die Muttermilch 6 bis 8 Wochen lang.

Zweiter Lebensabschnitt - Übergangsperiode (vom Öffnen der Augen bis zum 20. Lebenstag)

In dieser Zeit verändern sich die Fähigkeiten der Jungen gewaltig: Es erfolgt die Öffnung der Augen, obwohl sie anfangs sehr schwach sehen.

sie können schon gehen, knurren und kauen. Es zeigen sich einige der ersten Zähne und das Anfangen des Hörens kennzeichnet das Ende dieser Entwicklungsperiode.

Dritter Zeitabschnitt - Sozialisierung (vom 20. bis etwa 77. Lebenstag)

Die Jungen beginnen sich außerhalb des Nestes zu zeigen. dieser Abschnitt wird durch eine ungestüme Entwicklung des Sozialverhaltens charakterisiert. Die Jungen vergnügen sich und kämpfen miteinander. Es stellt sich eine Dominanzstruktur zwischen ihnen ein. Dann erfolgt die Entwicklung de sozialen Verhaltensmuster (Dominanz, Unterlegenheit, usw.). Die einzigen Wesen in der nähe der jungen Wölfe sind ihre Geschwister und die erwachsenen Rudelmitglieder. folglich entsteht zwischen diesen Individuen eine emotionale Bindung. Das bildet die Grundlage für die Kontinuität der Stammesfortführung des Rudels, es sei denn es bildet sich ein neues Rudel.

Ab der dritten Lebenswoche können die Jungen fest Nahrung aufnehmen. Zuerst wird ihnen vorgekaute oder vorverdaute Nahrung von den Erwachsenen ausgewürgt. Wenn sich ein erwachsener Artgenosse den Welpen nähert, umgeben sie ihn und beschnuppern sein Maul. Sie ergreifen das Maul des Erwachsenen mit den #Kiefern, umklammern es und bemühen sich, die Nasen hineinzustecken. Der "Bedrängte" gibt dann zuvor aufgenommene Nahrung ab, teilweise leicht verdaut, die die jungen dann schnell verschlucken.

Es kann vorkommen dass die Welpen nicht nur durch die Eltern sondern auch durch die anderen Rudelmitglieder ernährt werden, das hängt von der konkreten Populationssituation ab. Bei Überfluß an Beute bringen alle Wölfe den Jungen Nahrung. Je größer das Rudel, desto mehr Nahrung wird den Welpen gebracht.

Die Welpen eines Wurfes können sich hinsichtlich des Entwicklungstempos und der Körpermasse wesentlich unterscheiden. Das Tempo des Wachstums der Körpermasse beträgt 0,05 bis 0,23 kg am Tag und kann sich um das 5fache zwischen den Welpen desselben Geschlechts unterscheiden. In dem Abschnitt Sozialisierung entwickeln sich zwei grundlegende Aspekte des Verhaltens des Wolfes: die Fähigkeit zum Heulen (schon seit Anfang des 2, Lebensmonats, erst Winseln) und das "Raubtierverhalten". Der Wolf besitzt keine angeborene Tendenz zum Töten. Geboren wird er mit bestimmten Verhaltensmustern , die es ihm erlauben, das töten zu erlernen.

Gegen Ende dieses Entwicklungsabschnittes können junge Wölfe fast wie die erwachsenen Tiere laufen, klettern, springen und spielen. Es fehlt ihnen einzig an Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit.


Vierter Zeitabschnitt - Jugendabschnitt (bis zum Erreichen der Geschlechtsreife im Alter von etwa 22 Monaten)

Das ist die Zeit, in der die Jungen den Höhepunkt der Bewegungsfähigkeit erreichen. Der Anfang dieses Zeitabschnittes wird gegenüber dem vorangegangenen Abschnitt entscheidend durch die verminderte Möglichkeit der Jungen zur Anknüpfung sozialer Bindungen charakterisiert. Treffen die Jungen im späteren Leben Wölfe aus anderen Rudeln, sind sie aufgrund dieser Erscheinung nicht imstande, sich mit ihnen zu binden (Ausnahme: Paarbildung). Dieser Mechanismus schützt die Einheit des Rudels sowie auch die innere Organisation der Wolfspopulationen.

Bedeutend später beginnen die jungen Wölfe zu jagen. Im Sommer verbringen sie einige Monate an verschiedenen temporären Ruheplätzen

, und dann bringen die Erwachsenen den Jungen das Futter. Wenn viele Beutetiere auf der Jagd erlegt wurden, werden die Jungen zu den Opfern geführt oder getragen. Junge Wölfe sind physisch nicht zum Töten größerer Tiere fähig, bevor sie die 16. Bis 20. Woche erreicht haben, weil ihnen erst dann feste Zähne wachsen. .

Die Körpermasse beträgt nun etwa 30 kg und in der Wildbahn ist es schon schwer, Junge und Erwachsene zu unterscheiden. Obwohl die allgemein physische Entwicklung bis zum 1 Lebensjahr beendet ist, dauert die sexuelle und psychische Entwicklung bis zum Erreichen der vollen Reife des Individuums bis Ende des 2 Lebensjahres an. Danach können ausschließlich Veränderung des Sozialstatus (die Möglichkeit der Erhöhung der sozialen Position) und psychische Veränderungen (der das ganze Leben andauernde Lernprozess) erfolgen.

3.3 Ernährung

3.3.1 Zusammensetzung der Nahrung

Das von den Wölfen eingenommene geographische Gebiet ist bedeutend größer als das Areal jeder Gattung ihrer Beutetiere. Deshalb bejagen verschiedene Wolfspopulationen auch verschiedene Gattungen von Beutetieren. Die Zusammensetzung der Nahrung der Wölfe ist dadurch überaus vielfältig, und man kann sagen, dass innerhalb der Grenzen des Gebietes, in dem Wölfe auftreten, es keine Säugetiere gibt, die ihnen nicht als Beute zum Opfer fallen können. Überall gibt es jedoch große Huftiere, wildlebend wie auch Haustiere, als Hauptnahrung der Wölfe. Ermöglicht wird das dadurch, dass Wölfe in Gruppen leben und jagen, sowie eine große Menge an Nahrung in einen kurzen Zeitabschnitt konsumieren und verdauen können.

Die Zusammensetzung der Nahrung unterliegt beträchtlichen saisonalen Schwankungen. Im Winter sind große Huftiere ihre grundlegende Beute. Dagegen bilden die kleineren Säugetiergattungen, Vögel, fische sowie auch Insekten, Lurche, Kriechtiere und auch Obst im Sommer einen beträchtlichen Anteil der Nahrung.

3.3.2 Nahrungsbedarf des Wolfes

Wölfe können sich sehr gut an die Nahrungssituation anpassen. Sie sind imstande, auf einmal sehr große Futtermengen aufzunehmen, bis zu 9 kg, und auf der anderen Seite können sie längere Mangelperioden überstehen. In Gefangenschaft soll ein Wolf 1 bis 2 kg Fleisch pro Tag fressen, nach Schätzungen von aufgenommener Beute auf der Wildbahn liegt der tägliche Nahrungsbedarf wesentlich höher.

In verschiedenen Untersuchungen errechnete Richtwerte des Verbrauchs unterscheiden sich erheblich: nach KOLENOSKY: 0,1 kg Fleisch je kg Körpermasse und Tag, nach MECH: 0,13 bis 0,19, nach FULLER und KEITH: 0,15 kg. Zur Aufrechterhaltung einer stabilen Körpermasse benötigen Wölfe im Zoo 0.003 kg Fleisch je kg Körpermasse und Tag. Der Bedarf in der Wildbahn ist also zwei-, bis viermal größer als in Gefangenschaft. Drei Hypothesen versuchen, diesen hohen Nahrungsbedarf der Wölfe zu erklären:

Wölfe verbrauchen unter natürlichen Bedingungen bedeutend mehr Energie als bisher angenommen.

