Erörterung zur Lockerung des
Kündigungsschutzes
Dass Reformen durchgeführt werden müssen, um
den Arbeitsmarkt flexibler werden zu lassen und die Wirtschaft anzukurbeln,
steht außer Frage, doch ist die Lockerung des Kündigungsschutzes wirklich der
richtige Weg, um das zu erreichen? Dabei gilt es die pro und contra Argumente
sorgfältig abzuwägen.
Bisher war es so, dass für Firmen mit fünf
Mitarbeitern kein Kündigungsschutz galt, erst der sechste Mitarbeiter löste den
Kündigungsschutz für alle anderen Arbeitnehmer aus. Das galt auch, wenn einer
der Mitarbeiter befristet oder als Zeit- und Leiharbeiter eingestellt war. Die
geplante Gesetzesänderung sieht vor, dass ein Arbeitgeber zu seinen fünf fest angestellten
Arbeitnehmern, die keinen Kündigungsschutz genießen, noch fünf weitere Zeit-
und Leiharbeiter einstellen kann, ohne allen Mitarbeitern Kündigungsschutz gewähren
zu müssen. Zudem erhält der Gekündigte eine so genannte "Abfindungsoption", das
heißt, dass er die Wahl zwischen Kündigungsschutz und Abfindung hat; diese soll
so gestaltet sein, dass das Unternehmen keinen ökonomischen Schaden davon trägt.
Außerdem soll die Sozialauswahl nur noch auf vier Kriterien beschränkt werden: Alter,
Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflicht und Schwerbehinderung. Für eine
Lockerung des Kündigungsschutzes spricht, dass sie ein Anreiz für Arbeitgeber
sein könnte mehr Leute einzustellen, weil er ihnen nicht sofort Kündigungsschutz
garantieren muss und somit flexibler bleibt. Dagegen spricht aber, dass viele
Arbeitnehmer, vor allen Dingen ältere, durch diese Lockerung verunsichert würden, weil sie Angst um ihren
Arbeitsplatz haben müssten, da diese Lockerung des Kündigungsschutzes eine gute
Gelegenheit für Arbeitgeber darstellt, sich von älteren Arbeitnehmern zu
trennen, was bisher relativ schwierig war. Außerdem ist überaus fraglich, ob
der Kündigungsschutz wirklich ein so großes Hindernis für Arbeitgeber darstellt
neue Mitarbeiter einzustellen, oder ob die hohe Arbeitslosigkeit eher auf die
konjunkturelle Lage zurückzuführen ist. Mit der Lockerung des
Kündigungsschutzes soll auch eine Abfindungsoption eingeführt werden.
Die hätte den Vorteil, dass das Prozessrisiko im
Falle einer Kündigung für Arbeitgeber verringert werden könnte, da der
Arbeitgeber statt Kündigungsschutz zu gewähren, eine Abfindung zahlen könnte,
die allerdings im Rahmen bleiben muss, damit dem Unternehmen kein
wirtschaftlicher Schaden entsteht, somit könnte man auch die Kosten einer
Kündigung besser kalkulieren. Außerdem könnte dies wiederum ein weiterer Anreiz
sein mehr Mitarbeiter einzustellen. Zudem hätte dann jeder Arbeitnehmer die
Möglichkeit eine Abfindung zu erhalten und nicht wie bisher nur dann, wenn dies
vorher in einem Sozialplan festgelegt wurde. Allerdings ist es fraglich, ob
diese Abfindungsoption wirklich so sinnvoll ist und ob die unkalkulierbaren
Prozessausgänge wirklich eine so große Hürde für Arbeitgeber darstellen, da nur
etwa jede zehnte Kündigung vor Gericht verhandelt werden muss. Außerdem gibt es
in der momentanen Rechtslage bereits eine Art Abfindungsoption, die dem
Arbeitgeber ermöglicht einem Prozess aus dem Wege zu gehen, sodass dieser
Reformpunkt eigentlich sinnlos ist, weil er bereits existiert. Eine weitere
Neuerung, die im Rahmen des neuen Kündigungsschutzes ebenfalls eingeführt
werden soll, ist, die veränderte Sozialauswahl. Sie soll nur noch auf vier
Kriterien beschränkt werden, wobei die Gewichtung dieser unterschiedlichen
Kriterien nicht vorgeschrieben ist. Damit könnte man den Unternehmen
ermöglichen im Falle von Rationalisierung nur die leistungsstärksten
Mitarbeiter, also eventuell junge, zu behalten, um so das Unternehmen
wirtschaftlicher und konkurrenzfähiger zu machen. Ein Nachteil wäre, dass man
insbesondere ältere Arbeiter weiter verunsichert, weil sie, aufgrund dieser
neuen Regelung, um ihren Arbeitsplatz fürchten müssten. Außerdem wäre es sehr
kritisch die Sozialauswahl zu beschränken, weil es den Arbeitgebern erleichtert
werden würde Mitarbeiter zu entlassen, ohne die sozialen Hintergründe und
Belange genügend in Betracht zu ziehen, denn ein 52-jähriger Familienvater
sollte doch besser vor einer Kündigung geschützt sein, als ein 25-jähriger
lediger Arbeitnehmer, selbst wenn dieser leistungsstärker ist. Zudem gibt es
schon jetzt die Möglichkeit, Leistungsträger von der Sozialauswahl auszunehmen,
wenn sie aufgrund ihrer Qualifikation unentbehrlich für das Unternehmen sind.
Soweit die Erörterung dieser Problematik.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Anderung des Kündigungsschutzes nur
eine weitere Korrektur vergangener Fehler sein wird, da die SPD erst 1999 den
Kündigungsschutz für Kleinbetriebe wieder eingeführt hat. Zudem bricht die SPD
mit diesem Schritt ein weiteres Wahlversprechen, weil sie nämlich im Wahlkampf
versprochen hatte den Kündigungsschutz unangetastet zu lassen. Das wird die SPD
wohl noch unglaubwürdiger erscheinen lassen. Ausländische Beispiele zeigen,
dass es aber auch anders geht. Wenn zum Beispiel keine großen finanziellen
Einbußen im Falle einer Kündigung drohen und der Gekündigte von einem
engmaschigen Netz von Weiterbildung, vorübergehender öffentlicher Beschäftigung
und erfolgreicher Vermittlung aufgefangen wird, verliert der Kündigungsschutz,
so wie es in einigen skandinavischen Ländern ist, an Bedeutung. Das setzt
natürlich eine vollkommen andere Arbeitsmarktpolitik voraus, als wir sie gerade
betreiben, sodass diese Modelle auch nur bedingt auf Deutschland übertragbar
sind. Trotzdem sollte man sich, meiner Meinung nach, an den skandinavischen
Ländern orientieren, auch wenn das eine vollkommene Umgestaltung für die
jetzige Arbeitsmarktpolitik bedeuten würde, aber die Erfahrung zeigt, dass die
skandinavischen Modelle sehr gut funktionieren.