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Was ist ein Baden-Württemberger?
Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums
Baden-Württembergs lohnt es sich einmal genauer hinzuschauen und zu fragen:
Was ist ein Baden-Württemberger eigentlich?
Die Beantwortung der Frage gestaltet sich
jedoch nicht ganz so einfach, wie es auf den ersten Blick vielleicht scheint,
denn regionale Identität ist nichts Dingfestes, nichts Greifbares -
und dennoch bestimmt sie nicht unwesentlich Denken und Handeln vieler Menschen.
So lassen sich die Badener und die Württemberger nicht einfach in einen Topf werfen, obwohl die Gründung des Bundeslandes Baden-Württemberg schon fünfzig Jahre zurückliegt. Insofern könnte man Baden-Württemberg auch als "Bindestrich-Land' bezeichnen, da vereint wurde, was nicht zusammengehören wollte.
Nun kann man nicht gerade behaupten, dass die
kulturellen Unterschiede so groß wären, dass die beiden Länder nicht
miteinander harmonieren könnten aber sie sind eben
doch soweit vorhanden, dass
Ubi
bene, ibi patria - Dort wo es gut ist , dort ist die
Heimat
" doch ich sage es gegen Ihr Lächeln:
Heimat, das ist für mich nicht allein der Ort, an dem die Toten liegen; es
ist der Winkel vielfältiger Geborgenheit, es ist der Platz, an dem man
aufgehoben ist, in der Sprache, im Gefühl, ja, selbst im Schweigen
aufgehoben, und es ist der Flecken, an dem man wiedererkannt wird; und das
möchte doch wohl jeder eines Tages: wiedererkannt, und das heißt: aufgenommen Text über eine Kindheit in Ostpreußen |
Der Begriff Heimat ist
abstrakt, denn Vorstellungen von Heimat gibt es so viele wie Menschen.
Doch ist der Raum tatsächlich identitätsstiftender
Faktor und für alle Menschen gültig?
Heimat ist notwendig
bis verzichtbar. Für die meisten Menschen stellt der Raum, in dem sie leben,
eine abstrakte und austauschbare Größe dar, die das
Individuum prägt. Räumliche Gegebenheiten, wie Landschaftsbilder, bestimmte
Bauwerke oder Bilder aus der Kindheit und Jugend
können auch später ein heimatliches Gefühl auslösen.
All dies wirkt vielfach vermittelt auf das Individuum ein. Dieses hat dann die
Chance, sich aus den vielfältigen Quellen ein eigenes Bild der Region zu machen
und sich auf dieser Grundlage mit der Region zu identifizieren
oder sich von ihr oder Teilen von ihr auch zu distanzieren.
Man kann sagen, dass die Beziehungen, die ein Individuum zu anderen Menschen
eingeht, wo es aus verschiedenen Gründen seinen Wohnsitz hat, sein Heimatgefühl
beeinflussen. Sicher ist, dass das Gefühl der
Zusammengehörigkeit untrennbar mit dem Heimatgedanken verbunden ist.
Die
Geschichte des jungen Bundeslandes Baden-Württemberg
Bindestrich
oder Trennungsstrich? Für das Land Baden-Württemberg ist diese Frage seit seiner Vereinigung vor 50 Jahren (am
25. April 1952) von großer Bedeutung.
Mit Hohenzollern, Württemberg und Baden gab es ist bis 1945 drei Länder im
Gebiet des heutigen Baden-Württemberg. Wenig deutete damals auf eine engere
Verbindung oder gar eine Fusion hin. Zwar gab es
bereits nach dem Ersten Weltkrieg vereinzelt Ideen für einen einheitlichen
Südwesstaat, eine breitere Wirkung hatten diese jedoch nicht.
Der
Anstoß zum Zusammenschluss ging von den Westalliierten aus. Aus
ökonomischen Gründen hatten Engländer und Amerikaner ihre Zonen verbunden.
Die Absicht, der wirtschaftlichen - und der daraus resultierenden politischen
Stabilisierung, erzwang geradezu die territoriale Neuordnung des Südwestens.
Der begrüßte und bekämpfte Südweststaat stand 1952 vor einem Problem: Es wurde vereint, was nicht zusammen gehören wollte.