Zumindest ein Teil des Kalorienüberschusses wird in Vorratsfett umgewandelt, um Perioden mit unzureichendem Nahrungsangebot zu überwinden.

Die Verdauung ist unvollständig, wenn Nahrung in großen Mengen aufgenommen wird. Unbekannt ist, wieweit die Umgebungstemperatur den Nahrungsbedarf der Wölfe beeinflusst. Im größten Teil ihres Verbreitungsgebietes beträgt der Temperaturunterschied zwischen Sommer und Winter 50°C. Das Wolfsfell besitzt jedoch ausgezeichnete Isolationseigenschaften. Es scheint, dass die sogenannten thermoneutrale Zone, der Temperaturbereich, indem ein Lebewesen keine Energie zur Aufrechterhaltung einer stabilen Körpertemperatur verbraucht, sehr umfassend ist, und auch relativ niedrige Temperaturen einschließt. Nur durch das Einatmen frostiger Luft tritt im Winter ein bedeutender Wärmeverlust ein.

Verwertung der Beutetiere, Verhalten bei der Nahrungsaufnahme


Gleich nach dem Töten der Opfer beginnen die Wölfe, sie schnell aufzufressen. Sie zerren und reißen von allen Seiten an der Beute und verschlingen große Fleischstücke. Gewöhnlich werden zuerst der hintere Teil des Opfers und der aufgerissene Bauch gefressen. Besonders im Winter fressen Wölfe das Unterhautfettgewebe. Nach dem Verzehr der Flanken und einer Brustseite ist der Zugang zu den Körperhöhlen möglich. Anschließend werden Herz, Lunge, Nieren und die übrigen Innereien mit der Ausnahme des Mageninhaltes gefressen. Am ende bleiben von der Mehrzahl der Opfer Kopf, Wirbelsäule, die Extremitätenknochen und ein Stück Haut übrig. Nach dem vollständigen Stillen des Hungers suchen die Wölfe einen bequemen Platz zum ausruhen. Meist schlafen sie gleich am Fressplatz einige Stunden.

Oft wird die Meinung zum Ausdruck gebracht, dass Wölfe nur die besten Stücke der Opfer fressen und den Rest vergeuden. Das kann sich ereignen wenn die Wölfe sehr leicht eine große Anzahl von Opfern töten. Doch die entschiedene Mehrheit der Beobachtungen widerspricht dieser Ansicht.

Wölfe kehren oft einige Male zu den Resten alter Beute zurück, zerbeißen und kauen die Knochen, an denen schon keine Fleischreste mehr vorhanden sind. Jugendliche Individuen der Opfer, z.B. Hirschkälber und Frischlinge werden ganz du gar aufgefressen.

Die manchmal beobachtete Gewohnheit der Wölfe, Stück der beute zu verstecken, erfordert eine gesonderte Beschreibung. Der Wolf gräbt mit den Vorderläufen ein nicht zu großes Loch und legt mit den Zähnen ein Fleischstück hinein. Anschließend scharrt er mit der Nase den Schnee oder die Erde wieder darüber. Das Vergraben von Fleisch ist selten bei Wölfen in Freiheit beobachtet worden und ereignet sich etwas öfter in arktischen Gebieten. Während der winterlichen Verfolgung im Bialowieza-Nationalpark wurde einmal festgestellt, dass ein Wolf den Platz aufsuchte, wo er den Kopf einer Hirschkuh unter dem Schnee versteckt hatte. Wölfe in Gefangenschaft vergraben Fleisch regelmäßig. Es scheint, dass diese Gewohnheit zumindest in zwei Situationen vorteilhaft sein kann: Wenn ein oder zwei Wölfe ein großes Tier getötet haben und es nicht innerhalb kurzer Zeit fressen können, schützt das Vergraben die Beute vor Raben und aasfressenden Säugetieren. Im Sommer, wenn die Fliegenlarven die heftige Zersetzung des Fleisches im Laufe weniger Tage verursachen können, erlaubt sein Vergraben die längere Konservierung und den späteren Verzehr.

Biologie und Ökologie: Population

4.1 Räumliche Organisation

Hinsichtlich der Art und Weise der Ausnutzung des Raumes ist die Wolfspopulation territorial organisiert. Das bedeutet, dass das ganze von Wölfen bewohnte Gebiet in eine Reihe von Territorien aufgeteilt ist, von denen jedes durch eine Gruppe von Wölfen besetzt ist. Das Wesen der Territorialität ist in der Regel die Verteidigung der begrenzten Nahrungsvorräte gegenüber fremden Individuen und Gruppen der eigenen Art.

Das Territorium eines Rudels umfasst die Größe des Gebietes, in dem sich die Gruppe aufhält und jagt. Benachbarte Territorien können sich teilweise überdecken. Diese Pufferzone wird von Rudeln benachbarter Territorien genutzt. Auf diese Weise wird erreicht, dass die einzelnen Rudel so auf dem Gebiet der Gesamtpopulation verteilt sind, dass die Möglichkeit des Zusammentreffens vermindert oder vermieden wird.

Die Territorien können ein Gebiet von einigen Dutzend bis zu 13000 Quadratkilometern umfassen. Ihre Größe hängt von der Umgebung, den Beutetierarten und deren zahlenmäßige Stärke, der Größe der Wolfsgruppe, der Jahreszeit und anderen Faktoren ab. Im Sommer sind die Territorien in der Regel kleiner als im Winter. Denn die Notwenigkeit der Fütterung der Jungen zwingt die Erwachsenen zur Regelmäßigen Rückkehr zur höhle oder zum Rastplatz in nicht allzu langen Zeitabständen.

Im Winter, wenn es diese Einschränkungen nicht gibt, kann das Rudel in einem bedeutend größeren Gebiet wandern.

dort wo die Wölfe migrierende Arten von Opfern jagen (z.B.: Karibus), ist das System der Raumnutzung durch Wölfe ein anderes. Sie folgen den Huftieren in Rudeln nach und jagen in großen Gebieten, dadurch sind die Grenzen ihres Territoriums schwer zu bestimmen.

Einsame Wölfe besitzen kein Territorium, sondern bewegen sich im ganzen Gebiet. daher vermeiden sie in der Regel von Gruppen eingenommene Bereiche. Rudel verfolgen und attackieren einsame Wölfe oft. Das eindringen fremder Wölfe in das Territorium eines Rudels kann verhängnisvolle Konsequenzen haben. Im Falle eines Zusammentreffens mit den "Besitzern" des Territoriums kommt es zu Kämpfen, die oft mit dem Tod einiger Individuen enden.

4.2 Sozialstruktur

Die grundlegende soziale Einheit in der Gesellschaft der Wölfe ist die Gruppe der zusammen wandernden, jagenden, fressenden und sich erholenden Individuen: Rudel genannt. Das Rudel ist ein Familienverband, der sich gewöhnlich aus einem reproduzierenden Paar und dessen Nachkommenschaft desselben Jahres oder vorhergehender Jahre zusammensetzt.

Zwischen den Mitgliedern eines Rudels bestehen starke Bindungen (Verwandtschaft, familiäre Verbundenheit, gegenseitige Hilfe). Die Größe eines Rudels kann von 2 bis über 20 Individuen schwanken, meistens umfasst es 5 bis 8 Tiere. Das bisher größte bekannte Rudel von 36 Wölfen wurde in Alaska beobachtet.

