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biographien referate |
Hackl Erich
Wurde 1954 in Steyr geboren, studierte in Salzburg und Malaga Germanistik und Romanistik und arbeitete dann als Lehrer und Hochschullehrer in Madrid und Wien. Er lebt heute in Wien.
Ausgezeichnet wurde er 1987 mit dem 'Aspekte'-Literaturpreis und dem 1.Grand-Prix Genève-Europe.
Historisch verbürgte Einzelschicksale voller Tragik als erschütternde Mahnmale ihrer Zeit liegen den Erzählungen Erich Hackls zugrunde.
Auroras Anlaß: 'Fiktion des Faktischen'. Poetischer Historiograph.
//: Michael Köhlmeier: Geschichte des Anarchisten und Königsmörders Gaetano Bresci. Tochter: Hildegart: 'Garten der Weisheit'
'Auroras Anlaß': 1986. Erzählt die authentische Lebensgeschichte der spanischen Feministin Aurora Rodríguez, die ihre unerreichten Lebensziele in die Erziehung ihrer Tochter Hildegart verlagert. Als diese aber nicht mehr ihren hohen Anforderungen entsprechen kann, sieht sich Aurora eines Tages, auf den Wunsch Hildegarts hin, 'veranlaßt, ihre Tochter zu töten'.
Abschied von Sidonie.
König Wamba. Ein Märchen mit Zeichnungen von Paul Flora.
Wamba, König der Goten, die alle lange Bärte haben, ziehen weg von Frau und Dorf in ein phantastisches Land in ein Dorf mit lauter Frauen, deren Männer schon lange verschwunden sind. Die Goten werden sehr gastfreundlich behandelt, nutzen dies aber bald aus und machen die Frauen zu Dienern, da sie keine Bärte haben. Allerlei Tricks der Frauen, dieses Joch abzuschütteln, mißlingen, erst als sie den Goten die Bärte abschneiden, die dann (eigenartigerweise) nicht mehr nachwachsen, tritt wieder ein partnerschaftliches Verhalten ein. Mit Illustrationen von Paul Flora
'König Wamba': 1991. Mit Zeichnungen von Paul Flora. In einem fiktiven Land leben Männer und Frauen friedlich zusammen. Nachdem die Männer aus Abenteuerlust fortgezogen und wieder heimgekehrt sind, kommandieren sie die Frauen für die tägliche Bedienung ab und erklären ihnen, daß sie von Natur aus Dienerinnen seien, weil sie keine Bärte trügen. Das Märchen geht aber gut aus, Männer und Frauen, Herrscher und Beherrschte arbeiten gleichberechtigt zusammen.
Ein Märchen über die Scheinlegitimation von Macht, über die Schwierigkeit, die Tricks der Herrschenden zu durchschauen, wenn der Herrschaftsanspruch durch Tradition und Gewalt abgesichert wird.
Sara und Simon.
Hackl hat Archivarbeit geleistet und integriert Dokumentarisches nahezu fugenlos in den narrativen Zusammenhang. Er verwirft übliche Techniken realistischer Erzählung, die am 'new journalism' geschulte Subjektivierung aus der Perspektive einer vertrauten Person, den realistischen Dialog. Weitgehend sachlich und distanziert erfüllt Hackl die schreckliche Chronistenpflicht, bis er an die Stelle kommt, an der er sich 'nicht länger hinter Fakten und Mutmaßungen verbergen kann. An der er seine ohnmächtige Wut hinausschreien möchte'.
Sidonie Adlersberg
Hans Breirather (Pflegevater)
Josefa Breirather, geb. Degenfellner (Pflegemutter)
Manfred Breirather (Bruder)
Hilde (Schwester, ebenfalls Pflegekind der Fam. Breirather)
Cäcilia Grimm (Fürsorgerin)
Joschi Adlersburg (Zeitzeuge)
'Im Gedenken an das Zigeunermädchen Sidonie Adlersburg, aufgewachsen in Letten, gestorben in Auschwitz, Opfer der faschistischen Machthaber und ihrer willfährigen Untertanen', lautet die Inschrift auf einer Gedenktafel, die in ihrem Heimatort angebracht wurde, nachdem Hackl mit seinen Recherchen über Sidonies Schicksal das lang gehegte 'Netz des Schweigens' durchbrochen hatte. Die Erzählung 'Abschied von Sidonie' (1989) bildet das Ergebnis dieser Nachforschungen; sie rekonstruiert den kurzen Lebensweg des Zigeunermädchens Sidonie (1933-1943), das 1933 in Steyr geboren, ausgesetzt und dann als Pflegekind von der sozialdemokratisch gesinnten Familie Breirather großgezogen wurde. Unter dem nationalsozialistischen Regime waren nicht-arische Menschen erklärte Feindbilder, und so suchten die Behörden fieberhaft Sidonies Eltern, um sie zu ihnen ins Ghetto zu schicken. Und sie fanden sie auch. Dann wurden die Meinungen von Sidonies Lehrerin, ihrer Fürsorgerin und des Bürgermeister eingeholt, ob sie der Ansicht wären, daß Sidonie besser zu ihren leiblichen Eltern geschickt werden solle. Aus Angst, Unmenschlichkeit, fehlender Zivilcourage oder feigem Opportunismus stimmten alle mehr oder minder der Übergabe Sidonies an ihre Eltern zu, worauf sie von ihren geliebten Zieheltern getrennt wurde. Sie starb im Konzentrationslager Auschwitz an 'Kränkung'. Hackl beschreibt anhand einer ähnlichen Geschichte, die jedoch positiv verlief, daß auch Sidonies Schicksal anders hätte verlaufen können, wenn die befragten Personen etwas mehr Courage gezeigt hätten.