Erst 1971 in der Volksabstimmung in Südbaden wurden die letzten Vorbehalte
ausgeräumt, damit waren einheitliche Wirtschaftsräume geschaffen worden. Politische
Identität in Baden-Württemberg
Wenn man die
Grafiken im Anhang betrachtet, lässt sich ein politischer Unterschied zwischen
In den Landtagswahlen 2001 erhielt die CDU in Württemberg deutlich mehr Wählerstimmen, als die SPD. Dieses Wahlergebnis kann auf die politische Geschichte Württembergs zurückgeführt werden. Bei den ersten Wahlen für den Volksstaat Württemberg konnten sich das Zentrum, die liberalen Demokraten (DDP), die Deutsch-Nationalen (DNVP) und die Sozialdemokraten als die stärksten Parteien durchsetzen. Von 1919 bis 1933 regierten Koalitionen aus Zentrum und konservativen Parteien. Die Sozialdemokraten sind seit 1919 meist in der Opposition, obwohl sie zeitweise die stärkste Partei waren.
Umgekehrt erhielt die SPD in
Auch hier kann die politische Geschichte des
Landes Aufschluss geben. Gegen das Zentrum, das seit 1905 die stärkste Partei
war, bildete sich der Großblock aus Liberalen, Demokraten und revisionistischer
SPD. Die badische Bevölkerung hatte schon bei der Gründung des Landes
Baden-Württemberg Angst, auf Grund der Größe Württembergs und dessen
überwiegender Bevölkerung bei Wahlen benachteiligt zu sein.
Diese war begründet: Bei der 1. Landtagswahl, 1956, in
Baden-Württemberg, gab es schließlich keine grundlegenden Veränderungen der
Machtverhältnisse gegenüber der Verfassungsgebenden Landesversammlung: Die CDU
wurde als stärkste Partei gewählt. Baden
und Württemberg im Vergleich
1. Sprache und Dialekt in Baden und Württemberg
Ein schwäbischer Geschäftsmann, der in einer norddeutschen Großstadt zu tun hatte, wurde darauf angesprochen, ob er ein Schwabe sei. Nicht wenig überrascht, entgegnet er: 'Ha freile, do hend Se's troffe! Aber saget Se mer bloß des oine; an was hend Se jetz des kennt?'
Das Schwäbische ist bekanntlich die Sprache der Diminutive. Die bekannten Beispiele reichen vom Gutsle und Guts Nächtle bis zum Tschüsle und nur in der schwäbischen Sage gibt es ein 'Riesele', das ist ein kleiner Riese.
Im Wortschatz eines Schwaben nehmen Schimpfwörter und grobe Flüche einen breiten Raum ein. Nicht weil der Schwabe besonders viel oder gern schimpft und bruddelt, sondern weil er sich dabei sehr kreativ ausdrücken kann. Der Schwabe kann aber auch liebevoll schimpfen, und manche Schwaben können sogar Zustimmung und Begeisterung mit Hilfe eines geeigneten Schimpfwortes zum Ausdruck bringen. Die Schwaben sagen bekanntlich über sich selbst: " Mir kennet älles außer Hochdeitsch".
2.1. Badener über Württemberger
Die Mischung aus Fleiß, Intelligenz und Sparsamkeit zeichnet die Schwaben
aus. Es sind an sich wertvolle Eigenschaften, die
einen aber nicht immer und überall beliebt machen. Insbesondere wird den
Schwaben ihre bis zum Geiz reichende Sparsamkeit
angekreidet. Im Badischen gilt der Schwabe oft als dumm und hinterwäldlerisch:
"Schwobe schaffet, Badener denket
In Baden wird der Schwabe auch als listig und 'hinterfotzig'
angesehen, und das von Kindheit an. Mit dem alten Schwank 'Vom Schwaben,
der das Leberlein gefressen' wurden dem Schwaben schon früh Habsucht und
Dickköpfigkeit zugeschrieben. Auch Pfiffigkeit und Derbheit
werden einem Schwaben nachgesagt. 'Schaffe, putze, spare',
heißt angeblich die Losung.
Die Badener kennen eine Menge bösartiger Witze über die Schwaben, von denen wir hier nur einige nennen wollen, da es sonst viel zu viele wären, um sie hier alle unterzubringen:
Was ist der Unterschied zwischen einem Unglück und einer Katastrophe? Wenn ein Schiff mit Schwaben unterging', des wär' ein Unglück - aber wenn die schwimmen könnten, des wär' a Katastroph'.