Innerhalb eines Rudel besteht eine sehr strenge Sozialstruktur. Die dominanten Individuen sind gewöhnlich die Eltern: Alpha-Rüde und Alpha-Fähe. Zwischen ihnen und den in der sozialen Hierarchie tieferstehenden Wölfen besteht eine Distanz, die vor allem in der Fortpflanzungssaison offenbar wird. Die Geschlechter bilden gesonderte Rangordnungen, ausgenommen sind nur die Welpen. Die Rangordnung der Weibchen ist geradliniger und durch häufigere Aggressionen gekennzeichnet.

Dicht unter dem Alpha-Paar in der Hierarchie steht der Beta-Rüde, der auch eine wichtige Position innehat. In den meisten Rudeln ist der Alpha-Rüde der Vater des Rudels. Es kann aber auch vorkommen, dass er nicht an der Fortpflanzung beteiligt ist, dann verbindet sich der Beta-Rüde mit dem Alpha-Weibchen. Trotzdem bleibt der Alpha-Rüde der dominante. Er leitet die Aktivitäten des gesamten Rudels, auch wenn er nicht der Vater der Jungen ist.

Welpen beginnen schon im alter von etwa einem Monat miteinander zu kämpfen. Dieses tagelange ringen kann zur Festlegung hierarchischer Strukturen unter ihnen führen. Die größten Welpen sind häufig die aggressivsten. Sie werden meist zu den Ranghöchsten der Gruppe (die sogenannten kleinen Dominanten).

In Wolfsrudeln mit deutlich ausgeprägter Sozialstruktur können sich darüber hinaus Individuen befinden, die von der Gruppe ausgestoßen sind. sie haben eine so niedrige Position, dass sie dominanten Individuen ausweichen und an der Peripherie des Rudellebens bleiben. Diese Wölfe werden sehr häufig attackiert, durch andere verjagt, und bei Nahrungsmangel haben sie nur eine verschwindend kleine Chance zum Fressen der Reste der Beutetiere.

Der Platz jedes Individuums in de Dominanzhierarchie kann früh im Leben festgelegt worden sein, er unterliegt jedoch Veränderungen infolge äußerer Umstände, vor allem durch Verlust eines Rudelmitgliedes oder das Hinzukommen eines neuen Individuums.

Die Rangordnung in Wolfsrudeln hat zwei Aspekte:

Privilegierung und Führung. Privilegierung eines Individuums zeigt sich in Konfliktsituationen: Das privilegierte Tier zeigt Initiative und gewinnt das Konflikt-Objekt.

Führung besteht darin, dass der Dominante kontrolliert, Einfluss nimmt und das Verhalten anderer Gruppenmitglieder steuert. Das betrifft so wichtige Lebensbereiche wie Wanderung, Jagd, Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung MECH (1970) beobachtet, wie sich Wölfe einem Elch näherten: Einer ging hinter dem anderen, wie im Gänsemarsch, in einer einzigen Spur. In allen Stadien der Attacke ist der Wolf an der Spitze der aggressivste. Er kann das Opfer noch lange verfolgen und beunruhigen, nachdem alle anderen Individuen schon resigniert haben. Wenn Wölfe lange schlafen, dann wacht der Anführer gewöhnlich als erster auf und weckt die anderen durch anstoßen. die Führung umfasst auch die Funktion eines Wächters. Bei Beunruhigung der Gruppe oder der Bedrohung des Höhlenbereichs übernimmt der Anführer die Initiative zur Verteidigung. auf welche Weise bildet sich ein Rudel? Es nimmt seinen Anfang von einem Elternpaar, das gewöhnlich aus verschiedenen Rudeln stammt. Nur ausnahmsweise sind alle Wölfe eines Rudels miteinander verwandt. Die erste Nachkommenschaft bleibt zumindest im ersten Winter bei den Eltern. Im Laufe der folgenden Fortpflanzungssaison paart sich das Alpha-Paar von neuem. So umfasst das Rudel also nach zwei Jahren das Elternpaar, die vorjährigen und die diesjährigen Jungen. Etwa nach der zweiten Fortpflanzungssaison bricht das Rudel in der bisherigen Zusammensetzung auseinander. Die Wölfe aus dem ersten Wurf sind geschlechtsreif geworden und können sich neue Partner suchen. So fallen alte Bindungen auseinander und ein Zyklus im Prozess der Entstehung neuer Rudel ist beendet. Der nächste kann beginnen.

Nicht endgültig geklärt ist der zugrunde liegende Mechanismus für das Verlassen der Familiengruppe durch die jungen Wölfe. Auslöser kann die sexuelle Rivalität um das Alpha-Weibchen oder andere geschlechtsreife Weibchen aus der Gruppe sein, vielleicht aber auch das "Verlangen", neue Partner aus anderen Rudeln zu finden. Beobachtungen an Wölfen, die in Gefangenschaft gehalten werden, weisen auf die Tendenz zum Auswandern der Wölfe hin, die in der sozialen Hierarchie ganz unten stehen. Bei Nahrungsmangel werden sie nicht an die Beute gelassen, und ihnen kann der Hungertod drohen. Oft wandern auch Wölfe aus, die die Alpha-Stellung verloren haben. Junge Männchen zeigen eine größere Tendenz auszuwandern als Weibchen.

Soziale Verhaltensweisen

Infolge eines sehr hohen Grades der sozialen Ordnung herrscht in einem Wolfsrudel in der Regel Harmonie und Ordnung. Dafür sind besondere Individuen verantwortlich, deren Position in der funktionierenden Sozialhierarhie des Rudels sehr hoch ist.

Wenn die Situation in der Gruppe verhältnismäßig stabil ist und ihre Zusammensetzung unverändert bleibt, sind die Bedrohungen der sozialen Struktur jedes Individuums gering. Die Formen der Demonstrierens einer hohen Rangstellung sind dann in der Regel vollkommen friedlich. Einzige Ausnahme ist das Attackieren von Individuen in der niedrigen Rangposition durch Dominante, die bei sich wiederholende Attacken tödlich verletzt werden können. Dagegen finden oft bei äußeren Störungen des Rudels Konflikte zwischen den Individuen statt. Ein offener Kampf trägt sich jedoch selten zu, gewöhnlich nur zwischen den Konkurrenten zur Alpha-Position.

Die Harmonie in einem Wolfsrudel beruht auf der Fähigkeit der Verständigung untereinander, also der Möglichkeit der Informationsübertragung von einem Individuum zum andere. Das erfolgt in erster Linie über optische, aber auch über geruchliche und akustische Signale.

Optische Verständigung mit Körperhaltung Es existieren zwei extreme Körperhaltungen des Ausdrucks: die der hohen Dominanz und die vollkommenen Unterordnung sowie viele dazwischen liegende Stufen der sozialen Akzeptanz des Individuums. Entblößte Zähne, das geöffnete Maul mit nach vorne gezogenen Mundwinkeln, gerunzelte Stirn, hochgestellte und nach vorne gerichtete Ohren zeigen eine vollständige Drohung des dominanten Wolfes an. Vollständige Unterordnung und Unsicherheit werden dagegen durch geschlossenes Maul mit weit nach hinten gezogenen Mundwinkeln und glatter Stirn mit schmalen Augenschlitzen ausgedrückt. Die Ohren sind nach hinten gerichtet und an den Kopf angelegt.

Ein sehr empfindlicher Indikator der Sozialstellung und des psycho-physiologischen Zustandes des Wolfes sind Haltung und Bewegung des Schwanzes. Ein drohendes oder dominierendes Individuum hebt den Schwanz hoch über die Rückenlinie; ein untergeordnetes Individuum hält ihn sehr niedrig, oft eingeklemmt zwischen den Hinterbeinen.

