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Beispiel für Verletzungen der Menschenrechte in Indien:
Vergewaltigung:
Moti Birua, eine 25jährige Frau, starb im Dezember 1988 in einer Polizeistation in Bihar. Die Polizei setzte dreist eine Geschichte in die Welt, nach der sie angeblich geflohen war und sich dann erhängt hatte. Ihre Familie jedoch sagt, daß Moti Biraua sich erhängt hatte, vermerkte aber sehr wohl schlimme Wunden auf ihrem Körper. Zwei Polizeioffiziere wurden schließlich suspendiert, und der Fall als Mord registriert. Eine richterliche Untersuchung wurde angeordnet, aber die Zeugen wurden Berichten zufolge von der Polizei bedroht. So wagte niemand auszusagen.
Folter:
Die indischen Sicherheitskräfte folterten mit dem Ziel, die Menschen von politischen Aktivitäten abzuhalten oder auch, um Angriffe bewaffneter Oppositionsgruppen zu rächen. Folter ist außerdem Routine bei strafrechtlichen Ermittlungen - sogar dann, wenn nur Bagatelldelikte aufzuklären sind.
Sogar vor Kindern machen die Folterer nicht Halt. Im Juni 19899 wurde eine Gruppe Kinder im Alter zwischen 6 und 13 Jahren aus den Slums im Nordwesten Delhis wegen Diebstahl festgenommen und gefoltert. Ein 13jähriges Mädchen mußte sich ausziehen und wurde dann geschlagen, einem 12jährigen Jungen verabreichte man Elektroschocks, bevor er mit einem Ledergurt geschlagen wurde. Ein weiterer wurde nackt an die Decke gehängt und bewußtlos geschlagen.
Auch weitere Mißhandlungen, wie Verbrennungen mit dem Bügeleisen, zerquetschen der Beine und tödliche Verletzungen mit einem elektrischen Bohrer, konnten nur Dank einer Gruppe örtlicher Bürgerrechtler publik gemacht werden.
Folter gehört in jedem der 25 indischen Bundesstaaten zum Alltag. Hunderte, wenn nicht Tausende Menschen wurden in dem südasiatischen Land während der vergangenen 10 Jahre zu Tode gefoltert. Seit 19985 hat Amnesty International den Tod von 415 Menschen in Haft exakt aufzeichnen können.
Hauptopfer der Menschenrechtsverletzungen sind die Angehörigen der niederen Kasten und der Stammesvölker im Nordosten Indiens sowie Wanderarbeiter, landlose Tagelöhner und andere mittellose und unterprivilegierte Bürger. Viele derjenigen, die ihr Leben unter der Folter verloren haben, sind niemals einer Straftat angeklagt worden. Andere starben den Foltertod hinter Gittern, nachdem man sie wegen ihrer politischen Überzeugung oder im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten festgenommen hatte, die seit Jahren den Alltag im Nordosten des Landes überschatten. Insbesondere in den dortigen Bundesstaaten und in Dschammu und Kaschmir kommt es im Zuge der Aufstandsbekämpfung regelmäßig zu Vergewaltigungen durch Armeeangehörige oder Mitglieder paramilitärischer Verbände. Mißhandlungen und Vergewaltigungen durch Angehörige der Polizei sind im gesamten Land an der Tagesordnung.
Viele Richter, Rechtsanwälte, Bürgerrechtler,
Journalisten,
Politiker und selbst führende Polizeibeamte haben mehrfach die weitverbreiteten
Folterungen, Vergewaltigungen und Todesfälle in der Haft öffentlich
angeprangert. Aber keine der in den zurückliegenden Jahren an der Macht
befindlichen Regierungen hat die Initiative ergriffen, um die Menschenrechtssituation
im Land zu verbessern.
"Bei uns wird nicht gefoltert. Das kann ich mit Bestimmtheit sagen. Wo auch immer Foltervorwürfe laut geworden sind, haben wir die Sache überprüft und herausgefunden, daß nichts Wahres daran ist"
Rajiv Gandhi, damals Premierminister, während eines Fernsehinterviews 1988
Im Gegenteil: Noch immer leugnen offizielle Stellen, daß es in Indien überhaupt zur Folter kommt. Selbst als die Vereinten Nationen zwischen 1988 und Ende 1990 gegenüber der indischen Regierung 33 konkrete Fälle von Folterung und von Tod in der Haft zur Sprache brachten, verbreitete man die Polizeiversion des Vorfalls, erklärte, der Fall werde untersucht oder verweigerte sogar noch eine Stellungnahme, als Gerichte dir Foltervorwürfe bereits bestätigt hatten.