Ein Schwabe: Er hat so lang ein Pfennigstück in der Hand umgedreht, dass es so lang und dünn wie ein Draht wurde.
2.2. Württemberger über Badener
Haben die "Badenser" wirklich gelbe Füße?
Die badischen Mitbewohner werden von den Schwaben manchmal abfällig als "Gelbfiassler" (Gelbfüßler) tituliert. Wenn man dann den Schwaben fragt, wo denn diese Bezeichnung herkommt und was sie denn eigentlich bedeuten soll, erhält man meist zur Antwort, dass "des äba so sei, on d'r Ahne häb des au scho so g'sait".
Es gibt folgende Theorien:
Erste Theorie: Badische Steuereintreiber sollen einstmals unzufrieden über das Fassungsvermögen eines Eierkorbs gewesen sein. Um diesem Missstand abzuhelfen, wären sie mit den Füßen auf dem Korb herumgetrampelt, was dann "gelbe Füße" zur Folge hatte.
Zweite Theorie: Andere sagen, dass die badischen Soldaten in der Vergangenheit Uniformen mit gelben Strümpfen oder Gamaschen getragen hatten.
Badener gelten als
ach so gesellig, weltoffen, liberal und leiblichen Genüssen zugetan. Die Nähe
zu Frankreich verfeinerte die Gastronomie und verstärkte ihr Freiheitsdenken.
Merkwürdig ist, dass es Retourkutschen von Seiten der
Schwaben kaum gibt, zumindest nicht auf der gleichen Stilebene. Schwabenwitze sind eine gängige Gattung, von Badenerwitzen spricht niemand.
Wir konnten leider nur einen einzigen finden:
Lehrer zu einem Schüler, der sich gravierende
Fehler zu Schulden kommen ließ:
"Büble, du landesch emol später im Badische!' Das war eine schlimme
Drohung.
Betrachtet man die
Schwabenwitze unter diesem historischen Gesichtspunkt, so wird deutlich, dass
sie nicht erst eine Folge des Zusammenschlusses von
3. Badener und Württemberger Weinsorten
Wein und Philosophie, Reben und Dichtung, gehören
in Württemberg seit jeher zusammen:
So wusste schon Schwabens Dichterfürst Friedrich Schiller: "Ein Wirtemberger
ohne Wein, kann der ein Wirtemberger sein?' Kaum eine schwäbische
Geistesgröße, die nicht ein Loblied auf den Neckarwein gesungen hätte. Die
Württemberger produzieren überwiegend Rotweine. Ihre besten Weinsorten sind: Trollinger, Lemberger, Schwarzriesling, Samtrot.
Das Badische Weinbaugebiet beginnt nördlich
von
Die Häuser Baden und Württemberg bringen zum
Landesjubiläum eine gemeinsame Weinedition auf den Markt: die Württemberger
einen Riesling, die Badener einen Spätburgunder.
Man hört: Die Württemberger haben den besseren Roten, die Badener den besseren
Weißen.
4. Kulinarische Spezialitäten
In Baden-Württemberg gibt
es eine Vielzahl kulinarischer Spezialitäten. Viele mit Sternen ausgezeichnete
Lokale liegen in Baden-Württemberg, die Mehrzahl davon im Badischen.
Hier sind einige typische badische Spezialitäten: Flammkuchen,
Schwarzwälder Schinken, Schwarzwälder Kirschtorte.
Schwaben sind bekanntlich Nass-Esser, alles muss in einer "Briah" oder einem "Sößle" eingetunkt (eidôngd) oder eingebrockt (eibroggeld) werden. Keine Suppe ohne ein Stück Brot, auch kein Rest an Bratensoße darf übrig bleiben. Diese wird zudem gerne mit Kartoffelsalat vermischt genossen. Das sieht dann zwar optisch äußerst zweifelhaft aus, schmeckt aber unvergleichlich. Weitere typisch schwäbische Spezialitäten sind: Kässpätzla, Herrgottsbscheißerla (= Maultaschen), Bräzla, Schupfnudla ond Sauerkraut.