Die Schwanzbewegungen sind Spiegelbild verschiedener Empfindungen des Wolfes. Lockeres, freies Schanzwedeln weist auf allgemeine Freundlichkeit hin, und bei untergeordneten Wölfen übertragen sich die seitlichen Bewegungen des Schwanzes manchmal auf das ganze Hinterteil. schnelle, heftige Bewegungen mit dem Schwanz oder nur mit dem Schwanzende erfolgen manchmal wenn der Wolf in aggressiver Stimmung ist. Das Zittern des senkrecht in die Höhe gehobenen Schwanzes ist charakteristisch für einen Wolf, von hoher sozialer Stellung, der ein anderes Individuum von ebenfalls hoher Stellung trifft.

Diese Verhaltensweisen erfolgen fast automatisch und sind vorauszubestimmen.

Zielgerichtete Verhaltensweisen sind um vieles komplizierter. sie betreffen den ganzen Körper des Wolfes und setzen sich aus Kombinationen von Haltung des Kopfes, des Rückens, des Schwanzes und der Analregion zusammen. Auch hier treten zwei Extreme auf: (1) Drohen und keinen Widerspruch duldendes Verhalten von Dominanten sowie (2) Verteidigung und Unterlegenheitsverhalten untergeordneter Individuen. Zwischen (1) und (2) erstreckt sich aber eine ganze Skala von Verhaltensweisen mittlerer Intensitätsgrade.

In einem Rudel mit stabiler sozialer Situation zeigt ein Wolf von hoher Position meistens nur seine Dominanz. am sanftesten und häufigsten wird sie als unbeweglicher, starrer Blick demonstriert. Der Dominante steht mit hoch erhobenen Schwanz und starrt durchdringend auf den untergeordneten Wolf, und jener zittert, oder wirft sich sogar auf den Boden.

In einem Rudel mit weniger stabiler Situation oder mit starken Rivalitäten kann die Status-Demonstration der dominanten Wölfe mehr Drohelemente enthalten. Man kann dann eine Haltung beobachten, die ein Drohbeißen ausdrückt: Der Dominante entblößt die Zähne, knurrt, starrt das untergeordnete Individuum an, hebt die Ohren, spannt die Beine an und sträubt die Nacken- und Rückenhaare.

Ein dominanter Wolf, der sich dem schwächsten Rudelmitglied nähert, demonstriert oft als plötzliche Attacke einen Sprung aus sich zur Erde geduckter Haltung wie aus dem Hinterhalt. Sowohl diese Form der Drohung als auch die vorhergehende können zum tatsächlichen Angriff übergehen.

Ein Individuum in der Haltung aktiver Unterlegenheit ist etwas gekrümmt, hält den Schwanz niedrig, und die Ohren stehen flach am Kopf. Oft beleckt oder ergreift es leicht mit den Kiefern das Maul des Dominanten. Passive Ergebenheit ist eine äußerst extreme Haltung. Und ihre Haupteigenschaften sind "furcht" und "demonstrierte Ratlosigkeit". Der unterlegene Wolf liegt teilweise auf dem Rücken, demonstriert die Bauchseite.

Die häufigste Haltung der untergeordneten Wölfe ist die Ergebenheit. Doch beobachtet man bei ihnen unter den Bedingungen starker Bedrohung durch Dominante ein Verhalten, dass sowohl Elemente der Verteidigung als auch der Drohung umfasst: gekrümmter Rücken, eingezogener Schwanz, zugleich Schnappen mit dem Maul und Entblößen der Zähne.

Diese Verhaltensweisen werden durch die Individuen erkannt, an die diese Verhaltensmuster adressiert sind, und das wiederum beeinflusst den Wolf der die Verhaltenskette aufgelöst hat. dieser Prozess läuft also nach dem Prinzip der Rückkopplung.

Verständigung mittels Geruch Wölfe reagieren auf feinste Geruchsreise, die weit außerhalb der Reichweite der Geruchswahrnehmung des Menschen liegen. Schwer ist es, diese Art von Informationsübertragung von der visuellen Kommunikation abzugrenzen. Denn ein teil der Verhaltensweisen umfasst beide Sinne.

Die auf den Geruchssinn gestützten Verhaltensweisen betreffen den Anogenitalbereich sowie Kopf und Halsregion. An der Analregion gibt es fünf mögliche Geruchsquellen: Geschlechtsdrüse. Violdrüse, Analdrüsen. Harn- und Kotduft. Männchen die in freundschaftlicher Beziehung zueinander stehen, und Individuen gegensätzlichen Geschlechts beriechen vor der Fortpflanzungsperiode oft Kopf und Halsseiten, indem sie die Nase so tief in den Pelz eintauchen, dass die Haut berührt wird.

Akustische Verständigung  JOSLIN (1966) unterschied bei Wölfen vier grundlegende Lautformen: Winseln, Knurren, Bellen und Heulen.

Das Winseln ist am wahrscheinlichsten die Stimme, auf die Freundschaft und Ergebenheit hinweist. Spielende Wölfe geben es unweit des Nestes ab, das Weibchen während der Läufigkeit mit Jungen sowie untergeordnete Individuen angesichts der Drohung dominanter Artgenossen. Das Winseln ist nur auf eine Entfernung von 100 bis 200m hörbar. Deshalb hört man es in der freien Wildbahn nur selten.

Das Knurren ist eine tiefe Rachenstimme, die Aggression demonstriert. Es wird von einem dominanten abgegeben, der einem untergeordneten Artgenossen mit Beißen droht.

Bellstrophen, wie wir sie vom Hund kennen, gibt es beim Wolf nicht. Beim Wolf ist Bellen sehr selten zu hören, in der Wildnis wie auch in der Gefangenschaft. Es ist nur ein kurzer Laut, der mit tiefer, grober Rachenstimme abgegeben wird. JOSLIN beschreibt zwei Arten des Bellens: die erste, sehr kurz, bedeutet Alarm, und die zweite ist eine Herausforderung oder eine gegen Eindringlinge gerichtete Drohung.

Am häufigsten hört man in der Wildbahn das Heulen. Seine Beschreibungen sind so unterschiedlich wie die Einstellung des Menschen zu den Wölfen: von einer düsteren, unheimlichen, begierlichen Mörderstimme bis zum klangvollen, hoffnungsvoll-schönen Lied. Etwas weniger romantisch kann Heulen als ein langer tiefer und ergreifender Ton 8Frequenz: 150 bis 780 Hz) beschrieben werden. Er kann von etwa einer halben Sekunde bis zu 11 Sekunden dauern.

unmittelbar vor dem Heulen winseln die Wölfe oft und wedeln mit den Schwänzen. Der einzelne Wolf heult im Mittel ungefähr 35 Sekunden, worauf eine Vielzahl sich wiederholender Stimmen einfallen. Bei Gruppenheulen beginnt ein Individuum und nach der ersten oder zweiten Strophe verbinden sich die übrigen mit ihm. Jeder Wolf beginnt anfangs einige Male kurz und tief, aber dann beenden sie nach einer Serie von kurzen und hohen Stimmen gemeinsam, manchmal auch im choralen Gleichklang mit den restlichen Rudelmitgliedern, das Heulen. Solches Gruppenheulen dauert etwa 1,5 Minuten, und manchmal folgt darauf ein zweites, aber schon bedeutend kürzeres. Ein Rudel heult gewöhnlich nicht vor dem Ablauf von 15 bis 20 Minuten erneut. Ein Rudel kann zu jeder Zeit heulen- in der Nacht und am Tag, sowie in allen Monaten, aber im Mai und Juni nimmt seine Häufigkeit bedeutend ab, wahrscheinlich um den Ort ihrer Höhle mit den Jungen geheimzuhalten.