Für die Opfer oder ihren Familien ist es fast unmöglich, eine Wiedergutmachung zu erhalten. Nur selten wissen Betroffene überhaupt von solch einer Möglichkeit und selbst dann verfügen sie fast nie über die finanziellen Mittel, um entsprechende Forderungen erfolgreich einklagen zu können. Von den 415 von Amnesty International dokumentierten Fällen vom Tod in der Haft ist lediglich in sechs Fällen eine Entschädigung an die Familien der Opfer gezahlt worden. Welche Hartnäckigkeit dafür erforderlich ist, zeigt der Fall eines Studenten, der 1976 zu Tode gefoltert worden war. Erst 14 Jahre später wurde das betreffende Verfahren positiv beschieden. Solche Verzögerungen sind nicht ungewöhnlich, sondern offensichtlich ein gezielt eingesetztes Mittel, den Opfern von Menschenrechtsverletzungen Wiedergutmachungen vorzuenthalten.
Archana Guha, eine Lehrerin, die nach in der Haft erlittenen Folterungen gelähmt blieb, versucht seit 1977 auf allen erdenklichen juristischen Wegen, ihre Peiniger vor Gericht zur Rechenschaft zu ziehen - bislang vergeblich.
Solange es die indischen Regierungen versäumen, die Folter zu verurteilen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen, müssen sie sich die voller Verantwortung für Folter, Vergewaltigungen und Todesfälle in Haft zuschreiben lassen.
Nur wenige Polizeibeamte wurden bisher vor Gericht gestellt, gegen fast keinen erging ein Schuldspruch wegen Verstoßes gegen die Menschenrechte. Soweit Amnesty International in Erfahrung bringen konnte, wurden Polizeioffiziere nur in 25 der bekannten 415 Fälle von Foltermord hinter Gittern in Gewahrsam genommen. Zur Anklageerhebung war es in 52 Fällen gekommen. Nur in ganzen drei Fällen wurde bekannt, daß Gerichte Polizisten wegen Mordes an Häftlingen verurteilten. Oftmals besteht die einzige Maßnahme in der Versetzung der an Folterungen beteiligten Polizisten. Einige Beamte wurden sogar trotz bestehender Foltervorwürfe befördert.
Spezielle Gesetze in Assam, Dschammu, Kschmir und Pinjab - Gebiete, in denen bewaffnete Oppositionsgruppen aktiv sind - gewähren den Sicherheitskräften Schutz vor Strafverfolgung für sämtliche Handlungen, die sie in Ausübung des Dienstes begangen haben. Auch gegen Polizeibeamte kann aufgrund der Bestimmungen der Strafprozeßordung wegen dienstlicher Verfehlungen strafrechtlich nicht vorgegangen werden.
Die meist ausbleibende Bestrafung der Verantwortlichen kann bei den Folterern nur als Botschaft verstanden werden, daß ihr Tun gebilligt wird. Notwendig wären konsequente Ermittlungen, um eine Bestrafung der Täter und eine Entschädigung der Opfer sicherzustellen. Wenn jedoch in den vergangenen Jahren überhaupt einmal Untersuchungen stattfanden, dann meist erst nach massiven öffentlichen Druck und mit erheblicher Zeitverzögerung - und keinesfalls aus echtem Interesse an der Wahrheitsfindung. Man ermittelte, daß in weniger als einem Viertel der Fälle von Tod in der Haft eine eigentlich obligatorische Untersuchung durchgeführt wurde.
Polizeibeamte aller Ränge und in einigen Fällen auch Ermittlungsbeamte, Arzte und Staatsbedienstete haben offenbar vereinbart, Folter, Vergewaltigung und Tod in der Haft zu verheimlichen und die Täter zu schützen. Nur zu oft wird jede Polizeiversion über den Tod eines Opfers akzeptiert, egal wie unglaubwürdig sie auch sein mag. Mehr noch: Die Polizei blockiert vielfach Nachforschungen und schüchtert Augenzeugen ein, um sie an Aussagen zu hindern.
Aufgrund der mangelhaften Untersuchungen der Behörden haben einige Angehörige von in der Haft Verstorbenen auf eigene Faust versucht, Verantwortliche anzuzeigen. In den wenigsten Fällen jedoch mit Erfolg. Wilson, ein Ballonverkäufer, starb in Delhi 1984 in Haft. Trotz eines umgehend von privater Seite gestellten Strafantrags sind acht Jahre später noch keine Anklagen gegen die betreffenden Polizisten erhoben worden.[i]
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