5. Warum singt niemand eine Baden-Württemberg-Hymne?
Das Badenerlied Das ist mein Badnerland, |
Der reichste Fürst Preisend mit viel
schönen Reden Herrlich, sprach
der Fürst von Sachsen, Seht mein Land in
üpp'ger Fülle, Große Städte,
reiche Kloster, Eberhard, der mit
dem Barte, Doch ein Kleinod
hält's verborgen: Und es rief der
Herr von Sachsen, |
'Der reichste Fürst' heißt die
Hymne der Württemberger. Eine Ballade, deren Text der Tübinger Romantiker
Ludwig Uhland 1818 geschrieben hat. Die anonym entstandene Melodie dazu
war 1801 in einem Liederbuch aufgetaucht. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die
Hymne erneut gefragt. Der württembergische Patriotismus
spielte eine starke Rolle. Unentwegt wurde das württembergische
Nationallied gesungen, in dem die deutschen Fürsten ihre Länder loben.'
Das Badenerlied ist erstmals in einer Liedersammlung 1902 als Marsch belegt. Es geht um die landschaftliche Vielfalt und die regionalen Besonderheiten des Großherzogtums Baden.
Zum 50. Geburtstag des Landes schreibt uns Gotthilf
Fischer die 'Hymne an Baden-Württemberg'.
Jung und Alt sollen sein Lied singen. Doch eine Hymne entsteht nur dort, wo Gefühle, Stolz, aber auch Leid im Spiel sind. So
war es bei allen drei Landeshymnen von Baden,
Hohenzollern und Württemberg. Stolz konnte bei den "Baden-Württembergern" leider bis heute nicht aufkommen, da allen das dazu nötige
"Wir- Gefühl" fehlt. Nun haben wir also drei historisch gewachsene Hymnen, ein
Bundesland und eine gemeinsame Hymne, die niemand singt. Also
belassen wir es einfach dabei.
Mögliche
Fragen für ein Interview an Hand dessen sich Badener
und Württemberger unterscheiden lassen:
Woher kommen Sie? Würden Sie dies als ihre
Heimat bezeichnen?
Wie lange leben Sie bereits hier?
Leben Sie gern hier? Warum?
Haben Sie hier
Freunde oder/ und Verwandte?
Was
gefällt Ihnen an Ihrem Heimatort am besten?
Welche öffentlichen Einrichtungen (Bäder, Büchereien, Theater ) nutzen Sie?
Welches sind Ihre Lieblingslokale?
Wo
kaufen Sie ein, hier oder woanders?
Welche Vereine kennen Sie? Wo sind Sie Mitglied?
An
welchen Festen nehmen Sie teil? Aktiv oder passiv?
Lesen Sie eine Lokalzeitung? Welche?
Sprechen oder verstehen Sie die hiesige Mundart?
Wenn Sie von einer
Reise zurückkommen, woran erkennen Sie zuerst, dass Sie zu
Hause sind?
Woran erkennen Sie Ihren Ort, wenn Sie darüber fliegen?
Woran erkennen Sie an einem fremden Ort einen Miturlauber aus der
Heimat- region? Woran könnte er Sie erkennen?
Was
fällt Ihnen auf, wenn Sie in andere Teile Deutschlands oder andere Regionen in
Baden-Württemberg
fahren? Vermissen Sie dort etwas?
Wenn Sie in der
Fremde von Ihrem Heimatort erzählen sollen, was erzählen Sie
dann? Könnten
Sie dazu ein typisches Lied vorsingen?
Was
macht für Sie die Region, in der Sie leben, unverwechselbar?
Welchen Wein trinken
Sie am liebsten?
Welche typischen Spezialitäten gibt es in ihrem Heimatort?
Was
sind "Brägeli"?
Was
ist ein "Herrgottsbscheißerle"?
Wie
würden Sie ihre Landsleute beschreiben?
Können Sie über Schwabenwitze lachen? Schlussfolgerung
Wir sind der Meinung, dass der typische Baden-Württemberger eine rein politische Erscheinungsform ist und im wirklichen Leben nicht existiert. Auch nach fünfzig Jahren gemeinsamer Geschichte, können sich Badener und Württemberger gegenseitig noch immer nicht recht akzeptieren. Beide trennen heute wie damals kleinbürgerliche Unterschiede, die sie immer wieder gegeneinander ausspielen. Es fängt beim Wein an und hört bei der Sprache auf. Wenn sich nun aber Länder mit verhältnismäßig geringen kulturellen Unterschieden nicht vereinen lassen, wie soll dann ein Vereinigung mehrer Staaten, die sich in mehr als nur der Politik und der Kultur unterscheiden, funktionieren? Baden-Württemberg kann nicht als Beispiel für die Europäische Union oder für andere Vereinigungen auf internationaler Ebene dienen.
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