Eine interessante Beobachtung konnte im Tiergarten Schönbrunn gemacht werde: Pünktlich um zwölf Uhr mittags, wenn die Kirchenglocken zu hören sind, setzen die Wölfe zum Heulen an, bis sie schließlich die Glocken übertönen. Werner Freund stellte stimmliche unterschiede zwischen vier Unterarten fest, und konnte außerdem mit Vergnügen beobachten, dass die in Gefangenschaft gehaltenen Wölfe auf Heul-Imitationen von Erwachsenen nicht reagierte, auf das von Kindern jedoch schon.

Das Jagdverhalten des Wolfes

Für die Lokalisierung der Beutetiere spielt bei den Wölfen der Geruchssinn die wichtigste Rolle. Bekommt das Rudel Wind von einem Beutetier, hält der die Gruppe führende Wolf plötzlich an und alle Mitglieder des Rudels stehen wachsam, die Köpfe in die Richtung gewendet, aus der der Geruch kommt. Bei nicht mehr allzu tiefem Schnee wird oft eine Gruppenzeremonie abgehalten: die Wölfe nähern sich einander, wobei sie sich fast mit den Nasen berühren und wedeln dabei einige Sekunden mit den Schwänzen. Danach bewegen sie sich direkt in Richtung der Beutetiere.

Auch durch zufälliges Antreffen oder über das Verfolgen frischer Spuren, besonders bei ungünstigem Wind, können die Beutetiere aufgespürt werden.

Nach der Lokalisierung eines Beutetieres schleichen sich die Wölfe möglichst dicht an. In dem Maße, wie sich die Entfernung zum Opfer verringert, vergrößert sich die Erregung der Wölfe. Ihre Bewegungen werden schneller, und sie wedeln mit den Schwänzen. endlich bemerken sich Opfer und Raubtier gegenseitig. Die Wölfe stehen dann gewöhnlich still und starren das Opfer an. die Wölfe greifen nicht sofort an, sondern sie benötigen einen Auslöserreiz in Form eines entfliehenden Tieres. nicht immer geraten die Beutetiere in panische Flucht. Viele Tiere solcher Gattungen wie Elch, Bison, Wisent, Moschusochse sowie große Wildschweine fliehen nicht, sondern bleiben unbeweglich auf der Stelle stehen. Sie zeigen die Bereitschaft zur Verteidigung. Sehr häufig nehmen die Wölfe nach kurzer Beunruhigung dieser Individuen Abstand vom Angriff und begeben sich auf die Suche nach anderer Beute. Dagegen ruft die Flucht eines Tieres fast immer die sofortige Verfolgung durch die Wölfe hervor. Das ist ein kritischer Moment der Jagd. Wenn die Wölfe in dieser Etappe nicht imstande sind, sich dem Opfer, das so schnell wie möglich flieht, zu nähern, resignieren sie schnell.

sie sind nicht mehr fähig das Beutetier zu erreichen. In der Mehrzahl der Fälle, die unmittelbar beobachtet wurden, verfolgten die Wölfe das fliehende Tier nur einige Dutzend Meter. Die lange Verfolgung eines Tieres (auf die Entfernung von einigen Kilometern) hat man nur sporadisch festgestellt. Falsch ist folglich die Meinung, dass Wölfe ihre Opfer bis zu deren völliger Erschöpfung verfolgen. In Wirklichkeit besteht die Jagdtechnik der Wölfe im Anschleichen an die Beute und im Angriff mit maximaler Geschwindigkeit und kurzer Verfolgung.

Verbreitet ist die Ansicht, dass über ein großes Huftier herfallende Wölfe diesem die Achillessehne der Hinterbeine durchbeißen. Dies wurde jedoch durch keine Untersuchung bestätigt. Das Durchbeißen der Achillessehne wäre eine sehr gefährliche Art fliehende Tiere zu stoppen. Ihre Hufe sind stark, fest und scharf. Mit ihnen versetzte Huftritte können sehr gefährlich, oftmals sogar tödlich sein. Die Attacken der Wölfe konzentrieren sich auf solche Körperteile der Opfer, wie Hinterteil, Flanken, rücken und Nase. In Nordamerika, in einem Gebiet, in dem die Elche Hauptnahrung der Wölfe sind, jagen die Wölfe in Gruppen, indem sie zuerst an Hinterteil, Flanken und Nase des Opfers angreifen.

Wölfe jagen meist gruppenweise, aber auch einzeln, besonders im Sommer. die Jagdtechnik unterscheidet sich je nach Gattung der Opfer, den territorialen und atmosphärischen Bedingungen sowie der Umgebung. Wenn sie gruppenweise jagen, können sie organisiert handeln, gewissermaßen mit "verteilten Rollen". Einige Wölfe lauern im Hinterhalt, andere treiben das Opfer darauf zu.

Wölfe können auch günstige Territorial- und Wetterbedingungen ausnutzen. es geschieht z. B, dass sie Hirsche und Rehe auf zugefrorene, überschwemmte Flächen oder Flüsse und Bäche treiben. Die Hufe der Beutetiere gleiten auf solchen Flächen aus, und oft fallen sie dann den Wölfen zum Opfer.

Allgemein ist man aufgrund der oft gefundenen Reste der Wölfe der Meinung, dass diese ihre Opfer sehr leicht töten und ihnen kaum ein Tier entfliehen kann. In Wirklichkeit ist es jedoch völlig anders. Unter normalen Bedingungen ist der Jagderfolg der Wölfe (ähnlich wie bei anderen Beutegreifern) gering.

Wölfe töten meist, um Nahrung zu erwerben. Gleich nach dem töten erfolgt der Verzehr der Beute. diese wird oft nur teilweise gefressen, wenn die Wölfe ihre Opfer leicht töten konnten. Diese Erscheinung kann man in der Weise verstehen, dass unter den Bedingungen des Nahrungsüberflusses der Wolf nur ein Maximum an Energie je Zeiteinheit erlangt, in dem er nur die nahrhaftesten Teile der beute aufnimmt. Bei kämpferischen Auseinandersetzungen kann es vorkommen, dass andere Wölfe oder Hunde getötet werden, aber das Opfer nicht gefressen wird.

Der Wolf im Bewusstsein des Menschen

5.1 Der Wolf als Schaffensmotiv

Auf der einen Seite flößt der Wolf Furcht ein, auf der andren fasziniert er den Menschen. Er wird als intelligent, pfiffig und verwegen charakterisiert, lebt geheimnisvoll und soll eine vermeintliche Gefährdung des Menschen und seines Besitzes mit sich bringen. Eigentlich hat der Mensch dieses Bild vom Wolf selbst geschaffen. Es ist ein Lebewesen im Bewusstsein des Menschen entstanden, das nicht der Realität, sondern, vor allem auf einigen alten Märchen beruhend, die Einbildungen und Phantasien des Menschen widerspiegelt. So entstand das düstere Bild des Wolfes, der wie kein anderes Tier durch die Jahrhunderte vom Hass der Menschen umgeben war.

Überall wo der Wolf auftrat, wurde er zum Motiv des Glaubens und Aberglaubens, zum Held von literarischen Werken und Jagdgeschichten. Wir finden ihn in der Malerei, in Grafiken, in Skulpturen sowie in der Namensgebung und Heraldik wieder.

Die Mythologie der alten Griechen und Römer nutzte oft die Gestalt des Wolfes. Eine Wölfin soll die Nährmutter des Gründer Roms, Romulus und Remus, sowie auch des Gründers der Türken, Tarkan, gewesen sein (mündl. Überlieferung).

Der Wolf ist auch ein Symbol von Macht und Weisheit, und so ist es nicht verwunderlich, dass Odin, der oberste nordische Gott, stets von zwei schwarzen Wölfen begleitet wurde.

Auch die Bibel erinnert mehrfach an den Wolf. In der christlichen Tradition des Mittelalters wurde dieses Tier zum Symbol der Macht der Finsternis. Hexen sollen Wölfe auf dem Weg zum Sabbat als Reittiere benutzt haben. Sie saßen rücklings auf den Wölfen oder legten sich zumindest Strumpfbänder aus Wolfsfell an.

