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Bei vielen Krankheiten treten Fehlsteuerungen durch programmierten Zellselbstmord auf, die sich sehr schädigend auf den Organismus auswirken können.
Das geschieht, wenn ein Virus eine Zelle befallen hat und versucht durch Umstellung der Proteinsynthese Moleküle herzu- stellen, aus denen neue Viren entstehen.
In diesem Fall überlebt der Krankheitserreger normalerweise
nicht, aber viele Viren haben Möglichkeiten gefunden, wie sie diesen Selbstmord verhindern können. Die Möglichkeiten variieren dabei von Erreger zu Erreger.
So können beispielsweise Zellen, die vom Epstein-Barr-Virus befallen sind, animiert werden, dem apoptose-hemmenden Bcl-2 "ähnelnde Substanzen herzustellen. Durch eine Molekül- Synthese
wird dann der Beginn der zelleigenen Bcl-2-Synthese erreicht.
Viren wie das Papilloma-Virus inaktivieren dagegen das apoptose-fördernde Protein p53 oder verursachen dessen Abbau.
Eine dritte Möglichkeit ist beim Kuhpockenvirus zu beobachten,
das mit Hilfe eines Proteins die Arbeit der ICE-artigen Proteasen verhindert. Immunsysteme haben die Aufgabe, gegen solche Angriffe mit ihren eigenen Mitteln vorzugehen. Das geschieht, indem cytoxische T Zellen, auch T Killerzellen genannt, vom Krankheitserreger befallene Zellen mit dem Protein Perforin bombadiert , das in
der Auáenmembran der Zelle Poren schafft, durch die eine Gruppe anderer Proteine, die Granzyme, in die Zelle eindringen können. Diese Granzyme lösen dann durch Aktivierung der ICE-Proteasen
den Zellselbstmord aus. Falls dies nicht möglich ist, arbeiten
die Granzyme mit Calcium-Ionen zusammen, was zur Folge hat, daß die vom Erreger befallenen Zellen nekrotisch sterben.
Nachteilig ist hierbei, daß auch gesunde Zellen Signale zum Selbstmord erhalten können, wenn T Killerzellen versehentlich an die ausgeprägten Fas-Liganden dieser andocken.
Apoptose spielt wahrscheinlich auch eine Rolle bei der Immunschwäche-Krankheit AIDS. T-Lymphocyten werden von dem die Krankheit auslösenden HIV - Virus befallen, weshalb sie und auch die cytoxischen T-Zellen Selbstmord begehen. Das hat zur Folge, daß die Immunität des ganzen Organismus stetig sinkt, da sogar vom HIV-Virus noch nicht befallene
Zellen sterben.
Es wird angenommen, daß die Helferzellen HIV-Infizierter reaktionsbereites Fas in sich tragen, bevor sie Antigenkontakt hatten. Falls sie nun auf eine Immunzelle treffen, die einen ausgeprägten Fas-Liganden besitzt, mit dem das Fas nun reagiert, wird die Apoptose ausgelöst.
T-Zellen sind schon vorzeitig mit funktionsfähigem Fas ausgestattet und können deshalb die
Apoptose selbstständig auslösen, sobald sie Antigenkontakt haben und deswegen einen
Fas Liganden besitzen. Somit tritt der Tod vor einer Zell-
vermehrung ein und die Abwehr gegen den Krankheitserreger vermindert sich immer mehr. Eine andere Möglichkeit wäre, daß hochreaktive von Entzündung-
fördernden T-Zellen gebildete Sauerstoffradikale die Apoptose veranlassen und sowohl die
DNA als auch Zellmembranen
schädigen. Mit Molekülen, die freie Radikale binden können, läßt sich die Apoptose einzelner T-Zellen stoppen.
Bei der Autoimmunit t bindet sich der Antigenrezeptor einer Immunzelle mit einem Selbst- Antigen einer gesunden Zelle, was
zur Vernichtung aller Strukturen mit dem Antigen führt. Auch
hier ist Apoptose beteiligt. Im Normalfall ist diese autoimmune Reaktion vorbei, sobald das
Antigen beseitigt ist.