Inhalt genau
Am 18.8.1933 fand der Portier des Steyrer Krankenhauses ein weggelegtes Zigeunerkind namens Sidonie. Es litt an der Englischen Krankheit, einer Mangelerkrankung des Knochengewebes (Beine nach außen gekrümmt, Gelenke verdichtet). Die Behörden konnten die Eltern ausfindig machen.
Aufgrund der allgemeinen hohen Arbeitslosenrate und der daraus resultierenden Finanzprobleme, gab der Staat Sidonie in Pflege. Die erste Pflegemutter gab sie nach zwei Tagen zurück, weil Zigeuner nicht geduldet wurden.
Pflegeeltern: Ihr Vater war Hans Breirather (geb. 1899 als Sohn eines Landarbeiterehepaares,1916 - 1919 vom Militär eingezogen, 1927 Ordensverleihung des republikanischen Schutzbundes der sozialdemokratischen Partei, 1928 ehelichte Josefa, Geburt des ersten Sohnes Manfred, nehmen Findelkind Sidonie in Pflege). Nach dem Verbot der sozialdemokratische Partei 1933 wird H. Breirather verhaftet, seine Wohnung durchwühlt und zerstört.
Josefa bleibt alleine mit den beiden Kindern und muß sich irgendwie durchbringen. Sie wird von der Kirche unter Druck gesetzt, bis sie auch kirchlich heiratet. Während Hans Gefangenschaft nimmt Josefa ein zweites Mädchen in Pflege, die 4 Monate alte Hilde. Die politische Situation spitzt sich immer mehr zu, und die Gestapo mischt sich ein. 1939 werden Sidonie und Hilde eingeschult, Sidonie hat Probleme mit der Sprache und muß die erste Klasse wiederholen.
Im März 1943 kam ein behördliches Schreiben, daß die leiblichen Eltern aufgefunden worden waren und Sidonie ihnen sofort übergeben werden sollte. Zuvor war es aber der zuständigen Pflegeleiterin des Ortes überlassen, zu entscheiden, ob das Kind eventuell nicht doch bei den Pflegeeltern bleiben könnte. Da man aber die Wahl hatte, ein Zigeunermädchen abzuschieben, das immer "anders" sein würde, sammelte man bei der Fürsorgerin Grimm, dem Oberlehrer Frick und dem Sierninger Bürgermeister Minuspunkte, um eine Begründung zu haben, warum das Kind den leiblichen Eltern zu übergeben ist.
Sidonie wurde gegen ihren und den Willen ihrer Pflegeeltern zu ihren leiblichen Eltern gebracht, die sie gar nicht wollten. Auch wenn die Nachbarn ihr Bedauern bei Sidonies Abreise zeigten, hatte zuvor doch keiner den Mut bewiesen, sie vor dem sicheren Tod aller Zigeuner und Juden, zu bewahren. Sidonie wurde mit ihrer Familie noch in derselben Nacht in einen Zug verfrachtet und nach Auschwitz gebracht, wo sie nach kurzer Zeit aus Kränkung starb. Erst 1947 erfuhren die Pflegeeltern, daß alles Hoffen, ihre geliebte Sidonie wiederzusehen, vergebens war. Erst als Hans Breirather 1980 verstarb, wurde auch für Sidonie eine Gedenkschrift in den Grabstein gesetzt
Textstelle: "Abschied von Sidonie", Seite 88 - Seite 92: Brief der Fürsorge; Ausschnitt aus dem Film "Sidonie"
Ende
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