Aber der Wolf war auch eines der Attribute des heiligen Franziskus von Assisi. Der Wolf von Gubbio soll unter dem Einfluss des Heiligen auf den Weg der Besserung gelangt sein.

5.2 Der Wolf in Literatur und Kunst

Der Wolf ist ein ungewöhnlich dankbares literarisches Motiv. Denn er bietet die Atmosphäre von Gefahr und Gruseligkeit. Deshalb wurde er auch oft in Romanen, Erzählungen und Gedichten, ernsten und weniger ernsten literarischen formen benutzt. Die dem Wolf zugeschriebenen eindeutig negativen Eigenschaften führen dazu, dass er einer der häufigsten Helden in Märchen wurde. Besonders bekannt ist das Märchen vom Rotkäppchen. Es ist in vielen Fassungen verbreitet, abhängig von den Absichten der Nachahmer, manchmal grundsätzlich verschieden vom fast 300jährigen Original von CHARLES PERRAULT.

Sehr reich ist die den Wolf betreffende Jagdliteratur. Davon spricht schon JAKOB HAUR in seinem Werk "Gutsbesitzerökonomie", 1675. Dort heißt es, "ein Mensch wurde von Wölfen angegriffen, er kletterte auf einen Baum. Aber die Wölfe hatten diesen Baum untergraben. Er verletzte sich einen Finger und es tröpfelte Blut auf einen Wolf. Darauf fraßen die anderen diesen Wolf auf". KASIMIERZ HR. WODZICKI widmete dem Wolf viel Raum in seinen "Erinnerungen eines Jägerlebens". VALERIAN KUROWSKI charakterisierte im "Jagdwesen in Polen und Litauen" den Wolf ebenso: "Der Wolf ist eine Art wilder Hund, ein Tier, das am verbissensten, am schädlichsten, am hinterlistigsten ist, das nicht nur wilde und Haustiere vertilgt, sondern auch während der Fröste über Menschen herfällt." an anderer Stelle schreibt er über seine Gewohnheiten: "Pferde attackiert der Wolf von vorne, Hornvieh von hinten, Schweine hingegen hinter den Ohren und treibt sie vom Schwanz aus nach vorne".

Große Popularität erfreut sich das Wolfsmosaik von KONRAD MACHACZYNSK. Es enthält Erzählungen und Erinnerungen an Wolfsjagden.

Der Zeitraum zwischen den Kriegen brachte einige sehr interessante Berichte und vor allem "Der Wolf schlug mehrmals zu" von JULIAN EYSMONT und "Das Jahr des Jägers" von WOLDZIMIERZ KORSAK. Dieser zuletzt Genannten schreibt folgendes: "Den Wolf, diesen unseren vierbeinigen Räuber, trifft man jetzt nicht mehr überall auf polnischer Erde. Sein Königreich ist dieser zudringliche Strolch, wegen dem man keine ordentlich Viehzucht durchführen kann, schön gänzlich losgeworden."

Ein Buch von besonderem Wert war die naturwissenschaftliche Jagdbiographie "Wolf" von BOLESLAW SWIETORZECKI, herausgegeben im Jahre 1926. Der Autor vermittelt nicht nur Kenntnisse über die Biologie des Wolfes, sonder rief auch, was besonderes zu unterstreichen ist, zur Zurückhaltung bei der Ausrottung von Wölfen auf. Man kann nur bedauern, dass diese Position so schwer Eingang in die Praxis findet, zumal sie auch gegenwärtig manchem Jäger viel geben würde.

Im Jahre 1953 erschien ein Buch, das dem vorherigen entgegengesetzt war. "Der Wolf und seine Bekämpfung" von Z. KOWALSKI. Geschrieben als Kampf gegen die "Wolfsplage", stellt es ein äußerst negatives Bild dieser Tierart dar.

Eine Übersicht über den Wolf in der deutschen Kunst und Literatur liefert die 2002 beim Grazer Verlag für Sammler erschienene Anthologie von LANGWALD.

Mythen und Legenden

Die Angst vor dem Wolf, seine Identifizierung mit dem Bösen sowie der Hass erweckten die aufkommende menschliche Phantasie - von dort stammt auch der reiche Volksglauben sowie Legenden und Mythen, die den Wolf betreffen.

Werwölfe: Die Legende von den Werwölfen, das heißt von Menschen die sich in "Wolfs-Vampire" verwandeln und das Blut ihrer Opfer lecken, ist fast universal. Historiker, z.B. der Grieche HERODOT, beschreiben ferne, schreckliche Märchenländer, wo Menschen ihre Mitbewohner ab und zu in Wölfe verwandelten. Der Volksglaube an diese Vorstellungen war allgemein unter den Völkern Europas und Asiens beinah bis in unsere Zeit verbreitet. In der griechischen Mythologie finden wir die Geschichte von Laokoon und seinen Söhnen, die der Zorn von Zeus in Wölfe verwandelte. Im Mittelalter hat man Menschen in Deutschland und Frankreich auf dem Scheiterhaufen unter dem Vorwurf, ein Werwolf zu sein, und den damit verbundenen Verbrechen verbrannt. Gegenwärtig wird das Motiv der Werwölfe häufig in Gruselfilmen verwendet, wodurch der "böse" Wolf immer wieder in das Bewusstsein des Menschen rückt.

Aufzucht von Menschenkindern durch Wölfe: Gewissermaßen als Gegensatz zu dem vorherigen gruseligen Bild vom Wolf existiert der Glaube daran, dass von ihren Eltern verlassene Kinder von Wölfen aufgezogen wurden. Jedem ist wohl der Mythos von Remus und Romulus bekannt, von Kindern des Mars, die auf dem Capitol-Hügel im Stich gelassen und von einer Wölfin mit ihrer Milch genährt wurden. Dieser Mythos über die Gründer Roms drang zusammen mit der römischen Kultur in das Bewusstsein vieler Völker ein.

Auch in der Türkei erzählt die Geschichte, dass etwa 2000 bis 3000 Jahre v. chr. das türkische Volk bis auf einen Jungen namens Tarkan ausgerottet war. eine Wölfin säugte ihn und zog ihn auf. Er wurde zum Begründer des türkischen Volkes. (mündl. Überlieferung)

Aus den 20er Jahren unseres Jahrhunderts sind Berichte bekannt, dass zwei indische Mädchen, genannt Amala und Kamala, in einer Wolfshöhle gefunden wurden. Sie waren angeblich wie Wölfe erzogen: heulten, aßen rohes Fleisch, liebten die Dunkelheit, hatten schwache Sehkraft, aber ausgezeichneten Gehör- und Geruchssinn. Vielfach wurde diese Begebenheit als Beweis zur Unterstützung anderer bildhafter Geschichten über durch Wölfe aufgezogenen Kinder interpretiert. Peinliche genaue Untersuchungen ergaben jedoch Zweifel an der Wahrhaftigkeit dieses Falles. Ernsthafte wissenschaftliche Literatur distanziert sich von der Möglichkeit der Aufzucht von Menschen durch Wölfe.

Nutzung in der früheren Medizin: Früher wurden in der Medizin Organe und andere Substanzen vieler Tiere genutzt. Auch der Wolf lieferte wertvolle Arzneien. Schon der berühmte JAKOB HAUR schrieb in der "Gutbesitzerökonomie", 1675, dass getrocknetes Wolfsherz, zu Pulver fein zerstampft und nach ach in Bier getrunken, jede Krankheit bedeutend lindere. (Ob hierbei jedoch das Herz oder der Alkohol seine lindernde Wirkung tätigte, sei in Frage gestellt)

Wolfsfett wäre, wenn man zuvor trockene Venen mit ihm einschmierend benetzt. Stechen in Gliedmaßen, in den Knochen und im Schienbein, Rheuma und Reißen würden wirksam gelindert. Zu Alkohol gewordenes destilliertes Wolfsblut sei für Menschen, die Blut spucken, überaus nützlich und heilsam. Heutzutage distanziert sich natürlich die Medizin von derlei "Heilmitteln".