Bei zwei Krankheiten dieser Gruppe, dem Lupus erythematodes und der rhumatoiden Arthritis, ist das allerdings nicht der Fall, da autoreaktive Lymphocyten überleben und die Apoptose weiterläuft. Das könnte an von ihnen produzierten Molekülen liegen, die eine Verbindung zwischen dem Fas der Zelle und dem Fas-Liganden
anderer Zellen verhindern, an der Herabsetzung der Fas-Produktion der Zellen oder der
Steigerung des apoptose-hemmenden Bcl-2.
Vor Autoimmunangriffen scheinen sich solche Körperstellen zu schützen, deren Entzündungen besonders schlimm wären, wie z.B. bestimmte Zellen im Auge, im Hoden und wahrscheinlich auch im Gehirn. Das geschieht wohl durch den Selbstmord jeder Fas- tragenden T-Zelle, die sich diesen Gewebeteilen nähert.
Es wäre gut, wenn man diesen Effekt bei Organverpflanzungen
nützen könnte und damit die Möglichkeit, daß das Spenderorgan abgestoßen werden könnte, verringert.
Tumorzellen haben zwei besondere Eigenschaften : Sie vermehren sich außerordentlich schnell und sie sterben nicht ab.
Weist eine Zelle nach Mutation verschiedener Gene, die Vermeh- rung und Überleben kontrollieren, Irreparablität auf, zerstört
sie sich meistens selbst, damit sie keine Gefahr für den Organismus ist. Falls dies aber aus irgendwelchen Gründen nicht geschieht,
können sich in der Zelle selbst oder in deren Abkömmlingen zur Metastasierung und somit zur ungezügelten Vermehrung führende genetische Veränderungen abspielen. So können sich die Tochtergeschwülste des Primärtumors im ganzen Körper verteilen
und festsetzen.
Das geschieht durch die Ruhigstellung des Gens für das Protein p53, das aber in mehr als der Hälfte der Tumoren sowieso fehlt oder aufgrund Abnormalität nicht funktionsfähig ist. Aber außer p53 scheinen noch andere Proteine an einer Krebserkrankung beteiligt zu sein, die den Zellselbstmord regulieren.
Bei einigen Krebsarten entsteht Bcl-2 im Übermaß, bei anderen vermutet man, da
Tumorzellen ihr Fas hindern, Befehle zur Apoptose weiterzugeben. Fas-Liganden, die Befehle zur Apoptose abfangen, indem T-Zellen zum Selbstmord gezwungen werden, werden von diesen Zellen gebildet.
Krebstumoren, die sich in Zellen bilden, die im gesunden Zustand schon viel Bcl-2 produzieren und deren Verlust für den Körper fatal wäre, sind besonders aggressiv und neigen zur starken Metastasierung.
Krebszellen sterben nicht, wie früher angenommen, nekrotisch, sondern apoptisch, indem das Protein p53 aktiviert wird. Falls dieses fehlt oder durch Überproduktion von Bcl-2 inaktiviert wird, sind die Krebszellen resistent gegen Apoptose.
In Fällen von Krankheiten wie Herzinfarkt soll möglichst viel Gewebe gerettet werden, da die Zellen, die um den Gefäßverschluß liegen, durch den Entzug von Sauerstoff und Nährstoffen geschädigt, nekrotisch sterben. Weitere Zellen werden durch freie Radikale, die von Entzündungszellen freigesetzt werden, abgetötet; bei großem Kontakt nekrotisch, ansonsten apoptisch. Falls das infarktnahe Gewebe mit freien Radikalen überschwemmt' wird, z.B. aufgrund des Versuches, die Blutversorgung des Herzens zu normalisieren, können sowohl Nekrose als auch Apoptose eintreten.
Auch beim Gehirnschlag ist ein nekrotischer Zelltod beim Eintritt desselben zu beobachten. Weitere Zellen können dann wiederum apoptisch zugrunde gehen, wenn sie durch die nach dem Schlag eintretende Entzündung und Substanzen, die aus absterbenden Zellen austreten, geschädigt werden.
Folgeschäden dieser beiden Krankheiten müßten sich mit Stoffen, die die Produktion freier
Radikale hemmen oder ICE-artige Proteasen stoppen.
Die Apoptose ist wahrscheinlich auch an Gehirn- und Nervenleiden beteiligt, wie z.B. bei der Alzheimer- und der Parkinson Krankheit. Als Ursache sieht man freie Radikale oder zu geringem Nervenwachstum und überhöhte Neurotransmitter-Konzentrationen.
Bei vielen anderen Erkrankungen kann Apoptose eine Rolle spielen, z.B. bei Osteoporose oder Knochenschwund.