Zu Angriffen gegenüber Menschen

Diese Problem ist wohl das wichtigste im dunklen Bild des Wolfs im Bewusstsein des Menschen. Deshalb ist es erforderlich, es etwas ausführlicher zu behandeln. Denn geläufige Meinungen oder unkritisch wiederholte Berichte, die zum großen Teil Produkte der Phantasie sind, müssen von Fakten unterschieden werden.

In alten Chroniken findet man Aufzeichnungen über Hunderte von Wolfsopfern. Nach Angaben von B. SWIETORZECKI haben Wölfe in den Jahren 1870 bis 1887 in 46 Gouvernements der europäischen Teils von Rußland angeblich 1445 Menschen zu Tode gebissen. die polnische Presse veröffentlichte zwischen den Weltkriegen Artikel von KRESOW, die dramatische Beschreibungen von Wolfsüberfällen auf Menschen und sogar von regelrechten Scharmützeln, die polnische Grenzwachen angeblich mit Wolfsrudeln von mehreren Dutzend Mitgliedern ausgetragen haben, zum Inhalt hatten. Diese Meldungen muss man mit großer Zurückhaltung betrachten!

Mit Sicherheit konnte sich in der Vergangenheit, als der Wolf in den Wäldern noch König war, Zufallsattacken auf den Menschen öfter ereignen. durch oft geführte Kriege, die den Wölfen Nahrung in Gestalt von nicht beigesetzten Leichen lieferten, begünstige der Mensch diese Situation selbst.

Nicht zu erschütternde Meldungen über Aggressionen von Wölfen gegenüber Menschen sind selten. Solche Überfälle sind in der Regel von tollwütigen Wölfen verursacht worden, dagegen nur sporadisch von gesunden Tiere. Es scheint, dass Zufallsüberfälle auf Menschen bedeutend häufiger in Eurasien geschehen sind. Darüber sind noch bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts aus Finnland und Schweden Angaben gemacht worden und gegenwärtig aus der Türkei.

In vielen Teilen Rußlands wurde festgestellt, dass dort Mischlinge von Wölfen und Hunden wild leben. Diese sind in der Regel viel gefährlicher, weil weniger menschenscheu. Vermutlich sind es gerade diese Mischlinge, die Menschen attackieren.

wie besitzen keine Informationen über Angriffe von Wölfen auf Menschen in Deutschland oder Polen nach dem 2. Weltkieg, obwohl allen glaubwürdigen Beschreibungen über aggressive Verhalten von Wölfen in der Wildbahn gegen Menschen nachgegangen wurde. Es zeigt sich, dass die Mehrheit davon mit dem Eindringen der Menschen in die empfindsame Zone um die Wolfshöhle oder auch in den Ruheplatz der Wölfe mit Jungen erklärt werden kann. In Nordamerika sind wenige Fälle von Wolfs-Angrifefn auf den Menschen im 20 Jhdt. bekannt gewesen. Unter anderem gab es die Attacke auf Teilnehmer der kanadischen Arktis-Expedition, auf einen Eisenbahnarbeiter und auf einen Waldarbeiter, der gezwungen war auf einen Baum zu flüchten. Die Ursachen für diese Angriffe sind nicht bekannt. Eine Ausnahme scheint einer der Zwischenfälle zu sein, und zwar die Attacke von zwei Wölfen auf drei kanadische Biologen. Nach ihrer eigenen Meinung hat sich die Situation sehr wahrscheinlich durch ihr unbewusstes Eindringen in die Geburtsregion in unmittelbarer Nähe der Höhle ergeben, und die Wölfe wollten sie nur vertreiben.

Der Wolf in Gefangenschaft und der Schutz des Wolfes

6.1 Der Wolf  in Gefangenschaft

Der freilebende Wolf versetzte durch Jahrhunderte die Menschen in Schrecken, erweckte Angst und Hass. Der Wolf in Gefangenschaft, hinter den Gittern eines Käfigs, kitzelte den Mut des Menschen, der sich dann ungefährdet auch als Herr dieser "blutrünstigen Bestie" fühlte. Das könnten auch die ersten Motivationen für das Fangen von Wölfen für Menagerien, Tiergärten und Zoos gewesen sein. Mit der Zeit entwickelte sich der Aspekt der Haltung von Wölfen in Gefangenschaft aus Gründen des Erkenntnisgewinns. Man entdeckte, dass damit eine einmalige Gelegenheit zur Untersuchung und Beobachtung der Wölfe, ihrer Entwicklung und ihres Verhaltens gegeben war. So entstanden klassische Arbeiten aus diesem Bereichen.

In Nordamerika erfreuen sich sogenannte Wolfparks großer Popularität. Einer der berühmtesten befindet sich im Staate Montana, USA. Die Wölfe halten sich dort unter halbnatürlichen Bedingungen in großen gezäunten Gehen auf. Rundherum sind türme und Punkte zur bequemen Beobachtung der Tiere angeordnet. Die Wölfe sind gezähmt oder zumindest an die Gegenwart des Menschen gewöhnt, führen aber ihr natürliches Leben weiter: werfen, ziehen Junge auf und unterhalten soziale Bindungen. Alles das geschieht unter den Augen der Besucher, die auf diese Weise das Leben der Wölfe kennen lernen. Darüber hinaus führt man dort Untersuchungen an bedrohten Unterarten sowie am Verhalten der Wölfe durch.

Es wurden vielfältige Versuche zur Zähmung von Wölfen unternommen. Die Chancen der Zähmung sind groß, wenn die Arbeit mit den Wölfen bis zum 2. Lebensmonat begonnen wird. Selten gelingt die Zähmung allerdings auch mit älteren Welpen. Aber viele von ihnen werden mit zunehmenden alter schwierig im Umgang mit Menschen. Die Welpen verlangen viel Zeit für Pflege und Einfühlung, damit sich dauerhafte Bindungen zum Menschen anbahnen können. Denn Wolfseltern und die in der Gruppe verbliebenen älteren Geschwister beschäftigen sich stundenlang mit den Jungen.

Bei verschiedenen Wölfen kann aber auch ein sehr unterschiedlicher Grad der Zahmheit erreicht werden. Das Ergebnis hängt nicht nur davon ab, dass jedes Individuum eine unterschiedliche Persönlichkeit ist, sondern auch von der differenzierten Art und Weise der Erziehung der Wölfe durch ihre Betreuer. Wenn jedoch der Welpe entsprechend behandelt und mit großer Fürsorge umgeben wird, wird er sehr freundschaftlich, zärtlich und zeigt große Verbundenheit zu seinem Pfleger. Nie jedoch wird er zahm wie ein Haushund!

In Nordamerika und Westeuropa ist in letzter Zeit die Mode ausgebrochen, einen gezähmten Wolf besitzen zu müssen. Viele Leute betrachten das als Extravaganz, mit der sie anderen imponieren wollen. Es gibt auch Menschen die in redlicher Absicht handeln. Sie wollen den Wolf kennen lernen und das Verhältnis anderer Menschen zu Wölfen verbessern. Es scheint jedoch, dass unabhängig von den Motiven, diese Handlungsweise nur die Besitzer der Wölfe selbst beglücken, weniger die durch sie gehaltenen Tiere. Weil das angemessenste Biotop der Wölfe die Wildbahn ist, sollten Menschen, denen wirklich am Wohl dieser Tierart gelegen ist, eher die Schaffung einer den Wölfen entsprechenden natürlichen Umwelt unterstützen.