Die Forschung kennt aber erst wenige Möglichkeiten zur Korrektur dieser Fehlsteuerungen. Um den Prozeß der Apoptose wirkungsvoll zu bekämpfen, muß man über den Zellselbstmord selbst allerdings erst genau verstehen.
Quellennachweis:
Spektrum der Wissenschaft / , S. ) 0 - : Die Apoptose -Regeln und Fehler beim Zellselbstmord' (Von Richard C. Duke, David M. Ojcius und John Ding-E Young )
Bewertet mit der Note: gut
Daniela Schuld, Jgst. 11
Gymnasium Am Turmhof Mechernich
Die Apoptose - Regeln und
Fehler beim Zellselbstmord
Täglich sterben im menschlichen Körper Millionen von Zellen ab, um das Leben unseres Organismus zu ermöglichen. Überflüssige, von der Norm abweichende, oder auch die Zellen, die ihre Aufgabe erfüllt haben, sterben ab und es entstehen dafür neue Zellen. Diesen programmierten Zellselbstmord nennt man Apoptose.
Der Bergriff Apoptose wurde 1972 von den Pathologen Kerr, Wyllie und Currie, von denen später noch die Rede sein wird, eingeführt. Die griechischen Begriffe apo ( ab, weg, los ) und ptosis ( Senkung ), die zum Beispiel das Abfallen welker Blätter bezeich- nen, sollen den Unterschied zur Nekrose, was vom griechischen Wort nekrosis ( Tod, Tötung, Absterben ) kommt, deutlich machen.
Unter dem Mikroskop kann man folgenden Vorgang beobachten: Die Zelle schrumpft und löst sich von ihren Nachbarzellen. Dann bilden sich auf der Oberfläche Bläschen, die lau- fend durch neue ersetzt werden. Der Zellkern bekommt ein völlig anderes Aussehen: Er schrumpft ebenfalls und das Chromatin, das Proteinmaterial aus dem der Kern besteht, verdichtet sich. Im Elektronenmikroskop kann man dies an Halbmondformen erkennen. Häufig werden die Zellen in diesem Stadium von Fresszellen des Immunsystems aufgenom- men und abgebaut. Falls dies nicht der Fall ist laufen weitere Veränderungen ab: Der Kern bricht auseinander und die Zelle zerfällt in viele membranumhüllte Teile, die apoptotische Körperchen oder apoptotic bodies genannt werden. Diese werden nun beseitigt, ohne
dass eine Entzündung hervorgerufen wird.
Eine weitere Besonderheit ist, dass apoptotische Zellen einem geregelten Zerfall, durch Fragmente im Chromatin, unterliegen, was bei nekrotischen Zellen, die später noch näher erklärt werden, nicht der Fall ist.
Doch trotzdem ist das Sterben von Zellen vielfach sogar notwendig für die Entwicklung von Lebewesen. Bei der Kaulquappe zum Beispiel wird der Schwanz während der Metamor- phose zum Frosch durch Apoptose
eingeschmolzen.
Neben diesem physiologischen Zelltod gibt es auch noch den meist pathologischen Zelltod, der als Nekrose bezeichnet wird.
Die Nekrose wird meist durch extreme Abweichungen physiologischer Bedingungen, wie zum Beispiel zu hohe Temperaturen oder Sauerstoffmangel, ausgelöst. Hierbei schwellen die Zellen an, bis sie schließlich platzen. Der Zellkern verändert sich im Gegensatz zur Apoptose fast gar nicht.
Ebenfalls sind Entzündungen typisch für die Nekrose. Hierbei werden die geschädigten Zellen zwar von Immunzellen verschlungen, aber trotzdem können benachbarte Zellen an- gesteckt werden.
Jedoch werden nicht alle toten Zellen vom Körper beseitigt, sondern bleiben eventuell so- gar bis zum Tod des Organismus bestehen, wie zum Beispiel die Zellen der Linse des Auges oder die Zellen der Hornhaut.
In einer Arbeit, die 1972 erschien, behaupteten der australische Pathologe John F. R. Kerr und seine schottischen Kollegen Andrew H. Wyllie und Alastair R. Currie, dass der Zell- selbstmord auch im vollentwickelten Organismus ablaufe, und dass es sich bei Apoptose um einen Vorgang handle, der lebenslang ablaufe.
Ebenfalls unterschieden sie zwischen einem aktiven Prozess, der Apoptose, wofür die Zelle selber Energie aufbringen muss, und einem passiven Prozess, der Nekrose, dem die Zelle einfach erliege.
Zellen produzieren verschiedene Proteine, die bei einer Selbstvernichtung helfen, was je- doch nicht erforderlich sein wird, solange die Zellen dem Organismus nützen.
Diese ' Werkzeuge ' beim Zellselbstmord sind strukturell verwandte proteinspaltende En- zyme, die ICE-artigen Proteasen ( englisch: interleukin - 1 converting enzyme ).
Diese Biokatalysatoren arbeiten dadurch, dass sie wichtige Proteine zerstören und das Erb- material angreifen. In diesem Fall wäre die Zelle dem Tod hilflos ausgeliefert. Normaler- weise jedoch sind diese Enzyme
inaktiv.
Auch wenn die Apoptose-Maschinerie bie allen Zellen gleich ist, sind die Auslöser in der Stärke und Reaktionsdauer sehr unterschiedlich.
Im Moment versuchen Forscher alle Auslöser zur Apoptose zu ermitteln. Es ist schon be- kannt, dass das Signal zum Selbstmord über einige Vermittlermoleküle geleitet wird, bevor es aktiviert wird. Einzelheiten hierüber sind jedoch noch nicht bekannt.
Sicher ist aber, dass der Selbstmord mit einer Funktion verknüpft sein muss. Wenn man zum Beispiel Vorläufer von T-Zellen, die im Knochenmark entstehen und später für die Immunität gegen Viren und Mikroben verantwortlich sind, isoliert, töten sie sich sofort, weil sie den Kontakt zu ihren Nachbarzellen verloren haben und keine Signale mehr von diesen empfangen.
Die T-Zellen wandern dann zu einem lymphatischen Organ hinter dem Brustbein, dem Thymus. Dort werden ihre Rezeptormoleküle überprüft, die sie später brauchen, um infi- zierte Zellen aufzuspüren. Diese Moleküle müssen ganz genau ausgewählt werden, damit sie dem Körper nicht schaden, sondern dann reagieren, wenn es nötig ist.
W hrend dieses Vorgangs sind die Zellen immer noch selbstmordgefährdet. Durch DNA-Defekte, Defekte in der Übermittlung genetischer Informationen, wird die Zelle zur Herstellung des Proteins p53 angeregt, welches den Selbstmord auslösen kann.
Wenn die T-Zellen ihre Arbeit getan haben und einen Krankheitserreger bekämpft haben, müssen auch sie wieder sterben, weil sie sonst Entzündungen hervorrufen könnten.
Eine Möglichkeit zur Herbeiführung der Apoptose ist also der Entzug eines Überlebens- faktors.
Eine andere Möglichkeit ist durch ein Plasmamembranprotein namens Fas, APO-1 oder CD95. Dieses Protein sitzt so in der Zellwand, dass es Befehle in die Zelle weiterleiten kann. Die T-Zelle, von der Fas hergestellt wird, produziert kurzzeitig auch ein anderes Oberflächenmolekül, den Fas-Liganden.
Nach einigen Tagen heften sich die Fas-Liganden an die Fas-Moleküle, was der Zelle das Signal zum Selbstmord gibt.
Dies hat zur Folge, dass T-Zellen nur wenige Tage Zeit haben, um eine Infektion zu be- kämpfen, weil sie dann selber absterben.
Bei Zelltypen wie Nerven- oder Skelettmuskelzellen, die schlecht für den Organismus er- setzbar sind, ist die Selbstmordschwelle sehr hoch, bei zum Beispiel Blutzellen dagegen, die leicht zu erneuern sind, relativ niedrig.
Es gibt Vermutungen, dass das Apoptose-Programm auch mit einer Proteinfamilie ( Bcl2, Bax und Bad und anderen Verwandten ) zusammenhängt. Hierüber liegen jedoch noch keine Einzelheiten vor.
Quellen : Spektrum der Wissenschaft, Februar 7 :
Die Apoptose - Regeln und Fehler beim Zellselbstmord'
Spektrum Verlag :
Apoptose und Nekrose - Moderne Methoden zur Zelltodmessung'
Bewertet mit der Note: sehr gut
Barbara Milde, Jgst.11
Gymnasium Am Turmhof Mechernich
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