Ganz falsch ist die Meinung, dass durch Verpaarung mit einem Wolf der Hund schärfer wird. Ganz im Gegenteil! Infolge des an Wald und Wildbahn angepassten Charakters des Wolfes und seiner angeborenen Menschenscheu wird ein Hybride aus Wolf und Hund einerseits ängstlicher und zurückhaltender, als der seit Jahrtausenden für die Belange des Menschen gezüchteten Haushunde. Andererseits wird der Mischling für den Menschen unberechenbarer und auch gefährlicher, denn seine Furcht vor dem Menschen ist geringer geworden. Deshalb kann es beim Zusammentreffen mit dem Menschen eher zu Konflikten kommen.

Eine wichtige Rolle bei der Aufklärung der Bevölkerung über die Natur des Wolfes und in der naturwissenschaftlichen Erziehung der Jugend spielen Einrichtungen, in denen Wölfe mit ihrem Verhalten beobachtet werden können. Das sind vor allem Tierparks und Zoologische Gärten.

Mit einem nicht verwandten Paar eine Wolfhaltung zu begründen, was der Biologie des Wolfes entspricht, scheint manchem Tierparkdirektor (ich betone: nur manchem) nicht zu genügen, vermutlich aus Unwissenheit, obwohl bereits im ersten Jahr nach der Ranz vier bis sechs oder mehr Junge die Familie vergrößern und die Attraktivität für die Besucher steigern würde. Schnell ist ein "normales", das heißt aus sich selbst bewachsenes Rudel entstanden. Statt dessen werden mehrere erwachsenen Wölfe zusammengestellt: innerartliche Auseinandersetzungen sind vorprogrammiert.

6.2 Der Schutz des Wolfes (am Beispiel Werner Freund)

Deutschland hat sich im Bereich der Wolfshaltung zu einem Vorbild entwickelt, was soziale Zusammensetzung, Gehegegröße und -struktur betrifft. In den letzten Jahren sind zahlreiche neue "Wolfparks" entstanden, wie zum Beispiel in Vahrendorf (Landkreis Harburg bei Hamburg) die sogenannte "Wolfsschlucht"

Im Kammerforst Merzig befindet sich wohl der bekannteste Wolfparkmit mehreren Rudeln aus den verschiedenen Unterarten. Werner Freund betreut hier Timberwölfe, die besonders bedrohten Indischen Wölfe, Arktiswölfe sowie europäische Tiere. Von seinem Lehrer Prof. Dr. Konrad Lorenz, Begründer der Human- und Tierpsychologie verbindenden Verhaltensforschung, als "Ehrenwolf" bezeichnet, lebt er  als Wolf unter Wölfen. Sein Charakter hat sich durch und mit dem der Wölfe gebildet. Er lernt von ihnen, nicht sie von ihm.

Insgesamt 58 Wölfe haben er und seine Frau Erika in 26 Jahren im Merziger Kammerforst aufgezogen, und derzeit lebt der Wolfsmensch mit 24 indischen, europäischen, arktischen und kanadischen Wölfen in vier Rudeln zusammen. Betritt er eines der Gehe so scheint es, als bleibe der Mensch Werner Freund zurück und allein der "Ehrenwolf" nähert sich seinen Kumpanen von denen er respektvoll als Oberwolf anerkannt wird. Allein diese Nähe ermöglicht ihm, zu jenen verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen zu gelangen, die durch die Beobachtung der Tiere in freier Wildbahn oder in Zoos nicht möglich sind.

"Doch bei aller Ehre, das Leben mit Wölfen verlangt ganz direkte und konkrete wölfische Verhaltensweisen. Die soziale Führung des Rudel obliegt dem Alphawolf. Mit dem Funktionieren der engen Beziehung zum Alphawolf steht und fällt meine Beziehung zum gesamten Rudel. Hierbei sind Gefühl und Reaktion maßgeblich. In der Natur führt der Alphawolf das Rudel, aber in der speziellen Konstellation Wolf -  Mensch stehe ich über dem Alphatier, bin also der Oberwolf. Diese herausgehobene Position ist nötig, da ich mich nicht in Positionskämpfe verwickeln lassen kann. Will ich überleben, muss ich wahrsten Sinne des Wortes "unantastbar" sein. Und dennoch: überraschen lassen darf ich mich nie. Denn kommt es doch einmal zu einem Angriff des Alphawolfes und ich blocke nicht sofort mit Entschiedenheit ab, zum Beispiel durch einen Kinnhacken, Biss in den Fang oder einen Tritt mit dem Stiefel unters Kinn, habe ich meine Position für immer verspielt und werde aus dem Rudel ausgeschlossen. Blocke ich aber ab, ist der Alphawolf überrascht, seine Angriffshaltung verwandelt sich schlagartig in Demut und das Rudel akzeptiert mich weiterhin als seinen zweibeinigen Ehrenwolf". Freund kam während seiner langjährigen Arbeit mit Wölfen nur dreimal in die Verlegenheit, einen Angriff seitens der Wölfe abwehren zu müssen, und in allen Fällen handelte es sich um Fehler von ihm, die zu diesen Reaktionen führten.

Freund zieht all seine Wölfe von Geburt an auf, oft übernimmt er Welpen von Tiergärten, die keinen Platz mehr für die Tiere haben. Er betont die Wichtigkeit, mit den Wölfen während ihrer Prägungszeit Kontakt zu haben, denn schließlich übernimmt er die Rolle der Mutter für die Jungen. Ungefähr ab dem 77. Lebenstag knüpft ein Wolf nur mehr sehr schwer soziale Bindungen.

Aufgrund der Tatsache, dass Werner Freund mehrere Rudel verschiedener Unterarten betreute, konnte er Verhaltensdifferenzen unter ihnen ausmachen, die zuvor in der Verhaltensforschung bei Wölfen nicht möglich gewesen waren. Zum Beispiel beschreibt er die Indischen Wölfe als sehr viel furchtsamer den Menschen gegenüber, als deren Europäischen Verwandten oder gar den Arktiswölfen. Auch zeigen sich hier Unterschiede in den sozialen Bindungen. Wölfe, die in Gebieten leben, wo Großwild die Hauptnahrung darstellen jagen im Rudel, die Indischen Wölfe hingegen, die wegen der Bedrohung durch die Menschen sehr zurückgezogen leben und sich von Kleinwild ernähren, neigen vor allem in Zeiten der Nahrungsknappheit zum Einzelgängertum.

Ohne Werner Freund wäre die Wissenschaft auf dem Bereich der Wolfsforschung weit weniger entwickelt.

"Zum Abschied schenkte er (Konrad Lorenz) mir sein letztes Buch "Rettet die Hoffnung" mit der Widmung: "Herrn Werner Freund, dem Kenner der Wölfe freundlichst zugeeignet". Er riet mir, unbedingt weiter über die Wölfe zu berichten: "sie wissen zu viel, das darf nicht verloren gehen". Seine Worte wurden für mich zum Auftrag denn ich verehre diesen Menschen, er ist mein Vorbild. Ohne Konrad Lorenz' Vermächtnis wären meine beiden Bücher "Wolfsmensch" und "Ein Wolf unter Wölfen" nie zustande gekommen"

Quellenverzeichnis

Henryk Okarma; Dagmar Langwald

"Der Wolf"

BlackWelle Verlag Berlin


Werner Freund

"Wolf unter Wölfen"

Augustus Verlag München


Informationsmaterial des Tiergarten Schönbrunn

Schönbrunner Tiergarten GesmbH

Maxingerstr. 13b

1130 Wien



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